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Kurzvorstellung zur Übersicht
13.11.2008
Peter Heintel, Larissa Krainer & Martina Ukowitz: Beratung und Ethik. Praxis, Modelle, Dimensionen
Heintel Beratung und Ethik Ulrich Leutner Verlag, Berlin 2006

275 S., broschiert

Preis: 26,00 €

ISBN-10: 393439129X
ISBN-13: 978-3934391291
Ulrich Leutner Verlag





Georg Singe, Vechta:

Die Herausgeber, Peter Heintel, Larissa Krainer, Martina Ukowitz, schließen mit diesem Buch eine Lücke im Dialog der wissenschaftlichen Forschung und der Praxis der Beratung in verschiedenen Handlungsfeldern. Beratung wird über alle unterschiedlichen Handlungsfelder hinweg als selbständige Profession gesehen, die einer eigenen spezifischen Ethik und der entsprechenden Begleitforschung bedarf.
Im Mittelpunkt steht ein an der Universität Klagenfurt entwickeltes prozessethisches Modell (Heintel, S. 196–243), dem sich alle Autoren verpflichtet wissen. In diesem Ansatz wird auf wissenschaftlicher Basis die oftmals undurchsichtige Situation ethischer Urteile in der Beratungspraxis analysiert und ein Modell angeboten, in dem es nicht mehr um die Frage geht, „wer oder was ist moralisch und was nicht, sondern welche unterschiedlichen Wertentscheidungen und Wertfiguren treffen hier aufeinander“ (S. 207). Auf einer Metaebene gilt es, mindestens vier Ebenen (das individuelle Gewissen, die Moralität der Bedürfnisansprüche, der Leistungsansprüche und der Loyalität) zu differenzieren und die Interventionen danach auszurichten. Das Klagenfurter Modell soll der Prozessunterstützung und Prozessstrukturierung dienen, wie dies in einigen weiteren Beiträgen zum Ausdruck kommt. So stellt Krainer in ihrem Beitrag zur Interventionsforschung (S. 92–101) dar, wie der Dialog zwischen Forschung und Praxis von mehreren ethischen Prämissen geprägt sein muss, um die Autonomie des Beratungssystems und des Forschungssystems zu gewährleisten. In vielen Beiträgen kommt der Gedanke der Autonomie zum Tragen, der sich in Organisationen vor allem als kollektive Autonomie ausdrückt (Ukowitz, S. 71–91) und zudem an authentisches Auftreten der handelnden Personen gebunden ist (Exner, S. 53–70).
Hervorzuheben sind auch die anregenden Beiträge von Seliger, Schober und Sicher über die Zusammenhänge zwischen Gesundheit und Ethik (S. 144–165; S. 166–169). Auf dem Hintergrund eines ganzheitliches Gesundheitsbegriffes wird Gesundheit als ethische Wertfigur dargestellt und für den Erfolg einer Organisation nutzbar gemacht.
Die ethische Dimension in der Beratungspraxis ist unter systemischen Gesichtpunkten immer als Setzen einer Differenz zu betrachten. Dieser differenzlogische Ansatz, „gut“ und „schlecht“ in der postmodernen Situation nicht mehr normativ auf der Inhaltsebene festlegen zu können, macht das Buch so lesenswert für alle, die sich in inhaltliche ethische Auseinandersetzungen verstrickt wissen. Den Autoren gelingt es, ein konsistentes Bild der Bedeutung ethischer Auseinandersetzung in der Praxis der Beratung zu vermitteln, das die Autonomie der Handelnden und die vertrauensvolle Beziehung untereinander als Grundlagen ethischer Entscheidungen versteht.


(mit freundlicher Erlaubnis aus Kontext 2007)





Eine weitere ausführliche (und eher kritische) Rezensionvon Alexander Bring aus zfwu 7/2 2006, 273-276 (DOC)


Der Buchbeitrag von Kurt Buchinger über"Dimensionen der Ethik in der Beratung", der bereits als Beitrag in der Systemischen Bibliothek im systemagazin zu lesen war





Verlagsinformation:

Erfahrene BeraterInnen und WissenschaftlerInnen setzen sich in ihren Beiträgen mit den Zusammenhängen zwischen Ethik und Beratung auseinander. Sie gehen dabei folgenden Fragen nach: Welche Bedeutung hat Ethik für die BeraterInnen und die Beratung? Welche Art von Ethik ist gegenstandsadäquat und wie kann Ethik praktisch umgesetzt werden? In welchen Formen erscheint Ethik und wie werden BeraterInnen in der Praxis mit ethischen Problemstellungen konfrontiert? Wie ist der Zusammenhang zwischen Ethik, Bereichsethiken und Fragen der Professionalität zu denken? Warum beschäftigen sich Organisationen mit Ethik, wie kann das Thema Ethik in Organisationen beraterisch eingeführt werden und was bewirkt dies innerhalb von Organisationen? Was kann Beratung im Kontext ethischer Fragestellungen leisten? Wie können Forschungs- und Beratungsmethoden hinsichtlich ihres ethischen Gehalts gesehen werden? Das Buch wendet sich an PraktikerInnen aus verschiedenen Beratungsfeldern, an WissenschaftlerInnen aus dem Bereich der Beratungsforschung bzw. aus Forschungsrichtungen, die beratend tätig sind, sowie ganz allgemein an LeserInnen, die an Ethik interessiert sind, und möchte zu einer weiteren multiperspektivischen Auseinandersetzung mit dem Thema einladen.


Inhalt:

Pesendorfer, Bernhard: Etymologisches zu Rat und (be-)raten. S. 14-23

Buchinger, Kurt: Dimensionen der Ethik in der Beratung. S. 24-44

Schwarz, Gerhard: Ethik in der Beratung. S. 45-52

Exner, Alexander: Wenn die Haltung der Ethik gegenübersteht. S. 53-70

Ukowitz, Martina: Am Weg zu kollektiver Autonomie: Vertrauen im ethischen Diskurs. S. 71-91

Krainer, Larissa: Interventionsforschung – eine Methode der Prozessethik? S. 92-119

Heimerl, Katharina: Ethik und Interventionsforschung in Palliative Care. S. 120-143

Seliger, Ruth, Schober, Herbert & Sicher, Jürgen: Gesunde Mitarbeiter – gesunde Organisation - Ein strategisch/ethischer Anspruch eines Wirtschaftsunternehmens. S. 144-165

Schober, Herbert: Assoziationen und Gedankensplitter über den Zusammenhang zwischen Gesundheit und Ethik. S. 166-169

Krainz, Ewald E.: Versuch über die Ethik in der Organisationsberatung. S. 170-195

Heintel, Peter: Das “Klagenfurter prozessethische Beratungsmodell”. S. 196-243

Ukowitz, Martina: Beratung und Ethik – Überlegungen zu einem Aufriss des Themas. S. 244-273


Aus dem Vorwort:

