Rüstung unserer Zeit
Um die Herstellung ihrer Rüstung müssen sich gewisse Männer des
zwanzigsten Jahrhunderts nicht kümmern, sie wird in riesigen
Industriebetrieben seriell und in großen Auflagen produziert. Wie die
kriegerischen Rüstungen der Vergangenheit, hat auch die heutige Rüstung
aufklappbare Teile. Als Faustregel gilt: Je kleiner der Penis, desto
größer die Rüstung. Was eigentlich nicht logisch ist, besteigt doch der
Besitzer die Rüstung meistens alleine. Die Rüstungen wiegen so zwischen
tausend und tausendfünfhundert Kilogramm, was sehr schwer ist. Der Mann
des 20. Jahrhunderts trägt aber seine Rüstung nicht mehr mit sich
herum, sondern fährt mit ihm auf Rädern mit. Einiges zur Technik dieser
Rüstung: Zum Schutze des Penis und der oberen Körperteile (ohne Kopf
und Hirn) sind Luftsäcke vorhanden, die sich explosionsartig füllen,
wenn der Rüstungsträger mit einem Gegner auf der Kampfbahn zusammen
stößt. Einmal in die Rüstung eingestiegen und festgebunden, hat der
Kämpfer die Möglichkeit, Teile der Rüstung automatisch durch Knopfdruck
zu öffnen. Dies geschieht etwa dann, wenn der Kämpfer einem andern
liebe Worte an den Kopf schleudern will. Meistens sind aber die
Rüstungen ganz geschlossen, denn das Innere wird mit Tönen berieselt
und die Temperatur wird auf angenehmes Niveau gehalten. Können sich die
Kämpfer des 20. Jahrhunderts noch vorstellen, wie das einmal war: Eine
Rüstung ohne Airconditioning? In der es wohl gegen die fünfzig Grad
heiß wurde. Die ehemaligen Rüstungen hatten vermutlich
Drainageröhrchen, durch die der Schweiß und andere Körpersäfte
abgeführt wurden. Wie einfach haben es da die Kämpfer heute.
Aussteigen, Geschäft erledigen, wieder einsteigen und weiter auf der
Kampfbahn. Sie tragen übrigens meistens winzig kleine, mit ovalen
Gläsern versehene Sonnenbrillen, sind glatt geschoren, haben immer ein
Handy zur Hand und sind fein parfümiert.
Es gilt aber zu bedenken, dass die Rüstung des 20. Jahrhunderts ganz
andere Aufgaben zu erfüllen hat als früher. Ziel ist nicht mehr das
Aufeinanderprallen, sondern das Jagen, das Suchen von Lücken auf der
Kampfbahn, das schnelle Ausscheren, vielleicht mit einer harmlosen
Streifung an einer anderen Rüstung. Dies alles geschieht niemals mit
der Absicht, Frontalzusammenstöße herbeizuführen. Letztere geschehen
völlig unbeabsichtigt oder durch höhere Gewalt: "Es hat dem Herrn ganz
und gar nicht gefallen, heute unseren Sohn Max, als Folge eines
tragischen Unfalles, zu sich heim berufen zu müssen". Und weiter steht
in der Todesanzeige: "Leider hat die Rüstung beim Aufprall auf die
gegnerische Gartenmauer das Leben unseres lieben Max nicht retten
können". So gehen die Hersteller der Rüstungen zurück an ihre
computergesteuerten Zeichenmaschinen und entwerfen noch stabilere
Rüstungen, die dann in Crashtests mit Puppen (ohne Penis) unter
gefahrlosen Bedingungen zerstört werden.
Elemente in Bewegung
Wenn Luft still steht sagen wir es ist windstill
Wenn Luft unterwegs ist sagen wir es luftet
Wenn Luft sehr schnell unterwegs ist sagen wir es stürmt
Oder: es könnte ja noch Feuer dabei sein
Wenn Luft und Feuer still stehen sagen wir das wärmt so schön
Wenn Luft und Feuer unterwegs sind sagen wir jetzt heißt es aufpassen
Wenn Luft und Feuer sehr schnell unterwegs sind sagen wir jetzt ist alles verloren
Oder: wenn doch jetzt nur noch Wasser da wäre
Wenn Luft, Feuer und Wasser still stehen sagen wir jetzt haben wir fast alles zum Leben
Wenn Luft, Feuer und Wasser unterwegs sind sagen wir es gewittert
Wenn Luft, Feuer und Wasser sehr schnell unterwegs sind sagen wir das ist eine Katastrophe
Oder: wenn wir jetzt doch alles mit Erde bedecken könnten
Wenn Luft, Feuer, Wasser und Erde still stehen sagen wir da läßt’s sich gut leben
Wenn Luft, Feuer, Wasser und Erde unterwegs sind sagen wir da ist aber viel los
Wenn Luft, Feuer, Wasser und Erde sehr schnell unterwegs sind sagen wir das ist der Weltuntergang
Oder: jetzt wären wir mit Windstille elementar glücklich
Auch ein Reisetext …
Auch ein Text, der von Reisen handelt, besteht aus Sätzen,
Wörtern, Kommas, Punkten, Ausrufezeichen, Fragezeichen oder
Gedanken-strichen, all dies fein säuberlich aneinander gereiht.
Gedankenstriche werden verwendet, wenn Reisende an einem Ort längere
Zeit verweilen wollen. Punkte werden gesetzt, wenn die Reise an einem
bestimmten Ort unterbrochen und am nächsten Tag mit einem neuen Satz
wieder aufgenommen wird. Ein Reisetext ist mit schönen Worten
ausgestattet wie 'gemächlich', 'verweilen', 'ausruhen', 'wohnen' und so
weiter. Er kann aber auch unschöne Worte wie 'abgestürzt', 'verunfallt'
oder 'ertrunken' enthalten. Oder lange Sätze, mit denen lange
Reiseabschnitte beschrieben werden. Er enthält kurze, widerwärtige,
unbehagliche, unwirtliche Sätze, um zu beschreiben, wie kurz sich der
Reisende aufgehalten hat an einem Ort und wie unwohl es ihm dort war.
Kommas trennen Hauptorte von eingeschobenen Nebenorten, wo nur ein
Zwischenhalt eingeschaltet wurde. Fragezeichen sind gesetzt, um darauf
hinzuweisen, dass der Reisende sich fragt, wie es weitergehen solle,
weitergehen könnte. Doppelpunkte braucht er vor einer plötzlich
ausgeführten Änderung der Reiseroute: Achtung, ich steig jetzt schnell
aus und in einen anderen Zug. Fortsetzungszeichen (…) setzt er, wenn
ihm in seinem Gedächtnis Reiseerinnerungen vorübergehend abhanden
gekommen sind, und Ausrufezeichen endlich verwendet er, um anzudeuten,
dass ihm eine Reise besonders Eindruck gemacht hat! |