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Neuvorstellung zur Übersicht
06.04.2014
Thomas Szasz: Geisteskrankheit – ein moderner Mythos. Grundlagen einer Theorie des persönlichen Verhaltens
Szasz: Geisteskrankheit - ein moderner Mythos Carl-Auer Verlag, Heidelberg 2013

Aus d. Amerikanischen v. Theo Kierdorf und Hildegard Höhr
Mit einem Vorwort von Fritz B. Simon

331 S., kartoniert

Preis: 44,00 €

ISBN 978-3-89670-835-9
Carl-Auer Verlag





Thorsten Padberg, Berlin: Szaszs „The Myth of Mental Illness“ - Eine Kritik der Psychologie

Einführung

„Totschweigetaktik“ nannte Thomas Szasz die Behandlung, die er nach Veröffentlichung seines Buches „The Myth of Mental Illness“ im Jahr 1961 erfuhr. Inzwischen war er außerhalb psychiatrischer Fachkreise als Kritiker bekannt geworden. 50 Jahre nach der Ersterscheinung wurde sein Klassiker jetzt neu veröffentlicht (1). In einem neuen Vorwort erzählt Thomas Szasz, wie er innerhalb von zehn Jahren nach Erscheinen von „The Myth of Mental Illness“ zur Unperson in psychiatrischen Fachkreisen wurde. Die Neuauflage seines Buches zum 50. Jubiläum wird in psychiatrischen Kreisen wohl nur wenige Leser finden.

50 Jahre nach seinem Erscheinen erhält das Buch dafür neue Aktualität in einem anderen Fach: der Psychologie. Dieses Fach arbeitet zunehmend mit bio-psycho-sozialen Modellen, durch die biologische Vorstellungen und Methoden auch in Klinischer Psychologie und Psychotherapie Eingang gefunden haben. Um nur einige Beispiele zu nennen: Um jedem Depressiven zusätzlich zu Gesprächen die richtige pharmakologische Behandlung zu ermöglichen, werden Kompetenznetzwerke für Depressionen gegründet. Aus der Psychotherapieforschung gibt es Forderungen, Psychotherapeuten nur noch nach von Ärzten durchgeführter Diagnostik tätig werden zu lassen. Klienten in Psychotherapie werden Gehirnscans „gesunder“ und „depressiver“ Gehirne vorgelegt, die ihnen helfen sollen, sich besser zu verstehen.

Damit ist die Zeit gekommen, dass auch die Psychologie von der Szaszschen Kritik getroffen wird. Im folgenden soll, nach Argumenten geordnet, die Szaszsche Position dargestellt werden.


Das sprachphilosophische Argument

Beginnen wir mit einem Zitat in der für Szasz typischen pointierten Art.
„Man kann von der Bauchspeicheldrüse sagen, sie habe eine natürliche Funktion. Doch was ist die natürliche Funktion einer Person? Diese Fragen zu stellen, heißt nach der Bedeutung des Lebens zu fragen. Es ist eine religiös-philosophische, keine medizinisch-wissenschaftliche Frage. Menschen verschiedenen Glaubens haben einander so ähnliche Nieren, dass man sie in den Körper eines anderen verpflanzen kann, ohne dessen Identität zu verändern. Aber ihr Glauben und ihre Gewohnheiten sind so grundlegend verschieden, dass sie es oft schwierig oder sogar unmöglich finden, miteinander zu leben“ (xxiii) (2).
Szasz weist damit auf die Kluft zwischen einer medizinischen Beschreibung des Körpers und einer Perspektive auf das menschliche Leben hin. Diese Unterscheidung wird nicht mehr selbstverständlich vorgenommen. Die Neurowissenschaften nehmen großen gesellschaftlichen Einfluss. Die Psychotherapie findet neuerdings Gefallen an einer Selbstbeschreibung als „Neuropsychotherapie“ (Klaus Grawe), Willensfreiheit ist für Vertreter der Hirnphysiologie zum Problem geworden (z.B. Gerhard Roth) und an einigen amerikanischen Instituten ist Psychologie schon in das „Department of Cognitive Science and Neuroscience“ umbenannt worden. Viele Vertreter der modernen Psychologie sehen dies als Fortschritt, als Ausdruck der gedeihenden Zusammenarbeit mit einer Nachbardisziplin zum gegenseitigen Vorteil.

Szasz weist auf die Verfehltheit dieser Annäherung hin. Die Sprache der Medizin eignet sich für ihn nämlich nicht zur Beschreibung persönlicher Probleme. In der Medizin gibt es, so Szasz, eine relativ neutrale Beobachtungssprache; sie kann beschreiben, ohne werten zu müssen. Nach objektiver Analyse ist eine Diagnose möglich, die dann einen Weg zur Heilung vorzeichnet. Dies ist für Szasz bei Problemen des menschlichen Lebens vollkommen anders.

Das Verhältnis von Körper und Geist betrachtet er von einem sprachphilosophischen Standpunkt. Er beschäftigt sich mit der Art und Weise der Beschreibung von Körper und Geist. Dabei wendet er sich nicht gegen die Sprache der Medizin an sich. Die von Szasz befürchteten Nachteile für den Umgang mit Menschen ergeben sich aus der Übertragung dieser Sprache auf den Bereich des Psychischen.

