Copyright © 2013
levold system design Alle Rechte vorbehalten. |
|
|
Vorabdruck aus Tobias Conrad: Gelassen fliegen. Selbsttherapie bei Flugangst
|
|
|
Carl-Auer-Verlag, Heidelberg 2011 (September)
174 S., kartoniert
Preis:17,95 €
ISBN-10: 3896707922 ISBN-13: 978-3896707925
Verlagsinformation: Nervosität, Herzrasen, Schweißausbrüche, schnell gehender Atem, Panikattacken: Für Menschen, die unter Flugangst leiden, wird der Traum vom Fliegen regelmäßig schon vor dem Start zum Alptraum. Knapp ein Drittel aller Passagiere kennt Flugangst – und leidet darunter. Dabei gehört das Flugzeug zu den sichersten Verkehrsmitteln der Welt. Aber Flugangst lässt sich nicht mit Argumenten beseitigen. Die häufigste Strategie für Betroffene lautet: Vermeiden. Tobias Conrad, Arzt, Hypnotherapeut und Chefsteward bei Lufthansa, gibt Menschen mit Flugangst praxiserprobte Strategien an die Hand. Zunächst widmet er sich der Frage, woher die Angst kommt und wo mögliche Ursachen liegen. Anschließend zeigt er auf, wie Flugangst mithilfe von Selbsttherapie erfolgreich überwunden werden kann. Die Leser gehen die einzelnen Stationen einer Flugreise Schritt für Schritt durch und erfahren dabei alles flugtechnisch Wissenswerte: von Check-In, Sicherheitskontrolle, Boarding und Start über den eigentlichen Flug bis hin zur sicheren Landung. Zahlreiche in der therapeutischen Praxis erprobte Interventionen wie bestimmte Atemtechniken und Körperentspannungsmethoden ergänzen den theoretischen Teil. Die Übungsanleitungen sind klar und nachvollziehbar beschrieben und begleiten sowohl Gelegenheits- als auch Vielflieger auf dem Weg zum entspannten Reisen.
Über den Autor: Tobias Conrad, Dr. med., eigene Privatpraxis für ganzheitliche Medizin in Wien, Weiterbildung in Klinischer Hypnose. Neben seiner ärztlichen Tätigkeit ist er Purser und Mitglied des Special Assistance Teams (SAT) der Deutschen Lufthansa. Seine Arbeitsschwerpunkte sind: Klinische Hypnose, Musiktherapie und Heilmeditation zur Behandlung von Angst und stressbedingten Erkrankungen sowie Krisenintervention.
|
|
Textauszug S. 31-43
Fliegt das Flugzeug automatisch?
Das hängt von der Flugphase ab. Der Start sowie ein Teil des Steigflugs werden immer von Hand geflogen. Dafür gibt es keine Automatik. Im Reiseflug hingegen setzt die Besatzung den Autopiloten ein, der große Teile der manuellen Arbeit abnehmen kann. Er sorgt nicht nur dafür, dass die Maschine einen einmal eingegebenen Kurs und eine vorgegebene Höhe beibehält, er fliegt auch selbstständig die von der Crew vorher eingegebene Flugstrecke ab. Für die hoch qualifizierte Cockpit-Crew ist das natürlich eine große Hilfe, denn ohne ihn wäre in modernen Verkehrsflugzeugen die Arbeitsbelastung viel höher.
Wie funktioniert Blindflug? In Wolken oder bei schlechter Sicht muss man sich als Pilot ausschließlich auf seine Instrumente verlassen. Das wichtigste Instrument ist hierbei der sogenannte künstliche Horizont, der zuverlässig die augenblickliche Fluglage anzeigt.
Landet das Flugzeug automatisch? Moderne Verkehrsflugzeuge mit der entsprechenden Ausrüstung sind tatsächlich in der Lage, dem Leitstrahl des Instrumenten-Landesystems zu folgen und automatisch zu landen. Es ist hingegen immer noch die Aufgabe der Crew, unter Berücksichtigung der Verkehrsverhältnisse und der Wetterbedingungen den Autopiloten zu programmieren sowie das Fahrwerk auszufahren und die Landeklappen zu bedienen. Auch heutzutage sind noch längst nicht alle Flugzeuge und Flughäfen für eine vollautomatische Landung ausgerüstet. Aber auch bei einer vollautomatischen Landung kontrollieren die Piloten die Elektronik und sind ständig bereit einzugreifen. Je nach Ausrüstung des Flugzeugs und des Flughafens gibt es festgelegte Entscheidungshöhen. Ist die Landebahn in dieser Höhe nicht in Sicht oder sind die für eine automatische Landung nötigen Kriterien nicht gegeben, dann muss die Maschine durchstarten und eventuell einen Ausweichflughafen ansteuern. In mehr als 95 % aller Fälle wird die Landung aber von Hand gesteuert, daher müssen die Piloten auch das manuelle Landen ständig trainieren.
