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Neuvorstellung zur Übersicht
16.01.2011
Renate Frank: Wohlbefinden fördern. Positive Therapie in der Praxis
Franke Wohlbefinden fördern Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 2010

256 S., kartoniert (incl. CD)

Preis: 26,95 €

ISBN-10: 3608890912
ISBN-13: 978-3608890914
Verlag Klett-Cotta





Peter Kaimer, Bamberg:

Bücher und Artikel, die sich mit den Themen Ressourcen, Lösungsorientierung, Achtsamkeit etc. beschäftigen oder diese Begrifflichkeiten auf die eine oder andere Art im Titel führen, gibt es in letzter Zeit die Hülle und Fülle. In vielen Fällen handelt es sich bei genauerer Durchsicht um ein modisches Bedienen eines Trends ohne substanziellere Begründung bzw. theoretische Verankerung. Und oft vermisst man auch eine wirklich konkrete Darlegung, wie diese Begrifflichkeit in der Praxis, das einlösen kann, was sie vollmundig verspricht.
Das neue Buch von Renate Frank, die ja bereits mit dem 2007 erschienenen Buch „Therapieziel Wohlbefinden“ (1) ein vorzügliches Werk als Herausgeberin gestaltet hat, fällt hier in eine gänzlich andere Kategorie. Die Leserin, der Leser wird es bereits an dieser Einleitung merken, dass ich von diesem Buch rundum begeistert bin. Und ich will im folgenden begründen, warum ich glaube, dass es sich wirklich lohnt dieses Buch zu lesen.
Wie bereits in meinen einleitenden Sätzen angedeutet, halte ich es für wünschenswert, wenn psychotherapeutische Ansätze sowohl hinsichtlich theoretischer Begründung als auch praktischer Umsetzung dargestellt werden. Renate Frank macht das in dem vorliegenden Buch geradezu vorbildlich. In den ersten 116 Seiten bietet sie eine äußerst sorgfältig zusammengestellte Begründung für die Orientierung an Therapiezielen, die in Richtung Wohlbefinden gehen. Diese Begründung zieht sie sowohl aus theoretischen Ansätzen im Zusammenhang mit der Befriedigung von Grundbedürfnissen, der Perspektive von Lebensbewältigungskompetenzen, aber auch systemischen Perspektiven, wo es um die Wechselwirkung zwischen Person- und Umweltfaktoren geht. Besonders haben es ihr Theorien einer guten Lebensführung, die im anglo-amerikanischen Raum unter dem Begriff des flourishing verfolgt werden, angetan. Für diese theoretische Basis, zu welcher sehr breit über die Thematisierung von Wohlbefinden im Allgemeinen hingeführt wird, bietet Renate Frank außerdem eine Fülle von empirischen Ergebnissen, welche besonders dem deutschsprachigen Leser einen Einblick in die rege Forschungstätigkeit zum Thema Wohlbefinden und verwandte Bereiche zur Verfügung stellt. Dies ist deshalb so verdienstvoll, weil die meiste Literatur, welche zu Wohlbefinden und weiter zu Positiver Psychologie vorliegt, englischsprachig ist und die Rezeption im deutschsprachigen Raum eher zögerlich vonstatten geht.
Man könnte hier – etwas abschweifend – Vermutungen anstellen, inwiefern dies mit anderen kulturellen Hintergründen zu tun hat. Bekannt war ja schon in der frühen Verhaltenstherapie, dass im anglo-amerikanischen Raum eine Tendenz zur Verhaltensmodifikation – z.B. in der Erziehung – über differenzielle Belohnung, im deutschsprachigen Raum hingegen eher über Bestrafung anschlussfähig war. Der Fokus der Aufmerksamkeit hat sich im einen Fall eher auf Ansätze in Richtung eines wünschenswerten Verhaltens gerichtet, im anderen Fall eher auf die negative Abweichung, die es auszumerzen galt. Dementsprechend könnte man vermuten, dass eine Kultur des Belohnens sich damit leichter tut, positive Ziele und vielleicht sogar Visionen in den Blick zu nehmen. Demgegenüber wird eine Kultur des Bestrafens sich leichter tun, den Fokus auf Defizite gerichtet zu halten und folglich störungsorientiert zu denken.
