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Foerster, Heinz von
Heinz von Foerster & Berhard Pörksen: Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners. Gespräche für Skeptiker
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Carl-Auer Verlag Heidelberg, 6. Aufl. 2004
166 Seiten, 5 Fotos, Kt,
Preis: 19.90 €/ sFr 35.00
ISBN: 3-89670-214-9 |
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Carl-Auer-Verlag
Wann
ist ein Buch ein Klassiker? Über diese nicht ganz einfache Frage wurde
auch schon einiges geschrieben, die Antwort ist nicht ganz leicht. Wenn
das nachfolgende Buch hier in der Klassiker-Rubrik vorgestellt wird,
dann nicht, weil es sich um ein wissenschaftliches Werk oder gar das
Hauptwerk von Heinz von Foerster handelte, sondern weil es sicherlich
das Buch ist, das den meisten Menschen in
der systemischen Szene hierzulande und darüber hinaus die Sichtweise
von Foersters nahegebracht hat. Es ist 1998 erschienen und 2004 in der
6. Auflage erschienen. Die einzigartige Ausstrahlung von Foersters
erschloss sich voll und ganz nicht nur in seinen begeisternden
Vorträgen, sondern vor allem in Gesprächen - und wer das Glück hatte,
ihn persönlich zu kennen, erlebt bei der Lektüre dieses Bandes
unvermeidlich so etwas wie eine spontane "Wiederauferstehung" Heinz von
Foersters (Tom Levold).
Dagmar Wiegel, Köln:
Wie
kann man ein Buch irgendwie „objektiv“ rezensieren, wenn die
Hauptperson sich strikt misstrauisch gegenüber jeglicher Art von
Objektivität zeigt? Am besten man unterlässt dies und schreibt sehr
subjektiv von den eigenen Gedanken und Gefühlen bei der Lektüre. So
will ich trotzdem kurz den Rahmen darlegen (der eben doch objektiv
nachvollziehbar ist): Bernhard Pörksen interviewt im Juni 1997 Heinz
von Förster, in seinem Haus auf dem „Rattlesnake Hill“ in Californien.
Doch ist dies mehr ein Gespräch, ein Gedankenaustausch zweier kluger
Menschen, die sich gemeinsam auf die Forschungsreise in die Sprache und
ihre daraus resultierende Weltkonstruktion begeben. Herr Pörksen stellt
Fragen wie man sie als „typisch rational denkender Mensch“
natürlicherweise stellt. Die Antworten sind jedoch fast durchgehend
überraschend, irritierend und hinterlassen ein Empfinden von angenehmer
Leere im Kopf. In dieser Leere entstehen neue Sichten mit denen dann
das Zwiegespräch Seite für Seite intensiver nachvollzogen werden kann. Dies sind die Themenräume, in die wir als Leser entführt werden: 1. Bilder des Wirklichen: Biologie der Wahrnehmung, Facetten der Wirklichkeit, die Gefahr des Etiketts, Erklärung der Erklärung 2. Perspektiven der Praxis: Pädagogik, Psychotherapie, Management, Kommunikation 3. Kybernetik: Zirkularität u.a…. 4. Biographische Exkurse: Kindheit und Jugend, Kriegsjahre und Nachkriegszeit, Sprung in eine andere Welt: Amerika 5. Erkenntnis und Ethik: Ethik ist keine Theorie, Entscheidbare und unentscheidbare Fragen, Verantwortung für die Welt
Auf
den 1. Blick wirken die Themen abstrakt, theoretisch, vielleicht sogar
irgendwie abgehoben. Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Hier antwortet
ein Mensch, der tiefsinnig und äußerst ernsthaft den Bedingungen auf
der Spur ist, die im Menschen wirkliche Freiheit und Selbstbestimmtheit
ermöglichen. In Anbetracht unserer, zur Zeit so hochaktuellen,
teilweise mehr als peinlichen, Wertediskussionen, haben Sie hier
die Möglichkeit über menschliche Grundbedingungen nachzudenken, die ein
konstruktives Zusammenleben ermöglichen könnten. Ich werde nun
endlich Herrn von Förster selbst zu Wort kommen lassen, denn seine
Sprache ist zu wunderbar um interpretiert werden zu können. Es
folgen nun – mir besonders prägnant erscheinende Zitate aus den
Kapiteln: 1. Kapitel "Wahrheit ist, so habe ich einmal gesagt,
die Erfindung eines Lügners. Damit ist gemeint, dass sich Wahrheit und
Lüge gegenseitig bedingen: Wer von Wahrheit spricht, macht den anderen
direkt oder indirekt zum Lügner. Diese beiden Begriffe gehören zu einer
Kategorie des Denkens, aus der ich gerne heraustreten würde, um eine
ganz neue Sicht und Einsicht zu ermöglichen" (S. 29)… "Für mich ist
diese Sicherheit des Absoluten, die einem Halt geben soll, etwas
Gefährliches, das einem Menschen die Verantwortung für seine Sicht der
Dinge nimmt. Mein Ziel ist es, eher die Eigenverantwortung und die
Individualität des einzelnen zu betonen. Ich möchte dass er lernt, auf
eigenen Füssen zu stehen und seinen persönlichen Anschauungen zu
vertrauen…" (S. 34) …"Der Weg ist nichts Ewiges und von vorneherein
Festgelegtes, er entsteht im Moment des Gehens, im Augenblick der
Bewegung." (S. 42)
2. Kapitel "Die Psychologen … reden gerne
von einer Identität, wenn sie bei ihren Klienten eine Identitätskrise
diagnostizieren. Allerdings: ich würde den Psychologen entgegenhalten,
dass sie es sind, die diese Krise produziert haben, weil sie an so
etwas wie eine Identität überhaupt glauben." (S. 95)
4. Kapitel "Von
Margarethe Bauer-Clumberg lernte ich, dass das Wesentliche immer die
Nuancen sind. Ich begriff: Wenn die Nuancen stimmen, dann kann etwas
Richtiges gesagt werden." (S. 135)
5. Kapitel "Worauf es
ankommt ist, dass ethische Fragen nicht zurückgelehnt im Lehrstuhl
besprochen werden können; sie ergeben sich in einer konkreten
Situation, sie sind nicht abgehoben und losgelöst debattierbar." (S.