So ist auch falsch, wie immer wieder zu lesen ist, Szasz habe behauptet, es gebe keine psychischen Krankheiten. Eine solche Aussage wäre ontologisch, sie beträfe die wahre Natur des menschlichen Geistes, der eben so beschaffen sei, dass er gar nicht krank werden könne. Szasz arbeitet aber nicht mit Aussagen zur wahren Natur des Geistes. Stattdessen führt er eine Analyse des Sprachgebrauchs in Medizin und Psychopathologie durch. Sein Argument ist also kein ontologisches, sondern eben ein sprachphilosophisches.

Dieser Punkt ist grundlegend für Szaszs Denken: In der Medizin, so Szasz, sei Krankheit definiert als die pathologische Veränderung von Gewebe, Zellen und Organen. Wer nun auch im Bereich des Psychischen von „Krankheit“ sprechen wolle, komme nicht umhin, sich auf diese paradigmatische Krankheitsdefinition zu beziehen. Weil aber im Zusammenhang mit Persönlichkeit oder Psyche nicht sinnvoll von Zellen oder Organen die Rede sein könne, sei die Übertragung des Krankheitsbegriffes vom organischen in den psychologischen Kontext unberechtigt. Anders als bei Zellen oder Organen ist es sinnlos, im Zusammenhang mit der Persönlichkeit oder dem, was wir „psychisch“ nennen, von Farbe, Größe, Form und Gewicht zu sprechen. Für Szasz ist deswegen der Begriff der "psychischen Krankheit" nur eine Metapher (xii), allerdings eine sehr wirkmächtige. Sie hat zur Definitionshoheit der Neurowissenschaften in Fragen psychischen Leidens geführt. So kann heute ohne Erläuterungsbedarf in einer populärwissenschaftlichen Zeitschrift geschrieben werden: „Psychische Störungen [...] betreffen das weitaus komplexeste Organ, das wir besitzen, nämlich das Gehirn. Und wieso sollte ausgerechnet dieses komplizierte Organ mit seinen vielfältigen Funktionen gesünder sein als der Rest des Körpers?“ (Psychologie Heute, 12/2012. Seite 69). Für Szasz liegt der Ursprung dieser immer häufiger zu findenden Auffassung in einer einseitigen Diät von Beispielen, die man passend zur medizinischen Krankheitsmetapher auswählt. Nach dem Muster von stark physiologisch (mit-)geprägten Störungen wie Paresen oder Psychosen nach Intoxikation werde auf andere Verhaltensweisen geschlossen, die daraufhin „psychische Krankheit“ genannt werden.
„Sind in der modernen Medizin Krankheiten Entdeckungen, sind sie in der modernen Psychiatrie Erfindungen. Während sich Paresis als Krankheit erwies, wurde Hysterie dazu erklärt“ (S. 12).
Das hat reale Folgen für den Umgang mit den als „psychisch krank“ bezeichneten Personen. Sind psychiatrische und psychopathologische Begriffe einmal geläufig, wirken sie wie selbsterfüllende Prophezeiungen. Mit ihrer Hilfe stellen Psychotherapeuten und Patienten Beobachtungen an, die die von der Psychiatrie gelieferten Begriffe zu belegen scheinen. Trauer, Angst und Sorgen werden zu „Depressionen“, exaltiertes Verhalten und psychosomatische Symptome sind „Hysterie“, Selbstverletzungen, Stimmungschwankungen und Beziehungsschwierigkeiten deuten auf eine „Borderlinestörung“ hin. Der entscheidende Schritt ist damit gemacht: Behandler und Behandelte beginnen psychische Krankheiten zu „sehen“ und die Wissenschaft kann beginnen sie zu erforschen. Szasz sieht dadurch das Verhältnis zwischen Bezeichnung und Bezeichnetem im Bereich des Psychischen in sein Gegenteil verkehrt. Die Bezeichnung selbst erschafft erst das Phänomen, das sie nur zu bezeichnen vorgibt.

Im Begriff der „psychischen Krankheiten“ kommen zwei Sprachformen zusammen, die für Szasz nicht zusammengehören: die medizinische Sprache, die sich vorwiegend mit kausaler Verursachung beschäftigt, und der Diskurs über den Menschen, der, jedenfalls so wie ihn Szasz vertritt, durch die Idee des freien Willens geprägt ist:
„Hier liegt der entscheidende Unterschied zwischen physikalischer Verursachung und menschlicher Volition: das eine ist eine Darstellung wiederkehrender Regelmäßigkeiten; das andere ist eine Darstellung eines Akteurs, der etwas geschehen lässt. Um ein Beispiel zu geben: Magengeschwüre "nötigen" Patienten nicht im selben Sinne Schmerzen zu haben, in dem Verleiher ihre Schuldner davon überzeugen, ihre Schulden zu bezahlen“ (S. 82).
Oder kurz und knapp:
„Krankheiten des Körpers haben Ursachen, Menschen haben Gründe“.
Der Begriff „psychogene organische Symptome“ ist für Szasz deshalb genauso ein Missbrauch linguistischer Formen, wie die ganze Rede von „psychischen Krankheiten“.



