ich habe die Sommerferien des systemagazin dazu genutzt, den Aufbau und die Oberfläche des Online-Journals gründlich zu verändern. Als ich vor fast 10 Jahren mit dem Magazin begann, habe ich eine Softwareauswahl getroffen, die sich als problematisch erwiesen hat. Gestartet mit einem CMS (webedition), mit dem eigentlich nur Programmierer glücklich werden können und das seinen Support bald einstellte, hatte ich dann noch eine wenig passende Blog-Software daraufgesattelt, so dass Funktionen und Layout in den letzten Jahren ziemlich festgesetzt waren und eigentlich nur durch eine Programmiertiefe verändert hätte werden können, die über meine Kräfte gegangen wäre. Für mich bedeutete das, sowohl im Blog als auch in den einzelnen Rubriken immer wieder HTML-Code zu bearbeiten (etwa um eine Rezension zu formatieren), was bei dem Umfang, den systemagazin mittlerweile mit einigen tausend Dateien hat, doch einen erheblichen Aufwand bedeutete. Darum habe ich mich entschlossen, beide Systeme zu verlassen und auf Wordpress zu wechseln, einem flexiblen und leicht zu bedienendem System, das man wohl als zukunftssicher bezeichnen darf. Alle Beiträge hätte ich in der kurzen Zeit von knapp zwei Wochen nicht portieren können, daher entschloss ich mich, eine neue domain aufzumachen, damit das gegenwärtige systemagazin.de als Archiv in seiner aktuellen Form vollständig erhalten bleiben wird. Alles bleibt an seinem Platz, weder Lesezeichen noch google-Sucheinträge müssen verändert werden. Das hat aber bedeutet, mit systemagazin auf eine neue domain umzuziehen. Ab sofort finden Sie das Online-Journal für systemische Entwicklungen unter www.systemagazin.com. Der tägliche Blog mit mittlerweile über 2700 Einträgen ist allerdings auch im neuen systemagazin ziemlich komplett gelandet. Das Layout habe ich völlig anders gestaltet, Sie finden in Zukunft noch mehr aktuelle Informationen, Veranstaltungen, Termine, mehr Beiträge, neue Formate, aktueller, schneller, vielfältiger, auch wenn in der nächsten Zeit unter der Haube noch das eine oder andere zu basteln ist. Wichtig: Ihre Anmeldung zum systemagazin-Newsletter konnte nicht portiert werden. Wenn Sie auch zukünftig den Newsletter erhalten wollen, müssen Sie sich auf systemagazin.com in der Randspalte neu dafür anmelden. Neu hinzugekommen ist dort auch die Möglichkeit, den Blog zu abonnieren, dann bekommen Sie bei jeden neuen Beitrag einen Hinweis per email. Ich freue mich, Sie auf systemagazin.com begrüßen zu können.
Seit Mai ist das von Tom Levold & Michael Wirsching herausgegebene Lehrbuch „Systemische Therapie und Beratung“ auf dem Markt. Andreas Wahlster, Lehrtherapeut am Kasseler Institut für Systemische Therapie und Beratung, schreibt heute im systemagazin darüber - welches sich damit heute für vier Wochen in den Sommerurlaub verabschiedet. „Warum jetzt dieses Lehrbuch? Mancher Leser wird sich das fragen, wenn er das umfängliche (653 Seiten) Werk in den Händen hält und sich an die bislang erschienenen Lehrbücher erinnert“, beginnt Wahlster seine Rezension. Das besondere seiner Besprechung liegt darin, dass er das Buch mit fast 80 Autorinnen und Autoren und über 90 Kapiteln nicht hier und da einmal aufschlägt, sondern sich auf eine „Wanderung“ durch das Buch macht und es von vorne bis hinten liest! Auf diese Weise bekommen die Leserinnnen und Leser einen ausführlichen Überblick über Anlage und Durchführung des Bandes. Wahlster resümiert: „Die lange Wanderung ist zu Ende. Und es hat sich gelohnt, sie zu gehen und noch die vielen Eindrücke und Anregungen wirken zu lassen. Den Herausgebern ist ein großer Wurf gelungen. Ihr Leitfaden, Kontexte als Orientierung zu wählen, hat sich als stimmig erwiesen. Beeindruckend die geballte Dosis an Expertise