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Neuvorstellung zur Übersicht
17.03.2007
Rudolf Welter, Matthias Hürlimann, Katharina Hürlimann-Siebke: Gestaltung von Betreungseinrichtungen für Menschen mit Demenzerkrankungen
Welter et al.: Gestaltung von Betreuungseinrichtungen Selbstverlag der Autoren, Zürich 2006

Großformat, 136 Seiten, 166 Abb., Softcover

Preis: 43,00 € / 73,00 CHF

ISBN-13: 978-3-033-00964-6
ISBN-10: 3-033-00964-6
Selbstverlag der Autoren





Tom Levold, Köln:

„Stellen Sie sich vor, liebe Leserin, lieber Leser, Sie sind an einer Demenz erkrankt. Jetzt können Sie aber noch mitbestimmen. Was ist für Sie nun wichtig? Wie möchten und können Sie betreut werden und wohnen?
-> In der bisherigen, eigenen Wohnung, bei Ihren Kindern/Angehörigen oder in einer Pflegeeinrichtung?
-> Können Sie sich vorstellen, dass Ihre Kinder Sie längerfristig betreuen können?
-> Wenn nicht, was wäre die Alternative’?
-> Gibt es in der Nähe zu Ihrem jetzigen Wohnort eine Einrichtung oder können Sie unter verschiedenen auswählen?
-> Fehlt es Ihnen an interessant erscheinenden Angeboten?
-> Wenn ja, wer sollte die schaffen? Oder ist ein Umzug an einen anderen Ort für Sie denkbar?
-> Wie sollte Ihrer Meinung nach ein demenzgerechtes Haus aussehen und die Betreuung erfolgen?“
Mit diesen Fragen eröffnen die AutorInnen Rudolf Welter, Matthias Hürlimann und Katharina Hürlimann-Siebke ihr Arbeitsbuch über die Gestaltung von Betreuungseinrichtungen für Menschen mit Demenzerkrankungen. Auch wer sich noch nicht selbst mit diesen Fragen beschäftigt hat, aber bereits eine(n) Angehörige(n) in einer entsprechenden Pflegeeinrichtungen unterbringen musste oder möchte, dürfte für dieses Thema sensibilisiert sein. Das Arbeitsbuch möchte aber nicht in erster Linie Betroffene ansprechen, sondern hat Behörden, Einrichtungsträger, Heimleitungen, Pflegegruppenleitungen, Architekten, Innenarchitekten und Bauausführende im Visier, kurz: alle, die aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit damit beschäftigt sind, für demente Menschen Lebensräume zu entwerfen und zu gestalten, die es ihnen erlauben, in Sicherheit und Würde ihren Lebensabend zu verbringen. Eine Aufgabe, die angesichts der weiterhin steigenden Lebenserwartung immer mehr an Bedeutung gewinnt und von deren erfolgreicher Bewältigung wir womöglich selbst irgendwann profitieren werden. Zwar gibt es hier und da bereits interessante architektonische Modellprojekte, die Mehrzahl der dementen und pflegebedürftigen Menschen dürften dennoch gegenwärtig keineswegs optimal und ihren Bedürfnissen entsprechend untergebracht sein.
Rudolf Welter, Architekt sowie Umwelt- und Organisationspsychologe (systemagazin-Leser sind mit seinen außergewöhnlichen literarischen Texten vertraut), Matthias Hürlimann, ebenfalls Architekt und Katharina Hürlimann-Siebke, Wirtschaftswissenschaftlerin und Wissenschaftsjournalistin, haben im Selbstverlag einen großformatigen, wunderschön gestalteten Band (in dem der Gestaltungswille der AutorInnen trefflich zum Ausdruck kommt) herausgegeben, der sich als Handreichung für die genannten Nutzer versteht.
