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Neuvorstellung zur Übersicht
07.07.2005
Detlef Horster: Niklas Luhmann
Horster: Luhmann 2., überarbeitete Aufl., 2005.

224 Seiten. Paperback

ISBN 3-406-52812-0
Beck`sche Reihe

Preis: 14,90 €
Verlag C.H. Beck





Tom Levold, Köln:

Im Beck-Verlag ("becksche reihe: Denker") ist 2005 die zweite Auflage von Detlef Horsters erstmals 1997 veröffentlichter, umfassender Einführung in das Theoriegebäude Luhmanns erschienen. Horster ist seit 1981 Professor für Sozialphilosophie an der Universität Hannover - sein Buch verdankt sich u.a. auch dem Umstand, dass er im Rahmen seiner Lehrtätigkeit Vorlesungen und Seminare zur Einführung in Luhmanns Werk abgehalten hat.
Wie bei jedem einführenden Werk stellt sich die Frage nach Aufbau und Gliederung (vgl. die Besprechung von Margot Berghaus: "Luhmann für Anfänger"), insbesondere bei einem so voluminösen Referenzwerk wie das von Niklas Luhmann. Wie kann diese Komplexität erfolgreich reduziert werden?
Einer Empfehlung Dirk Baeckers folgend, teilt Horster für seine Darstellung die Theorie Luhmanns in vier Bereiche ein, die im Buch unterschiedlich stark Berücksichtigung finden. Neben der "Theorie der Gesellschaft", unter der die zentralen Schlüsselbegriffe Luhmanns auf rund 100 Seiten erörtert werden (System, System-Umwelt-Differenz, Sinn, Kommunikation, Kontingenz, Individuum und Gesellschaft, Sprache und Medien etc.), sind dies die Organisationstheorie (7 Seiten), die politische Theorie und politische "Interventionen" (13 Seiten) und die wissenssoziologischen Arbeiten (19 Seiten), bei denen in erster Linie auf die semantischen Studien Luhmanns zu Liebe und Individualität sowie seine Arbeiten zum Bildungssystem Bezug genommen wird.
Diesen Bereichen vorangestellt ist eine kurze Einleitung, in der Horster den Standort Luhmanns in der deutschen Nachkriegssoziologie ausmacht, vor allem in der Auseinandersetzung mit der Kritischen Theorie der Frankfurter Schule, der Kritik an der Handlungstheorie und ihren normativen Begründungen und der Hinwendung zu einer Systemrationalität, die die Tendenz von Systemen, sich in einer komplexen Umwelt identisch zu halten, in den Vordergrund rückt.
Dann folgt ein längeres biografisches, und mittlerweile vielfach zitiertes Interview, das einigen Aufschluss über Herkunft und beruflichen Werdegang Luhmanns gibt, aber auch über seine Haltung zu bestimmten wissenschaftlichen Fragen. So zur Frage der (fehlenden) empirischen Grundierung seiner Theoriebildung, die immer wieder von Kritikern Luhmanns aufgeworfen wird : "Ich versuche, die empirischen Methoden durch Milieukenntnis zu ergänzen, wenn nicht zu ersetzen. Was plausibel ist oder nicht, sehe ich, wenn ich mich erinnere, oder wenn ich mitmache" (S. 35).
Zum Geltungsanspruch der Theorie: "Die Systemtheorie ist auf alle Fälle ein kontingentes Unternehmen. Sie tritt nicht mit dem Anspruch auf, einzig richtig zu sein, obwohl sie unversell konzipiert ist. Sie soll für alles zuständig sein, was in der Gesellschaft passiert, aber sie ist nicht notwendigerweise die einzig richtige Konzeption. Das hat auch mit der Fundierung in Paradoxien zu tun. Mein Stil ist ja auch ironisch, um das genau zu markieren. Ich will damit sagen, nehmt mich bitte nicht zu ernst oder versteht mich bitte nicht zu schnell" (S. 46). Gegen die Gefahr der Kanonisierung seines Werkes setzt Luhmann auch das "Bedürfnis, in jedes Buch mindestens einen Unsinn hineinzubringen" (ebd.).
Nach diesen die Aufnahmebereitschaft der Leserschaft fördernden Präliminarien geht es zur Sache. In seiner kompakten Darstellung vermag Horster die wesentlichen Konzepte der Theorie sozialer Systeme überzeugend nahe zu bringen. Auch hier, im ersten Abschnitt "Die Aufklärung und die Probleme sozialwissenschaftlicher Forschung", beginnt er mit der Einordnung in den historischen Kontext und Luhmanns Abgrenzung von der in den 60er Jahren vorherrschenden, "naiven" Grundidee, "dass alle Menschen in gleicher Weise vernünftig seien und dass richtige gesellschaftliche Zustände mit Sicherheit hergestellt werden könnten" (48), konzentriert sich dann aber wesentlich auf die Rekonstruktion seiner Theorie. Es gelingt ihm dabei nicht nur eine verdichtete Präsentation der für Einsteiger ohnehin schwer zugänglichen Luhmannschen Begriffswelt, sondern auch eine angemessene Bezugnahme auf Referenzen, aus denen sich Luhmanns Theoriekonstruktion speist, seien es Parsons, Schütz, Husserl oder andere.
Der Text erweist sich dabei als ein gut lesbarer "Fremdenführer", der mit eigenen Meinungen eher zurückhaltend umgeht, aber immer wieder auf wichtige Punkte oder interessante Fragen hinweist. Die Kritik an Luhmann wird nur marginal berücksichtigt, eine nachvollziehbare konzeptuelle Entscheidung, die nicht nur aus Platzgründen getroffen worden ist, sondern auch, um eine halbwegs geschlossene Darstellung des Werkes zu erreichen, die nicht schon wieder durch die Kritik am Werk verformt wird.
Bedauerlicherweise kommen die Abschnitte über Organisation, Politik und Wissenssoziologie viel zu kurz, zumal sie doch nicht nur in der wissenschaftlichen Rezeption Luhmann eine große Rolle spielen. Dem Autor ist dieses Manko bewusst, er begründet seine Prioritätensetzung aber damit, dass der Stellenwert der Gesellschaftstheorie Luhmanns für seine gesamte Theorie ungleich größer sei als die anderen Bereiche und dass die Befassung mit diesen Theorieteilen letztlich ein Verständnis der Gesellschaftstheorie zur Voraussetzung hat, eine Einschätzung, der man grundsätzlich folgen kann. Dennoch wirkt z.B. das Kapitel über Organisation etwas verloren, zumal hier so gut wie ausschließlich auf das Buch "Funktionen und Folgen formaler Organisation" von 1964 (!) Bezug genommen wird. Aber auch eine gute Einführung verhält sich immer kontingent zu ihrem Gegenstand, jede Entscheidung für einen bestimmten Zugang oder Verzicht bringt notwendigerweise Festlegungen mit sich, die den Gang der weiteren Argumentation bahnen, vor allem dann, wenn der Platz begrenzt ist. Horster hat seinen Platz gut genutzt und eine attraktive, anregende, lesbare und doch recht anspruchvolle wissenschaftliche Einführung in Luhmanns Werk geschaffen. Die Entscheidung des Verlages, das Buch erneut aufzulegen, ist deshalb sehr zu begrüßen.
Der besseren Lesbarkeit wegen wurde angesichts der vielen Zitate im Buch auf die jeweilige Quellenangabe im Text verzichtet und statt dessen ein Kürzelsystem von Sigeln benutzt, in das man sich schnell hineinfindet. Die Anmerkungen sind im Anhang zu finden, wo auch eine Konkordanz der zitierten Stellen aus dem Hauptwerk "Die Gesellschaft der Gesellschaft" zu finden ist, die notwendig wurde, weil Horster noch aus einer Manuskriptfassung zitiert, da der Band bei der Abfassung des vorliegenden Buches (1996/97)  noch nicht veröffentlich war. Weiter finden sich im hervorragend editierten Anhang eine Zeittafel mit einigen Daten aus dem Leben Niklas Luhmanns, eine Liste seiner Buchpublikationen, eine Liste von Sekundärliteratur zu den einzelnen Buchabschnitten sowie ausführliche Personen- und Sachregistern. Das Buch wird durch einige seltene Fotos aus Luhmanns Privatbesitz aufgelockert. Ich empfehle die Lektüre.







