Start
Bücher
Neuvorstellungen
kurz vorgestellt
Klassiker
Vorabdrucke
Zeitschriften
Familiendynamik
Konfliktdynamik
Journ. of Fam.Ther.
Family Process
Kontext
OSC
perspekt. mediation
Psychoth. im Dialog
Psychother.Soz.Wiss.
rpm
Soziale Systeme
systeme
System Familie
systhema
ZSTB
Links
Beiträge
Feldpost
Salon
Interviews
Nachrufe
Glossen
Luhmann-Special
Kongressgeschichten
"Das erste Mal"
Begegnungen
Blinde Flecke
Mauerfall 1989
Von Klienten lernen
Bibliothek
edition ferkel
Berichte
Nachrichten
Kalender
Newsletter
Konzept
Institute
Info
Autoren
Kontakt
Impressum
Druckversion Druckversion
Copyright © 2013
levold system design
Alle Rechte vorbehalten.
systemagazin logo

Neuvorstellung zur Übersicht
04.06.2013
Andreas Müller (2013): Die Schule schwänzt das Lernen. Und niemand sitzt nach
Müller: Die Schule schwänzt das Lernen. Und niemand sitzt nach hep-Verlag, Bern 2013

200 Seiten, brosch., Großformat, mit vielen farbigen Abb.

Preis: 29,90 €

ISBN-10: 3039055135
ISBN-13: 978-3039055135
hep-Verlag





Andreas Manteufel, Bonn:

Andreas Müller ist ein renommierter Bildungsforscher. Jemand, der der Schule nicht nur ein – übrigens sehr mäßiges – Zeugnis ausstellt, sondern selbst an „neuen Wegen“ des Unterrichtens arbeitet. Das kann bei Interesse unter www.learningfactory.ch vertieft werden. In diesem Buch geht es aber vor allem um die Analyse, inwieweit Schule dem Anspruch gerecht wird, ein Ort für selbstbestimmtes Lernen zu sein.

Ich selbst rezensiere das Werk aus einer dreifachen Position, nämlich als Betroffener, als Angehöriger und als Experte. Wie die meisten verbrachte auch ich Kindheit und Jugend größtenteils auf der Schulbank, was ganz unterschiedliche Erinnerungen hinterließ. So ist (fast) jeder ein „Erfahrener“ in diesem Metier. Heute begleite ich als Elternteil unseren 9jährigen Sohn durch seine noch junge Schulkarriere, manchmal mit Erstaunen und Respekt vor den erheblich gestiegenen Anforderungen an die Kinder, dann wieder mit der mal enttäuschten, mal beruhigenden Feststellung, dass Schule immer schon war wie sie heute noch ist. Zuletzt ist das Thema „Lernen“ ein psychologisches und auch psychotherapeutisches Grundlagenfach, und ich finde in Müllers Buch altbekannte Literatur dazu aus Zeiten, die schon in meinem Psychologie- und Pädagogik-Studium als „klassisch“ galten. Die eindrucksvollsten lern- und sozialpsychologischen Experimente sind bisweilen schon ein halbes Jahrhundert alt, aber wesentlich Neues ist in der Psychologie bekanntermaßen selten zu bestaunen.

Die Anreicherung lernpsychologischen Basiswissens mit moderner Neurobiologie ist – so auch in diesem Buch – einerseits belebend, verändert aber die Grundeinsichten nicht. Im Gegenteil. Gerade aus der Gruppe der populären Gehirnforscher sind gute alte Tugenden wieder hoffähig geworden, die drohten, sich der Reihe aussterbender Spezies an zu schließen. Da geht es um die Rolle von Disziplin und Wille auf der Seite des Einzelnen und um die Beziehungs- und Kontextabhängigkeit allen Lernens auf der anderen Seite, also der Rolle der „Lernumgebung“. Gegeneinander abgewogen kommt Müller eindeutig zu dem Schluss: Beides ist von gleichem Gewicht.

Müllers Buch ist eine didaktische Meisterleistung. Man nimmt es einfach gerne zur Hand, der Text ist trotz Auflockerungen durch Cartoons, selbst gestaltete Tabellen oder Abbildungen und eingestreute Zwischentexte fließend und gut „verdaulich“, manchmal vielleicht zu locker-flockig. Der Einstieg durch drei Knobelaufgaben kostete mich persönlich zwar Zeit, aber die Lesefreude war dadurch sofort garantiert. Die grafische Gestaltung kommt größtenteils nicht aus einer Computersoftware, sondern aus der Hand des Autors und seines kreativen Kollegen Roland Noirjean. Mit Farbe wurde nicht gespart, was tatsächlich viel ausmacht. Nur die sogenannten „Kompetenzraster“ im hinteren Teil des Buches sind für das menschliche Auge nicht mehr zu entziffern – und damit überflüssig.

Der Streifzug durch das Thema des Buches ist in etwa durch folgende Thesen strukturiert:

Erstens: „Der Dreh- und Angelpunkt heißt Selbstdisziplin – die wirkungsvolle Regulation des Selbst durch das Selbst. Das hat einen überragenden Einfluss auf den Bildungserfolg, ebenso wie auf die psychische Gesundheit…“ (S. 185) „Die Fähigkeit, sein Leben im Gleichgewicht zu halten, den inneren Schweinehund an der kurzen Leine zu führen, seine Impulse kontrollieren und sich mit der nötigen Disziplin an längerfristigen Zielen orientieren zu können – das machte letztlich den Unterschied aus.“ (S. 186),

Zweitens: „Persönlichkeitsentwicklung ist kein Schulfach. Vielmehr geht es darum, die schulischen Umweltbedingungen so zu gestalten, dass sich Eigenschaften und Verhaltensweisen von jungen Persönlichkeiten positiv entwickeln können. Die Formel dazu: Lernen ist Persönlichkeitsentwicklung. Und umgekehrt.“ (S…120).