Was ist eine gute Landung?
Ein weiches Aufsetzen, meinen viele! Für Piloten gibt es andere, wichtigere Kriterien: die Bahnlänge, deren Beschaffenheit, die Wetterbedingungen, den Bodenwind. So ist für Piloten eine als härter empfundene Landung oftmals die bessere!
Warum »knackt« es in den Ohren, wenn wir landen? Je höher man fliegt, desto niedriger ist der Luftdruck. In 5 000 Meter Höhe ist er nur noch halb so groß wie in Meereshöhe, in 10 000 Metern nur noch ein Viertel. Verkehrsflugzeuge haben einen Kabinendruck, der etwa 2 500 Meter Höhe entspricht. Im Landeanflug steigt er natürlich wieder auf den Wert der Außenluft. Ursache des Knackens ist der Druckausgleich des Mittelohrs. Man kann das unangenehme Knacken vermindern, indem man beim Landeanflug einen Kaugummi kaut oder einfach häufiger schluckt.
Kann man bei Nebel trotzdem landen? Das kommt darauf an, wie dicht der Nebel ist. Flughäfen sind mit ILS-Sendern ausgestattet – dem sogenannten Instrument Landing System. Dies ermöglicht es den Piloten, das Flugzeug auch bei schlechten Sichtverhältnissen auf Landeskurssendern in Höhe und Richtung sehr genau zur Landebahn zu führen. Dabei müssen allerdings Mindestwerte für Sicht und Wolkenuntergrenze beachtet werden. Sind die Werte, die vom Flughafen aus gemessen werden, kleiner als erlaubt, muss das Flugzeug den Landeanflug abbrechen, durchstarten und auf einen anderen Flughafen mit besseren Wetterwerten ausweichen.
Kann der Treibstoff mal ausgehen?
Wie viel Treibstoff ein Flugzeug tankt – Treibstoff befindet sich neben den Rumpftankbehältern auch in den Tragflächen – wird für jeden Flug genau berechnet. Die Treibstoffmenge reicht nicht nur bis zum Zielflughafen, sondern es muss zusätzlich dazu noch eine gesetzlich vorgeschriebene Mindestmenge Treibstoff getankt werden, um gegebenenfalls zusätzliche Rollzeiten am Boden oder Warteschleifen in der Luft überbrücken zu können. Der zusätzliche Treibstoff muss immer auch für den Flug zu einem geeigneten Ausweichflughafen reichen. Kein Flugzeug darf ohne diese zusätzlichen Reserven starten. Oft wird aber sogar noch mehr als das gesetzliche vorgeschriebene Minimum getankt – einfach, um wirklich ganz sicher zu gehen.
Was ist schwieriger: Start oder Landung? Beide Phasen des Flugs verlangen von der Besatzung höchste Konzentration. Die Beanspruchung bei der Landung ist jedoch noch höher als beim Start. Beim Start hat es die Besatzung auch deshalb leichter, weil sie in den meisten Fällen ausgeruht und frisch ist. Auf Langstreckenflügen hingegen sind Kapitän, Senior First Officer und Erster Offizier häufig schon zwölf Stunden und länger im Dienst, wenn sie die Maschine schließlich auf dem Zielflughafen landen. Start und Landung sind tausendfach geübte Routine, die nach standardisierten Verfahren abläuft. Aber zu keiner Zeit eines normalen Flugs ist die Arbeitsbelastung im Cockpit höher als jetzt. Checklisten müssen gelesen, Systeme geschaltet werden, von den Fluglotsen kommen Freigaben, Anweisungen und Informationen. All dies wird nach einer genau festgelegten Arbeitsteilung bewältigt. Trotz aller Erfahrung erfordern sowohl Start als auch Landung höchste Konzentration und genaues, fehlerfreies Arbeiten der Crew. Schließlich fliegt das Flugzeug nahe der Mindestgeschwindigkeit und in Bodennähe. Der Spielraum, Unregelmäßigkeiten auszugleichen, ist also sehr gering. Fällt zum Beispiel beim Start ein Triebwerk aus, was sehr selten vorkommt, dann muss die Crew in kürzester Zeit reagieren. Sie muss das Flugzeug entweder auf der verbleibenden Startbahn sicher zum Stehen bringen oder mit den übrigen Triebwerken abheben, auf eine sichere Höhe bringen und dann wieder landen. Das erfordert richtige Entscheidungen in Sekundenbruchteilen.