Die inhaltliche Bearbeitung des Themas durch die zwölf AutorInnen erfolgt differenziert und bringt auch überraschende Assoziationen:
Bernhard Pesendorfer setzt sich in seinem Beitrag mit der Semantik des Begriffs Beratung vor dem Hintergrund seiner etymologischen Herleitung auseinander und zieht dabei interessante Rückschlüsse auf verschiedene Zielsetzungen von Beratung und davon ableitbare unterschiedliche Rollen, die BeraterInnen einnehmen können bzw. die ihnen zugeschrieben werden können. Bernhard Pesendorfer zeichnet damit zugleich ein Bild des Entwicklungsweges von Beratung: von einer fremdbestimmenden Hilfestellung hin zu einem gemeinsamen Entscheiden über ein gemeinsames “Gutes”.
Kurt Buchinger stellt die Frage nach dem Sinn der Rede von einer professionellen Ethik, d.h., er beschäftigt sich mit den Zusammenhängen zwischen Ethik und Professions- bzw. Bereichsethiken, und fragt nach, inwieweit es Sinn macht, Professionalität und ethisches Handeln zu unterscheiden. In weiterer Folge macht sich Kurt Buchinger daran, das Gute an der und in der Beratung aufzuspüren und zeigt auf, welche Werte seiner Auffassung nach Beratung zugrunde liegen und welche Auswirkungen diese auf die Praxis haben.
Gerhard Schwarz beschäftigt sich zunächst mit Regeln und Normen und den Sanktionsmöglichkeiten bei Regelverstößen und zeigt dann in einer kritischen Auseinandersetzung mit der Moral, wie wichtig es für Beratung ist, Fragen des Moralischen/Ethischen aus den Beratungsprozessen möglichst herauszuhalten, weil eine solche Wendung der verhandelten Thematik hinsichtlich gemeinsamer Lösungen eher hinderlich als förderlich wirkt.
Alexander Exner beschreibt in seinem Beitrag sehr persönlich seinen Zugang zu Ethik und zeigt damit, welche Fragen und Stichworte in einer solchen Reflexion von Bedeutung sein können. Er setzt die Ethik in Zusammenhang mit Authentizität und mit der Berater-Haltung und reflektiert die daraus folgenden Auswirkungen auf das beraterische Handeln. Auf der Ebene des Berater-Handelns begibt sich Alexander Exner auf Spurensuche und befragt Beraterkolleginnen und -kollegen zu ihren Erfahrungen mit schwierigen ethischen Situationen in der Beratungspraxis.
Martina Ukowitz beschäftigt sich mit Fragen der Bedingungen für das Zustandekommen von Diskursen zu ethischen Fragestellungen und greift in diesem Zusammenhang das Vertrauen – im Sinne von persönlichem, aber vor allem auch von strukturellem Vertrauen – als eine möglicherweise notwendige Voraussetzung auf. Nach einer Auseinandersetzung mit dem Vertrauensbegriff zeigt Martina Ukowitz organisatorisch-strukturelle Maßnahmen auf, die zur Entwicklung von Vertrauen in Diskursen beitragen können.
Larissa Krainer setzt in ihrem Beitrag Beratung, Forschung und Ethik in einen Zusammenhang und diskutiert den ethischen Anspruch von Interventionsforschung. Sie gibt einerseits Einblicke in die Methodik und die Praxis der Interventionsforschung und beschreibt andererseits anhand von sechs ethischen Prämissen einige wesentliche, die Interventionsforschung charakterisierende Wertentscheidungen. In ihrem Resümee plädiert die Autorin für einen sorgfältigen und bewussten Umgang mit beraterischen Anteilen in der Forschung sowie für eine weitere Auseinandersetzung mit dem Verhältnis von Forschung und Beratung.
Katharina Heimerl setzt sich ebenfalls mit der Rolle von Forschung und Beratung auseinander. Sie geht von einem konkreten Anwendungsfeld aus, dem Bereich Palliative Care, in dem die Autorin sowohl forscherische als auch beraterische Erfahrungen sammeln konnte. Katharina Heimerl beschreibt, inwieweit ethische Prinzipien von Palliative Care jenen der Organisationsentwicklung und -beratung ähnlich sind und welche Konsequenzen sich daraus für die Entwicklung von Beratungs- und Forschungsdesigns ergeben.
Ruth Seliger, Herbert Schober und Jürgen Sicher berichten in ihrem Beitrag über ein konkretes Beratungsprojekt in einem Unternehmen, bei dem die Annäherung an das Thema Ethik vom Gesichtspunkt der Gesundheit aus erfolgte. Die AutorInnen (eine Beraterin, ein Berater und ein Vertreter der Auftraggeberorganisation) beschreiben die Einbettung und Umsetzung des Projektes und stellen Gesundheit als ethische Wertfigur dar. Im Speziellen wird am Beispiel des “Organisations-Shiatsu” gezeigt, wie systemische Beratung und chinesische Medizin in einen Zusammenhang gebracht werden können.
Herbert Schober bringt im Anschluss daran noch weitere Überlegungen zum Zusammenhang zwischen Ethik und Gesundheit. Ausgehend von einem erweiterten Gesundheitsbegriff, der nicht nur körperliches, sondern auch seelisches und soziales Wohlbefinden umfasst, weist Herbert Schober dabei vor allem auf die Notwendigkeit und ethische Herausforderung eines ständigen Prozesses des Widerspruchsmanagements hin, der Basis von (auch organisationaler) Gesundheit ist.
Ewald Krainz zeigt sich den gängigen Vorstellungen von Ethik und Moral gegenüber skeptisch und wirft mit Bezug auf zahlreiche Praxisbeispiele aus der Organisationsberatung eine Reihe von kritischen Fragen auf, die zeigen, welche gegenstandsimmanenten Voraussetzungen bei einer adäquaten Auseinandersetzung mit Ethik mitgedacht werden müssen. Die kritischen Einwände und die realistische Sicht auf die Bedingungen und Möglichkeiten von Diskursen zu ethischen Fragestellungen zeigen auf, in welchen Bereichen der prozessethische Ansatz wesentliche Beiträge liefern kann.
Peter Heintel stellt in seinem Beitrag einleitend Betrachtungen zum Stellenwert von Ethik an und argumentiert, dass auf drängende Sachfragen heute ethische Antworten in neuer Qualität nötig wären. Beratung, die sich nicht auf reine Fachberatung beschränkt, stellt Peter Heintel als einen Ort dar, an dem solche Antworten erarbeitet werden können. Vor dem Hintergrund von praktischen Beispielen skizziert Peter Heintel das Klagenfurter prozessethische Beratungsmodell, das als Unterstützung dazu dienen kann, (ethische) Fragestellungen adäquat zu analysieren, bestehende Lösungsmöglichkeiten zu befragen und diskursiv eventuell notwendige neue Lösungswege zu entwerfen.