Drittens: „Bildung durch Bindung heißt das Motto. Denn es gibt kein Lernen ohne Beziehung. Und professionelle Beziehungsarbeit ist vor allem eines: Zusammenarbeit…Das sind zwei Begriffe: „Zusammen“. Und „Arbeit“.“ (S. 120).

Eine Schlussfolgerung ist in diesem Sinne die Forderung nach speziellen „Beziehungskompetenzen“ für den Lehrerberuf. Es gehe darum, mit schwierigen Jugendlichen umzugehen, mit ihnen in eine Beziehung treten zu können. „Personalisierung“ (S. 158) lautet das Stichwort, so Mülle im Anschluss an Joachim (nicht Jochen, liebe Setzer und Korrekturleser) Bauer. Das ganze Getue um Lehrpläne, Schulgesetze, Pisa usw. treffe überhaupt nicht den Punkt, sondern biete nur die Bühne für Selbstdarstellung und Ablenkung von dem, worauf es ankommt. Und statt immer mehr Spezialwissen in immer kürzerer Schulzeit an zu häufen, sei die Schule gefordert, sich um die Basiskompetenzen zu kümmern (S. 169f).

Natürlich kennt man diese Argumentationen auch aus der öffentlichen Diskussion und bald, so ab S. 50, reifte in mir die Vorfreude auf die kreativen Lösungsvorschläge des Autors: „Wie geht es denn besser?“ will ja jeder wissen. Denn: „Wenn nun aber – nur mal angenommen – die Schule aus der Perspektive des Lernens zu arrangieren wäre, dann, na ja, dann wäre wohl einiges anders.“ (S. 219). Das aber lässt dann doch zu lange auf sich warten und ist dem Autor kaum mehr als einige bebilderte Andeutungen auf wenigen Seiten am Ende des Buches wert. „Wir sind Schüler von heute, die durch Lehrer von gestern in einem System von vorgestern auf die Probleme von übermorgen vorbereitet werden sollen.“ Diese starken Worte zieren immerhin das Buchcover, und bei aller Kritik kennt jeder doch auch die engagierten Lehrerinnen und Lehrer, die mit den gegebenen Möglichkeiten einiges für unsere Kinder auf die Beine stellen, was ganz in Müllers Credo hineinpasst. Da braucht es außer einer schlechten Note für die Schule schon auch eine klare Vorstellung davon, wie’s besser geht.

Oder erwarte ich da zu viel? Man kommt wohl nicht umhin, www.lernfactory.ch an zu klicken.





Ein Vortrag des Autors zum Thema auf Youtube

Ausführliches Inhaltsverzeichnis und Leseprobe





Verlagsinformation:

Schülerinnen und Schüler von heute sollen mit den Denkmustern von vorgestern auf die Welt von morgen vorbereitet werden. Da stimmt etwas nicht. Da stimmt vieles nicht. Denn eigentlich ist die Aufgabe klar: Lernende müssen sich erfolgreich fühlen. Die Tätigkeit des Lernens muss ebenso lohnend sein wie die Kompetenzen, die dabei erlangt werden. Was Lernende wirklich brauchen, sind individuell herausfordernde Lernanlässe, damit sie fit werden für ihr Leben, ein Leben in einer sich rasant verändernden Welt. Das stellt die Schule vor ganz neue Herausforderungen – aber sie schwänzt. Andreas Müller macht klar: Es geht in der Schule nicht um kleine Reformen, sondern um einen radikalen Kurswechsel. Aber er beschränkt sich nicht darauf, das Schulwesen auseinanderzunehmen. Er beschreibt auch, anschaulich und plausibel, wie es anders und besser sein könnte. Dabei stützt er sich nicht nur auf ein solides wissenschaftliches Fundament, sondern auch auf langjährige und vielfältige Praxiserfahrung – und auf etwas, das man früher als gesunden Menschenverstand bezeichnet hat.


Über den Autor:

Andreas Müller Baute zusammen mit seinem Team das Institut Beatenberg zu einer der innovativsten Modellschulen auf. Mittlerweile findet an vielen Schulen quer durch Europa das „Modell Beatenberg“ oder Ansätze davon Verbreitung. Kompetenzorientiertes Lernen und LernCoaching sind Stichworte dazu. Andreas Müller plädiert für eine „Freude am Lernen, die ein Leben lang anhält“. Und das gilt auch für ihn. Die Erkenntnisse seiner intensiven praktischen und theoretischen Auseinandersetzung mit den relevanten Fragen des Lernens in einer sich rasant verändernden Gesellschaft finden sich in mehreren Fachbüchern und einer grossen Anzahl von weiteren Publikationen. Zudem ist Andreas Müller Mitbegründer und Präsident des Instituts für LernCoaching und Lernkultur (ILCL) in Zollikerberg/Zürich.



Suche
Heute ist der
Aktuelle Nachrichten
15.06.2014
Die Systemische Gesellschaft sucht zum 1. Januar 2015 neue Geschäftsführung
10.04.2014
W 3 Endowed Professorship for Systemic Family Therapy in Freiburg
08.04.2014
Gesundheitsausgaben 2012 übersteigen 300 Milliarden Euro
28.01.2014
Fast jede zweite neue Frührente psychisch bedingt
17.12.2013
Diagnose Alkoholmissbrauch: 2012 wieder mehr Kinder und Jugendliche stationär behandelt

Besuche seit dem 27.1.2005:

Counter