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11.02.2008
Wolf Ritscher: Systemische Kinder- und Jugendhilfe. Anregungen für die Praxis
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Carl-Auer-Verlag, Heidelberg 2005
336 S., kartoniert
Preis: 29,95 €
ISBN-10: 389670494X
ISBN-13: 978-3896704948
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Carl-Auer-Verlag
Peter Luitjens, Bremen/Sudweyhe:
Wolf Ritscher möchte mit der Herausgabe des Bandes "Systemische Kinder- und Jugendhilfe“ nicht nur "Anregungen für die Praxis" liefern, sondern auch belegen, dass "in diesem Feld sozialer Arbeit die Entwicklung (Transformation systemischer theoretischer Modelle in die Praxis) für das alltägliche professionelle Handeln schon besonders weit vorangeschritten ist" (S. 7). Als Praktiker, der seit langem im Schnittbereich zwischen Kinder- und Jugendhilfe sowie Kinder- und Jugendpsychiatrie/-psychotherapie tätig ist, nehme ich die "guten Nachrichten" durchaus zwiespältig war. Den interessanten Beiträgen (in denen im wesentlichen der öffentliche Träger im Fokus steht) entnehme ich, welche Möglichkeiten das SGB VIII bietet, mit systemischen Ansätzen die Arbeit des "Jugendamtes" stärker am Bedarf der AdressatInnen auszurichten. Gleichzeitig erlebe ich (wie KollegInnen anderen Orts) wie in der Praxis unter dem Deckblatt systemischer Orientierung Änderungen eingeleitet werden, die vor allem Ausgaben im Jugendhilfebereich verringern sollen bei verstärkter Kontrolle von Leistungen und Geldfluss (Stichwort: Qualitätsmanagement). Als problematisch erlebe ich im Jugendhilfebereich den Umgang mit sensiblen Personendaten; das Thema des Datenschutzes sowie der informationellen Selbstbestimmung steckt hier noch in den Kinderschuhen. Auf diesem Hintergrund fühle ich ein Unbehagen, wenn im Rahmen von Hilfeprozessen umfangreiche Systemanalysen im Sinne einer "systemisch-familiendynamischen Mehrgenerationenperspektive" (Musch-Grau und Ritscher) zum Standard in der Arbeit des öffentlichen Trägers werden - auch wenn dies wie dargestellt hilfreich für den Hilfeprozess sein mag. Dieser umfangreiche Datenpool sollte meiner Ansicht nach einer Behörde nicht "selbstverständlich" zur Verfügung stehen, die wesentlich auch einen Eingriffsauftrag hat. Einen passablen Kompromiß in dieser Hinsicht sehe ich im beitrag von Renate Tenhaken (Fachdienstleiterin der sozialen Dienste), die „ein netzwerk- und sozialraumorientiertes Verfahren der Einleitung von Hilfen zur Erziehung" vorstellt, das beispielhaft eine Struktur für das Zusammenspiel von "Eigensicht" der Familie sowie "Expertensicht" der öffentlichen und der freien Jugendhilfe in der Hilfeplanung bietet. Das vorgestellte Vorgehen bietet nicht nur eindeutige Regelungen, sondern würdigt auch die Notwendigkeit des "Trialogs" zwischen o. g. Beteiligten. Gisal Wnuk-Gette und Kollegen zeigen, dass im etablierten Zusammenspiel von systemischem freiem Träger der Jugendhilfe und öffentlichem Träger neue spannende systemische Praxismodelle entstehen können: wie eine betreute Jugend-WG mit Einbeziehung der Eltern in den WG-Alltag (!) oder eine Systemische Elternschule, die als Mischung der bekannten Angebote Tagesgruppe, Soziale Gruppenarbeit und SPFH Parallelen zur Mehrfamilientherapie aufweist. Friedhelm Kron-Klees reflektiert die Situation des Erstkontakts mit Klienten und Klientinnen im Rahmen der öffentlichen Jugendhilfe bei Fremdmeldung auf eine Weise, die ich als wertschätzend und bereichernd erlebt habe. Insgesamt bietet das Buch einen vielfältigen Einblick in die Möglichkeiten Systemischer Praxis in der Kinder- und Jugendhilfe und wirkt von daher durchaus anregend.