Wie ist der Luftverkehr geregelt?
Der Luftverkehr ist streng und strikt geregelt. Eine bestimmte Flughöhe darf nur in einer Richtung und einem entsprechenden Sicherheitsabstand beflogen werden. Der Gegenverkehr findet in einer Flughöhe statt, die mindestens 600 Meter höher oder tiefer liegt. Das sogenannte Traffic Collision Avoidance System zeigt den Piloten zusätzlich an, wo sich andere Flugzeuge in der Luft befinden. Im Ernstfall warnt dieses System die Piloten durch bildliche Darstellung und Ansagen.
Woher wissen Piloten, wo andere Flugzeuge sind? Im Gegensatz zu Militärmaschinen haben Verkehrsflugzeuge kein Radargerät an Bord, auf dem man sehen kann, welche Flugzeuge in der Nähe sind. Der Radarschirm im Cockpit ist so konstruiert, dass er das Wettergeschehen im Voraus anzeigt – Gewitterwolken zum Beispiel oder Gebiete mit starkem Niederschlag. Er warnt die Crew so vor Wetterphänomenen, die man besser umfliegt. Die einzige Möglichkeit, sich ein Bild von der Verkehrslage zu machen, sind die Positionsmeldungen der anderen Flugzeuge über Funk. Die einzigen, die auf Radarschirmen sehen, wer wo, wie schnell, in welcher Höhe und mit welchem Kurs fliegt, sind die Fluglotsen am Boden. Mit ihnen arbeiten die Besatzungen kontinuierlich eng zusammen. Die Flugzeuge sind aber zusätzlich mit einem Gerät ausgerüstet, das die Piloten warnt, wenn sich zwei Flugzeuge zu nahe kommen. Es arbeitet nicht wie ein Radar, sondern es ist ein Computer, der von allen Flugzeugen im Umkreis laufend Daten wie Position, Höhe, Kurs und Geschwindigkeit empfängt und daraus mögliche Konfliktsituationen errechnet.
Woher wissen Piloten, wo sich das eigene Flugzeug befindet? Früher gab es an Bord noch einen Navigator, der auf Langstreckenflügen aus Kurs, Geschwindigkeit und Wind den Standort errechnete oder wie auf einem Schiff mit dem Sextanten nach den Sternen die Position bestimmte. Das ist natürlich längst Vergangenheit. Prinzipiell gibt es drei Verfahren, um auch über den Wolken festzustellen, wo man sich gerade befindet. Das eine arbeitet mit speziellen Sendeanlagen am Boden, sogenannten Funkfeuern (Very High Frequency Omnidirectional Radio Range, VOR), die den Verlauf der Luftstraßen markieren. Im Cockpit wird nicht nur die Richtung angezeigt, in der sich diese sogenannte VOR befindet, sondern auch die genaue Entfernung. Diese Präzisionsfunkfeuer, die im UKW-Bereich arbeiten, gibt es allerdings nicht weltweit; ihre Reichweite ist sehr begrenzt. Flugzeuge verfügen daher zusätzlich über ein Trägheitsnavigationssystem, das auf Laserkreiseln basiert. Bewegt sich das Flugzeug, so wirken auf diese Kreisel Ablenkungskräfte, die man messen kann. Ausgehend von den geografischen Koordinaten des Startorts kann ein Computer daraus laufend die aktuelle Position errechnen. Natürlich sind die heutigen Verkehrsmaschinen auch mit einem Satellitennavigationssystem, dem Global Positioning System (GPS), ausgerüstet, das die Navigation und Positionsbestimmung mit einer Genauigkeit von wenigen Metern ermöglicht.
Warum fliegen Flugzeuge nicht in gerader Linie zum Zielflughafen?