Diese Nutzer, sofern sie mit der Planung von Betreuungseinrichtungen befasst sind, brauchen übersichtliche und kompakte Darstellungen der Problemlagen, Hinweise auf die zu berücksichtigenden Gestaltungselemente und Tools für die Planungs- und Durchführungsprozesse auf den verschiedenen Ebenen. Diesen Anforderungen wird der Band auf gute und angenehme Weise gerecht. Einer kurzen Darstellung der Problematik der Demenzerkrankung und ihrer psychosozialen Folgen, der eine orientierende Einführung in die Aufgabenstellung dieses Arbeitsbuches vorhergeht, folgen ausführliche Empfehlungen für die Projektentwicklung und die Gestaltung von Einrichtungen. In gut gestalteten Übersichten werden Vor- und Nachteile von gemischten oder spezialisierten Betreuungsformen präsentiert und verschiedene Raum- und Organisationskonzepte vorgestellt. Es folgen Vorschläge für die Erarbeitung einer Projektskizze, die den Beteiligten einen Überblick über die zu berücksichtigenden Faktoren erlaubt (Standortbestimmung, Projektauftragsverhandlung, Auftraggeber, Beteiligte, Spielregeln, Rahmbedingungen, Unterlagen, Zeitplan, Kostenschätzung, Einbeziehung laufender Projekte in der Kommune).
Auf dieser Basis kann dann ein Grobkonzept ausgearbeitet werden, für das umfassende Gestaltungsempfehlungen ausgesprochen werden. Diese Empfehlungen, die sowohl architektonische Details (Barrierefreiheit, Böden, Treppen etc.) als auch psychosoziale Aspekte betreffen (Gruppengröße, Sinnesanregungen etc.), werden übersichtlich tabellarisch dargestellt, mit einer spezifischen Begründung sowie Kommentaren und (illustrierten) Beispielen zu jeder Empfehlung.
Es schließen sich Arbeitsinstrumente für die Projektentwicklung an, z.B. Planspiele, Entwicklung von Szenarien, „Möblierungsübungen“ und Einsatz von Modellen, Verwendung von Lösungen von bereits vorhandenen Projekten, Einbeziehung von Fachleuten und Herstellern etc.
In einem Anhang finden sich weitere Anwendungsbeispiele und Kommentare mit zahlreichen Fotografien von vorhandenen Lösungsentwürfen, Checklisten und Gesprächsleitfäden, ein Glossar sowie ein (eher Schweizbezogenes) Adressverzeichnis und Literaturangaben.
Insgesamt ein außerordentlich nützliches, ganz auf die praktische Umsetzung von Projekten durch die skizzierten Zielgruppen ausgerichtetes Buch, das nicht nur ausgezeichnet gestaltet ist, sondern durch zahlreiche großformatige Fotos alter Menschen auch atmosphärisch vermittelt, was Beziehungsqualität für Demenzerkrankte beinhaltet. Eine beigefügte CD, auf der das komplette Buch sowie die Materialien im Anhang als PDF abgespeichert ist, erlaubt auch den Zugriff in einer Arbeitssituation, in der die Printausgabe gerade nicht zur Hand ist. Auch wer im Bereich der Altenbetreuung Beratungsfunktionen ausübt, kann von der Lektüre dieses Bandes nur profitieren.   





Zur Website der Autoren mit Informationen über ihr Beratungsangebot bei der Planung von Lebensräumen für Demenzkranke sowie ein Bestellformular für das Arbeitsbuch





Über die Autoren:

Matthias Hürlimann, Architekt. Studium der Architektur an der ETH Zürich. Zweijährige Tätigkeit in London. Nationalfondstudie "Bauliche Barrieren für Behinderte und Betagte" am Institut für Hochbauforschung der ETH Zürich. Gründer und Mitinhaber des Architekturbüros archi-Netz, Zürich. Gründer und Leiter (bis 1985) der Schweiz. Fachstelle für behindertengerechtes Bauen. Beratungen und Projektbegleitungen im Alters- und Behindertenbereich. Verschiedene Lehraufträge.


Dr. Rudolf Welter, Architekt und Umweltpsychologe. Studium der Architektur, des Städtebaus sowie der Umwelt- und Organisationspsychologie an der University of Michigan, USA und ETH Zürich. Mitgründer des Büros Welter und Simmen, Beratung von Organisationen und Institutionen im Gesundheits- und Sozialwesen. Projektbegleiter, Supervisor und Coach. Verschiedene Lehraufträge und Fortbildungskurse.



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