Das Moralische Argument


Szasz geht es nicht allein um die philosophisch-logische Richtigkeit der Sprache der Psychiatrie. Für Szasz hat die Art und Weise der Formulierung psychischer Phänomene reale Folgen für das menschliche Leben. Er verfolgt mit seinen Schriften ein explizites Anliegen:
„Ich will den Anwendungsbereich voluntaristischer Erklärung maximal erweitern - mit anderen Worten, Freiheit, Entscheidung und Verantwortlichkeit in das Vokabular der Psychiatrie zurück führen“ (S. 6).
Mit einem voluntaristisch bereicherten Vokabular erweitern sich für Szasz auch die Handlungsmöglichkeiten der Menschen, die mit diesem Vokabular umgehen. Verstehen sie sich als selbstbestimmte Individuen, können sie mit sich selbst etwas anfangen, können sich bspw. entscheiden, welches Verhalten sie zeigen wollen.

Am Beispiel von Sigmund Freud macht Szasz deutlich, wie jede Form psychologischer Beschreibung moralische Wertungen in sich trägt:
„Freud hat die kindliche Sexualität nicht nur „entdeckt“, er war auch ein Befürworter der sexuellen Aufklärung von Kindern; er hat die Auswirkungen sexueller Verführung auf Kinder nicht nur untersucht, er war auch strikt dagegen; er hat nicht nur über die Natur der Homosexualität spekuliert, er hat sie auch als „Perversion“ verurteilt“ (S. 257).
Und auch die Medizin vertritt in ihrem psychiatrischen Zweig einen bestimmten Standpunkt (S. 102). Durch die Orientierung an der Physik und an den dort gängigen Kausalerklärungen ist es diejenige Position, die Szasz wohl am meisten verabscheut: die deterministische. Menschliches Handeln soll dem Determinismus zufolge Produkt physiologischer und psychologischer Gesetzmäßigkeiten sein. Die Psychiatrie proklamiert diesen Determinismus aber nicht offen, sondern verbreitet ihn implizit in Form von Beschreibungen psychischer Krankheiten mittels der Nomenklatur der Psychiatrie, heute zusammengefasst in den Diagnosekatalogen ICD und DSM. Darin sieht Szasz den eigentlichen Skandal der Psychiatrisierung der Gesellschaft: Menschen als „psychisch krank“ zu beschreiben, nimmt ihnen Freiheit, verringert ihre Entscheidungsspielräume und enthebt sie der Verantwortung.

Schon immer hat die Gesellschaft bestimmtes Verhalten gewünscht, anderes verurteilt. Und es wurde immer auch gelitten. Es ist jedoch eine relativ neue Entwicklung, Delinquenten zu Psychopathen und Leidende zu psychisch Kranken zu erklären. Für Szasz ist das ein Kulturbruch:
„Wir haben die religiös-humanistische Auffassung über die tragische Natur allen Lebens durch eine moderne, entmenschlichte und pseudomedizinische Sicht ersetzt“ (xiv).
Wir tauschen eine theologisches gegen ein therapeutisches Weltbild (xvii). Die Idee des fehlbaren Menschen gilt als veraltet; Menschen leiden und tun Böses, weil sie psychisch krank sind (xvi). Nach dem Massaker an der Sandy Hook Schule befand beispielsweise ein Kommentator der New York Times, jemand, der in eine Schule gehe, um kleine Kinder zu erschießen, sei per Definition psychisch krank. Und ein republikanischer Politiker forderte, statt neuer Waffengesetze solle zunächst die „mental health question” diskutiert werden. Therapie wird in diesem Rahmen
„ein Mittel zur Kleidung sozialer und moralischer Probleme in das Gewand persönlicher Konflikte“ (S. 8).
und damit – frei nach Karl Kraus – zum Teil der Krankheit, für deren Heilung sie sich hält.
„Heutzutage verleugnen wir moralische, persönliche, politische und soziale Konflikte, indem wir vorgeben, sie seien psychiatrische Probleme: kurzum, indem wir das medizinische Spiel spielen“ (S.182).
Statt befreiend zu wirken, dient das System psychopathologischer Klassifikationen vor allem der Ablenkung. Menschen durch Erfindung von Krankheiten von der Veränderung ihrer Lebensumstände abzuhalten, ist für Szasz unmoralisch. Szasz zieht eine wenig schmeichelhafte Verbindung von Jean Martin Charcots ersten diagnostischen Kategorisierungen zur Erfindung eines anderen französischen Arztes: der Guillotine.
„Seien sie je nach Standpunkt auch echte Errungenschaften, will ich dennoch daran festhalten, Guillotins und Charcots Beiträge nicht als der Befreiung dienlich, sondern als Mittel der Betäubung und Ruhigstellung anzusehen“ (S. 24).
Moralische Argumente wie diese werden von Psychiatrie und Klinischer Psychologie nicht mehr vorgebracht. Für sie ist sozial, was Heilung schafft, ohne immer zu reflektieren, was Heilung in diesem Zusammenhang bedeuten soll. Wo Szasz offen Position bezieht, ziehen sie sich oft auf scheinbar objektiven, „neutralen“ Grund zurück.