Das liegt u. a. an den beschriebenen Funkfeuern. Sie werden nicht nur für eine Luftstraße installiert, sondern sind auch Kreuzungspunkt mehrerer Routen. Der Weg von einer VOR zur nächsten ist also immer mit kleinen Kurskorrekturen verbunden. Des Weiteren spielen die Windverhältnisse in der Reiseflughöhe eine wichtige Rolle. Weht ein Starkwind, ein »Jet-Stream«, mit bis zu 300 km/h dem Flugzeug entgegen, so versuchen die Piloten, dem Windfeld auszuweichen, um Flugzeit und Kraftstoff zu sparen. Kommt der Wind dagegen von hinten, dann wird er gezielt als Schiebewind ausgenutzt. Deshalb ist mitunter eine Flugroute, die auf der Landkarte als Umweg erscheint, trotzdem meistens die Strecke mit der kürzesten Flugzeit.
Wie schnell fliegen Flugzeuge?
Düsenflugzeuge haben eine Reisegeschwindigkeit zwischen 700 und 900 km/h. Beim Landeanflug beträgt die Geschwindigkeit zwischen 200 und 300 km/h. Flugzeuge, die von Propellerturbinen angetrieben werden, haben eine Höchstgeschwindigkeit zwischen 400 und 550 km/h und landen mit 130 bis 220 km/h.
Wie viel Treibstoff verbraucht ein Flugzeug?
Das hängt natürlich ganz davon ab, wie groß es ist. Eine Boeing 747 (Jumbojet) in der Passagierversion zum Beispiel verbraucht mit ihren vier Triebwerken bei einer Reisegeschwindigkeit von 900 km/h rund 13 000 Liter Kerosin pro Stunde. Auf der Strecke von Frankfurt in die Karibik (7 500 km) sind das etwa 88 Tonnen oder 109 000 Liter. Das klingt natürlich nach einem sehr hohen Verbrauch. In Wirklichkeit ist das Flugzeug jedoch ein sehr wirtschaftliches Verkehrsmittel. Rechnet man den Treibstoffverbrauch auf die Strecke um, dann sind das rund 1 500 Liter auf 100 Kilometer. Geteilt durch 380 Passagiere ergibt sich ein Pro-Kopf-Verbrauch von 3,95 Litern, weniger als bei einem sparsamen Kleinwagen. Die ca. 20 Tonnen Fracht – die Ladung eines ganzen LKW – bleibt dabei noch außer Betracht.
Was ist, wenn ein wichtiges Gerät ausfällt?
Die wichtigsten Systeme wie Elektrik, Hydraulik und Navigation sind in einem Flugzeug gleich mehrfach vorhanden. Man bezeichnet dies als Redundanz. Bei einem Ausfall kann somit sofort ein anderes System die Funktion übernehmen. Nur ein Beispiel: An jedem Triebwerk befindet sich ein Generator, der in der Lage ist, den gesamten Stromverbrauch des Flugzeugs allein bereitzustellen. Es kann also im Grunde viermal mehr Strom erzeugt werden, als das gesamte Flugzeug braucht.
Was passiert, wenn die Triebwerke ausfallen?
Redundanz ist eines der obersten Gebote im Flugzeugbau. Es bedeutet: Alle lebenswichtigen Systeme müssen mehrfach vorhanden sein. Deshalb gibt es keine einmotorigen Verkehrsflugzeuge. Auch wenn bei einem zweistrahligen Jet wie dem Airbus A 320 oder B 737 im Start ein Triebwerk ausfällt, reicht die Leistung des anderen aus, um den Steigflug fortzusetzen. Ein zweimotoriges Flugzeug, bei dem im Reiseflug ein Triebwerk stehen bleibt, muss auf dem nächsten erreichbaren Flughafen landen, denn jetzt ist keine Redundanz mehr vorhanden. Statistisch gesehen passiert ein Triebwerksausfall alle 8 000 bis 10 000 Flugstunden ein Mal. Auch wenn alle Triebwerke ausfielen, würde ein Flugzeug übrigens nicht wie ein Stein vom Himmel fallen. Ein Jet käme im Gleitflug aus 10 000 m Höhe noch gut 200 km weit.
Was passiert, wenn das Fahrwerk nicht ausfährt?
Für das Ausfahren des Fahrwerks sind Verkehrsflugzeuge mit verschiedenen Systemen ausgestattet. Das Hauptsystem funktioniert pneumatisch. Sollte es ausfallen, übernimmt eines der anderen Systeme – das hydraulische, das elektrische oder einfach die Schwerkraft – das sichere Ausfahren des Fahrwerks. Im Zuge der vorgeschriebenen Trainingseinheiten im Flugsimulator werden auch Situationen mit Fahrwerksproblemen regelmäßig trainiert.
Sind Gewitter gefährlich?
