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Post aus Perturbistan: Mit Kaffe aus Togo zur öffentlichen Leichenschau
Lothar Eder, Mannheim:

Sag mal, sagte ich zu Berta, woher kommt eigentlich unser Kaffee? Keine Ahnung antwortete Berta. Seit wann interessierst du dich denn für die Herkunft des Kaffees, du trinkst doch eh kaum welchen. Stimmt, mache ich. Aber neuerdings scheint Kaffee aus Togo sehr beliebt zu sein. Berta darauf: wie kommst du denn auf die Idee? Naja, sage ich, an jeder Ecke stehts doch, an jedem Kiosk, jedem Café. Die machen sich ja nicht mal mehr die Mühe, das Wort „aus“ dazu zu schreiben. „Kaffee Togo“ reicht. Und Togo schreiben sie auseinander, also To go, obwohl es ja eigentlich zusammen geschrieben gehört. Aber das wundert einen ja nicht wirklich, da ja mittlerweile so vieles nicht mehr zusammen geschrieben wird, was eigentlich zusammen gehört, z.B. das Wort zusammengehören.
Mensch Per, sagt Berta, du mal wieder mit deinem ständigen Gejammer über den Verfall der sprachlichen Sitten! Dabei weißt du doch genau, dass das „Kaffee tu gou“ (so spricht sie es aus) heißt. Natürlich weiß ich das, erwidere ich, schließlich habe ich damals (vor ungefähr 200 Jahren) das beste Englischabitur meiner Schule geschrieben, aber muss das sein, dieses ständige Englisch an jeder Ecke und überall? „Kaffee zum Mitnehmen“ würde doch auch gehen, oder? Klingt aber nicht so kuhl, meint Berta. Aha. Kuhl ist das also, denke ich. Fortschritt wahrscheinlich. Fundbüro heißt „Lost & Found“, keiner hat mehr eine Arbeit, dafür einen Job, keiner hat mehr Werkzeug, dafür jede Menge „tools“ und der entsprechende Laden heißt „Schrauben and more“. Letztens bin ich an einer Bäckerei vorbeigegangen, die nannte sich „Backshop“, wie findest du das? Backshop, verstehst du, „Bäckschop“, ein Rückwärtsladen also, ist das nicht der Hammer, Berta!? Ganz Deutschland wähnt sich im kuhlen Fortschritt, dabei verkommt es immer mehr zum Rückwärtsladen (natürlich verriet ich Berta nicht, dass ich genau diese kulturkritische Idee aus einem Roman von Sten Nadolny geklaut hatte). Na, wie gut, dass wir dich haben, Per, macht Berta (und den Nadolny, hätte ich beinahe gesagt), sonst würde es ja mal wieder keiner merken.
Naja, meine Frau verkennt mich, das kenn ich schon. Ich versuche es mit Luhmann, unserem Kater, der eigentlich eine Katze ist (aber das ist eine andere Geschichte). Schau mal Luhmann, (ich wende mich der Katze zu, gehe dann zum Schrank mit dem Katzenfutter und hole die Leckerlis heraus), also, das ist doch wirklich lächerlich oder, dieses ständige Englisch für alles und jedes. Luhmann schaut mich interessiert an, nunja, bei eingehender Betrachtung muss ich einräumen, er schaut sehr interessiert auf die Dose mit den Leckerlis, die ich in der Hand halte. Also, Luhmann, pass mal auf (ich öffne die Dose und Luhmann wird noch aufmerksamer), da gehen diese Knallköpfe zum „Pablik Fju-ing“ und finden das kuhl, weil sie  sich nicht nur ein Fußballspiel zusammen mit einem Haufen anderer Leute anschauen, sondern auch noch so toll Englisch sprechen, dabei heißt „public viewing“ auf deutsch „öffentliche Leichenschau“. Verstehst du, Luhmann, da gehen die mit Kaffee aus Togo zur öffentlichen Leichenschau und finden das kuhl, Hammer, was! Luhmann versteht, zumindest kaut er andächtig und bleibt in Erwartung von Nachschub in meiner Nähe (wo ist eigentlich Berta?). Und pass mal auf (die Katze passt auf, sie schaut gierig auf die Dose), vor einiger Zeit bin ich in einem Seminar mal neben einer Amerikanerin gesessen und sie hat sich lustig gemacht über unser deutsches „Händie“. Man solle das besser nicht in Gesellschaft amerikanischer Damen sagen, denn das Wort bedeute, naja, sie zierte sich ein wenig im Weitersprechen – ah, you know, I mean handy, its, ahm, if a girl is not quite that slim, then, you know, they say she’s handy … Sie lachte und ich unterstand, ich meine, ich verstand, aha, jaja, ich habs, haha, die hat was zum, haha, da hastu was zum Hinlangen, gell (gleich dachte ich an den Brüderle). Wie gut, dass Berta nicht in der Nähe war, manchmal gibt sie die Gleichstellungsbeauftragte in unserem Haushalt. Luhmann hat eindeutig mehr Verständnis für derlei Erörterungen.
Und noch eins, Luhmann, wo wir grad dabei sind, zu einem Iwänt geh ich auch nicht. Wo doch neuerdings alle zum Iwänt gehen. Am Anfang dachte ich, das wäre so ein neues Möbel beim Ikea, aber nein, der Iwänt ist etwas, wo man hingeht, weils da abgeht, weils da kuhl ist,  weil man da einfach dabei sein muss, verstehst du!? Also ich geh ins Konzert, ich geh in eine Ausstellung, ich geh auch ins Theater, aber zum Iwänt geh ich nicht. Da bin ich konsequent. Luhmann gibt einen zustimmenden Laut von sich und zieht ab. Die Leckerlis sind alle. Finished. Gut, dass mir mal einer zugehört hat. Aus.



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