Über die Autoren:

Kurt Buchinger, o. Univ. Prof. Dr. phil. Professor für Organisationsberatung., Leiter des Instituts für Supervision und Organisationsberatung an der Univ. Kassel, Studiengangsleiter des Masterstudiums “Supervision, Coaching, Organisationsberatung”, international tätiger Organisationsberater, Mangementtrainer (Lehrtrainer und -berater der ÖGGO); Gruppenanalytiker (Mitglied Der London Group Analytic Society); Psychoanalytiker (Mitglied der IPV); Supervisor und Coach (Mitglied der DGSV). www.kurt-buchinger.at

Alexander Exner, Dipl. Ing. Geschäftsführender Gesellschafter der Beratergruppe Neuwaldegg, Wien. Mitglied der Forschergruppe Neuwaldegg, Aufsichtsratvorsitzender und Mitglied des Strategieteams der Palfinger AG, Salzburg; Lehrtrainer Gruppendynamik, Lehrbeauftragter an der FH Wiener Neustadt; Tätigkeitsschwerpunkte: Unternehmensführung, Strategie, Personal, Organisation, Gestalten und Begleiten von Veränderungsprozessen, Beraterqualifizierung.

Katharina Heimerl, Dr. MPH Medizinerin, Gesundheitswissenschafterin, Assistenzprofessorin an der Fakultät für interdisziplinäre Forschung und Fortbildung der Universität Klagenfurt, Abteilung Palliative Care und OrganisationsEthik, Schottenfeldgasse 29/4, 1070 Wien.

Peter Heintel, o.Univ.-Prof. Dr. Professor für Philosophie und Gruppendynamik, Organisationsberater, Mediator, Lehrtrainer und -supervisor. iff- Fakultät für interdisziplinäre Forschung und Fortbildung der Universität Klagenfurt, Abtlg. Weiterbildung und systemische Interventionsforschung, Sterneckstraße 15, A-9020 Klagenfurt.

Larissa Krainer, ao. Univ.-Prof. Dr. Ao. Professorin für Medien- und Kommunikationswissenschaften, Leiterin der Abtlg. Weiterbildung und systemische Interventionsforschung der iff-Fakultät für interdisziplinäre Forschung und Fortbildung, Sterneckstraße 15, 9020 Klagenfurt.

Ewald E. Krainz, ao. Univ.-Prof. Dr. Ao. Professor für Philosophie und Gruppendynamik, Management- und Organisationsberater. Vorstand des Instituts für Philosophie und Gruppendynamik der Universität Klagenfurt, Universitätsstraße 65-67, A-9020 Klagenfurt.

Bernhard Pesendorfer, Dr. Philosoph, Privatgelehrter, Lehrtrainer Gruppendynamik, Konfliktmanagement; Lehrbeauftragter an den Universitäten St. Gallen, Klagenfurt und Wirtschaftsuniversität Wien; Management- und Organisationsberater; Institut für angewandte Philosophie, Alser Straße 41/13, A-1080 Wien.

Herbert Schober, Mag. Berater, Trainer und Coach; Lehrbeauftragter an den Universitäten Klagenfurt und Kassel; Lehrtrainer und Lehrberater der ÖGGO; Gründer und Geschäftsführender Gesellschafter von: CONNECTA, Wiener Schule der Organisationsberatung, Sieveringer Straße 36, A-1190 Wien und privat: Lassallestraße 1, D-34119 Kassel.

Gerhard Schwarz, Dr. Universitätsdozent für Philosophie (Wien) und Gruppendynamik (Klagenfurt), Organisationsberater; Langackergasse 11a 1190 Wien.

Ruth Seliger, Dr. Beraterin, Trainerin, Coach; geschäftsführende Gesellschafterin von Train Consulting. Tätigkeitsfelder: Leitung von Weiterbildungen für systemische Organisationsberatung und systemisches Coaching; Begleitung von Veränderungsprozessen von Organisationen; Konzeption und Durchführung von Qualifikationsprogrammen für Führung.

Jürgen Sicher, Mag. Organisationsberater, Trainer, Coach und Projektleiter von Personalentwicklungsprojekten in internationalen Konzernen, Lehrbeauftrager an der FH Campus02, Leiter der Personalentwicklung und Lehrlingsausbildung der sappi Austria ProduktionsGmbH.

Martina Ukowitz, Mag. Dr. Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Abtlg. Weiterbildung und systemische Interventionsforschung der iff-Fakultät für interdisziplinäre Forschung und Fortbildung, Lehrtrainerin; Sterneckstraße 15, A-9020 Klagenfurt.





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