Auf dem Schirm des Wetterradars kann man sehen, wie kräftig ein Gewitter ist. Starken Gewittern, wie sie vor allem in den Tropen vorkommen, weicht man besser aus. Aber auch kleinere Gewitter werden gewöhnlich umflogen. Das Gefährlichste sind nicht etwa die Blitze. Die Zelle des Flugzeugs ist aus Metall und damit ein sogenannter Faradaykäfig, der die Passagiere genauso schützt wie es die Karosserie eines Autos tut. Gefährdet ist hingegen die sensible Elektronik an Bord. Der wichtigste Grund, einen großen Bogen um Gewitterwolken zu machen, sind allerdings die enormen Turbulenzen in ihrem Inneren und die damit verbundenen Unannehmlichkeiten für die Passagiere, der Umweg ist also ein Zugeständnis an den Komfort des Passagiers.
Sind Turbulenzen gefährlich?
Turbulenzen sind unangenehm, aber nicht gefährlich. Sie sind im Grunde der Beweis dafür, dass Luft eine Masse besitzt und der Raum nicht leer ist. Sie entstehen da, wo Luftschichten unterschiedlicher Temperatur aufeinandertreffen und sich verwirbeln. Dass Piloten versuchen, Turbulenzen zu vermeiden, ist eher eine Frage des Komforts für die Passagiere als der Sicherheit. Es gelingt ohnedies nicht immer, da es auch unsichtbare Turbulenzen gibt.
Können die Tragflächen eines Flugzeugs abbrechen?
Theoretisch ja. Aber die Kräfte, die dafür auf das Flugzeug wirken müssten, sind so groß, dass sie in der Natur nicht vorkommen. Die Flügel jedes Flugzeugs sind bewusst elastisch gebaut. Damit fangen sie, ähnlich wie Stoßdämpfer beim Auto, unterschiedliche Belastungen ab. Je nach Bauart können sich die Tragflächen eines Flugzeugs problemlos um mehrere Meter nach unten und um mehrere Meter nach oben verbiegen. Bei schweren Turbulenzen ist die Belastung auf die Tragflächen wegen dieser Elastizität gar kein Problem.
Was ist schwerer, das Flugzeug oder die Ladung?
Das Schwerste ist das Flugzeug inklusive Treibstoff. Eine Boeing 737 beispielsweise wiegt leer etwa 26,8 Tonnen, kann 16 Tonnen Treibstoff tanken und höchstens 12 Tonnen Nutzlast befördern. Ein Airbus A 300 wiegt leer rund 85 Tonnen und kann 50 Tonnen Kerosin tanken. Seine maximale Nutzlast liegt je nach Typ zwischen 31 und 36 Tonnen. Ein Jumbojet (Boeing 747) hat ein maximales Startgewicht von 394,6 Tonnen, mehr als zehn große Lastwagen. Davon sind etwa 45 % Leergewicht (180 Tonnen) und bei vollen Tanks derselbe Anteil Treibstoff, sodass für die Nutzlast bei maximaler Reichweite ca. 42 Tonnen bleiben.
Wieso trägt Luft?
Wenn wir am Flughafen den Start eines Passagierflugzeugs beobachten, drängt sich bei vielen von uns die Frage auf, wie ein so riesiger »Vogel« überhaupt abheben, wie er überhaupt fliegen kann. Das liegt zum einen daran, dass die Luft kein Nichts ist, sondern dass sie trägt. Es ist alles eine Frage des richtigen Verhältnisses zwischen aufgewendeter Energie, Gewicht, Luftwiderstand und Aufwind.
Wenn Sie beim fahrenden Auto die Hand aus dem Fenster halten, werden sie merken, wie massiv Luft sich anfühlen kann. Halten Sie Ihre Hand dann einfach ganz gerade, die Finger zeigen in Fahrtrichtung. Nun heben Sie schrittweise die Finger an, so wie ein Flugzeug die Nase beim Steigflug hebt, irgendwann werden sie merken, wie die Luft Ihre Hand ganz massiv nach oben wegdrückt. Sie werden Schwierigkeiten haben, sie gerade zu halten. Der Aufwind wird stärker, je größer die Angriffsfläche ihrer Hand für den Luftwiderstand wird. Das, was Sie gerade an Ihrer Hand erfahren haben, ist vergleichbar mit dem, was beim Startvorgang mit einem Flugzeug passiert. Dieser kleine Selbstversuch zeigt überzeugend, dass ein Flugzeug von der Luft getragen wird – so wie ein Boot vom Wasser oder ein Auto vom Asphalt.