Die Darstellung der „Positive Psychologie-Bewegung“ bildet dann für Renate Frank auch gewissermaßen das Scharnier, um auf etwa gleich breitem Raum Interventionen zur Förderung von Wohlbefinden darzustellen. Und sie tut dies ebenso sorgfältig, wie sie zuvor ihre theoretischen Grundlagen und Begründungen ausgebreitet hat. Den Beginn machen Fragen der Indikation zum Angebot Wohlbefinden fördernder Strategien. Renate Frank verwendet hier den in der Verhaltenstherapie üblicherweise gebrauchten Begriff der Intervention. Dies ist wohl mein einziger kritischer Punkt, auch wenn ich ihn weniger Renate Frank anlasten möchte als der verbreiteten Verwendung im Rahmen kognitiv-verhaltenstherapeutischer Therapieansätze. Der Begriff der Intervention transportiert im üblichen Sprachgebrauch die Idee des Menschen und folglich des Klienten oder Patienten als einer trivialen Maschine, in die hinein interveniert werden könne. Aus systemischer Sicht sind wir Menschen jedoch hoch komplexe selbst-organisierende Systeme, welche Anregungen und Angebote aus unserer Umgebung selektieren. Dementsprechend scheint mir der Begriff des „Beisteuerns“ (2) im Gegensatz zum „Steuern“, wie es die Nutzung des Begriffs der Intervention nahe legt, angemessener.
Diese Interventionen werden nun auf sehr vielfältige Art und Weise präsentiert und fünf Bereichen zugeordnet: Angebote zum Anregen von Wachstumsprozessen, Angebote einen vergnüglichen Lebensweg zu gestalten, Angebote einen engagierten Lebensweg zu fördern, Angebote für einen sinnbestimmten Lebensweg sowie - etwas kürzer – Angebote, einen Lebensrückblick im Rahmen der Therapie zu nutzen. Ich bezeichne diese Darstellungen, welche auf sehr anschauliche und lebendige Weise präsentiert werden, als Angebote, weil sie bei aller Klarheit und Konkretheit der Darstellung verführen könnten, als zu präsentierende Rezepte missverstanden zu werden. Dies gilt in besonderem Maße auch bei einem abschließenden Kapitel zur Well-Being-Therapie nach Fava. Diesem Ansatz – wie schon bei den theoretischen Kapiteln dem flourishing – scheint die besondere Sympathie der Autorin zu gelten, weshalb dieser Ansatz auch etwas umfassender dargestellt wird. Im Gegensatz zu den weiter oben erwähnten Angeboten, die relativ leicht als beisteuernde Ideen in einem auf Wohlbefinden abzielenden Therapieprozess gelesen werden können, fällt dies bei dem Ansatz von Fava etwas schwerer. Der Grund liegt darin, dass dieser Ansatz explizit als „psychoedukativ“ ausgewiesen wird, und damit das - zwar wohlmeinend angelegte – Belehrende in den Vordergrund treten kann. Die problematischen Erfahrungen der Präventionsbewegung der 60er- und 70er-Jahre, welche dann ja zur Konzeption des Empowerment (3) geführt haben, lassen mich hier vielleicht über-vorsichtig sein. Und das obwohl ich den Ansatz von Fava, so wie ihn Renate Frank schildert, grundsätzlich äußerst sympathisch finde.
Als Bonus, der die Bemühungen um Praxisnähe von Renate Frank unterstreicht, wird eine CD mit Arbeitsblättern und Fragebögen mitgeliefert. Auf dieser CD finden sich vielfältigste Arbeitshilfen für die Psychotherapie unter der Perspektive der Positiven Psychologie-Bewegung im PDF-Format. Diese können immer wieder ausgedruckt und für die eigene Arbeit genutzt werden. Ein echter und handfester Service.
Wie bereits anfangs bekannt, möchte ich dieses Buch wärmstens empfehlen, wenn man sich kundig machen möchte, welche Ideen eine Psychotherapie ressourcenorientierter machen könnte. Und wenn man danach auch die eine oder andere Idee seinen KlientInnen oder PatientInnen anbieten möchte. Allerdings wird die Überraschung nicht ausbleiben, wie kreativ unsere KundInnen diese Ideen auf ihre je eigene Art und Weise in ihren Alltag integrieren werden.