154) "Eine entscheidbare Frage wird immer innerhalb eines Rahmens
entschieden, der die mögliche und jeweils richtige Antwort bereits
vorgibt. Ihre Entscheidbarkeit wird durch gewisse Spielregeln und
Formalismen, die man allerdings akzeptieren muss, gesichert.
…Unentscheidbare Fragen, die etwas von der höheren Existenz höherer
Wesenheiten, dem Sinn des Lebens, der Entstehung der Welt und dem
Weiterleben nach dem Tod handeln. Sie besitzen eine Vielzahl möglicher
Antworten." (S. 159)
Immer wieder spürt man einen Menschen
hinter den Worten, der das Glück hatte in einer Welt geistiger Weite
und kultureller Blüte aufwachsen zu dürfen. Seine Kindheit war geprägt
durch Menschen aus Kunst und Musik. Seine spätere Lebenszeit brachte
ihm die Möglichkeit mit den großen Denkern wie Victor Frankl, in
Amerika mit Margaret Mead, Gregory Bateson, Friedrich von Hayek, Frank
Rosenblatt etc.etc. eng zusammen zu denken, zu forschen, zu reden, zu
feiern und zu lachen.
Dieses Buch richtet sich an jeden
Menschen, der bereit ist, eigene Denkstrukturen sanft (andere
beschreiben sie eher als radikal), aber bestimmt hinterfragen zu
lassen. Systemische Vorkenntnisse helfen, jedoch scheint mir die
Begegnung mit der Person wichtiger zu sein als das vollständige
Nachvollziehen der geistigen Feinheiten. Solche Menschen wie er, werden
zu selten geboren. Dieser ist leider bereits gestorben. Seine Ideen
reichen weit über ihn hinaus. (mit freundlicher Genehmigung von mwonline.de)
Die Website von Bernhard Pörksen
Eine sehr schöne biografische Skizze von Joachim Paul über Heinz von Foerster in "Vordenker.de"
Unveröffentlichte Passagen aus dem Gesprächsband wurden von Bernhard Pörksen wenige Tage nach dem Tode Heinz von Foersters der TAZ zum Abdruck zur Verfügung gestellt
Ein "Vorabdruck" aus dem Buch von April 1998 für das Internet-Magazin Telepolis
Über die Dinge. Nachgedanken zur Lektüre des Buches "Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners" von Heinz v. Foerster. von Walter Milowiz
Verlaginformation:
Wie
wirklich ist die Wirklichkeit? Sind unsere Weltbilder lediglich
Erfindungen, oder entspricht ihnen eine äußere Realität? Ist
Wahrheitserkenntnis möglich? Es sind diese Fragen, die der Physiker und
Philosoph Heinz von Foerster und der Journalist Bernhard Pörksen in
ihren Gesprächen debattieren. Gemeinsam erkunden sie die Grenzen
unseres Erkenntnisvermögens, diskutieren die scheinbare Objektivität
unserer Sinneswahrnehmung, die Folgen des Wahrheitsterrorismus und den
Zusammenhang von Erkenntnis und Ethik, Sicht und Einsicht. Dabei
offenbart sich ein Denken, das die Fixierung scheut und die eine, ewig
gültige Antwort ablehnt. Und immer wieder geht es in diesen mit
leichter Hand formulierten Dialogen um die innere Verbindung zwischen
einem faszinierenden wissenschaftlichen Werk und einem ungewöhnlichen
und aufregenden Leben.
Über die Autoren:
Heinz von Foerster Heinz
von Foerster (1911–2002) war nach dem Studium der Physik in Wien in
verschiedenen Forschungslaboratorien tätig, bevor er 1949 in die USA
ging, wo er an der Universität von Illinois das inzwischen legendäre
Biologische Computer-Laboratorium gründete – die Wiege jener
Erkenntnistheorie, die später unter der Bezeichnung "Konstruktivismus"
für Aufsehen sorgen sollte. Zahlreiche Buchveröffentlichungen, darunter
im Carl-Auer-Systeme Verlag: "Sicht und Einsicht", "Wahrheit ist die
Erfindung eines Lügners" (zusammen mit Bernhard Pörksen) und "Teil der
Welt" (zusammen mit Monika Bröcker).
Bernhard Pörksen Bernhard
Pörksen, Jahrgang 1969, studierte Germanistik, Journalistik und
Biologie, arbeitet heute als Journalist und lehrt an der Universität
Hamburg Journalistik und Kommunikationswissenschaft. Er promovierte mit
einer Arbeit zur Sprache der Neonazis ("Die Konstruktion von
Feindbildern") und veröffentlichte eine Sammlung von Gesprächen zum
Konstruktivismus, die unter dem Titel Die Gewissheit der Ungewissheit
erschien. Zusammen mit Heinz von Foerster schrieb er das viel beachtete
Buch "Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners" (beide im
Carl-Auer-Systeme Verlag).
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