Das emanzipatorische Argument

Die therapeutische Sichtweise hat Vorteile für den gesellschaftlichen Umgang. Gilt der Leidende als krank, so kann und sollte ihm geholfen werden; gilt der Täter als mental gestört, wird er statt Strafe evtl. therapeutische Hilfe erhalten. Szasz vergleicht soziales Geschehen mit Spielen. Um gesellschaftlichen Erfolg zu haben, muss man diese Spiele möglichst gut beherrschen. Das „therapeutische Spiel“ im psychiatrischen Sinne wird von Therapeut und Patient gespielt. Die eigenen Wertkonflikte brauchen darin vom Patienten weder erkannt, noch benannt und auch nicht bearbeitet werden. Abweichendes Verhalten muss nicht gerechtfertigt werden, schließlich gilt es als krankheitsbedingt. Mit der Übernahme der Krankenrolle vertraut der Patient auf einen wundergleichen Erfolg seiner Therapie:
„Der Patient wird einem oft auf die durchsichtigste Weise folgendes mitteilen: ,Wenn ich nicht erkrankt wäre, dann könnte ich…’ und was dann folgt, ist eine wirklich grandiose Einschätzung der eigenen Möglichkeiten“ (S. 221).
Szasz ist vor allem Voluntarist; er glaubt an die Möglichkeiten, die Menschen sich schaffen, wenn sie sich auf eine Weise beschreiben, die ihnen Handlungsmöglichkeiten eröffnet. Die Verwendung psychiatrischen Vokabulars verleitet Menschen dagegen dazu, sich selbst Handlungsmöglichkeiten zu nehmen, etwa indem sie passiv auf die Lösung ihrer Probleme durch Medikamente oder die Einfälle ihres Therapeuten warten. Oft fixieren sie dadurch just jene Gegebenheiten, die sich möglicherweise verändern ließen.
„Im Großen und Ganzen begeben sich diese Personen in die Rolle des Hilflosen, des Hoffnungslosen, des Schwachen und oft des körperlich Kranken – wo sich doch ihre tatsächliche Rolle eher der Frustration, dem Unglück und der Verwirrung geschuldet ist, die aus zwischenmenschlichen, sozialen und ethischen Konflikten herrührt“ (S. 246).
Szasz erläutert dies ausführlich am Beispiel der Hysterie – ein Krankheitskonzept, das inzwischen von der modernen Psychiatrie wieder ausgemustert wurde.
„Wenn die Diagnose die Einschränkungen des Hysterikers auch nicht beheben konnte, so machte sie es doch einfacher für ihn ,krank’ zu sein. Wie so vieles nur halb Verstandene, kann solcherart Erleichterung jedoch gefährlich sein. Sie macht es sowohl dem Leidendem als auch dem Helfenden allzu leicht, die Situation fortzuschreiben und sich mit einem nach wie vor höchst unbefriedigendem Status Quo zufrieden zu geben“ (S. 23).
Ein therapeutisches Spiel, das mit psychiatrischen Diagnosen gespielt wird, steht demnach der Veränderung entgegen. Es bringt Patienten eher dazu, sich in die Krankheit zu fügen. Es verhindert Aktivität und führt zu Apathie.

Dieses Versagen wird zumeist den Patienten angelastet. Auf Seiten des Therapeuten geht die angebotene Unterstützung Hand in Hand mit Pathologisierung. Das zeigt sich heute etwa am Zwang zur Diagnosestellung als Voraussetzung für die Bewilligung einer Psychotherapie durch die Krankenkassen. Implizit wird die Unterwerfung des Kranken unter das „Programm“ des Behandelnden erwartet.
„Jedoch, im Allgemeinen unternehmen sie [die Patienten] nicht die ,geeigneten’ Schritte, um gesund zu werden. In der Tat unternehmen sie üblicherweise überhaupt keine Schritte dieser Art und versuchen stattdessen, auf diejenige Art krank gesehen zu werden, in der sie es wollen, oder sich selbst als krank sehen. [...] Im Falle von Depressionen bietet der Klient eine dramatisierte Version von ,Ich bin unglücklich’ an“ (S. 197).
Das medizinische Spiel geht für Szasz immer mit einer gewissen Verachtung der zu Behandelnden einher. So dient das Spiel letztlich keinem der beiden unmittelbar Beteiligten: Der Hilfesuchende erhält Hilfsangebote, die seine – nach Szasz – eigentlichen Probleme nicht berühren und der Helfende sieht seine Therapiemethoden abgelehnt und wirkungslos, was zu beständiger Frustration führt. Den Sieg des therapeutischen Spieles trägt allein die Psychiatrie als Disziplin davon: Sie wird zur Autorität in Fragen des menschlichen Lebens, ihre Dienstleistungen gelten als unverzichtbar. So kritisiert Szasz weniger die Therapeuten und Klienten selbst, als vielmehr den Umstand, dass sie ein für die zu lösenden Probleme ungeeignetes Spiel spielen.

Die Psychotherapie nach psychiatrischem Modell untergräbt aus Szaszs Blickwinkel die Veränderungsarbeit. Mechanisch nach einer Diagnose-Interventions-Logik ausgewählte Therapiestrategien übergehen den sozialen Zusammenhang, in dem die Problematik auftritt. Durch den Versuch, eine scheinbare psychische Krankheit zu heilen, blockiert sie diejenigen Prozesse, die nötig wären, um z.B. soziale Probleme zu lösen und persönliche Ziele zu erreichen.


Das pragmatische Argument

Den Therapeuten ermöglicht die therapeutische Arbeit, die schnell ein Spiel ohne Ende werden kann, Prestige und gesichertes Einkommen. Es stellt sich aber die Frage, wieso die Leidenden sich ebenfalls auf diese Art von Spiel einlassen, bei dem aus Menschen mit Problemen „Patienten“ werden.

