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Klassiker zur Übersicht
Reiter, Ludwig, Johannes E. Brunner, Stella Reiter-Theil
Von der Familientherapie zur systemischen Perspektive
Reiter et al: Von der Familientherapie zur systemischen Perspektive Springer Verlag Berlin Heidelberg 1997(2., völlig überarbeitete Auflage)

z.Zt. nicht erhältlich
ISBN: 3540626832
Springer Verlag





Tom
Levold, Köln (1998):

Die nun vorliegende Neuauflage dieses Bandes erscheint fast zehn Jahre nach der Erstveröffentlichung im Jahre 1988. Dieser lag die Idee der Herausgeber zugrunde, „an Forscher und Therapeuten, die das systemische Denken weiterentwickeln, heranzutreten und nach ihrer Sicht der Entwicklung zu fragen“ (Einleitung der 1. Ausgabe, S. XIII), ohne ihnen eine einheitliche Darstellungsweise vorzuschreiben. Trotz spürbarer Unterschiede der Beiträge bzgl. Qualität und Relevanz legt der Titel eine programmatische Substanz nahe, die in den wichtigsten Beiträgen auch zu finden war. Deshalb wurde dieses Buch auch trotz seines schon damals hohen Preises zu einem der meistzitierten Werke im Feld der systemischen Therapie und wurde nicht zuletzt in der Weiterbildung als Standardlektüre genutzt. Schon aus diesem Grunde ist eine Neuauflage des längst vergriffenen Bandes erfreulich.
Allerdings hat sich seit 1988 auch einiges verändert. Der vom Titel angesprochene Übergang zur systemischen Perspektive hat sich längst vollzogen, die ursprüngliche Textauswahl war nur noch teilweise aktuell. Die Herausgeber versuchen daher der Homogenisierung des Feldes durch eine thematische Straffung einerseits, durch eine einheitlichere formale Gestaltung als Lehrbuch andererseits gerecht zu werden.
Von den ursprünglich vier Teilen finden sich nur noch die ersten drei: „Grundfragen einer systemischen Perspektive“, „therapeutische Praxis und Arbeit mit Institutionen“ sowie ein Teil, der sich mit der Schnittstelle von „Theorie und Praxis“ befasst. Ein Abschnitt „Interdisziplinäres Systemdenken“, der u.a. systemisches Denken mit Psychoanalyse, Holismus und französischem Strukturalismus ins Verhältnis setzte, wurde fallen gelassen.
Ein weiterer darin enthaltener Artikel von E.J. Brunner über „Pioniere systemischen Denkens“ eröffnet nun in unveränderter Fassung die Neuauflage. Wer hinter diesem Titel einen Überblicksartikel über die Entwicklungslinien systemischer Theorie und Therapie vermutet, wird enttäuscht. In thematischer Engführung wird hier in erster Linie auf Piaget und Lewin hingewiesen, ansonsten finden noch von Bertalanffy, Viktor von Weizsäcker, Norbert Wiener, die Gestaltpsychologen sowie Parsons, nicht jedoch die von den Systemtherapeuten breit rezipierten Theoretiker Bateson, Luhmann, Maturana (und viele andere nennenswerte „Pioniere“) Erwähnung. Eine inhaltliche Überarbeitung wäre hier angesichts der Stellung als Eröffnungsbeitrag angebracht gewesen. Die Beträge von Helm Stierlin über Individuation aus systemischer Sicht und Helmut Willke über das Problem von Eingriffen in Systeme sind ebenfalls unverändert übernommen worden, der Artikel von S. Reiter-Theil über „Therapie und Ethik aus systemischer Sicht“ in geringfügiger Aktualisierung. Leider wurde der immer noch lesenswerte Aufsatz von G. Schiepek über methodologische Aspekte der systemischen Perspektive gestrichen – wohl zugunsten eines neuen Beitrags desselben Autors über Systemkompetenz als Ausbildungsziel. Der erste Teil wird durch eine Arbeit von W. Tschacher und E.J. Brunner über die „Theorie der Selbstorganisation und systemische Sicht der Psychotherapie“ beschlossen, die eine gute Einführung in die Selbstorganisationstheorie bietet, die avisierte Anwendung dieser Perspektive auf die systemische Therapie jedoch vermissen lässt. Stattdessen werden unter „Praxis der Psychotherapie“ auf zwei Seiten Systemische Therapie, Psychoanalyse, Gesprächstherapie und Verhaltenstherapie nebeneinander gesetzt.
