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09.08.2007
Siegfried J. Schmidt: Lernen, Wissen, Kompetenz, Kultur. Vorschläge zur Bestimmung von vier Unbekannten
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Carl-Auer-Verlag, Heidelberg 2005
254 S., broschiert
Preis: 29,95 €
ISBN-10: 3896704966
ISBN-13: 978-3896704962 |
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Carl-Auer Verlag
Norbert Schlüpen, Bonn:
Ein Buch wie ein Orkan! Es fegte alle weiteren Bücher vom Tisch, fesselte wie ein Krimi, fast jede Seite barg mindestens eine weitere Überraschung, und selbst sonst öde Tabellen und Grafiken erhalten in diesem Kontext eine geradezu ästhetische Schönheit, einen anmutigen Reiz, sich näher und intensiver mit ihnen zu beschäftigen. Aus vier Unbekannten werden Freunde. Erotische Begierden für den Geist! Praktisch vollzogener paradoxer Widerspruch. Tokio Hotel der Sozialwissenschaft nicht nur für LehrerInnen! Intellektueller Genuß. Wittgenstein singt den Blues. Schmidt nennt das: theoretische Grundlagenmanöver, nachdem er sich zuvor den Schicksalsschlägen einiger Begriffe aus dem Diskurs über Schlüssel-Qualifikationen aus der Schul- und Erwachsenenpädagogik zugewandt hatte, die in der Evolution ihrer Entwicklungen seit 1519 parallele Karrieren der Lehr- und Lernkulturen generierten. Eine Tour d’horizon von Luther über Comenius, Pestalozzi, Fichte, Herbart zur Reform-, Lern- und Kompetenzpädagogik. Doch entwickelten Lernkulturen sich nicht etwa „aufgrund pädagogischer und philosophischer Vorstellungen“, sondern „in Abhängigkeiten von technischen Innovationen…, von sozialen und wirtschaftlichen Entwicklungen…, mithin im Ermöglichungszusammenhang co-evolutiver zeitlich paralleler Entwicklungskarrieren.“ Sprachliche und gedankliche Präzisierung findet hier statt, damit allen Betroffenen in der Weiterbildungspraxis „theoretisch fundierte Problemlösungen“ (S.20) zur Verfügung stehen. Bezogen auf den „Lernort Unternehmen“ sieht Schmidt die negative Möglichkeit, das nicht-statische Gebilde Unternehmen „in Gänze beobachten“, jedoch „Prozesse und Träger von Prozessen in konkreten Unternehmenskontexten“ sowohl beobachten als auch nachverfolgen zu können (S.212). Schmidt nennt drei von besonderer Bedeutung für Unternehmen reflexiv operierende, in sich geordnete und komplementäre Typen von Prozessen, die nicht willkürlich ablaufen: Beobachtungs- Kommunikations- und Entscheidungsprozesse. „Was auf welche Weise beobachtet wird, wie Kommunikation abläuft bzw. gestaltet wird und welche Entscheidungen in welcher Form getroffen und kommuniziert werden, das macht die Spezifik eines Unternehmens aus.“(S.214) Ein aus fünf Dimensionen bestehendes Wirklichkeitsmodell kann den Unternehmen zur Optimierung ihrer Problemlösungen dienen, um damit „Bestand und Erfolg zu gewährleisten“. Diese fünf Dimensionen haben es in sich! Ich verrate Ihnen aber nichts darüber, denn ich möchte ja, dass Sie sich selbst beim Lesen dieser Lektüre überraschen lassen. Nur soviel: sie bilden die Bezugsordnung für Lern-, Kompetenz und Unternehmenskultur, sind somit unabkömmlich, weil „eine Rede von Bezugsordnung ohne Referenzbereich...leer, Kultur ohne Sachbezugsordnung ...blind“ wäre. Wer sich dieses Buch entgehen lässt,...
(Erstveröffentlichung in systhema)
Eine weitere Rezension von Thomas Webers für MWonline.de
Noch eine weitere ausführliche Besprechung von Andreas Paula für socialnet.de
Das ausführliche Inhaltsverzeichnis als PDF
Verlagsinformation:
Die Diskussion über Lernkultur und Kompetenzentwicklung hat in den letzten Jahren weit über die pädagogische Szene hinaus auch Wirtschaft und Politik erfasst, weil es hier um Probleme geht, der sich Wissensgesellschaften im Globalisierungsprozess weltweit stellen müssen. Der pädagogische Diskurs als Stichwortgeber steht damit aber vor dem Problem zu prüfen, ob die eigenen Beschreibungs- und Erklärungsangebote solide und praxisrelevant genug sind. In diesem Buch geht es um eine Sytematisierung des weit verzweigten Diskurses über Lernen, Kultur, Kompetenz und Wissen auf der Grundlage eines modifizierten Konstruktivismus. Das Ziel der Unternehmung besteht darin, ein kohärentes Beobachtungs- und Beschreibungsplateau zu erarbeiten, auf dem interdisziplinär und interdiskursiv gearbeitet werden kann, wobei das Verhältnis zwischen Theorie und Praxis auf eine neue Grundlage gestellt werden soll.