Szasz geht davon aus, dass Menschen sich freiwillig dem therapeutischen Spiel unterwerfen, weil dadurch Ziele greifbar erscheinen, die sich auf direkte Art und Weise nicht erreichen lassen. Dem gesellschaftlichen Klima der fünfziger Jahre ist dieser illustrierende Vergleich geschuldet:
„Kinder und Frauen können sich oft dort mit Tränen durchsetzen, wo Worte auf taube Ohren fallen - genauso wie Patienten mit ihren Symptomen“ (S. 118).

Bei Hysterikern sieht Szasz einen Wechsel vom direkten sprachlichen Ausdruck hin zur Körpersprache. Ihre psychosomatischen Symptome sind also sprachliche Mittel, die sie in einer Umgebung erworben haben, die ihnen keine andere Möglichkeiten zur Wahrung ihrer Interessen ließ. Sie sind Eintrittskarten in das Sprachspiel „Therapie“.
„Um solches Verhalten zu verstehen, müssen wir Begriffe wie Lernen und Bedeutung gebrauchen. Entsprechend können wir schließen, dass Französisch sprechen das Ergebnis eines Lebens unter Menschen ist, die ebenfalls Französisch sprechen. Daraus folgt auch, dass es sinnlos ist, nach Ursachen zu fragen, wenn Hysterie eher eine Sprache als eine Krankheit ist. Genau wie bei Sprachen werden wir nur fragen können, wie Hysterie gelernt wurde und was sie bedeutet. Weiterhin können wir nicht sinnvoll über die ,Behandlung’ von Hysterie sprechen“ (S. 146).
An dieser Stelle wird der Kernpunkt der Szaszschen Psychiatriekritik deutlich: „Psychische Krankheiten“ sind das Ergebnis einer sprachlichen Verwirrung der Diagnostizierenden, entsprechend können sie nicht „behandelt“ werden. Psychotherapie nach dem psychiatrischen Modell kann das selbst gesteckte Ziel nicht erreichen.
„Krankheiten kann man heilen. Spielverhalten kann nur geändert werden“ (S. 228).

Beginnt der Patient während einer Therapie damit, seine Symptome abzulegen, nennt Szasz dies deshalb nicht „Heilung“, sondern „Sprachwechsel“. Der Klient lernt ein neues Sprachspiel. Werden als „psychisch krank“ bezeichnete Verhaltensweisen wie eine Sprache gelernt und benutzt (so wie man zielgerichtet und ohne weitere Reflektion die Muttersprache benutzt), dann gibt es auch keine Ursache „hinter“ diesen Verhaltensweisen.
„Wenn Hysterie eine Sprache ist, dann ist es genauso sinnvoll nach ihrer Ätiologie zu suchen, wie nach der Ätiologie des Englischen. Eine Sprache hat eine Geschichte, eine geographische Ausbreitung, ein Regelsystem zu ihrer Benutzung – aber sie hat keine ,Ätiologie’ (S. 123).
Pseudomedizinisch ist für Szasz in gleicher Weise die Rede vom „Widerstand“. Zur Beschreibung ausbleibender Veränderungen wählt Szasz stattdessen eine Migrationsmetapher: Immigranten in einem fremden Land behalten oft ihre Sprache und Sitten bei, ohne dass dies durch eine psychische Erkrankung erklärt würde. Entsprechend führen die Patienten in Therapie häufig nicht die von ihnen erwarteten Veränderungsschritte durch, weil sie keinerlei Interesse am Lernen einer neuen Sprache (oder Ausdrucksweise) haben (S. 147). Es gibt subjektiv keinen Grund, das bisherige Verhalten zu ändern, denn es dient, anders als eine medizinische Erkrankung, den Zielen des Patienten. Echte Psychotherapie im Sinne von Szasz hilft dagegen
„eine Entscheidung zwischen grundlegenden Zielen zu treffen und wenn Sie gefallen ist, entschiedene Anstrengungen zu ihrer Erreichung zu unternehmen“ (S. 218).
Dazu nötig sind die Klärung der Ziele, Bewusstsein für aktuell verfolgte, dysfunktionale Strategien und die Auseinandersetzung damit, wie die Menschen in der Umgebung des Patienten auf die eintretenden Veränderungen reagieren werden.

Szasz zeigt dies am Beispiel der Anna O., die sich wegen Halluzinationen und Angstzuständen bei Josef Breuer in Behandlung befand. Freuds spätere psychoanalytische Deutung ihrer Symptomatik hält er für verfehlt. Der eigentliche Konflikt spielt sich für Szasz auf einer anderen Ebene ab. Anna O. kümmerte sich zur Zeit ihrer Behandlung um ihren kranken Vater. Sollte sie, so wie gesellschaftlich von ihr erwartet, ihre eigenen Bedürfnisse der Pflege des Vater opfern? Szasz vermutet, sie habe mindestens genauso gern ein eigenständiges Leben führen wollen. Er meint, die Besprechung von z.B. sexuellen Impulsen sei ihr und Breuer vergleichsweise leicht gefallen. Für beide wäre es viel schwieriger gewesen, die lebensentscheidende Frage nach Unterordnung oder Selbstbestimmung zu beantworten.

