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systeme Heft 1/2003
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1/2003 - 2/2003 - Übersicht
Manteufel, Andreas (2003): Chromosomen non est omen – Über die Beziehung zwischen Neurobiologie und Psychotherapie. In: systeme 17(1), S. 3-21.
abstract: Der Aufsatz
beleuchtet das Verhältnis von Psychotherapie zu den neuesten
Entwicklungen in der Neurobiologie. Zwei Thesen werden vertreten.
Erstens: Trotz unterschiedlicher Tendenzen scheint die Entwicklung in
den Neurowissenschaften auf ein synergetisches Modell der
Selbstorganisation hinaus zu laufen. Da es bereits ein synergetisches
Konzept für die Psychotherapie gibt (Schiepek 1999), ist die Chance für
eine Annäherung von Neurowissenschaften und Psychotherapie unter dem
Dach der Selbstorganisationsperspektive gegeben. Zweitens:
Psychotherapie erhebt, auch als praktische Tätigkeit oder „Heilkunst“,
Anspruch auf wissenschaftliche Fundierung. An den Entwicklungen der
modernen Neurowissenschaften kommt sie daher nicht vorbei. Kritisch
nimmt der Aufsatz aber Stellung zu Tendenzen, die einen
Hegemonialanspruch der Neurobiologie über die Psychotherapie
beanspruchen. Psychotherapie ist keine „angewandte Neurobiologie“.
Psychotherapie sollte vielmehr gegenüber Krankheitskonzepten, ethischen
und gesellschaftlichen Konsequenzen der modernen Neurobiologie eine
kritische Funktion bewahren.
Keller, Heidi (2003): Biologische Grundlagen und kulturelle Determinanten elterlichen Verhaltens. In: systeme 17(1), S. 22-35.
abstract: In
diesem Beitrag geht es um das Zusammenspiel von biologischen Grundlagen
der Entwicklung und kulturellen Informationen aus dem umgebenden
Lebenskontext. Es wird vorgeschlagen, elterliches Verhalten im Umgang
mit Säuglingen im ersten Lebenshalbjahr als ein System angeborener,
unabhängiger Komponenten (Elternsysteme und Interaktionsmechanismen)
aufzufassen, die zu elterlichen Stilen verschaltet werden, die adaptiv
für bestimmte kulturelle Kontexte sind und somit den Säugling auf seine
Umwelt vorbereiten. Auf dem Hintergrund eines kulturvergleichenden
Forschungsprogramms weisen wir exemplarisch Beziehungen zwischen
Sozialisationszielen und elterlichen Ethnotheorien sowie
Sozialisationskontexten und elterlichen Praktiken im Umgang mit
Säuglingen auf. Es werden zwei prototypische elterliche Stile
identifiziert. Der independente Stil mit Sozialisationszielen der
individuellen Autonomie, Unabhängig, Einzigartigkeit wird insbesondere
durch „Face-to-face“-Kommunikation mit prompter Reaktion (Kontingenz)
auf positive kindliche Signale und Objektstimulation unterstützt. Der
interdependente Stil mit Sozialisationszielen wie Bezogenheit, Respekt
und Anerkennung von Normen und Werten der Elterngeneration wird
insbesondere durch Körperkontakt und Körperstimulation, ebenso wie
prompte Reaktionen auf negative Kindsignale unterstützt. Die
Implikationen solcher kulturspezifischer Entwicklungspfade für die
Praxis werden diskutiert.
Schweitzer, Jochen und Hugo Grünwald (2003): SYMPA:
Vorschau auf ein Großexperiment zur systemischen Therapie und Forschung
in der Akutpsychiatrie. In: systeme 17(1), S. 36-46.
abstract: Das
SYMPA-Projekt („Systemtherapeutische Methoden psychiatrischer
Akutversorgung“) will systemische Therapie als alltagstaugliches
Rahmenkonzept akutpsychiatrischer Behandlung, unter starker Beteiligung
der Pflege, in drei psychiatrischen Krankenhäusern implementieren.
