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27.05.2005
von Wogau, Eimmermacher, Lanfranchi (Hrsg.): Therapie und Beratung von Migranten. Systemisch-interkulturell denken und handeln
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Beltz Psychologie Verlags Union
2004
Preis: € 24.95 / sFr 44.00
ISBN: 3621275428 |
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Beltz-Verlag
Vincenzo Urso, Köln:
Die Initiative der Herausgeber ist gelungen. „Therapie und Beratung
von Migranten“ ist ein Muss für alle, die im sozialen, therapeutischen
oder medizinischen Bereich tätig sind.
Migranten halten sich nicht brav am Rande der Gesellschaft, sie sind
ein Element der Gesellschaft. Fachleute, die das nicht erkennen, haben
ein Problem: Ob sie wollen oder nicht werden sie mit Menschen mit
Migrationshintergrund konfrontiert, sie stolpern ständig auf
interkulturelle Situationen, die sie nicht meistern können.
Wer das Buch gelesen hat ist informiert über die aktuellen Diskurse in
der Migrationsarbeit (Teil 1) und bekommt praktische Hinweise in den
verschiedenen Tätigkeitsfeldern der Beratung und Therapie (Teil 2). Die
Autoren orientieren sich an der systemischen Theorie. Die systemische
Sichtsweise vermeidet eine Individualisierung der Problematik und
erweitert den Blickwinkel auf den sozialen und kulturellen Kontext der
Betroffenen. Diese Vorgehensweise ist besonders wichtig in der Arbeit
mit Migranten , wo Mikro und Makro sozialen Einflüsse fundamental sind
um die Problematiken zu verstehen und zu bearbeiten. Die Geschichte des
Individuums wird in Verbindung mit seiner Familie und Community
innerhalb eines kulturell-sozial-politischen Kontextes gesehen.
Der erste Teil behandelt Grundsätze der interkulturellen Arbeit. Eine
der Autoren betont im Integrationsprozess die Bewältigung von
Übergängen als Balanceakt zwischen Stabilität, Flexibilisierung und
Destabilisierung. Er beschreibt die Migration als aktiven Schritt zur
Problembewältigung mit unterschiedlichen Ergebnisse und Lösungen. Dabei
spielen viele Elemente eine Rolle: die Biografie der betroffenen
Familien, die psychosoziale Lage, die Phasen des Lebenszyklus und die
Ressourcen.
Die Autoren betonen auch die Verantwortung der Gesellschaft und die
Versäumnisse der Politik, die den Handlungsspielraum und die
Entfaltungsmöglichkeiten von vielen Migranten einschränkt. Sie werden
oft vor „verschleißende Hürden“ stellt, die die krankhaften Reaktionen
verstärken.
Im beraterischen und therapeutischen Umgang mit Migranten, wollen sie
uns nicht einfache Kulturrezepte geben, weil es sich nicht um
Kulturkonflikte handelt, sonder um Interaktionsschwierigkeiten zwischen
den Beteiligten. Kultur ist nicht statisch, homogen sagen die Autoren.
Migration ist eine Vielfalt, die fast nicht mehr überschaubar ist.
Dafür braucht man interkulturelle Kompetenz. Kulturelle Zuschreibungen
und Simplifizierungen führen uns nicht weiter. Wir müssen uns unserer
Kulturbedingtheit bewusst sein und den kulturellen Kontext der
einzelnen Menschen, der einzelnen Familien berücksichtigen.
Ich finde auch die Einbeziehung eines Kapitels über
Netzwerkarbeit interessant. Durch Migration gehen viele
Netzwerke verloren und es ist wichtig Neue aufzubauen. Für uns
Professioneller heißt das, unsere Grenze zu erkennen und alle
Ressourcen einzubeziehen, die das Umfeld zu Verfügung stellt.
Das Kapitel über die Sprache macht Mut an alle die zögern sich mit
dieser Klientel wegen der Sprachbarrieren einzulassen. Kommunikation
ohne perfekte Kenntnis einer gemeinsamen Sprache ist möglich. Man muss
die Risiken durch Offenheit, Neugier, Wertschätzung überwinden und,
sehr wichtig, sich viel Zeit zum Abklären nehmen. Wenn die
Sprachbarrieren sehr groß sind, ist der Einsatz von professionellen
Dollmetschern angesagt.
