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Veranstaltungsbericht |
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06.06.2005
„Systemisches Handeln im sozialen Raum“ - Zweite Fachtagung Systemischer Sozialarbeit an der Otto-Friedrich-Universität in Bamberg vom 29.-30.04.2005
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Mit der Verknüpfung systemtheoretischer Leitprinzipien und den aktuell
diskutierten Ansätzen sozialraum-orientierter Sozialarbeit können die
Beobachtungskategorien von Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern
sinnvoll erweitert sowie neue Informationen und Ressourcen für Klienten
und Professionellen gewonnen werden.
Die 180 Teilnehmer aus dem In- und Ausland der zweiten Fachtagung
Systemischer Sozialarbeit Tagung zum Thema „Systemisches Handeln im
sozialen Raum“ widmeten sich am 29./30. April 2005 dieser Thematik, zu
der die Veranstalter Prof. Dr. Johannes Herwig-Lempp (Fachhochschule
Merseburg), Prof. Dr. Heiko Kleve (Fachhochschule Potsdam) und Prof.
Dr. Wilfried Hosemann am Fachbereich Soziale Arbeit der
Otto-Friedrich-Universität Bamberg eingeladen hatten.
Zwei Hauptvorträge am Freitagabend führten in die Veranstaltung ein.
Auf die Bedeutung der Effektivität professioneller Sozialarbeit verwies
Prof. Dr. Heiko Kleve. Dabei standen die Möglichkeiten der Beachtung
systemischer Leitprinzipien bei der Steigerung der Effektivität von
Sozialarbeit im Mittelpunkt der Diskussion. Als wesentliche Prinzipien
systemischen Handelns wurden dabei die Akzeptanz der Autopoiese
sozialer Systeme, welche die Freiheitsgrade der Klienten im
Hilfeprozess bewahren hilft, sowie die Informationsgewinnung durch
bedeutsame Unterscheidungen herausgestellt, welche durch Techniken des
zirkulären Fragens ermöglicht werden.
Prof. Käthi Vögtli stellte die lösungsorientierten Möglichkeiten
sozialarbeiterischen Handelns in den Mittelpunkt ihrer Betrachtungen.
Diesbezüglich wurden die Arbeitsweisen im konkreten Klientenkontakt wie
auch innerhalb von Teams im Rahmen der Organisation betrachtet. Ihren
langjährigen Erfahrungen zufolge kann mit einer
systemisch-lösungsorientierten Herangehensweise die Nachhaltigkeit von
Interventionen gesteigert werden.
Den inhaltlichen Schwerpunkt am Samstag stellten die siebzehn
verschiedenen Workshops dar, die von Referentinnen und Referenten aus
Wissenschaft und Praxis angeboten wurden. Hervorzuheben sind einige
Workshops, die die Bandbreite neuer systemischer Ansätze und
Arbeitsfelder zum Ausdruck bringen:
Diplom-Sozialpädagogin Ulrike Marr, systemische Beraterin bei der
Polizei, eröffnete Einblicke den von strukturellen und hierarchischen
Besonderheiten geprägten Polizeiapparat. Im Alltag müssen Polizeibeamte
oft schnell handeln und bei Einsatz ihres Lebens in Gefahrensituationen
Entscheidungen treffen. Die sich daraus ergebenden Problemstellungen
für einzelne Beamte werden im Rahmen systemischer Fallbearbeitung
aufgegriffen und zielen sowohl auf die Entlastung der Betroffenen
selbst als auch auf alternative strukturelle Lösungen.
Im Zentrum des Workshops „Spinnennetz und warmer Regen“ mit dem
Diplom-Psychologen Christoph Bartelworth standen neue Methoden für die
Gestaltung von bestehenden und sich entwickelnden Teamprozessen im
Rahmen stationärer Erziehungshilfen. In der Arbeit mit Klienten wird
einem Jugendlichen mit dem „warmen Regen“ besondere Aufmerksamkeit
zuteil, indem er von allen Gruppenmitgliedern und -leitern
ausschließlich positives Feedback erhält. Die Akzeptanz, die Aussagen
kommentarlos hinzunehmen, sowie die Fokussierung nur auf positive
Aspekte gehören zu den Herausforderungen dieser Intervention.