Die Akzentuierung auf exemplarische praxisbezogene Studien ist dem zweiten Teil im wesentlichen erhalten geblieben. Ein schon damals schwacher Beitrag wurde herausgenommen, Ludwig Reiter hat dagegen seine ursprüngliche Arbeit über die Suche nach einer systemischen Sicht depressiver Störungen durch eine aktuellen Beitrag zur „Rolle der Angehörigen in der Therapie depressiver Patienten“ ersetzt. Ebenfalls neu ist ein Aufsatz über Paartherapie von J. Hinsch und E. Steiner, in dem anhand ausführlicher Transkripte plausibel demonstriert wird, dass ein konstruktivistisch–systemisches Paartherapie-Konzept die individuelle Perspektive der Partner nicht nur theoretisch, sondern auch methodisch und technisch berücksichtigen muss. Von den wiederaufgenommenen Texten ist noch einmal die Arbeit von Steiner, Hinsch, Reiter und Wagner über Familientherapie im institutionellen Kontext eines Jugendamtes besonders hervorzuheben, die zum besten gehört, was zu diesem Thema geschrieben wurde.
Der dritte Teil „Theorie und Praxis“ ist unverändert geblieben, was die Güte der darin enthaltenen Arbeiten reflektiert. Die Arbeiten von Goolishian und Anderson („Menschliche Systeme“) und Ludewig („Problem als ‚Bindeglied’ klinischer Systeme“) sind längst Klassiker und gehören zu den meistzitierten Arbeiten dieser Autoren im deutschsprachigen Raum. Ähnliches gilt für den Aufsatz „Therapie als System“ von Steve de Shazer, in dem er sowohl theoretische als auch praktische Implikationen seines kurzzeittherapeutischen Ansatzes bündig darstellt. Rosmarie Welter–Enderlin erweist sich mit ihrem Beitrag „Die Geister, die wir riefen …“, der einige Schwierigkeiten des Theorie–Praxis–Transfers untersucht, einmal mehr als eine Praktikerin auf der Höhe der Theorie–Zeit. Er hat in den vergangenen Jahren nichts von seiner Bedeutung eingebüßt: Obwohl sie das Problem des Wechsels grundlegender Arbeitsphilosophien als Übergangsphänomen anspricht, trifft ihre Analyse des unscharfen Gebrauchs des Systembegriffs heute ebenso ins Schwarze wie ihre Anmerkungen zur Kontextabhängigkeit von Erkennen und Handeln.
Die Arbeit am Kontext selbst ist Gegenstand einer – ebenfalls unverändert übernommenen – spannenden und praxisgenährten Arbeit von R. Simmen und R. Welter, die sich auf die Lebenssituation von Menschen in Alters– und Pflegeheimen sowie die Erweiterung der therapeutischen Möglichkeiten in einem solchen Lebenssetting durch Einbeziehung der (architektonischen wie symbolischen) territorialen Umwelt bezieht.
Die Herausgeber haben einen nicht zu unterschätzenden Aufwand auf sich genommen, um das Buch in eine zeitgemäße Form zu bringen. Das ist ihnen inhaltlich weitgehend gelungen. Die kritische Rückbetrachtung erlaubt, das Wesentliche vom Unwesentlichen zu trennen und – unter Hinzufügung von neuen und Trennung von marginalen Aspekten – zu bewahren, u.U. auch noch einmal neu zur Kenntnis zu nehmen.
Darüberhinaus ist aber unbedingt das völlig neue Gewand zu loben, in dem der Band erscheint. Alle Beiträge sind in einem gänzlich neuen, sehr übersichtlichen und auf didaktische Verwendung angelegtem Layout gestaltet. Jedem Beitrag ist eine Gliederung vorweg gesetzt, Einleitungen, wichtige Passagen und Zusammenfassungen sind grafisch abgesetzt, Beispiele und Schlüsselsätze besonders markiert. Ein Lob dem unbekannten Gestalter! Fester Einband, ausführliches Inhaltsverzeichnis und detaillierter Sachindex fassen die Beiträge so ein, dass sich das Buch sehr gut benutzen läßt. Auch wenn es aufgrund seiner Konzeption nicht eigentlich als Lehrbuch gelten kann, lässt sich mit ihm auch in der Weiterbildung gut arbeiten. Schließlich ist auch erfreulich, dass das Buch (bei gleicher Seitenzahl und besserer Ausstattung) 20 DM preiswerter ist als in der ersten Auflage.


