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Elisabeth Eisenhauer: Briefe aus den USA - Nr. 3, 3.7.2005: Stille-in-Beziehung
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Liebe Leserinnen und Leser,
Neulich sprach ein Ehepaar in der Beratung von verschiedenen Arten der
Stille zwischen ihnen. Manchmal war sie belebend und verbindend. Hin
und wieder entstand sie im Einverständnis der Partner, dass sie sich
voneinander zurückziehen. Manchmal empfand die Frau ein unerwartetes
Schweigen als bedrohlich, gefüllt mit schwelendem Ärger. Die beiden
sprachen dann darüber, wie sie eine fruchtbare Art der Stille zwischen
sich schaffen können. Das regte mich an, über eine bewusste Gestaltung
von Stille in der Beratungsstunde nachzudenken.
Welches Wort trifft am besten: Innehalten, Stille, Pause, Schweigen,
Verstummen, Unterbrechung? Vielleicht etwas von allem? In meiner
Vorstellung ist es Stille-in-Beziehung. Ich möchte einmal darauf
achten, wie sich die stillen Momente in meinem Alltag unterscheiden.
Ein Erlebnis fällt mir ein:
“Meine Damen und Herren, die Grundlage der Musik ist die Stille.” – so
unterbrach der Pianist Alfred Brendel sein Konzert, als das Publikum
unruhig war. Sein Satz kam mir in den Sinn, als ich kürzlich in einem
Quäkertreffen sass. Man muss nicht religiös sein, um davon Anregungen
mitzunehmen. Eine Gruppe von Menschen sitzt eine Stunde in der Stille
zusammen. Wenn eine Person bewegt ist, etwas mitzuteilen, eine Einsicht
in Lebenszusammenhänge etwa, eine bedeutsame Frage oder eine Geschichte
von der Lösung eines Problems, dann steht sie auf und spricht einige
Minuten. Setzt sich wieder und das Gesagte sinkt in die Stille ein und
wird von den Zuhörenden aufgenommen. Es gibt keine Diskussion während
dieser Stunde. Was jemand sagt, sagt er im Bewusstsein der
Verantwortung, dass seine Worte es wert sind, die Stille zu
unterbrechen. Man könnte sagen: Die Grundlage verantwortlichen
Sprechens ist die Stille. Ebenso: Die Grundlage des Zuhörens ist die
Stille.
Ich überlege, wie solche Stille in den Verlauf der Beratungssitzung
eingeladen werden könnte und wie Entscheidungen darüber von den
Beteiligten gemeinsam getroffen werden können.
Jede/r Beteiligte könnte um eine Gesprächspause bitten, um einen Moment
der Besinnung, um danach anders miteinander zu sprechen. Ein kurzes
Gespräch bereitet die Stille vor, so dass die Wünsche aller Beteiligten
gehört werden können.
So vorbereitet (und manchmal auch spontan!) könnte Stille-in-Beziehung
etwas ermöglichen, das ein Gespräch nicht erreichen kann. Ich bin
neugierig, was das sein wird.
Ich wünsche Ihnen einen erholsamen Sommer!
Mit herzlichem Gruss,
Elisabeth Eisenhauer
eeisenhauer@earthlink.net
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