Zudem will es, mit der voraussichtlich bislang größten Outcome-Studie
zur systemischen Therapie im deutschen Sprachraum, die Wirksamkeit
systemtherapeutischer Methoden in der Akutpsychiatrie, in einem
Prä-Post/ add-on-Design mit etablierten Erhebungsinstrumenten
wissenschaftlich überprüfen. Der Aufsatz schildert die Philosophie und
die genaue Planung dieses komplexen Multicenter-Projektes, das im
Herbst 2002 mit seiner Arbeit begonnen hat.
Geyerhofer, Stefan und Carmen Unterholzer (2003):
„Meine Symptome aus dem Mund eines anderen“. Ehemalige KlientInnen als
Ressource in der Psychotherapie. In: systeme 17(1), S. 47-65.
abstract: Der
Artikel beschreibt die Möglichkeit ehemalige KlientInnen als
KonsultantInnen in laufende Therapien einzubeziehen. Diese kurzzeitige
Erweiterung des therapeutischen Settings kann die erlebte Isolation von
KlientInnen reduzieren, ein unmittelbares Verstehen des Problems
ermöglichen, und gibt KlientInnen die Chance neue Lösungen durch
„positive Modelle“ zu erfahren. Theoretische Überlegungen zu dieser
Vorgehensweise werden mit den Erfahrungen der Beteiligten (aus Follow
Up Interviews zu den Sitzungen) in Verbindung gebracht. Zwei konkrete
Fallbeispiele illustrieren den Nutzen für die KlientInnen, mögliche
Effekte auf die KonsultantInnen und für den therapeutischen Prozess.
Risiken und Richtlinien zu dieser Interventionsmethode werden
dargestellt, und im Vergleich zu Methoden mit einer ähnlichen
Zielsetzung (Videointerviews, schriftliche Abschlussberichte, ehemalige
KlientInnen im Reflektierenden Team etc.) diskutiert.
Radice von Wogau, Janice
(2003): Looking through a cultural lens: Interkulturelle Kompetenz in
den verschiedenen Phasen der Therapie. In: systeme 17(1), S. 66-83.
abstract: Mit
Unterschieden umzugehen ist heute eine besondere Herausforderung in
unserer globalisierten Welt. Für die Europäische Union ist Migration
ein zentrales Thema. Daher ist es nicht überraschend, dass Therapeuten
und Berater dazu herausgefordert sind, ihr Handwerkszeug auf
interkulturellem Gebiet zu verbessern. Dieser Artikel möchte dadurch
einen Beitrag zur Arbeit systemischer Therapeuten leisten, dass er sie
in ihrer Arbeit mit Klienten aus verschiedenen Herkunftsländern
bewusster macht und sie dazu sensibilisiert, und dass er die kulturelle
Thematik in alle Aspekte des therapeutischen Dialogs einführt. Er
liefert einige grundlegende Informationen über Kultur, Systemtheorie,
die Migrationserfahrung, zwischenmenschliche Kommunikationsstile sowie
mancherlei nützliches Handwerkszeug in verschiedenen Phasen des
therapeutischen Prozesses. Dieser Artikel ist auch ein Aufruf an die im
Gesundheitswesen Tätigen, die Qualität der Behandlung ausländischer
Klienten zu verbessern. Es ist wichtig, weitere Forschung, Ausbildung
und Supervision zu unterstützen, und die Anstellung bikultureller
Therapeuten zu fördern.
Wedekind, Erhard, Renate Blum-Maurice und Norbert
Schäfer (2003): Psychotherapie für Arme – Ein Plädoyer für die
Aufsuchende Familientherapie als eigenständige Jugendhilfeleistung. In:
systeme 17(1), S. 84-93.
abstract: Zwischen
Jugendhilfe und Gesundheitssystem wird eine spezifische
psychotherapeutische Versorgungslücke für sozial besonders
ressourcenschwache Familien beschrieben, die durch das Angebot
Aufsuchender Familentherapie zu schließen ist. Dieses Angebot wird
hinsichtlich der damit verbundenen Qualifikationsanforderungen und in
Abgrenzung zu bestehenden ambulanten Erziehungshilfen präzisiert.
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