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31.03.2005
Johannes Herwig-Lempp: Ressourcenorientierte Teamarbeit. Systemische Praxis der kollegialen Beratung. Ein Lern- und Übungsbuch
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1. Auflage 2004
260 Seiten, kartoniert
mit 11 Abb.
19,90 € [D]
ISBN 3-525-46197-6 |
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Vandenhoek & Ruprecht
Wolf Ritscher, Esslingen:
Johannes Herwig-Lempp, Professor für Methoden der Sozialen Arbeit an
der Hochschule Merseburg hat ein neues Buch vorgelegt, in der er seine
Erfahrungen mit Teamarbeit als Leiter des Sozialtherapeutischen Vereins
in Holzgerlingen systematisch aufgearbeitet hat.
Dass hier ein ausgewiesener Praktiker spricht, der aber seine Konzepte
sehr genau theoretisch zu verorten weiß, ist auf jeder Seite des Buches
nachvollziehbar. Sein Ziel ist es, Teams eine Vielfalt von Methoden und
Perspektiven anzubieten, mit deren Hilfe sie sich selbst und die Arbeit
der einzelnen Mitarbeiter/innen zum Thema machen können. Der Charme
liegt darin, dass die in jedem qualitativ gut arbeitenden Team
notwendigen Reflexionsprozesse auch ohne Unterstützung von außen durch
eine(n) Supervisor/in bzw. Organisationsberater/in initiiert und
moderiert werden können. Insofern ist das Buch von Herwig-Lempp ein
Beitrag zur Selbstorganisation eines Teams. Schon in dieser
Zielsetzung, aber auch in allen Prozess- und Methodenbeschreibungen,
zeigt sich die systemische Grundhaltung des Autors. Er macht deutlich,
dass der Respekt vor den Selbstorganisationskräften und dem Eigen-Sinn
allen Verhaltens in sozialen Systemen eine enorme produktive und
kreative Kraft zu entfalten hilft, die dem Systemwachstum zugute kommt.
Auch als Leser und potentieller Nutzer der beschriebenen Methode und
Konzepte fühle ich mich durch diese Haltung des Autors respektiert und
in meinen Selbstgestaltungswünschen ernst genommen. Das beginnt schon
auf den ersten Seiten, wenn er Vorschläge für den Umgang mit diesem
Buch präsentiert, die Neugier, Experimentierfreude, Kooperation und
selbstbestimmtes Lernen anregen. Er verzichtet auch auf die übliche
Nummerierung der Kapitel, um deutlich zu machen, dass dieses Buch nicht
von A über B nach C führt, und C nur auf diesem linearen Wege erreicht
werden kann. Statt dessen soll es als Fundgrube für Konzepte des
eigenen Handelns genutzt werden, ich die ich immer mal wieder
hineingreife, um die er- bzw. begriffenen Fundstücke in meine eigenen
Konzepte einzupassen.
Dann macht uns Herwig-Lempp mit Definitionen und Konzepten zum Team und
zur Teamarbeit vertraut. Er erörtert ausführlich systemische Haltungen,
Schlüsselkompetenzen und Methoden – zusammengefasst unter dem Begriff
„systemisches Handwerkszeug“.
Der Rest des Buches ist ein Beitrag zur methodisch reflektierten
Gestaltung von Selbstberatungsprozessen eines Teams, in deren Rahmen es
um Teamdynamik, Konzeptdiskussionen, Fallverstehen und neue Ideen für
die Arbeit mit den Auftraggeber/innen von Unterstützungsleistungen
(„Klientinnen und Klienten“) geht.
Es fällt immer wieder auf, dass der Autor um begriffliche Klarheit,
methodische Transparenz und prägnante Darstellung bemüht ist. Er
definiert Begriffe, gibt kurze, dichte Zusammenfassungen für Methoden
und Konzepte und rahmt sie optisch so ein, dass man sie auch bei einem
erneuten Herumblättern – z. B. kurz vor einer Teamberatung – schnell
finden und nutzen kann. Sehr gefallen hat mir auch seine Tendenz zu
unkonventionellen Gedanken und Lösungswegen, z. B. wenn er in einem
Kasten die Frage erörtert „Warum es nützlich sein kann, Probleme nicht
so gut zu verstehen.“ Das regt auch die Kreativität und
Experimentierfreude des Lesers an.
Der praktische Teil des Buches beginnt mit der Darstellung der
möglichen Ablaufstruktur einer kollegialen Beratung im Team: Vortrag
des Anliegens durch ein Teammitglied und Nachfragen der anderen
Teammitglieder (1), Entwicklung einer Fragestellung (2),
Methodenfindung (3), Durchführung der Beratung (4) und
Abschlusskommentar (5). In der Erörterung dieser Schritte wird
deutlich, dass eine klare Struktur, eine für diese Beratung aus dem
Kolleg/inn/enkreis gewählte oder turnusgemäß eingesetzte Leitung (deren
Funktion wird gegen Ende des Buches erläutert), eine klar umrissene
Fragestellung und eine Begrenzung des Handlungsspielraums der
beratenden Kolleg/inn/en wichtig ist: Einerseits für das gesamte Team,
weil in einer begrenzten Zeit möglichst viele neue Ideen „sprudeln“
sollen, andererseits für das beratene Teammitglied, das diese neuen
Ideen in seine eigenen Denk-, Wahrnehmungs- und Verhaltensmuster
integrieren muss und bei zuviel Information „die Schotten dicht macht“.
