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Veranstaltungsbericht |
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11.12.2005
Hypnotherapeutische Kindertagung Heidelberg 3.-6. November 2005
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Nadine Reiband, Haigerloch:
In Heidelberg tauschten sich Experten der ganzen Welt über die ungewöhnliche Therapieform aus
Sie hat ihn nicht verloren, ihren Reiz. Noch immer hat die Hypnose
etwas an sich, was neugierig macht. Aber das ist längst nicht
alles. Hypnose wirkt. Und sie wirkt ziemlich gut. Dass dem so ist,
davon musste man die 1500 Teilnehmer der 5. Kindertagung nicht
überzeugen. Für sie war interessanter und wichtiger zu erfahren, wo
Hypnose noch alles wirkt und wie die neuesten Erkenntnisse im Bereich
der hypnotherapeutischen und systemischen Konzepte für die Arbeit mit
Kindern und Jugendlichen aussehen.
Insgesamt 125 Referenten gaben an den fünf Tagen ihre Erfahrungen in
der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen preis. Unter den Referenten
waren viele Koryphäen aus der ganzen Welt. Workshops und Vorträge
wechselten sich ab und gaben ein rundes Bild ab. Veranstaltet wurde die
Kindertagung von Diplom-Psychologe, Hypnotherapeut und
Wirtschaftsingenieur Bernhard Trenkle; die gesamte Organisation ging
von seiner MEG-Regionalsstelle in Rottweil aus.
Aus Finnland angereist kam Ben Furman. Er stellte seine von ihm
angewandte, erfolgreiche Lösungsorientierte Therapieform vor:
„Ich schaff’s!“ lautet das Motto der Wahl, das Kindern zwischen drei
und zwölf Jahren helfen soll. Die Schuld wird externalisiert, es gibt
Fragen nach dem, was funktioniert. Das Kind darf überlegen, was es noch
lernen muss und gemeinsam mit dem Therapeuten geht es Stufe um Stufe
der Lösung entgegen. Dieser lobt natürlich und bestärkt das Kind. Am
Schluss steht ein Fest. Schließlich muss gefeiert werden, was erreicht
wurde. Ben Furman brachte in lockerer Form rüber, wie harte Arbeit mit
Kindern bei ihm funktioniert. Dabei ist er ganz auf darauf eingestellt,
up to date zu sein. Mit seinem „Sorry-letter-Programm“ muss der
Aggressive nicht mehr selbst zu Papier und Stift greifen um einen
Entschuldigungsbrief anzufertigen, nein, er kann bequem das Programm
starten, die entsprechenden Formulierungen anklicken oder einfügen und
das Ganze ausdrucken. Moderner geht´s wohl kaum noch. Und wenn das Ziel
so erreicht wird – der Zweck heiligt die Mittel.
Über die Elemente therapeutischer Kommunikation sprach Daniel Kohen,
ein bekannter Kinderpsychologe aus den USA. Dabei stellte er klar, dass
es wichtiger ist, den Entwicklungsstand des Kindes zu erfahren als das
tatsächliche Alter. Zwischen Null und fünf Jahren sind Kinder in der
Phase des „so tun als ob„ (Pretending), dann folgen die nächsten fünf
Jahre die Phase der Tagträumereien (Daydreaming). Mit zehn Jahren
gleitet es hinüber in das „Vorstellen“ (Imagining). Hypnose ist immer
Selbsthypnose, sagt Kohen. Jedes Kind kann Hypnose lernen, weil es sie
schon anwendet – man denke nur an spielende Kinder. Gibt man dem Kind
einen guten Grund, Hypnose zu lernen, ist der Anreiz ein noch größerer,
es auch zu tun. Kohen plädierte dafür, dass es jedem Kind in der Schule
ermöglicht werden sollte, Hypnose zu lernen. Er prophezeite gar, dass
2010 bereits jedes Kind in den Genuss von Selbst-Managementtechniken
kommt und dass Eltern über das Netz in Kontakt mit Ärzten, Therapeuten
und Psychologen und deren neuesten Möglichkeiten kommen.