„Die VIP-Karte - ein Instrument für die systemische Sozialarbeit“ wurde
von Prof. Dr. Johannes Herwig-Lempp theoretisch eingeführt, bevor die
Teilnehmer des Workshops den Nutzen in der praktischen Umsetzung selbst
erproben konnten. Dabei gilt es, die sehr wichtigen Personen inner- und
außerfamiliärer Netzwerke und Beziehungen, sog. VIPs, im Leben des
Klienten aufzuspüren. Als hilfreich haben sich diesbezüglich die vier
Kategorien „Freunde“, „Arbeit/Schule“, „Familie“ und „Profis“ erwiesen,
in deren Zentrum der Karte der Klient steht. Die Wichtigkeit der
jeweiligen Person wird durch die Entfernung zum Klienten ersichtlich.
Herwig-Lempp bezeichnet die VIP-Karte als ein Instrument, mit dem im
direkten Klientenkontakt die bedeutsamsten Personen im Umfeld der
Klienten ins Bewusstsein gerückt werden und wichtige Ressourcen
erschlossen werden können.
Von den innovativen Lehrmethoden am Fachbereich Soziale Arbeit konnten
sich die Teilnehmerinnen der Workshops mit den Titeln „Grundbegriffe
systemischen Handelns“ und „Sozialer Raum und Soziale Arbeit“
überzeugen. Im Rahmen der Virtuellen Hochschule Bayerns konnten neue
Lernarrangements für und mit Studenten entwickelt werden. Kennzeichnend
für die Kursangebote sind der aktivierende Charakter sowie die
Berücksichtigung des individuellen Lerntempos. Unter der Leitung von
Prof. Dr. Wilfried Hosemann können sich an Systemtheorie Interessierte
mit deren Grundlagen in einzelnen Modulen beschäftigen, die durch
Tutoren fachlich betreut werden. Zur Sozialraumorientierung in der
Sozialen Arbeit stand Dr. Veronika Hammer als Ansprechpartnerin Rede
und Antwort. Die unter der Federführung von Prof. Dr. Gudrun Cyprian
und Prof. Dr. Frank Früchtel konzipierte virtuelle Lehrveranstaltung
bietet grundlegende Herangehensweisen und vielfältigste Ansätze zur
Erschließung von Ressourcen auf ganz unterschiedlichen Ebenen im
Sozialraum.
Die Abschlussveranstaltung, moderiert von Prof. Dr. Johannes
Herwig-Lempp, eröffnete allen Teilnehmern die Gelegenheit, wesentliche
Aspekte aus den verschiedenen Workshops zur Kenntnis zu nehmen und
boten Anlass für weitere Diskussionen.
Die Rückmeldungen seitens der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zur
Tagung, welche wissenschaftliche, praktische und regionale Aspekte
gleichermaßen verband, waren überwiegend sehr positiv. Die
konstruktiven Beiträge rückten noch einmal die Relevanz der
theoretischen Verknüpfung systemischer und sozialraum-orientierter
Ansätze in den Mittelpunkt und verwiesen auf deren Potential für die
Soziale Arbeit. Aufgrund des starken Interesses soll es auch in Zukunft
weiterere theorie-geleitete Diskussionen und einen vertieften
fachlichen Austausch über die Entwicklung innovativer Methoden zur
konkreten Umsetzung systemischer Erkenntnisse im Rahmen praktischer
Sozialarbeit geben. Dieser Aufgabe wird sich mit Engagement und Einsatz
Prof. Dr. Heiko Kleve und sein Team widmen und zu einer dritten
Fachtagung Systemischer Sozialarbeit an der Fachhochschule in Potsdam
einladen.
Autorinnen:
Andrea Keil
Edelstraße 2
96047 Bamberg
Maraike Müller
Jungkreutstraße 9
96049 Bamberg
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