Die Gesprächsleitung muss über eine Vielzahl von Methoden verfügen, mit
deren Hilfe sie das Setting gestalten und Einfluss auf den
konstruktiven Fortgang des Beratungsprozesses nehmen kann. Diesen
Methoden ist nun der Löwenanteil des praktischen Teils des Buches
vorbehalten.
Herwig-Lempp hat sie acht verschiedenen Kategorien zugewiesen:
Gehirnjogging (I), Perspektivenerweiterung (II), gegenseitige
Information (III), Erfolge auswerten (IV), Stellen, Spielen und Bewegen
(V), Das Reflektierende Team (VI), weitere Modelle kollegialer Beratung
(VII) – es hat mir sehr gefallen, dass Johannes Herwig-Lempp hier
andere Konzepte zu Wort kommen lässt, und Selbstberatung (VIII) – man
kann sich auch selbst für sich selbst zum Thema machen.
Hier ist eine Vielfalt von Methoden zusammengefasst, die wir aus der
Therapie, Beratung und Gruppenarbeit kennen, und die nun in den Kontext
der kollegialen Teamberatung eingepasst werden. Dabei zeigt sich einmal
mehr, dass die ursprünglich für eine therapeutische Situation
entwickelten systemischen Methoden in vielen anderen Kontexten
verwendet werden können. Denn im systemischen Ansatz geht es primär um
das kompetente professionelle Mitspielen in kommunikativen Prozessen,
nicht um die verordnete, zu Beginn schon in ihrer Zielbestimmung und
Richtung festgelegte Veränderung von Personen, Gruppen oder
Organisationen. Letzteres ist der mögliche und gewünschte Effekt des
Mitspielens, der Focus aber liegt auf Anstoßen und Begleitung der
Eigendynamik eines Systems. Genau das ist auch das Interesse des
Methodeneinsatzes bei der kollegialen Beratung im Team.
Ich habe bei der Lektüre viele mir bekannte Methoden neu für die
Gruppenarbeit entdeckt und zugleich eine große Zahl für mich neuer
Methoden kennen gelernt, die über die kollegiale Beratung hinaus auch
in Seminaren, sozialpädagogischen Gruppen, Selbsterfahrungsgruppen und
in der Supervision angewendet werden können.
Es folgt ein Kapitel zu Teamorganisation; hier geht es vor allem um die
Gestaltung der Teamsitzungen, die darauf bezogenen Aufgaben der Leitung
und noch ein paar weitere methodische Anregungen für deren Umsetzung im
Beratungsprozess. Dann wirft der Autor noch einen Blick auf die
Teamentwicklung und diskutiert hier vor allem den produktiven Umgang
mit Konflikten. Einerseits normalisiert er sie, andererseits finde ich
auch hier viele methodische Anregungen für die eigene Arbeit.
Den Abschluss des Buches bilden Tröstungen für den Fall, dass alle
guten Anregungen und Bemühungen in einer Situation dennoch nicht zu dem
gewünschten Ergebnis der Veränderung geführt haben. Wie schön, dass
Misserfolge auch hier einen positiv konnotierten Platz finden – nur wer
nichts tut, macht keine Fehler, und da man nicht nichts tun kann,
gehören Fehler zum professionellen Alltag. Aber, so Herwig-Lempp, wir
können dennoch gelassen und freundlich bleiben: „Fehlerfreundlichkeit
heißt: Freundlich bleiben trotz Fehlern.“
Ich empfehle diesen Buch allen Kolleginnen und Kollegen, die in Teams
arbeiten, an der Kooperation im Team Spaß haben, diese verbessern,
durch das Miteinander auf neue Ideen kommen und noch mehr Freude an der
gemeinsamen Arbeit haben möchten. Aber auch für die Arbeit in anderen
Gruppen ist es eine reiche Fundgrube zur professionellen Begleitung,
Anregung und Auswertung von Systemprozessen.
(Mit freundlicher Genehmigung aus Kontext, Heft 1/2005)
Eine weitere Rezension von Lilo Schmitz bei socialnet.de
Die Website von Johannes Herwig-Lempp
Seine Seite auf der Fachhochschule Merseburg
Ein Artikel von Johannes Herwig-Lempp in systhema: "Aus Erfolgen lernen: Ein Instrument der Selbstevaluation. Sechs Argumente und ein Leitfaden für das Sprechen über Erfolge" (PDF)
Eine Nachricht über die Neueinführung des Studienganges systemischer Sozialarbeit an der Fachhochschule Merseburg aus dem "gepfefferten Ferkel"
Verlagsinformation:
"Kollegiale Beratung dient dazu, die Ressourcen des Teams zu nutzen und
die Qualität der Arbeit dadurch zu verbessern. Das hier entwickelte
systemische Modell der Teamberatung zeigt auf, wie die erprobten
ressourcen- und lösungsorientierten Ansätze aus der Arbeit mit
Klientinnen und Klienten auch gewinnbringend auf die eigene Teamarbeit
übertragen werden können. Spielerisch-kreativ lassen sich neue
Perspektiven und Ideen erfinden, um dann hieraus brauchbare
Handlungsmöglichkeiten zu entwickeln.
Neben einer ganzen Reihe von vielfältigen, praxiserprobten Methoden der
kollegialen Beratung wird auch gezeigt, wie Teams die Organisation
ihrer Sitzungen effektiv gestalten können – sodass Teamsitzungen sogar
spannend sein und Spaß machen können.
Der Band ist als Lern- und Übungsbuch konzipiert, er lädt ein zum
Experimentieren und Ausprobieren. Der Autor verweist auch auf die
theoretischen Hintergründe seines Modells, deren Kenntnis für die
praktische Umsetzung der Übungen jedoch nicht vorausgesetzt wird".
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