Die Website von Detlef Horster mit zahlreichen Online-Texten finden Sie hier.





Verlagsinfo:

"Die Bedeutung von Niklas Luhmanns Systemtheorie als Form gesamtgesellschaftlicher Analyse ist heute für Philosophie, Soziologie und Politikwissenschaft unbestritten. Detlef Horster faßt in diesem Buch Luhmanns gewaltiges Werk systematisch und überschaubar zusammen. Er stellt die vier Säulen der Luhmannschen Systemtheorie dar und ordnet ihnen die einzelnen Schriften zu: Gesellschaftstheorie, Organisationstheorie, Politik und Wissenssoziologie. Er eröffnet damit den Zugang zu einem der aufregendsten Denkgebäude der Gegenwart."


Detlef Horster:

Nach seiner Promotion zum Dr. phil. im Fach Soziologie übernahm Detlef Horster 1976/77 die Vertretung des Lehrstuhls für Ethik an der Universität Utrecht (NL). 1979 habilitierte er mit der venia legendi für „Sozialphilosophie“ und ist seit 1981 Professor für Sozialphilosophie an der Universität Hannover. Seine Schwerpunkte sind Ethik und Recht sowie die philosophischen Grundlagen von Erziehung und Bildung.


Inhaltsverzeichnis:

Einleitung
Biographie im Interview
A. Gesellschaftstheorie
I. Soziale Systeme
1. Die Aufklärung und die Probleme sozialwissenschaftlicher Forschung
2. Systemtheorie
II. Rechtssysteme
II. Die Gesellschaft in der Gesellschaft
1. Sprache
2. Symbolisch generalisierte Kommunikationsmedien
3. Bestimmungen für eine Beschreibung komplexer Gesellschaften
4. Zusammenfügen eines Mosaiks aus einzelnen Systemen
B. Organisationstheorie
1. Die soziale Funktion von Organisationen
2. Organisationszugehörigkeit
C. Politik
1. Unterschiedliche Politikbegriffe
2. Staat und Politik
3. Politik als Teilsystem der Gesellschaft
4. Politische Parteien
5. Massenmedien
D. Wissenssoziologie
1. Liebe
2. Individualität
3. Erziehung
Wirkung
Anhang
1. Anmerkungen
2. Synopse der zitierten Stelle aus Die Gesellschaft der Gesellschaft
3. Zeittafel
4. Bibliographie
5. Bildquellen
6. Personenregister
7. Sachregister



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