Wolfgang Loth, Bergisch Gladbach (1998):

Bald nachdem das vorliegende Buch 1988 in der ersten Auflage erschien, wurde sein Titel zu einem geflügelten Wort. Es markierte einen Wendepunkt in der Entwicklung von interpersonellen Therapiekonzepten: weg von einer externen Sicht auf Mehrpersonenkonstellationen hin zu einer beobachterabhängigen Sicht auf Systemkonstruktionen. Auswahl und Qualität der Beiträge waren beispielgebend, so daß es trotz seines sehr hohen Anschaffungspreises seit einigen Jahren vergriffen war.
Nun liegt eine zweite Ausgabe vor, für die die HerausgeberInnen sich erkennbar viel Mühe gegeben haben. Zum einen betrifft dies die äußere Form. Sämtliche Beiträge wurden in Hinblick auf Lesefreundlichkeit überarbeitet, hervorgehobene Passagen, eingefügte Zusammenfassungen und den jeweiligen Kapiteln vorgeschobene Inhaltsverzeichnisse dienen diesem Zweck.
Zum anderen wurde die Gesamtgliederung gestrafft. Von den ursprünglich 19 Beiträgen wurden 12 übernommen, 4 Beiträge kamen neu hinzu. Aus heutiger Sicht mag vielleicht erst deutlich werden, wie dicht am Puls der Bewegung die erste Auflage war. De Shazers Arbeit über "Therapie als System", sowie Goolishian & Andersons Arbeit über "Menschliche Systeme" gehörten damals zu den ersten deutschsprachigen Übersetzungen dieser AutorInnen! Ludewigs Aufsatz "Problem - "Bindeglied" klinischer Systeme" wurde zu einer Standardreferenz. Diese und andere bewährte Beiträge finden sich natürlich auch in der Neuauflage. Auch wenn sie jetzt nicht mehr dieselben Startschussqualitäten wie damals zu entwickeln vermögen, sind sie weiterhin wichtige und notwendige Quellen.
Was ist inhaltlich neu? Interessant ist, dass drei der vier neuen Beiträge zum Bereich "Therapeutische Praxis" gehören. Reiter fasst seine langjährige Beschäftigung mit depressiven Konstellationen zusammen und diskutiert die Rolle der Angehörigen in der Therapie depressiver Patienten. Hinsch & Steiner bringen neuere Entwicklungen systemischer Paartherapie zur Sprache. Zwei weitere Beiträge machen deutlich, dass auch die Neuauflage aktuellen Entwicklungen auf der Spur ist und sie voranbringt. Tschacher & Brunner zeigen einen Weg, wie synergetische und Selbstorganisationskonzepte mit systemischen Blickwinkeln kompatibel sein können. Dies wird, wie ich es sehe, möglich durch das Aufgreifen endosystemischer Perspektiven. Damit in Zusammenhang kann Schiepeks programmatische Arbeit über das "Ausbildungsziel: Systemkompetenz" gesehen werden. Diese Arbeit begründet die Notwendigkeit "fremdunterstützter Selbstthematisierung" und das Entwickeln "kontextueller Selbsterfahrung". Zusammengenommen ergeben die genannten Arbeiten für mich den Eindruck, dass die rasante Vorwärtsentwicklung systemischer Perspektiven sich zu verknüpfen scheint mit allgemeinen Erfahrungen, die (wie die Bedeutung der therapeutischen Beziehung) zum lange erarbeiteten Fundus seriöser und effektiver (psycho)therapeutischer Hilfen geworden sind.
Zusammengefasst: Den HerausgeberInnen ist es gelungen, ein herausragendes Buch zu aktualisieren und dabei seine Qualität als bedeutendes Geschichtsbuch systemisch begründeter professioneller Hilfen zu erhalten.