Literatur:

(1) Frank, R. (Hg)(2007): Therapieziel Wohlbefinden. Ressourcen aktivieren in der Psychotherapie. Springer, Heidelberg
(2) Vergleiche: „Beisteuern ist nicht das gleiche wie Steuern. Es ist aber auch nicht das gleiche wie einfach dabeizusitzen. Beisteuern meint die Kompetenz, sich erkennbar, verantwortlich und anschlussfähig daran zu beteiligen, Perspektiven zu weiten und neue Möglichkeiten zu erschließen, ohne dies einseitig und allein entscheidend tun zu können“, aus: Loth, W. (1998) Spuren hilfreicher Veränderungen. Das Entwickeln Klinischer Kontrakte. Dortmund: modernes lernen, S. 41f.
(3) Rappaport, J. (1985). Ein Plädoyer für die Widersprüchlichkeit. Ein sozialpolitisches Konzept des "empowerment" anstelle präventiver Ansätze. Verhaltenstherapie und psychosoziale Praxis 17: 257-278

(Mit freundlicher Genehmigung aus systeme 2/2010)


Hans-Georg Pflüger, Bad Wimpfen:

Wenn Psychotherapie als Gesundungsprozess verstanden wird, dann gilt es nicht nur, den Blick auf die psychischen Probleme und Krankheitssymptome der Klienten zu richten, sondern im Besonderen auch auf deren Stärken, Ressourcen und positive Energien, also die Quellen des Wohlbefindens. Ziel dieser positiven Therapie ist die Hilfestellung zur Entwicklung eines erfüllten Lebens und die Erarbeitung von Lebensbedingungen, die dies ermöglichen. Diese Orte des Wohlbefindens können im emotionalen, körperlichen und sozialen Bereich liegen. Wer könnte dem widersprechen und sich der Integration von Kenntnissen über Resilienz und menschliches Wachstum verweigern?
Das Werk ist eine Symbiose von praktischen Übungsvorschlägen und wissenschaftlichen Erkenntnissen; Frank bietet eine Fülle von Erklärungen, Definitionen und Untersuchungsergebnissen zu unterschiedlich relevanten Themen wie z. B. subjektives Wohlbefinden, Lebensqualität, Konzepte des Wohlbefindens und entsprechende Theorien an. Erst im zweiten Teil fokussiert sie dann intensiver auf Interventionsmöglichkeiten und bietet durch- aus einige, wenngleich wenig neue Wege zum Wohlbefinden an.
Neben dem Wachstum anregenden Prozess (z. B. mein Wunsch-Ich) stellt sie fünf weitere Ideen, u. a. den „engagierten Lebensweg“ (z. B. Lebensziele entwickeln) und den „sinn- bestimmten Lebensweg“ (z. B. positive Lebensbilanzierung) vor – so leistet die Autorin ins- gesamt eine enorme wissenschaftliche Fleißarbeit, deren Darstellung die Wirksamkeit und Sinnhaftigkeit dieser beschriebenen Interventionen untermauert. Leider ist die Balance zwischen Wissenschaft und Praxisausrichtung nicht ausgewogen, derjenige, der Materialfülle für den Handwerkskoffer erwartet hatte, wird nicht gänzlich befriedigt sein. Die beiliegende CD mit Arbeitsblättern hingegen ist unmittelbar und gut einsetzbar.

(mit freundlicher Genehmigung aus systhema 3/2010)





Zum Inhaltsverzeichnis

Und hier noch eine kleine Leseprobe





Verlagsinformation:

Freude, Vitalität, ein gutes Selbstwertgefühl, kurz und gut: »Wohlbefinden« zu erleben ist ein Therapieziel, das in diesem Buch konzeptionell und anwendungsbezogen vorgestellt wird. Der therapeutische Blick richtet sich auf die Ressourcen und Stärken der Patientinnen und Patienten, auf all die positiven Momente, die das Leben eines jeden auch enthält. Dieses bewusst zu machen, weiterzuentwickeln und fest zu verankern kann Symptome und Störungen schließlich überflüssig machen und den Weg zu seelischer Gesundheit bahnen. Glücksforschung, Flow-Konzept und andere Erkenntnisse der Positiven Therapie werden in ihren Ergebnissen vorgestellt. Mit zahlreichen Übungen und Interventionen zeigt die Autorin, wie KlientInnen konkret gefördert werden können, um Ziele wie Selbstakzeptanz, Autonomie und persönliches Wachstum zu erreichen.


Über die Autorin:

Renate Frank, Dr., Dipl.-Psychologin, ist an der Universität Gießen, Fachbereich Psychologie, als Psychologische Psychotherapeutin und Leiterin der Verhaltenstherapeutischen Ambulanz der Universität tätig.



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