Der zweite Teil ist eine Fundgrube von Erfahrungen aus der Praxis, wo
wir uns nach Bedarf bedienen können. Es ist interessant zu beobachten
wie viele Beiträge von „Inländer“ kommen, die es verstanden haben, sich
der Problematiken der Migranten anzunehmen. Dies soll eine
Ermunterung für die Leser sein. Man kann dieses Arbeitsfeld nicht
nur Muttersprachler überlassen oder Fachleuten, die auf Grund
ihrer eigenen Migrationsgeschichte eine Berufung für diesen Bereich
haben. Natürlich brauchen wir, wie einige Autoren betonen, Fachleute
aus den Herkunftsländern oder aus der zweiten und dritten Generation
der Migranten, die in den Institutionen eine „interkulturelle
Werkstatt“ in Gang setzen und ein Türöffner für die Klienten sind. Wir
können uns aber nicht zurücklehnen. Die Gesamtaufgabe der beraterischen
und therapeutischen Versorgung der Migranten betrifft uns alle. Dieses
Buch kann ein sehr guter Begleiter beim Einstieg und in der laufenden
Arbeit sein.
Cornelia Tsirigotis, Aachen:
Die HerausgeberInnen haben 17 Beiträge zum interkulturellen Arbeiten
zusammengestellt, geordnet nach den Schwerpunkten Grundlagen und
Praxisfelder. Der erste Teil beschäftigt sich mit Überlegungen und
Grundsatzfragen zu Kultur, Migration und Perspektiven auf das, was
systemisch hilfreich sein könnte bei der Konzeptualisierung von Arbeit
mit MigrantInnen. HerausgeberInnen und Autorinnen klären gleichermaßen
ihren eigenen persönlich-lebensgeschichtlichen Zugang zum Thema sowie
die eigenen Vorannahmen. Systemische Perspektiven sind brauchbar zur
Beschreibung des Kontextes, in dem MigrantInnen und ihre BeraterInnen
sich befinden. Außerdem bietet das vielfältige Methodenspektrum
systemischer, lösungs- und ressourcenorientierter Ansätze gute
Möglichkeiten zur Arbeit in diesem Kontext. Migration stellt sich dar
als Übergang mit spezifischen Bedingungen und Phasen (Lanfranchi).
Detailliert sind die Darstellung unterschiedlicher Konzepte von Kultur
und der Notwendigkeiten und Konsequenzen für interkulturelle Kompetenz
(Kalpaka, Hegemann) sowie die Überprüfung systemischer
Handlungskonzepte auf ihre Anwendbarkeit in interkultureller Beratung
und Therapie (Radice von Wogau). Interkulturelle Kompetenz beinhaltet
demnach eine Vorstellung von Kultur als etwas Dynamischem, sich ständig
Wandelndem. Es kommt weniger darauf an, Wissen über Kulturen zu
sammeln, als von dieser konkreten Familie zu erfahren, was sie
mitgebracht hat. Unabdingbar auch hier eine Haltung der Neugier und des
Nichtwissens sowie des Respekts, Sensibilität gegenüber den eigenen
kulturellen Annahmen sowie die Verantwortung, sich Informationen über
die Weltbilder und Bedeutungssysteme dieser KlientInnen zu verschaffen.
Sehr hilfreich dazu die Fragenkataloge von Hegemann zu den eigenen
Annahmen, zu Bedeutungsgebungen von KlientInnen sowie zum Kontext der
Beratung und der jeweiligen Kultur der Einrichtung. Im Handwerkskoffer
interkulturell kompetenter TherapeutInnen sind bekannte Methoden wie
zirkuläres Fragen, Genogrammarbeit, die Exploration der
Migrationsgeschichte. Der Praxisfelder-Teil umfasst Beiträge aus den
Bereichen Psychiatrie, Arbeit mit Folteropfern, lebensbedrohlich
erkrankten Kindern, Erziehungsberatung, hausärztlicher Praxis,
schulpsychologischer Dienst, Sozialarbeit und Beratung in Ehe-,
Familien- und Lebensfragen. Jeder einzelne Beitrag ist eigenständig zu
lesen und spricht für sich. Was mir an der Gesamthaltung des Buches
gefallen hat, ist eine Haltung und Perspektive, die in Migration nicht
nur Belastungen und Hilfsbedürftigkeit sieht, sondern Kompetenzen und
Ressourcen, bzw. diese ans Licht zu befördern sucht. Ich empfehle das
Buch zur grundsätzlichen Horizont- und Möglichkeitenerweiterung.