Weil Klient und Therapeut – dem Diktat des psychopathologischen Wörterbuchs folgend – der Auseinandersetzung mit dieser Entscheidung ausweichen können, ist das Ergebnis vieler Psychotherapien für Szasz nicht Veränderung, sondern Tatenlosigkeit. Anna O.'s Zustand verschlechterte sich nach Abschluss der Behandlung so weit, dass sie für längere Zeit hospitalisiert wurde. Erst viel später wurde sie für ihr Engagement für Waisen und die Emanzipation ausgezeichnet, scheinbar nachdem sie die für sie wichtige Frage nach Unterordnung oder Engagement beantwortet hatte (3).

Die moderne Psychologie glaubt, größere Erfolge erzielen zu können, indem sie ihre Interventionen auf Diagnosen abstimmt, die nach dem medizinischen Modell erstellt wurden. Jedoch:
„In Wirklichkeit sind Psychotherapeuten nur scheinbar Ärzte, genauso wie Hysteriker nur scheinbar Patienten sind: Die Unterschiede zwischen den kommunikativen Interventionen der Psychotherapeuten und den physikochemischen Interventionen der Ärzte stellen eine Kluft in der Wahl der Mittel dar [...]“ (S. 249).
Denn
„die medizinischen Aspekte der Psychiatrie sind genauso wirklich, wie der Stoff, aus dem des Kaisers neue Kleider gesponnen sind“ (S. 249).
Und
„Psychiater beschäftigen sich nicht mit psychischer Krankheit und deren Behandlung. In ihrer tatsächlichen Praxis behandeln sie persönliche, soziale und ethische Lebensprobleme“ (S. 262).
Ein Blick in die jüngste disziplinäre Entwicklung zeigt, dass Szaszs Eintreten für die Trennung der Einsatzgebiete von Ärzten und Psychotherapeuten erfolglos war. Fächer wie Psychoneuroimmunologie verwischen auch auf der praktischen Ebene die Grenzen zwischen ärztlichen und psychotherapeutischen Aufgaben. Doch nach Szasz verfehlt die auf diese Weise disziplinär erweiterte Psychologie das Thema: die sozialen und persönlichen Konflikte der Klienten. Das therapeutische Gespräch ist für Szasz das eigentliche Medium der Veränderung. Es wirkt aber nur dann, wenn es nicht der Objektivierung von „Krankheiten“ dient, sondern lösbare Probleme benennt und durch den Klienten initiierte Schritte zur Veränderung ermöglicht.


Das soziale Argument

Durch die Betonung der Veränderungsarbeit, die der Klient letztlich außerhalb des Therapieraums – durch aktive Bearbeitung seiner sozialen Verhältnisse – leistet, ist Psychotherapie nach Szasz vor allem eine Form sozialen Engagements. Dafür ist keine Kenntnis des psychologischen Apparats des Klienten notwendig. Szasz plädiert vielmehr dafür, das Rollenkonzept in psychotherapeutische Überlegungen einzubeziehen. Was ein Akteur will, wird nur dann erkennbar, wenn man aufgrund der Kenntnisse der geltenden Verhältnisse antizipieren kann, was der Akteur beabsichtigt. Motive und Handlungen lassen sich nur dann erkennen, wenn sie im sozialen Zusammenhang betrachtet werden. Ein Psychotherapeut muss deswegen kaum etwas über die innere Welt seiner Klienten wissen. Im Erkennen der Normen und Ideale, die in der Umwelt des Klienten gelten, sollte er dagegen gut geschult sein. Ausgerechnet diese Fertigkeiten werden jedoch von Psychiatrie und Psychologie kaum vermittelt.
„Die grundlegenden Wissenschaften des menschlichen Verhaltens sind deshalb Anthropologie und Soziologie“ (S. 149).
Durch diese Disziplinen geschult kann der Therapeut dann z.B. helfen zu klären, in welcher Weise der Klient den Regeln seiner Umgebung folgt oder zuwider handelt – und welche Konsequenzen das nach sich zieht. Für Szasz ist genuine Psychotherapie demnach keine Anwendung von Heilungsmaßnahmen, sondern soziale Hilfestellung. Sie wird gebraucht von denen, die merken, dass ihre Umwelt nicht nach den für sie selbst vorteilhaftesten Regeln spielt - und darunter leiden. Szasz sieht für diese Personen drei Möglichkeiten:
  1. Sie können sich den Regeln anderer unterwerfen
  2. Sie können sich aus der Gesellschaft zurückziehen und den Aktivitäten dort entsagen
  3. Sie können sich der abweichenden Regeln bewusst werden und versuchen, sie einander anzupassen, was nie vollständig erfolgreich ist (S. 208)
Szasz favorisiert die dritte Variante. Er sieht darin die freiheitlichste Lösung, sie schützt am ehesten die Würde der Beteiligten. Weil sie gleichzeitig auch die mühsamste Variante ist und Maximalziele sich auf diese Weise nur selten erreichen lassen, wird sie nicht immer gewählt. Stattdessen wählten einige die „therapeutische Variante“ und produzierten Symptome, die zur Aufnahme einer Psychotherapie qualifizieren. Sie benutzen ein verarmtes Regelrepertoire:
„Weil Hysteriker schon so früh lernen, aus Verlegenheiten und Schwierigkeiten mit einem Minimum elaborierter Strategien heraus zu kommen, ist ihr Leben so wie sie klingen: ganz überaus einfach“ (S. 222).
In letzter Konsequenz vertritt Szasz mit dieser Aussage ein autonomes Menschenbild, wenn er auch zugleich das psychische Vokabular weitgehend sozial konzipiert hat. Fühlt das Individuum sich von anderen gemaßregelt, hat es die Wahl: Es kann die als fremd empfundenen Regeln erleiden, es kann auch Zuschauer der Spiele der anderen bleiben. Oder aber es kann versuchen, als gleichwertiger Partner neue Regeln mit seinen Mitmenschen auszuhandeln. Das ist eine Aufgabe, die manchen nur mit therapeutischer Unterstützung gelingt. Die modernen Disziplinen Psychiatrie und Psychologie können Szasz bis zu diesem Punkt nicht folgen, weil ihre Theoriebildung häufig auf die Innenwelt beschränkt ist und die Regeln der sozialen Umwelt vernachlässigt hat.


