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Luhmann-Special im systemagazin: Zugang zu Luhmann
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Liebe Leserinnen und Leser,
Was hat es mit diesem Special auf sich? Gibt es
ein Jubiläum zu feiern? Nicht, dass ich wüsste. Niklas Luhmann wurde am
8.12.1927 in Lüneburg geboren und ist am 6.11.1998 in Oerlinghausen
gestorben. Es handelt sich also um einen Fall von zwar anlassloser,
aber vielleicht gerade deshalb angebrachter Würdigung des bedeutsamsten
deutschsprachigen Systemtheoretikers. Schließlich kann niemand, der
sich einige Zeit im systemischen Gelände getummelt hat, behaupten, dass
ihm dieser Name noch nicht vorgekommen sei. Wie viele davon tatsächlich
mehr als seinen Namen (z.B. einige seiner zahllosen Werke) zur Kenntnis
genommen haben, steht auf einem anderen Blatt. Fritz Simon hat das
zugespitzt so formuliert, dass es sich bei Luhmann um den in der
systemischen Szene am meisten zitierten und gleichzeitig am wenigsten
gelesenen Autoren handele, ein Zustand, dem (falls zutreffend) dieses
Special ein Stück weit abhelfen möchte.
Niklas Luhmann war und ist sicherlich keine leichte Kost, erst recht
für Nicht-Soziologen, Psychotherapeuten, Berater und andere Menschen,
die sich selbst als „Praktiker“ bezeichnen würden - manche womöglich,
um komplexere Ansprüche an theoretische Durchdringung ihres Tuns auf
Abstand halten zu können. Besonders diesen Kolleginnen und Kollegen ist
dieses Special gewidmet: aus der Überzeugung heraus, dass Luhmann -
jedenfalls zumindest die Auseinandersetzung mit ihm - auch für
„Praktiker“ Gewinn bringen kann. Es geht also darum, den Zugang zu
Luhmann durch ausgewählte Lektüre zu erleichtern, ein Projekt, um das
sich Luhmann selbst zugegebenermaßen nicht zuförderst gekümmert hat.
Aber auch die systemtheoretisch bereits Bewanderten dürfen hier
Geistesnahrung erwarten.
Was finden Sie nun genau im Luhmann-Special?
Zunächst beantworten 18 Personen (darunter leider nur eine Frau) die
Frage nach ihrem persönlichen Zugang zu Luhmann, die meisten im Rahmen
eines kleinen e-Mail-Interviews: Dirk Baecker, Theodor M. Bardmann,
Michael B. Buchholz, Peter Fuchs, Joachim Hesse, Heinz Kersting, Rudolf
Klein, Jürgen Kriz, Verena Kuttenreiter, Tom Levold, Wolfgang Loth,
Kurt Ludewig, Haja Molter, Armin Nassehi, Roland Schleiffer, Fritz B.
Simon, Rudolf Stichweh, Helmut Willke.
Theodor M. Bardmann hat darüber hinaus eine Reihe von Geschichten und
Zitaten aus drei im Luhmann-Special besprochenen Büchern
zusammengetragen (Bardmann/Baecker: "Gibt es eigentlich den Berliner
Zoo noch?" Erinnerungen an Niklas Luhmann, Horster: Niklas Luhmann, und
Stichweh: Niklas Luhmann. Wirkungen eines Theoretikers).
Neben diesen drei Bänden werden eine ganze Reihe weiterer Bücher (insgesamt 15) von
und über Luhmann besprochen, die sämtlich nach seinem Tode erschienen
sind (eine Ausnahme ist die Rezension seines Klassikers „Soziale
Systeme“ von 1984 durch Michael Buchholz, Renate Zwicker-Pelzer und
Wolfgang Loth). Es werden zwei Einführungen in das Werk Luhmanns (von
Margot Berghaus und Detlef Horster) und ein Interview-Band (Wolfgang
Hagen: Warum haben Sie keinen Fernseher, Herr Luhmann?) vorgestellt.