Inhaltsverzeichnis der Ausgabe von 1988:

Stierlin, Helm: Zur Beziehung zwischen Einzelperson und System: der Begriff "Individuation" in systemischer Sicht. S. 3-19
Reiter-Theil, Stella: Therapie und Ethik in systemischer Perspektive. Zur Entwicklung eines allgemeinen Orientierungsrahmens. S. 21-40
Willke, Helmut: Systemtheoretische Grundlagen des therapeutischen Eingriffs in autonome Systeme. S. 41-50
Schiepek, Günter: Psychosoziale Praxis und Forschung: ein methodologischer Entwurf aus systemischer Sicht. S. 51-73
Reiter, Ludwig: Auf der Suche nach einer systemischen Sicht depressiver Störungen. S. 77-96
Zimmer-Höfler, Dagmar: Systemische Gesichtspunkte im therapeutischen Umgang mit Drogenabhängigen. S. 97-125
Tatzer, Ernst & Maria Theresia Schubert: Systemtherapie im Kinderheim. Das Heimkind zwischen Institution und Familie. S. 127-136
Steiner, Egbert, Joachim Hinsch, Ludwig Reiter & H. Wagner: Familientherapie als Etikett. Eine therapeutische Strategie bei institutionell verflochtenen Fällen? S. 137-157
Buchinger, Kurt: Der systemische Ansatz in der Beratung von Institutionen des Gesundheitswesens. S. 159-171
Welter-Enderlin, Rosmarie: "Die Geister, die wir riefen…" - Von Schwierigkeiten und möglichen Lösungen, den Systemansatz auf die Praxis zu übertragen. S. 175-188
Goolishian, Harold A. & Harlene Anderson: Menschliche Systeme. Vor welche Probleme sie uns stellen und wie wir mit ihnen arbeiten. S. 189-216
de Shazer, Steve: Therapie als System. Entwurf einer Theorie. S. 217-229
Ludewig, Kurt: Problem - "Bindeglied" klinischer Systeme. Grundzüge eines systemischen Verständnisses psychosozialer und klinischer Probleme. S. 231-249
Simmen, René & Rudolf Welter: Therapie von Umweltbedingungen statt Therapie von Symptomen. S. 251-270
Brunner, Ewald Johannes: Pioniere systemischen Denkens. S. 273-284
Wuketits, Franz M.: Systemtheorie und Menschenbild. S. 285-298
Reiter, Ludwig & Egbert Steiner: Über holistisches Denken und Methodologie. Eine Übersicht. S. 299-319
Clemenz, Manfred: Psychoanalyse und die Theorie "autopoietischer Systeme". Ein Vergleich aus erkenntnistheoretischer Perspektive. S. 321-345
Ruhs, August: Der Systembegriff im französischen Strukturalismus. S. 347-361



Inhaltsverzeichnis der Ausgabe von 1997:

Brunner, Ewald Johannes: Pioniere systemischen Denkens. S. 3-18
Stierlin, Helm: Der Begriff "Individuation" in systemischer Sicht. S. 19-39
Reiter-Theil, Stella: Therapie und Ethik in systemischer Perspektive. S. 41-65
Willke, Helmut: Systemtheoretische Grundlagen des therapeutischen Eingriffs in autonome Systeme. S. 67-80
Tschacher, Wolfgang & Ewald Johannes Brunner: Theorie der Selbstorganisation und systemische Sicht der Psychotherapie. S. 81-102
Reiter, Ludwig: Zur Rolle der Angehörigen in der Therapie depressiver Patienten. S. 105-120
Hinsch, Joachim & Egbert Steiner: Systemische Paartherapie. S. 121-142
Tatzer, Ernst & Maria Theresia Schubert: Systemtherapie im Kinderheim. S. 143-154
Steiner, Egbert, Joachim Hinsch, Ludwig Reiter & H. Wagner: Familientherapie als Etikett. Eine therapeutische Strategie bei institutionell verflochtenen Fällen? S. 155-179
Schiepek, Günter: Ausbildungsziel: Systemkompetenz. S. 181-215
Buchinger, Kurt: Der systemische Ansatz in der Beratung von Institutionen des Gesundheitswesens. S. 217-232
Welter-Enderlin, Rosmarie: "Die Geister, die wir riefen…" - Von Schwierigkeiten und möglichen Lösungen, den Systemansatz auf die Praxis zu übertragen. S. 235-251
Goolishian, Harold A. & Harlene Anderson: Menschliche Systeme. S. 253-287
de Shazer, Steve: Therapie als System. Entwurf einer Theorie. S. 289-303
Ludewig, Kurt: Problem als "Bindeglied" klinischer Systeme. S. 305-329
Simmen, René & Rudolf Welter: Therapie von Umweltbedingungen statt Therapie von Symptomen. S. 331-354



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