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Familiendynamik Heft 1/2003
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1/2003 - 2/2003 - 3/2003 - 4/2003 - Überblick
Fischer, Hans Rudi
(2003): Metaphern - Sinnreservoir der Psychotherapie. Von
Metapherntheorien und Metaphernreflexion. In: Familiendynamik 28(1), S.
9-46.
abstract: Wenn man fragt, wie
die Metapher es schafft, neuen Sinn, neue Bezüge bzw. Beziehungen
herzustellen, wie sie es schafft, Neues in die Welt zu bringen, wird
schnell klar, dass man auf etwas stößt, was als irrational, als logisch
widersprüchlich galt, etwas, was aus dem Blickwinkel der Alltagslogik
unerhört ist. Der Beitrag versucht, diesem Unerhörten auf die Spur zu
kommen, indem er den paralogischen, doppelbödigen Kern als das
"Betriebsgeheimnis" der Metapher aufweist. Im Rückgriff auf die
Geschichte der Metapherntheorie wird gezeigt, dass die Metapher eine
reflexive Struktur hat, sie spricht über über anderes und über sich,
sie spricht auf zwei logisch differenten Ebenen zugleich. Über diesen
Aspekt lässt sich eine Verbindung der Aristotelischen Theorie zur
Kommunikationstheorie Batesons herstellen und die Logik des "Meta" an
der Metapher klären. Die lebendige Metapher ist so gesehen Abweichung
vom üblichen Sprachgebrauch und gleichzeitig Abweichungsreduzierung,
sie ist irrational und rational zugleich, sie ist der Quellpunkt, an
dem Neues, neuer Sinn in die Welt kommt. Diese doppelbödige, reflexive
Struktur der Metapher lässt sich in den verschiedenen Formen
metaphorischer Reflexion als Sinn stiftendes Verfahren nutzen. Gerade
dieser Paradoxe Kern metaphorischen Denkens zeigt sich als
psychotherapeutisch entscheidende Möglichkeit, die Einbildungskraft der
Klienten zu entfesseln und in und über Metaphernreflexionen das
Sinnreservoire des Klienten für veränderte Lebensperspektiven zu öffnen.
Liebert, Wolf-Andreas (2003):
Metaphern in der kognitiven Linguistik. Möglichkeiten und Grenzen für
die Therapie. In: Familiendynamik 28(1), S. 47-63.
abstract:
Die Analyse und Reflexion von Metaphern ist in der Psychotherapie etwas
völlig Selbstverständliches. Therapeutinnen und Therapeuten aller
Richtungen (bereits seit der Psychoanalyse) arbeiten schon immer mit
Metaphern und Metaphernreflexion, um die seelischen Störungen und
pathologischen Muster ihrer Klienten zu verstehen und alternative,
heilende und problemlösende Handlungsmuster und Lebensentwürfe zu
entwickeln. Der Begriff "Metapher" stellt ein sehr komplexes Konstrukt
dar, das zugleich Bildliches wie Gedankliches, Sachliches wie
Emotionales und Strukturelles wie auch Handlungseigenschaften
einschließt. Metaphern organisieren unser Erleben und Verstehen - und
das macht sie für viele Disziplinen, insbesondere aber auch für die
Psychotherapie so interessant und nützlich. Hier soll ein kleiner
Bereich der Forschung vorgestellt werden, die kognitive Linguistik, die
in den achtziger Jahren einen neuen Gedanken in die Metapherndiskussion
eingebracht hat, nämlich dass Metaphern Formen des Denkens und Erlebens
sind. Um für die Psychotherapie relevant zu werden, muss die kognitive
Linguistik jedoch erweitert werden. Denn worauf es in der
Psychotherapie ankommt, ist, nicht nur zu verstehen, in welchen
Metaphern ein Klient denkt, fühlt und lebt, sondern auch, wie solche
Metaphern in der Alltagswelt des Klienten, aber auch im therapeutischen
Dialog oder in einer familientherapeutischen Sitzung aufgebaut,
stabilisiert oder verändert werden können.
Buchholz, Michael B. (2003): Metaphern und ihre Analyse im therapeutischen Dialog. In: Familiendynamik 28(1), S. 64-94.