(Veröffentlichung mit freundlicher Erlaubnis von systhema).
Leseprobe
ausführliches Inhaltsverzeichnis (PDF)
Eine weitere Rezension von Willy Klawe für social.net
Zur website von Janine Radice von Wogau
Verlagsinfo:
"Viele Zugewanderte fühlen sich „hier" heimisch. Was aber
bedeutet es für Therapie und Beratung, mit sehr unterschiedlichem
Denken und Handeln konfrontiert zu sein? Wie umgehen mit Konflikten?
Wie eigene Stereotypisierungen aufdecken, Vorurteile abbauen? Dieses
Buch setzt einen neuen Qualitätsstandard für alle, die professionell
Migranten unterstützen.
Im Zentrum steht eine - für die Praxis dringend notwendige - Synthese
von systemischem Denken und interkulturellem Handlungsansatz.
· Teil I widmet sich den Grundlagen, z.B.: Was ist Migration, Kultur,
System? Wie gestaltet sich Netzwerkarbeit? Warum sind Sprache und eine
interkulturelle Fachlichkeit so wichtig für Therapie und Beratung? Aus
diesem Katalog entwickelt sich das Konzept des
„systemisch-interkulturellen Denkens und Handelns".
· Teil II gilt der Praxis: Hier kommen Autoren zu Wort, die nach obigem
Konzept arbeiten und Einblick in ihre medizinische, therapeutische und
sozialarbeiterische Praxis geben. Viele methodisch-didaktische Hinweise
und Praxisbeispiele motivieren, sich verstärkt der Thematik zu öffnen
und sie in die eigene Praxis zu integrieren"
Presse-/Leserstimmen
" ... Deshalb ist es verdienstvoll und außerordentlich hilfreich, wenn
mit dem vorliegenden Reader der Versuch gemacht wird, relevante
teheoretische Aspekte zusammenzuführen, um vor diesem Hintergrund deren
Umsetzung in einer Reihe von Praxisfeldern in der Arbeit mit
MigrantInnen zu beschreiben ... Die ansprechende Gestaltung des Textes
(Layout, Hervorhebungen etc.) sowie ein umfangreiches
Schlagwortverzeichnissteigern den Gebrauchswert dieses Readers ...
Fazit: Mit dem vorliegenden Werk ist es gelungen, erste Schritte in ein
stärker theoriegeleitetes umfassendes Verständnis Interkultureller
Orientierung und Verständigung zu gehen. Die Beiträge des Theorieteils
bieten hierfür reichhaltiges und gutes Material, auf dessen Basis der
Theoriediskurs weiter geführt werden sollte. Der Praxisteil schildert
eindrucksvoll das Gemeinsame, aber auch das Spezifische
systemisch-interkultureller Arbeit in den dargestellten Praxisfeldern.
Die Ausführungen in den einzelnen Beiträgen regen an, die eigene Praxis
auf kulturalistische 'Schieflagen' hin zu überprüfen und die
Weiterentwicklung interkultureller Orientierung und Öffnung zu erwägen
und voran zu treiben." www.socialnet.de, 23.08.2004
"... Der Zielgruppe des Buches - all jene, die haupt- oder ehrenamtlich
im sozialen, therapeutischen oder medizinischen Bereich mit Migranten
arbeiten (wollen) - steht mit dem Werk ein wertvoller Ratgeber für
praktische und theoretische Fragestellungen zur Verfügung." Report
Psychologie, 2004, 11/12, 678-679
"... Zusammenfassend kann die vorliegende Schrift daher einerseits als
wichtige Bereicherung für das Verständnis interkulturellen
Zusammenlebens bezeichnet werden und andererseits als außerordentlich
hilfreich für die Beraterin und Therapeutin in der Praxis."
http://www.socialnet.de/rezensionen/0410vonwogauuua_kulbach.html
08.11.2004
"Übersichtliches Layout mit abgesetzten "Kernaussagen" macht die
Orientierung einfach, ebenso wie die klare Sprache. Das Buch ist allen
an Theorie und Praxis Interessierten zu empfehlen." neue caritas.
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