Copyright © 2013
levold system design Alle Rechte vorbehalten. |
|
|
Psychotherapie & Sozialwissenschaft Heft 4/2001
|
1/2001 - 2/2001 - 3/2001 - 4/2001 - Übersicht
Boothe, Brigitte (2001): Das Körperliche im Spiegel des psychoanalytischen Fallberichts. In: Psychoth.Soz. 3(4), S. 263-283.
abstract: Der
psychoanalytische Verständigungsprozeß verwandelt mindestens einen der
beiden Beteiligten in der Beziehung, den psychisch Leidenden, so, daß
er im Verlauf der Gesprächsereignisse ein anderer wird. Das ist der
theoriegeleitete Anspruch. Dieser Verwandlungsprozeß im
psychoanalytischen Gespräch erfaßt in elementarer Weise das
Körperliche. Das ist die Aufgabe angemessener Deskription. Wie aber ist
innerhalb der psychoanalytischen Disziplin die Frage der
Beschreibungssprache zu klären? In der psychoanalytischen Beziehung
sollen für beide Kommunikationspartner, gemäß professionellem Anspruch,
Formen des Denkens und Fühlens zugänglich und bewußtseinsfähig werden,
die an Körpererleben, an fundamentale körperliche Orientierungsmuster,
die affektive Resonanz der frühen Entwicklungszeit und frühe
Körperbilder anknüpfen. Denn in der psychoanalytischen Störungslehre
spielt das Körperliche eine zentrale Rolle.
Findet das Körperliche auch im professionellen Erzählen des
Psychoanalytikers Raum? Es ist zu erwarten, daß kasuistische
Darstellungen in der Psychoanalyse bereits initial, wenn es um erste
Kontaktaufnahme mit dem Patienten geht, gerade dem Körperlichen in der
Begegnung Aufmerksamkeit schenken. Daher überrascht es, daß die
explorative Studie initialer Testsequenzen aus exemplarischen
Falldarstellungen ein anderes Bild zeigt. Das Aufeinandertreffen der
Körper als das, was im elementaren Sinn bewegt, berührt, Orientierung
schafft und psychische Reaktionsbereitschaften herstellt, bleibt hier
wider Erwarten unausgeführt und verdeckt. Ein unerwünschter Effekt ist
mangelhafte Prägnanz, Kohärenz, Transparenz und Bodenhaftung des
psychoanalytischen Fallnarrativs.
Borkenhagen, Ada (2001):
Gemachte Körper. Körper- und Selbsterleben von Frauen, die sich zu
einer Schönheitsoperation entschieden haben. In: Psychoth.Soz. 3(4), S.
307-316.
abstract: In der postmodernen
Gesellschaft scheint das Verhältnis zum eigenen Körper durch zwei
Tendenzen bestimmt zu werden: Einer Rückbesinnung auf den Körper als
unhintergehbarem Bezugspunkt von Identität einerseits und durch das
Projekt "Körper". Beim "Körper als Projekt" geht es um die Inszenierung
des Selbst durch Überschreitung der Körpergrenzen. Auch bei der
Schönheitschirurgie scheint es sich um einen spezifischen Mechanismus
der Identitätsgestaltung durch Selbstermächtigung und Verkörperung zu
handeln, bei dem sich das Selbst über eine Bearbeitung und Veränderung
des Körpers gestaltet. Anhand von Ausschnitten aus Interviews mit
Frauen, die sich zu einer plastisch-chirurgischen Körperkorrektur
(Brustreduktion und -aufbau, Bauchplastik) entschieden haben, wird der
Versuch gemacht, den Mechanismus dieser Selbstinszenierung durch
"self-empowering" und "embodiment" zu verdeutlichen. Konzepte wie das
self-empowering, das embodiment, aber auch das psychoanalytische
Konzept der "Weiblichkeit als Maskerade" scheinen geeignet, die
Psychodynamik des Wunsches nach einer plastisch-chirurgischen
Veränderung des eigenen Körpers zu erklären.
Stirn, Aglaja (2001): Vom
Initiationsritual zur geschmückten Haut. Tätowierung im Spiegel von
Stammestraditionen und neuem Kunstverständnis. In: Psychoth.Soz. 3(4),
S. 284-307.
abstract: Aufgrund der in den
letzten Jahren zu vermerkenden Zunahme von tätowierten und gepiercten
Menschen in der deutschen Gesellschaft entwirft dieser Artikel vor dem
Hintergrund der Geschichte dieser Praktiken ein Bild der
psychologischen Gründe, warum Individuen sich tätowieren und/oder
piercen lassen. Dabei spielen Muster wie Suche nach Individualität und
spirituellen Inhalten, verändertes Körper- und Modebewusstsein sowie
ein verändertes Kunstverständnis eine Rolle. Der Körper wird über seine
mechanistische Fähigkeit zu funktionieren hinaus als bedeutsam erachtet
und als Ort sozialer und spiritueller Bedeutung verstanden. Die
freiwillige Verletzung körperlicher Grenzen wirkt gesellschaftlich
provokant. Dabei dient die Körperveränderung der Aufnahme eines
Diskurses mit der Umwelt, der gleichzeitig abgrenzende wie annähernde
Funktion hat.
|
|
|