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Psychotherapie & Sozialwissenschaft Heft 3/2001
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1/2001 - 2/2001 - 3/2001 - 4/2001 - Übersicht
Knoblauch, Hubert und Bernt Schnettler (2001): Die kulturelle Sinnprovinz der Zukunftsvision und Ethnophänomenologie. In: Psychoth.Soz. 3(3), S. 228-249.
abstract: Dieser Beitrag
beschäftigt sich mit visionären Zukunftserfahrungen. Ausgehend von der
Annahme, daß die symbolische Bedeutung der Jahrtausendwende eine
Vermehrung solcher Zukunftsvisionen zur Folge haben würde, führten wir
eine Erhebung im deutschsprachigen Raum durch. Überraschenderweise
mußten wir nicht nur feststellen, daß sich kaum apokalyptische Visionen
finden ließen. Auch die Zukunftsvisionen, die wir erheben konnten,
waren erstaunlich verhalten. Vor diesem Hintergrund soll hier zunächst
die Struktur der Zukunftsvisionen herausgestellt werden. Dazu soll
einmal gezeigt werden, wie die Zukünftigkeit dieser Visionen erzeugt
wird. In einem weiteren Schritt soll dann näher bestimmt werden, was
die Visionen als Visionen auszeichnet. Zu diesem Zweck soll der Begriff
der Ethnophänomenologie eingeführt werden. Dieser Begriff weist darauf
hin, daß den wissenschaftlichen Beobachtern zwar die Erfahrungen selbst
nicht zugänglich sind. Die Betroffenen aber zeigen sich vielfach selbst
in der Lage, auf die Form ihrer eigenen Erfahrung zu reflektieren und
diese Reflexion mitzuteilen. Diese ethnophänomenologischen
Beschreibungen lassen sich mit der Theorie der mannigfachen
Wirklichkeiten erklären, wie sie von Alfred Schütz entwickelt wurde.
Diese Erklärung bedeutet jedoch nicht, daß aus den Berichten der
Betroffenen sozusagen eine phänomenologische Grundstruktur der Vision
abzuleiten wäre. Vielmehr soll abschließend auf die kulturell und
sozial konstruierten Aspekte der von uns untersuchten Zukunftsvisionen
hingewiesen werden. Dabei zeigt sich eine - für den deutschsprachigen
Raum keineswegs untypische - enorme Entchristlichung der Vision als
auch eine Entplausibilisierung ihrer transzendenten Wirklichkeit.
Popp-Baier, Ulrike (2001): Von
der Möglichkeit, ein anderer Mensch zu werden. Psychologische Analysen
von Konversionserzählungen. In: Psychoth.Soz. 3(3), S. 182-201.
abstract: In der
religionspsychologischen Konversionsforschung wird Konversion vor allem
als Selbsttransformation konzeptualisiert. Dementsprechend ist dann die
narrative Konversionsforschung mit einer narrativen Konzeptualisierung
von Selbsttransformation verbunden. Peter Stromberg (1993), der seinen
eigenen Ansatz der psychologischen Anthropologie zurechnet, geht davon
aus, dass Konvertiten eine Sprache gebrauchen, die immer zwei
Bedeutungsniveaus umfasst: Die kanonische Sprache, die referentiell auf
einen einen bestimmten religiösen Bedeutungskontext bezogen ist, wird
zugleich konstitutiv, das heißt bedeutungsgenerierend in dem Sinne,
dass in der Konversionserzählung individuelle Erfahrung in der
kanonischen Sprache zum Ausdruck gebracht werden kann. Stromberg
argumentiert, dass diese Verbindung es dem Gläubigen ermöglicht,
unzugängliche oder inakzeptable Wünsche zum Ausdruck zu bringen und
dadurch zugleich seinen Glauben zu vertiefen. In diesem Sinn
konstituiert die Bekehrungserzählung die Selbsttransformation des des
Erzählers. Die Analyseperspektive Strombergs wird am Beispiel einer
Konversionserzählung demonstriert.
Wohlrab-Sahr, Monika (2001):
"Ich habe das eine gegen das andere ausgetauscht sozusagen". Konversion
als Rahmenwechsel. In: Psychoth.Soz. 3(3), S. 202-227.
abstract: In der Soziologie
der Konversion vollzieht sich nunmehr seit 25 Jahren eine Wende hin zu
interpretativen Verfahren, im Zuge derer Konversionserzählungen
hinsichtlich ihres Berichtcharakters zunehmend suspekt wurden.
Stattdessen rückte die Konversionserzählung selbst in ihrer sozialen
Formung in den Blick. Der Artikel wendet sich gegen eine
konstruktivistische Engführung dieser Perspektive und plädiert für eine
biographieanalytische Vorgehensweise, die das Instrumentarium
sozialwissenschaftlicher Identitästheorien nutzt. Anhand zweier Fälle
von Konversion zum Islam wird gezeigt, dass die Konversion im Sinne
einer "Problemlösung" auf Diskontinuitäts- und Inkohärenzprobleme in
der Biographie bezogen ist. Sie ermöglicht einen Rahmenwechsel und
damit ein Verlassen des Kontextes, aus dem die Probleme resultieren.
Allerdings bleibt die Problemlösung über den Weg der Konversion prekär.
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