(mit freundlicher Erlaubnis aus systhema 2006)
Eine sehr kurze Rezension von Peter Bünder für socialnet.de
Eine weitere Rezension von Christoph Malter für AGSP
Eine kleine Leseprobe aus dem Beitrag von Friedhelm Kron-Klees
Zur Website der Fakultät für Soziale Arbeit, Gesundheit und Pflege, an der der Herausgeber Wolf Ritscher tätig ist
Verlagsinformation:
Die Soziale Arbeit ist zurzeit der Bereich, in dem systemische Konzepte mit am stärksten nachgefragt werden. Das größte und zentrale Anwendungsgebiet ist dabei die Jugendhilfe. Wolf Ritscher beschreibt in diesem Buch zunächst den theoretischen Rahmen für eine systemische Jugendhilfe. Daran schließen sich zehn Artikel an, in denen Praktiker aus der Jugendhilfe innovative Projekte vorstellen und anhand von Fallbeispielen ihre zugrunde liegenden Konzepte beschreiben. Den Abschluss bilden zwei Beiträge zur institutionellen Planung bzw. zur Fortbildung für Sozialarbeiter. Das Buch liefert wertvolle Anregungen, Ideen und Anstöße für den Berufsalltag, besonders von Sozialpädagogen und Sozialarbeitern, Mitarbeitern im Allgemeinen Sozialen Dienst, in der Sozialverwaltung und bei freien Trägern der Wohlfahrtspflege sowie für Studierende und Weiterbildungskandidaten im sozialen Feld.
Inhalt:
Ritscher, Wolf: Systemische Kinder- und Jugendhilfe - Eine Skizze. S. 10-44
Tenhaken, Beate: Ein netzwerk- und sozialraumorientiertes Verfahren der Einleitung von Hilfen zur Erziehung beim Jugendamt der Stadt Greven. S. 45-60
Jager, Cornelia: Sozialräumliche Orientierung, Partizipation und Case Management in der Arbeit des ASD. S. 61-83
Kron-Klees, Friedhelm: Der Erstkontakt mit Klienten und KlientInnen im Rahmen der öffentlichen Jugendhilfe. S. 84-100
Musch-Grau, Silvia, & Ritscher, Wolf: Die systemisch-familiendynamische Mehrgenerationenperspektive zu Beginn des Hilfeprozesses. S. 101-125
Ahrens, Peter, Baum, Eyke, Gessner, Monika, Heyd, Annette, Looft, Elke, & Richter, Heike: Sozialräumliche, integrierte und flexible Jugendhilfe im Gemeinwesen: Ein systemisches Konzept. S. 126-178
Bertsch, Horst E., & Böing, Herbert: Systemische Ansätze in der stationären Jugendhilfe. S. 179-194
Herchenhan, Michaela, & Heppel, Sabine: Cleartalk - Ein systemisches Konzept für die Zusammenarbeit in sozialen Kontexten. Das Projekt Systemische Klärungsgespräche. S. 195-216
Buggenthien, Ute: Sozialpädagogische Familienhilfe. S. 217-235
Reiner, Albrecht, Scholz, Dorothea, Joos, Susanne, & Ritscher, Wolf: Aufsuchende Familientherapie als ambulante Hilfe zur Erziehung. S. 236-265
Wnuk-Gette, Gisal, Wnuk, P.E. Werner, & Fischer, Gerlinde: Die Familienorientierung als grundlegende Perspektive in einem kommunalen Jugendhilfenetzwerk. S. 266-281
Herrmann, Franz: Jugendhilfeplanung - Eine Methode zur Entwicklung "lernender" Organisationen und institutioneller Netzwerke. S. 282-296
Kühling, Ludger, & Schmidt, Angelika: Wie werden Jugendhilfeeinrichtungen systemisch? Systemische Personal- und Systementwicklung in einer Jugendhilfeeinrichtung. S. 297-315
Über den Herausgeber:
Wolf Ritscher, Dr. phil., M. A., Diplom-Psychologe. Professor für Psychologie mit Schwerpunkt Klinische Psychologie, Familientherapie und Familiensozialarbeit an der Hochschule für Sozialwesen Esslingen; Familien-, Paar-, Gruppentherapeut und Supervisor.
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