Von Luhmann selbst gibt es Bücher aus dem Nachlass (Religion der
Gesellschaft, pädagogische Schriften) sowie einen kleinen Band aus dem
Versandverlag Zweitausendeins: Short Cuts. Eine Einführung besonderer
Art liegt mit den beiden Bänden der transkribierten Luhmann-Vorlesungen
im Carl-Auer-Verlag vor (Einführung in die Systemtheorie, Einführung in
die Theorie der Gesellschaft).
Abgerundet wird die Bücherschau durch Besprechungen einiger
Sammelbände, die vor allem für diejenigen von besonderem Interesse sein
dürften, die sich schön länger mit Luhmanns systemtheoretischem Ansatz
auseinandersetzen. Der Band „Beobachter der Moderne“ befasst sich
kritisch mit dem gesellschaftstheoretischen Konzept Luhmanns, die
Bücher von de Berg und Schmid sowie von Gripp-Hagelstange kreisen um
die Rezeption Luhmanns in den verschiedenen Fachwissenschaften bzw.
„Reflektionstheorien“ der einzelnen gesellschaftlichen Funktionssysteme
und schließlich gibt es noch einen Theorien-Vergleich zwischen Luhmann
und Pierre Bourdieu.
Zum Schluss möchte ich noch auf die ausführliche Liste von über 50 nach
Stichworten sortierten und meist kommentierten Internet-Links
hinweisen, die für Online- oder Offline-Leser von Interesse sein
dürften, die sich nicht durch tausende Buchversand-Seiten durchgoogeln
wollen, um inhaltliche Beiträge von und über Luhmann zu entdecken.
Es gibt also viel zu stöbern und zu lesen. Ich wünsche Ihnen viel Spaß
und gute Entdeckungen. Vielleicht landet ja der eine oder andere Titel
in Ihrem Bücherschrank. Und wenn Sie mir eine Rückmeldung zu diesem
Projekt geben möchten, freue ich mich.
Tom Levold
Herausgeber systemagazin
Hier finden Sie die vollständige Liste der besprochenen Bücher:
- Bardmann, Theodor M. & Dirk Baecker (Hrsg): "Gibt es eigentlich den Berliner Zoo noch?" Erinnerungen an Niklas Luhmann
- Berghaus, Margot: Luhmann leicht gemacht
- de Berg, Henk & Johannes Schmidt (Hrsg.): Rezeption und Reflexion
- Gerth, Michael: Luhmann für Einsteiger
- Giegel, Hans-Joachim & Uwe Schimank (Hrsg.): Beobachter der Moderne. Beiträge zu Niklas Luhmanns "Die Gesellschaft der Gesellschaft"
- Gripp-Hagelstange, Helga (Hrsg.): Niklas Luhmanns Denken
- Hagen, Wolfgang (Hrsg.): Warum haben Sie keinen Fernseher, Herr Luhmann? Letzte Gespräche mit Niklas Luhmann
- Horster, Detlef: Niklas Luhmann
- Luhmann, Niklas: Die Religion der Gesellschaft
- Luhmann, Niklas: Einführung in die Theorie der Gesellschaft
- Luhmann, Niklas: Einführung in die Systemtheorie
- Luhmann, Niklas: Einführung in die Systemtheorie (Hörbücher)
- Luhmann, Niklas: Politische Theorie im Wohlfahrtsstaat
- Luhmann, Niklas: Schriften zur Pädagogik
- Luhmann, Niklas: Short Cuts
- Luhmann, Niklas: Soziale Systeme
- Nassehi, Armin & Gerd Nollmann (Hrsg.): Bourdieu und Luhmann. Ein Theorienvergleich
- Stichweh, Rudolf (Hrsg.): Niklas Luhmann. Wirkungen eines Theoretikers
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