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Annette Kreuz-Smolinski: Briefe aus Spanien - Nr. 1, 19.8.2005: Noticias del Sur - Notizen aus dem Süden
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Liebe Leserinnen und Leser;
El sur tambien existe,
es gibt ihn auch, den Süden, in
der Familientherapieszenenkartographie (so ein Wort kann es nur auf
deutsch geben, auf spanisch würde Cervantes daraus ein Capitel des Don
Quijote gemacht haben).
Familientherapie wird in Spanien schon seit langem groß geschrieben.
Verallgemeinernd würde ich behaupten (und mit mir meine spanischen
Kollegen), dass die spanische Familientherapie in den 70er Jahren das
Neonlicht vor allem der prinzipalen Großstädte erblickte: Barcelona,
Madrid Bilbao, Valencia, Sevilla. Ähnlich wie in anderen Europäischen
Ländern waren es intellektuelle Teilzeit-Emigranten, die mit dem neuen
Paradigma im Gepäck voller Enthusiasmus in ihre ursprüngliche Berufs-
und Landesheimat zurück kamen. Die Bewegung der Antipsychiatrie und die
kommunale Politik in Bezug auf das Gesundheitswesen haben davon
profitiert: seit 1992 ist Familientherapie ein möglicher Bestandteil
einer Behandlung im Sistema Nacional de Salud (unseren Krankenkassen
vergleichbar). Trotzdem: über 90% der Familientherapien werden privat
geleistet und bezahlt.
Der grosse Unterschied zwischen der südeuropäischen und der
Nordeuropäischen Familientherapie ist wohl auf den Faktor
Sprachbarriere zurückzuführen: der Anteil der (damals) jungen
Psychiater, Universitätsdozenten und Psychologen, die in Nord-Amerika
(im MRI, bei Ackerman oder Minuchin) die Pflicht- und Kür-Übungen in
Familientherapie beigebracht bekamen, ist einer gleiche Anzahl von
Pionieren gegenüberzustellen, die in der Schweiz, in Belgien und vor
allem in Italien ihr Metier gelernt haben. Das hat vor allem in den
Anfangszeiten zu interessanten Kongress-Schlachten geführt, im Sinne
von: Mein Modell ist das systemischste…
Die spanische Landesvereinigung (www.featf.org)
hat 14 Mitgliedsverbände mit insgesammt 1200 Mitgliedern. Die
Anerkennungsbedingungen als Familientherapeut sind durch die
Organisation bestimmt, es gibt (noch) kein Psychotherapiegesetz in
Spanien, obwohl mit der Angleichung an die EU vor allem die
Postgraduiertenausbildung (Master) jetzt neuerdings von den
Universitäten und den Berufsverbänden gleichzeitig umworben wird. Die
Richtlinien für Theorie, Praxis und Supervision entsprechen dem
Europäischen Modell ( siehe EFTA) bei dessen Erarbeitung die Spanier
sicherlich mit ausschlaggebend beteiligt waren und sind. Die neuesten
Versuche, etwas Schwung in die Szene zu bringen, bestehen in der
Gründung einer e-mail Liste zur offenen Fall- und
Literatur-Diskussion (die beste Europäische Liste und zur Nachahmung
empfohlen ist meines Erachtens die der Briten, hier zum Anschauen.
Als Familien/System-Therapeutin in Spanien zu überleben, ist genauso
einfach oder schwierig wie im Rest Europas. Spanische
Familienstrukturen sind eine hinreissende Mischung von alt und neu: die
letzten 25 Jahre (identisch mit meinem Landeswechsel) haben die
herkömmlichen katholisch apostolischen Strukturen total über den Haufen
geworfen. Gerade vor einem Monat wurde der Gesetzesentwurf für die
Heirat Homosexueller verabschiedet: es gibt bereits eine gute Handvoll
verheirateter Gays und Lesbierinnen, und dem Adoptionsrecht wird -
obwohl noch mit Skepsis betrachtet - sicherlich demnächst zu Leibe
gerückt.
In Kürze mehr, Aller Anfang ist schwer... y con algo hay que empezar....
Annette Kreuz
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