Fazit

Vor über zwanzig Jahren hat Theo Herrmann, Vertreter der empirischen Psychologie, die Kritik diskursiver Ansätze an der Psychologie als „Anrempeleien“ bezeichnet, und ihnen trotzig ein „Die Karawane zieht weiter!“ entgegengehalten. Thomas Szasz hat für seine Position sprachphilosophische, moralische, emanzipatorische, pragmatische und soziale Argumente vorgebracht. Bis heute lassen Psychiatrie und Psychologie oftmals nur empirische Argumente gelten. Thomas Szasz sollte wieder neue Leser finden.

Anmerkungen:

(1) Thomas S. Szasz (2010): The Myth of Mental Illness. Foundations of a Theory Of Personal Conduct. 50th Anniversary Edition With a New Preface and Two Bonus Essays. London, New York: Harper Perennial.
(2)  Alle Seitenzahlen beziehen sich auf die amerikanische Neuauflage (2010). Römische Ziffern verweisen auf die von Szasz ergänzend verfassten Texte, die arabischen Ziffern auf die Neuauflage des Originaltextes. Die Zitate wurden vom Autor (T. P.) ins Deutsche übertragen.
(3) Bezeichnenderweise wird Anna O. heute von neurologischer Seite posthum eine Epilepsie diagnostiziert, die die wahre Ursache ihrer Probleme gewesen sein soll.





1960 hat Thomas Szasz einen Text mit dem Titel »The Myth of Mental Illness« im „American Psychologist“ veröffentlicht. Die deutsche Übersetzung ist neben anderen Informationen über Szasz und einer Vielzahl seiner Texte auf der website szasz-texte.de zu lesen, die aus Anlass seines 90. Geburtstages am 15. April 2010 entstanden ist.

Weitere Informationen über und von Thomas Szasz finden sich auf der Seite des Foucault-Tribunals.

Und hier gibt es noch das Vorwort von Thomas Szasz zur deutschen Neuübersetzung dieses Buches.






Verlagsinformation:

Vor 50 Jahren sorgte Thomas Szasz mit seinem Buch „The Myth of Mental Illness“ für Aufruhr. Es stellte das komplette Selbstverständnis der Psychiatrie als humanmedizinische Wissenschaft infrage. Ob jemand psychisch „normal“ oder „verrückt“ sei, sei eine willkürliche Definition, so Szasz. Anders als bei somatischen Erkrankungen finden sich für einen Großteil der psychiatrischen „Krankheiten“ nämlich keine eindeutigen Ursachen. Heute, in Zeiten der Hirnscanner, die bunte Bildchen zeigen, deren Suggestivkraft hoch, deren Erklärungswert dagegen gering ist, feiert der Mythos der Geisteskrankheit erneut Triumphe. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung wird die Lektüre von Szaszs revolutionärem Buch zum Aha-Erlebnis. Seine Positionen decken sich auf interessante Weise mit Überlegungen aus der Systemtheorie, denn systemisch gesehen können biologische Faktoren nie das Verhalten eines menschlichen Individuums erklären. Die vorliegende Neuausgabe wurde vom Autor ergänzt, aktualisiert und in vielen Formulierungen geschärft. Für die deutsche Ausgabe wurde der Text vollständig neu übersetzt.


Inhalt:

Vorwort zur deutschen Neuausgabe 9

Vorwort: Fünfzig Jahre nach The Myth of Mental Illness 13

Einleitung 34

Methoden der Beobachtung und des Handelns in der Psychiatrie 35

Kausalität und Historizismus in der modernen Psychiatrie 37

Psychiatrie und Ethik 41

Hysterie als Paradigma psychischer Krankheit 42

Die Erfindung der Geisteskrankheit 44


Teil 1: Mythos Geisteskrankheit 47


I ENTSTEHUNG UND STRUKTUR DES MYTHOS 48 1


1 Charcot und das Problem der Hysterie 48

Charcot und die Hysterie 48

Ist jede Form von Leiden Krankheit? 53

Die Janusköpfigkeit der Psychiatrie 56

Die Definition der Hysterie als Krankheit: eine Strategie 60


2 Krankheit und vorgetäuschte Krankheit 63

Die Logik der Klassifizierung 63

Über die Bedeutung der Wörter »echt« und »falsch« 64

Krankheit, vorgetäuschte Krankheit und die Rolle des Arztes 65

Die Veränderung von Verhaltensregeln und die Neuklassifizierung des Verhaltens 68