abstract:
Der Autor untersucht die Frage, wie das metaphorische Sprechen
überhaupt im therapeutischen Dialog analysiert werden kann. Eine
Metapher zu analysieren heißt freilich nicht, sie auf einen
nichtmetaphorischen Kern zu reduzieren: In der nichtgegenständlichen
Welt, mit der es Psychotherapeuten zu tun haben, kann eine Metapher
immer nur im Licht anderer Metaphern analysiert werden. Metaphern sind
nicht Fest-Stellungen von Wahrheiten, sondern kognitiv-imaginative
Vor-Stellungen und sprachliche Dar-Stellungen. Metaphern artikulieren
und rahmen unsere Erfahrung; die praktische Aufgabe der Analyse von
Metaphern besteht dann darin, uns den Zugang zur mimetischen
Symbolisierung, zur Subjektivität unserer sprachlichen Schöpfungen, zur
Sinnlichkeit unseres Körpers, zur immensen Reichhaltigkeit unserer
Erfahrung wieder zu öffnen. Das kann nicht durch Konfrontation mit
"Begriff" oder "Tatsache" geschehen, sondern nur durch die alternative
Metapher. Die Lösung der therapeutischen Aufgabe, ein nächstes Wort zu
finden, wird so wesentlich erleichtert; nur wer "Begriff" oder
"Tatsache" als Gegenpol der Metapher auffasst, muss auch im
therapeutischen Dialog das "letzte Wort" haben wollen -, und verstrickt
sich unweigerlich mit seinem Patienten. Bei der therapeutischen Arbeit
"an" Metaphern wird deutlich, dass sich manche metaphorische
Selbst-Konzeptionen als Hindernis für eine Problemlösung erweisen. In
solchen Fällen ist die Reflexion des metaphorischen Selbst-Entwurfs
Ziel therapeutischer Bemühungen. Die Analyse der Metapher befreit von
den Dogmen der totalisierenden Tendenz, die mit den Idealen des
Begriffs einhergehen. Die Metaphernanalyse kann uns nicht von der
Metapher befreien, aber doch immerhin einen Para-Dogma-Wechsel
einleiten. Sie kann nicht vollständig Therapie anleiten, wohl aber
Hinweise geben und mit Aufmerksamkeiten sensibilisieren für ein
besonderes dialogisches Phänomen; andere therapeutische Zugänge werden
nicht entwertet, wohl aber zu einer Reflexion ihrer konzeptuellen
Metaphern angeregt. Die Metapherntheorie wird daraufhin untersucht, ob
sie das Potenzial hat, verschiedene therapeutische Schulen zu
integrieren.
de Shazer, Steve (2003): Sinn stiftende Verfahren. In: Familiendynamik 28(1), S. 95-108.
abstract:
Therapie vollzieht sich mit und über Sprache. Sprache ist das
wichtigste Werkzeug der Therapeuten und der Klienten. Man kann Therapie
als ein Feld voller Metaphern sehen. Therapie hat mit "Sinn" zu tun und
- wenn alles gut geht - mit "Sinnveränderung". Diese Sinnveränderung
bzw. Stiftung neuen Sinns ist in der lösungsorientierten Kurztherapie
für den Klienten wie für den Therapeuten ein hartes Stück Arbeit. Der
Autor beschäftigt sich hier hauptsächlich mit Möglichkeiten der
Sinnstiftung über Metaphern, die für die lösungsorientierte
Kurzzeittherapie paradigmatisch wurden, nämlich mit Wundern und Skalen.
Die damit verbundenen Fragen (Wunder-Frage) funktionieren nicht wie
eine Frage, sondern wie der Eröffnungszug in einem neuen, Sinn
stiftenden Sprachspiel, das dem Klienten hilft, seine Lösung zu
(er)finden. Der Autor versteht die gesamte Konversation einer
Therapiesitzung um Lösungen, Wunder und um den Begriff "besser" als
eine erweiterte und erweiternde Metapher.
Pörksen, Bernhard (2003): Die
Konstruktion ideologischer Wirklichkeiten. Zur metaphorischen
Vorbereitung von Gewalt in neonazistischen Gruppen. In: Familiendynamik
28(1), S. 109-128.
abstract:
Der Autor untersucht - ausgehend von einer interaktionstheoretischen
Bestimmung der Metapher - die Metaphorik, die in neonazistischen
Publikationen verwendet wird, und zeigt, mit welchen Techniken der
Sprachverwendung Andersdenkende und Anderslebende zu Feinden werden. Im
Zentrum stehen jene Spielformen der Diskreditierung, mit denen versucht
wird, die Hemmschwelle der physischen Gewaltanwendung zu senken.
Genauer beschrieben werden u.a. die Dehumanisierung des Gegners, der
Aufbau von so genannten Implikationsketten, die Euphemisierung von
Gewalt und die metaphorische Konstruktion von Notwehrsituationen.
Generell lässt sich zeigen, dass Metaphern Erfahrungsbezüge herstellen
und in der politischen und ideologischen Sprache insgesamt die Funktion
besitzen, die abstrakte Welt der Politik in die konkrete Welt des
erfahrbaren Alltags hereinzuholen und in einen Horizont des Vertrauten
einzubetten.
Regehr, Elke (2003):
Rechtsradikale Jugendgewalt. Der familiäre Einfluss hat in der Debatte
um die Ursachen zu wenig Gewicht. In: Familiendynamik 28(1), S. 129-142.
abstract:
Dieser Artikel enthält exzerptartige Gedankengänge aus einem der acht
Kapitel einer Dissertation in Arbeit an der Universität München zu den
sozialpsychologischen Ursachen der Nazi-Gewalt im Dritten Reich wie der
Neonazi-Jugendgewalt. In diesem Kapitel habe ich auch anhand von
Interviews mit Jugendlichen, deren Eltern sowie ihren StreetworkerInnen
in den neuen Bundesländern die psychologischen Ursachen für den
Rechtsradikalismus Jugendlicher untersucht. Im folgenden Artikel
konzentriere ich mich auf Beobachtungen zur Beziehungsdynamik in
einigen der von mir untersuchten Familien. Ich stelle die auffallende
Ausklammerung des familiären Einflusses und demgegenüber die
Überbetonung außerfamiliärer Faktoren in der öffentlichen Debatte um
die Ursachen des Rechtsradikalismus dar. Weder in den Konzepten noch in
der Praxis von Jugendarbeit hat die Zusammenarbeit mit den Eltern einen
Platz, was die Chancen mindert, für Abhilfe zu sorgen.
Fischer, Hans Rudi (2003): Jenseits vom Konstruktivismus - zum Tode von Heinz von Foerster. In: Familiendynamik 28(1), S. 145-148 |
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