Vorwort des Verfassers:
Die Diskussion über Lernkultur und Kompetenzentwicklung hat in den letzten Jahren weit über die pädagogische Szene hinaus auch Wirtschaft und Politik erfasst, weil damit offenbar Problembestände angesprochen werden, die sich Wissensgesellschaften im Globalisierungsprozess weltweit stellen. Damit ist der pädagogische Diskurs in einer Schlüsselfrage zum Stichwortgeber geworden und sieht sich nun seinerseits vor das Problem gestellt, ob die eigenen Beschreibungs- und Erklärungsangebote zum einen den Standards interdisziplinärer Aktualität entsprechen und zum anderen praxistauglich genug sind, um das politische und wirtschaftliche Handeln in den angesprochenen Bereichen künftig erfolgreich orientieren zu können. In einem mehrjährigen Forschungsprojektverbund "Lernkultur und Kompetenzentwicklung", den das Bundesministerium für Bildung und Forschung und der Europäische Sozialfond gefördert haben, ist in den letzten Jahren intensiv über die vielfaltigen Aspekte des Themas, von den grundlagentheoretischen Voraussetzungen bis hin zu Verfahren der Kompetenzmessung, geforscht worden. Dabei ist im grundlagentheoretischen Bereich eine plausible Konzeption von Lernkultur und Kompetenzentwicklung auf der theoretischen Grundlage der Synergetik erarbeitet und gezeigt worden, wie Lernkultur und Kompetenzentwicklung auf dieser Grundlage systematisch als Selbstorganisationsphänomene modelliert werden können (cf. dazu Jünger 2004). In der vorliegenden Studie ist die Aufgabenstellung anders. Hier geht es darum, den zersplitterten Diskurs über Lernkultur und Kompetenzentwicklung (im Folgenden kurz "Lerndiskurs"1 genannt) zu systematisieren, indem eine Theorie der Geschichten & Diskurse (cf. Schmidt 2003a, auch 1994) als Systematisierungsinstrument entwickelt und erprobt wird. Mit anderen Worten, es geht um den Versuch, einen interdiskursiven Diskurs zu führen, in dem die An- und Ausschlussmöglichkeiten zwischen den verschiedenen Theorieangeboten im Lerndiskurs sowie zwischen Lerndiskurs und Geschichten-&-Diskurse-Theorie2 (im Folgenden kurz "G-&-D-Theorie") erörtert und interpretiert werden. Das Ziel der Unternehmung besteht also darin, ein kohärentes Beobachtungs- und Beschreibungsplateau zu erarbeiten, auf dem man interdisziplinär und interdiskursiv weiterarbeiten kann, um gemeinsame Problemlösungen zu entwickeln, wobei sich die Gemeinsamkeit nicht nur auf Theorievarianten bezieht, sondern auch auf das (immer noch ominöse) Verhältnis von Theorie und Praxis. Salopp ausgedrückt, es geht hier nicht darum, Recht zu haben, sondern darum, gemeinsam weiterzukommen im Interesse der Betroffenen, für die wir verantwortlich sind.
September 2004 S. J . Schmidt
PS: Wieder einmal darf ich dem Management und der Crew der Desert Lodge Rostock Ritz, Namibia, herzlich dafür danken, dass sie durch ihr Engagement und ihre Menschlichkeit ein soziales Klima geschaffen haben, in dem die Arbeit an diesem Buch leicht geworden ist.
(1) Diese Abkürzung ist rein pragmatisch begründet. Keineswegs soll damit gesagt sein, dass es sich bei diesem Diskurs um eine homogene Theorienlandschaft handelt. Streng genommen werden mit dieser Abkürzung Positionen im Diskurs über Lernkultur und Kompetenzentwicklung außerhalb der Theorie der Geschichten & Diskurse zusammengefasst.
(2) Die Schreibweise mit "&" wird hier und im Folgenden immer dann verwendet, wenn es sich um Wirkungszusammenhänge im Sinne der Allgemeinen Systemtheorie handelt, deren Komponenten miteinander in strikter Komplementarität verbunden sind. - Cf. dazu im Detail Schlosser (1993).
Über den Autor:
Siegfried J. Schmidt, Prof. Dr., geb. 1940 in Jülich, studierte Philosophie, Germanistik, Linguistik, Geschichte und Kunstgeschichte in Freiburg, Göttingen und Münster. Ab 1979 Professor für Germanistik/ Allgemeine Literaturwissenschaft an der Universität-GH Siegen; ab 1984 Direktor des Instituts für Empirische Literatur- und Medienforschung (LUMIS) der Universität Siegen. Seit 1997 Professor für Kommunikationstheorie und Medienkultur an der Universität Münster und Direktor des Instituts für Kommunikationswissenschaft. Ehrendoktor der Universität Klagenfurt. Seit 2006 emeritiert.
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