Sollte also einmal der äußerst unwahrscheinliche Fall eintreten, dass sämtliche Triebwerke unserer Maschine ausfallen, dann könnte sie noch ohne Weiteres 200 km wie ein Segelflugzeug von der Luft getragen fliegen. Wir würden also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einen sicheren Flughafen auch ohne jegliche Triebwerksleistung erreichen können.
Meine persönlichen Empfehlungen als Chefsteward
Bitte nehmen Sie sich einmal ein paar Stunden Zeit und fahren Sie zum nächstgelegenen größeren Flughafen. Stellen Sie sich so nahe wie möglich an die Start- und Landebahnen (viele Flughäfen bieten auch Rundfahrten und Besichtigungstouren an) und beobachten Sie in aller Ruhe, was es da zu sehen gibt: Sie werden sich der Faszination kaum erwehren können, wenn Sie z. B. einen Jumbojet (Boeing 747) elegant und majestätisch abheben sehen. Für mich ist das immer wieder ein Ausdruck von Freiheit und Lebensfreude. Oder wenn Sie die Lichterkette am Abendhimmel wahrnehmen, wenn die Flieger der Reihe nach ganz leicht zur Landung hereinschweben – für mich ein Gefühl von entspannter Sicherheit.
Genießen Sie in aller Ruhe einmal die Atmosphäre im Flughafengebäude: die Restaurants und Geschäfte, die Menschen und Stimmen aus vielen Ländern – für mich ein Gefühl von Verbundenheit mit der Welt. Besorgen Sie sich auch schöne Literatur, Berichte über Fernreisen und die Faszination des Fliegens.
In aller Regel erleiden Flugpassagiere einen Angstanfall nur dann, wenn sie alleine reisen. Nehmen Sie deshalb eine Person Ihres Vertrauens mit auf Ihre Flugreise.
Verschieben Sie anstrengende Termine, und kommen Sie rechtzeitig zu Ihrem Flug.
Lassen Sie sich bitte Zeit am Flughafen und freuen Sie sich über Ihren Mut.
Besetzen Sie auch die Zeit, die Sie im Flieger verbringen werden, positiv. Was möchten Sie während des Flugs machen? Immerhin sind Sie eine Weile völlig ungestört! Packen Sie sich das Buch ein, das Sie schon seit Längerem mal lesen wollten. Oder Ihren MP3-Player mit Ihrer Lieblingsmusik und den aufgenommen Sprachmemos und Entspannungstrancen Ihres Therapeuten.
Sehen Sie es positiv, dass Sie einmal die Kontrolle an die Piloten und die Flugbegleiter abgeben können: Sie brauchen sich um nichts zu kümmern, nur noch um Ihr Wohlbefinden. Heben Sie sich all Ihre negativen Gedanken und Gefühle für einen späteren Zeitpunkt auf, vielleicht nehmen Sie sich dafür überhaupt eine tägliche zehnminütige »Kummerzeit«, in der Sie sich all Ihren Ängsten und Sorgen widmen können.
Drücken Sie immer wieder einmal eine Minute auf den Akupressurpunkt »Hegu«: Drückt man Daumen und Zeigefinger zusammen, entsteht zwischen beiden ein Muskelhügel, auf dessen höchster Stelle der Punkt liegt. Man drückt gegen den Mittelhandknochen des Zeigefingers. Das gibt ein Gefühl von Kraft und Vitalität.
Lenken Sie sich ab, z. B. durch Spiele oder Gespräche mit anderen Passagieren oder indem Sie alles im Flieger einmal genau betrachten. Akzeptieren Sie Ihre Nervosität und teilen Sie Ihren Sitznachbarn und dem Kabinenpersonal mit, dass Sie aufgeregt sind. Seien Sie versichert, dass Sie volles Verständnis und Akzeptanz von den Flugbegleitern erhalten, denn diese sind einfühlsame und psychologisch geschulte Profis, die sich gerne um Sie und Ihre Bedürfnisse kümmern!
Trinken Sie keinen Alkohol (Henry David Thoreau: »Water is the only drink for a wise man«) und keinen Kaffee, denn beides steigert vielleicht Ihre Aufregung.
Erinnern Sie sich immer wieder daran, dass Sie schon andere schwierige Situationen in Ihrem Leben erfolgreich gemeistert haben.
Und dann … ja – genießen Sie den Flug!
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Carl-Auer-Verlages
|
|
|