Simulantentum als psychische Krankheit 72

Abschließende Ausführungen zu Objekten und ihrer Repräsentation 75


3. Der soziale Kontext der medizinischen Praxis 79

Liberalismus, Kapitalismus und Individualismus des 19. Jahrhunderts 80

Die heutige Gesellschaft und die Struktur ihres Gesundheitswesens 85

Die Medizin in der Sowjetunion 90

Die Bedeutung der Privatsphäre in der Beziehung zwischen Arzt und Patient 94

Der Arzt und die Armen 95

Die medizinische Versorgung als Form sozialer Kontrolle 97



II.HYSTERIE:EIN BEISPIEL FÜR DEN MYTHOS 100


4 Breuers und Freuds Studien über Hysterie 100

Der historische Rahmen 100

Eine erneute Überprüfung der Beobachtungen 101

Eine erneute Überprüfung der Theorie 104

Zusammenfassung 107


5 Hysterie und psychosomatische Medizin 109

Konversion und Psychogenese 109

Konversion und Organneurose 115

Energiekonversion und Sprachübersetzung 120


6 Heutige Ansichten über Hysterie und psychische Krankheiten 123

Psychoanalytische Theorien 124

Organizistische Theorien 129



Teil 2: Grundlagen einer Theorie des persönlichen Verhaltens 133



III. SEMIOTISCHE ANALYSE DES VERHALTENS 134



7. Sprache und Protosprache 134

Die Struktur der Protosprache 134

Die Funktion der Protosprache 140

Symbolisierung in der Hysterie: kritische Untersuchung eines Beispiels 148


8 Hysterie als Kommunikation 152

Diskursive und nichtdiskursive Sprachen 152

Die Nichtdiskursivität der Hysterie 155

Die informationelle Funktion ikonischer Körperzeichen 156

Hysterie, Übersetzung und Fehlinformation 158

Sprache als Mittel der Kontaktaufnahme zu Objekten 160

Hysterie als indirekte Kommunikation 163

Die Schutzfunktion indirekter Kommunikationen 166

Träumen und Hysterie als Andeuten 167

Hysterie: von der Krankheit zum Idiom 170


IV.ANALYSE DES VERHALTENS ALS REGELGELEITET 173


9 Menschliches Verhalten als regelgeleitetes Verhalten 173

Motive und Regeln 173

Natur und Konvention – Biologie und Soziologie 175

Regeln, Moral und Psychoanalyse 176

Regeln und Verantwortlichkeit 178

Regeln und Anti-Regeln 179

Eine Klassifikation von Regeln 181

Weshalb Regeln notwendig sind 184


10 Die Ethik der Hilflosigkeit und Hilfsbereitschaft 187

Biblische Regeln fördern Unzulänglichkeit und Krankheit 190

Einige historische Aspekte der Umkehr von Regeln 196

Die Ethik des Paternalismus und »Therapeutismus« 199


11 Theologie, Hexerei und Hysterie 206

Die medizinische Theorie der Hexerei 207

Die Sündenbocktheorie der Hexerei 211

Theologische und medizinische Spiele des Lebens 217



V VERHALTENSANALYSE NACH DEM SPIELMODELL 223


12. Das Spielmodell menschlichen Verhaltens 223

Menschliche Handlungen als Spiele 223

Eine logische Hierarchie der Spiele 227

Persönlichkeitsentwicklung und moralische Werte 232


13. Hysterie als Spiel 236

Interpersonale Strategien in Zusammenhang mit der Hysterie 236

Ein Beispiel zur Veranschaulichung des Hysteriespiels: Sullivans »hysterische Dynamik« 241

Lügen – eine spezifische Strategie innerhalb der Hysterie 245

Unsicherheit und Kontrolle im Spielverhalten 248

Über die Veränderung des hysterischen Spiels 250

Zusammenfassung 251


14. Impersonation (Identitätsnachahmung) und Krankheit 253

Impersonation und Rollenadaptation 253

Das Ganser-Syndrom 260

Angenommene, nachgeahmte und authentische Rollen 262

Die psychiatrische Beglaubigung einer im Sinne der Impersonation angeeigneten Rolle als authentisch 265

Zusammenfassung 267


15 Die Ethik der Psychiatrie 272

Objektbeziehungen und Spielmodell 272

Psychoanalyse und Ethik 277

Psychiatrie als soziales Handeln 281


Zum Abschluss 283

Epilog 285

Zusammenfassung 288

Anhang 1: Geisteskrankheit ist immer noch ein Mythos 290

Anhang 2: Die Definition von Krankheit 304


Über den Autor:

Thomas Szasz (1920–2012), Ph. D., Studium der Physik und Medizin, Promotion. Ausbildung als Psychoanalytiker am Chicago Institute for Psychoanalysis. Ab 1951 Lehranalytiker am Institut, 1956–1990 Professor für Psychiatrie an der State University of New York. Szasz war Fellow der American Psychiatric Association und Mitglied der American Psychoanalytic Association. Er zählte zu den wichtigsten Kritikern der offiziellen Psychoanalyse und Psychiatrie. Wichtige Publikationen: „Geisteskrankheit – ein moderner Mythos“ (1961; dt. 1972), „Die Fabrikation des Wahnsinns“ (dt. 1974), „Der Mythos der Psychotherapie“ (dt. 1979), „Schizophrenie – das heilige Symbol der Psychiatrie“ (dt. 1979) und „Theologie der Medizin“ (dt. 1980). Auszeichnungen: „Humanist Of The Year“ (1973, American Humanist Ass.), Freiheitspreis der Irren-Offensive (2002, Deutschland)



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