Den Erwachsenen- und das Kind-Teil miteinander kommunizieren lassen ist
Teil der Ego-State-Therapie, die Woltemade Hartmann aus Südafrika
vorstellte. Ego-State-Therapie ist ein Stimulations- und
Stärkungsprozess von intra- und interpersonellen Kommunikations- und
Integrationsmustern zwischen dissoziierten und ressourcevollen Teilen
einer Person. Und das geht auch bei Kindern. Auch sie haben
verschiedene Teile in sich, haben Ängste, Sorgen und Probleme,
die es gilt zu behandeln.
Spielen ist die Sprache der Kinder und die Kreativität ist die Sprache
des Spiels, sagt Joyce Mills aus den USA. Ihre „Story-Play-Therapie“
ist ein klientenzentrierter indirekter Ansatz, der gedacht ist für
Kinder, Jugendliche und Familien, die nach Trauma und Missbrauch wieder
zu Freude und Kraft gelangen wollen. Dabei setzt Joyce Mills ganz auf
die Kombination folgender Elemente: Hypnotische Phänomene nach Milton
Erickson, transkulturelle Weisheiten und Philosophien, Geschichten und
Mythen aus dem wahren Leben, Spieltherapie, die Natur und persönliche
Lebenserfahrungen. Die Klienten fertigen ein Identitätsschild an und
entrümpeln ihre Lichtschale. Sie füllen ihren Traumtopf und
stellen sich ihre Heilungspuppe her. Die Heilungsrituale selbst sind
es, die den Klienten helfen. In einen großen Kontext eingebettet, gibt
eine solche Therapie Halt und Kraft bis hinein ins Erwachsenen-Dasein.
Eine neue Sichtweise, die wir Erwachsenen im Bezug auf Kinder einnehmen
sollten, stellte Wilhelm Rotthaus vor. Kindheit in einer
gewandelten Welt: Bedeutet das das Ende der Erziehung oder der Beginn
einer neuen Beziehung zwischen Kind und Erwachsenem? Rotthaus
stellte dar, wie sich die Lebensbedingungen von Kindern und
Jugendlichen in den letzten 30 Jahren verändert haben. Der
geschützte Raum von Kindheit ist weitgehend verloren gegangen, ebenso
wie die Differenz zwischen Kindern und Erwachsenen sich verringert hat.
Kinder werden heute früh in Erwachsenenrollen gedrängt, während
Erwachsene vielfach Verhaltensweisen wie Kinder zeigen. Die
Rahmenbedingungen für eine Erziehung im überkommenen Sinne sind
weitgehend verloren gegangen. Rotthaus forderte in seinem Vortrag eine
neue Erziehung auf der Basis einer neuen Beziehung zwischen Kindern und
Erwachsenen, die sich vor allen Dingen durch ihren gleichwürdigen
Umgang miteinander auszeichnet.
Helm Stierlin referierte ebenso wie Dirk Revenstorf, Camillo Loriedo,
Danie Beaulieu, Siegfrid Mrochen, Peter Nemetschek und Gunther Schmid –
es wäre eine lange Liste, würde man alle nennen. Unter einen Nenner
gebracht, zeigte sich die 5. Kindertagung von einer sehr
professionellen Seite und von einer vielfältigen Seite. Alte Ideen mit
neuen vermengt, außergewöhnliche Ansätze und völlig neue Zugangsweisen
wurden dargestellt. Leider kam es zu keiner Live-Demonstration mit
Kindern. Man konnte die Profis also nicht in ihrem therapeutischen
Element sehen. Das liegt aber an den ethischen Gründen: Man wollte
Kinder nicht zu Demonstrationszwecken vorführen. So musste man sich mit
Videos oder Rollenspielen zufrieden geben.
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