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System Familie Heft 1/1997

1/1997 - 2/1997 - 3/1997 - 4/1997 - Übersicht


Klammer, Gerda (1997): Sozialkonstruktionistische Grundlagen für Paartherapien. In: System Familie 10(1), S. 2-9

abstract: Die Berufung auf den radikalen Konstruktivismus bewirkt, dass familientherapeutische Entwicklungen immer mehr in Richtung der Fokussierung auf die Arbeit mit Individuen erfolgt sind.  Sozialkonstruktionistische Theorien und daraus abgeleitete linguistische Ansätze in der Therapie beziehen dagegen wieder die Form des Dialogs, des Miteinandersprechens und  auch des Hörens, des Gehörten und Nichtgehörten in der Therapiestunde mit ein. Diese Wende in der Schwerpunktsetzung erlaubt es auch, die Frage nach dem therapeutischen Setting - wer soll in der Therapiesitzung anwesend sein und wozu - wieder neu zu stellen. Unterschiedliche Schwerpunktsetzungen bedingen unterschiedliche Gesprächsinhalte. Variationen im Setting während einer Therapie bedingen unterschiedliche Prozesse.


Hehl, Franz-Josef und Ina Ponge (1997): Der Prozess der Aussiedlung - Veränderungen von familiären Strukturen. In: System Familie 10(1), S. 10-20

abstract: Durch unsere Untersuchungen von 60 deutschstämmigen Jugendlichen (30 Jungen und 30 Mädchen), die gemeinsam mit ihren Eltern und Geschwistern in den letzten Jahren aus Polen in die BRD ausgesiedelt sind, wollten wir ermitteln, 1. Ob sich durch die Aussiedlung die familiären Strukturen grundlegend verändern und 2. ob durch diese Veränderungen die Eingliederung der Jugendlichen und ihrer Eltern in unsere Gesellschaft gefährdet oder gefördert wird. Die Informationen über die familiären Strukturen wurden zu 5 Zeitpunkten ermittelt: 1. über 1,5 Jahre vor der Aussiedlung, 2. kurz vor der Aussiedlung, 3. kurz nach der Aussiedlung, 4. 1,5-3 Jahre nach der Aussiedlung, 5. über 3 Jahre nach der Aussiedlung. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse: a) Durch die Aussiedlung gewinnen die Jugendlichen in ihren Familien sehr viel Einfluss, übernehmen aber auch bedeutend mehr Verantwortung; b) die Intensität (Häufigkeit der Kontakte) und die Qualität (Zuneigung) der familiären Beziehungen nehmen nach der Aussiedlung signifikant ab. Wir versuchen, über die Ergebnisse die Familiendynamik dieses Prozesses aufzuzeigen.


Levold, Tom (1997): Problemsystem und Problembesitz: die Diskurse der sexuellen Gewalt und die institutionelle Praxis des Kinderschutzes. Teil I. In: System Familie 10(1), S. 21-30.

abstract: Die zweiteilige Arbeit untersucht die Wechselwirkungen zwischen der institutionellen Kinderschutzpraxis und den zugrundeliegenden Diskursen der Gewalt. Im bereits veröffentlichten ersten Teil wird das systemisch-konstruktivistische Konzept des “problemdeterminierten Systems” von Goolishian und Anderson auf seine Eignung überprüft, diese sozialen Wechselwirkungen abzubilden. Im Ergebnis erweist sich das Modell des Problemsystems als praxeologisches Konzept mit begrenzter Reichweite, jedoch nicht als tragfähige Theorie sozialer Probleme oder gar sozialer Systeme. Exemplarisch wird kritisiert, dass die Affektdynamik des Problemerlebens, Aspekte von Macht und Hierarchie in sozialen Systemen sowie die Eigendynamik sozialer Institutionen systematisch ausgeblendet werden. Im vorliegenden zweiten Teil werden anhand des Konzeptes eines sozialen “Problembesitzes” ideologische und praktische Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen der Kinderschutzbewegung und der Bewegung gegen den sexuellen Missbrauch dargestellt. Ferner werden die öffentlichen Debatten und Diskurse, die das affektive Klima der Auseinandersetzung prägen, als Ausdruck von Kämpfen um Problembesitz und -verteilung zwischen sozialen Institutionen und Bewegungen interpretiert.


Allert, Tilman (1997): Zwei zu Drei: soziologische Anmerkungen zur Liebe des Paares. Teil II. In: System Familie 10(1), S. 31-43

abstract: Im Falle der Familiengründung wird die triadische Dynamik manifest und bestimmt dauerhaft die Selbstentfaltung der Familie. Prozesse der Streitinitiierung, der Streitschlichtung und Versöhnung, Konkurrenz und Rivalität, Verführung und Inbesitznahme bestimmen den Handlungsraum der Familie, in dem durch die Dauerkonkurrenz ihrer Teilbeziehungen die Versöhnung von Unversöhnlichem exemplarisch kommuniziert wird. Die Liebe des Elternpaares liefert den Schlüssel zur Gestaltung des menschlichen Bildungsprozesses, sie bereitet die Erfahrung im Umgang mit affektiven und moralischen Konflikten vor und bildet die Grundlage für das Vertrauen in eine durch Kontingenz und Fremdheit bestimmte Sozialwelt. In der Kommunikation der Familie werden mit dem eigenlogischen intellektuellen und affektiven Reifungsprozess des Kindes einerseits sowie mit der Plazierung der Familie im soziokulturellen Milieu  andererseits zwei Einflussebenen wirksam, die die äußere Sozialgestalt und die innere Befindlichkeit ihrer Mitglieder bestimmen. Die moderne Familie ist hinsichtlich der Chancen, den autonomen Gestaltungsraum des Elternpaares auszufüllen, erheblichen Belastungen ausgesetzt, die in epochalen Sozialstrukturtransformationen, im zunehmenden Einfluss der Arbeitswelt auf die naturwüchsige Zeitstruktur der Familienwelt, der Verwissenschaftlichung der Eltern-Kind-Beziehung und der normativen Gleichheit im Geschlechterverhältnis ihre Ursache haben.


Seegel, Falko
(1997): Alkoholismus aus familienbiographischer Perspektive. In: System Familie 10(1), S. 44-50

abstract: Eine Genogrammanalyse zeigt den Sinnzusammenhang, in den der chronische Alkoholismus eines jetzt 55jährigen Mannes eingebettet ist. Anschließend wird die familientherapeutische Begleitung der Familie über einen Zeitraum von 3 Jahren nach einer stationären Entwöhnungsbehandlung dargestellt. Es wird gezeigt. wie das Ehepaar die Beziehung neu strukturiert und wie es gelingt, eine gemeinsame Basis jenseits des Alkoholismus zu finden.



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