durch so viele Autoren, die sich in der Dienst dieses Projektes gestellt haben. Es ist nicht nur eine Sammlung von Beiträgen, sondern gerade mithilfe aller Unterschiedlichkeit ein exzellenter Wanderführer. Für Ausbildungsteilnehmer, Studenten, Praktiker, ob jung oder alt, ist dieses Buch eine Orientierung beim Wandern und eine wahre Fundgrube zugleich. Sie werden sowohl zur Neugier an Theorie und Praxis als auch zur Skepsis gegenüber den Verlockungen von scheinbaren Wahrheiten ermuntert. Das Buch kann ebenso als Mahnung verstanden werden, den systemischen Ansatz nicht zu verramschen, sondern den Diskurs zu pflegen und sich klug einzumischen. Damit wäre es auch ein politisches Buch. Es benennt Positionen, es beschreibt gesundheits- und sozialpolitische sowie ökonomische Interessen, identifiziert Auswirkungen einer linear-reduktionistischen Sichtweise auf menschliche Phänomene und wahrt die Seele des systemischen Ansatzes: Neugier, Respekt, selbstreflexive Beobachtung, Akzeptanz des ewig Ungewissen. Was ist dieses Buch nicht? Es bedient kein Bedürfnis des schnellen Nachblätterns. Grundelemente des systemischen Ansatzes wie Neutralität, Zirkularität oder Hypothesenorientierung erklären sich nur aus dem Lesen ganzer Kapitel, insoweit erfüllt es nicht die Bedingungen eines Nachschlagewerks, es muss ganz gelesen werden. Ich habe das wahrlich große Lehrbuch mit Neugier und Spannung gelesen und kann es uneingeschränkt empfehlen.“ Zur vollständigen Rezension…
Im Februar dieses Jahres fand in Zagora/Marokko die erste Trialogie-Tagung zum Thema "re-source" statt, die im Februar 2015 eine Fortsetzung mit dem Fokus "re-connect" finden wird. Petra Wälti-Symanzik aus Zürich hat daran teilgenommen und für das systemagazin einen schönen Bericht verfasst:
Weitab vom beruflichen Alltag sich für die Idee einer ganz anderen Art von Tagung begeistern lassen und dabei mit allen Sinnen lernen.
Der Bus biegt in eine schmale Sandstrasse – folgt dem bunt gemalten Schild „Riad Lamane“. Der Weg wird enger, bis am Ende ein von Lehmwänden umsäumter Platz auftaucht. Trommelwirbel, tanzende und lachende Menschen empfangen die Weitgereisten. Manche lassen sich anstecken, tanzen mit. Andere stehen da und nehmen den Moment wahr. Für einige ist es ein Wiedersehen mit diesem besonderen Ort in Marokko, am Rande der Wüste. Die meisten der Teilnehmenden sind zum ersten Mal in Amessrou – ein kleiner Ort ausserhalb von Zagora, nahe des Atlas-Gebirges. Die Trommler ziehen voran, durch das Eingangstor in das – wie eine Kasbah – angeordnete Riad. Spätestens hier – in der Palmenhain-Oase - verfliegt die Müdigkeit nach der langen Reise aus dem nördlichen Winter in das Land von „Tausendundeine Nacht“. Über das Doppelbett wölbt sich ein türkis-gelb schimmernder Baldachin, die Wände des Zelthauses sind aus Lehm; unsere Unterkunft für die nächsten sieben Tage. Jedes Haus im Riad ist ein Unikat und mit seiner Farbgebung in der Ausstattung eine Augenweide. Handwerklich begabte Männer und Frauen sowie Kunstschaffende aus der Region haben hier projektmässig nach einer Idee von Mohammed El Hachimi eine besondere Oase geschaffen. Und deswegen sind wir hier. Dieser Ort passt zu der Trialogie-Idee von Liane Stephan, Tom Levold und Mohammed El Hachimi, Tagungen der ganz anderen Art anzubieten. Das Riad Lamane bietet dafür einen aussergewöhnlichen Rahmen, der Raum für Neues schafft, weitab vom beruflichen Alltag. Morgens führt der Weg nach einem stärkenden Frühstücksbuffet bei noch frischen Temperaturen – Marokko ist ein kaltes Land mit einer heissen Sonne – vom Riad durch die Hintertür über den Sandweg auf ein Stück Ackerland, in das eigens für die Tagung errichtete Zelt. Wer später kommt, reiht seine Schuhe in die Parade auf dem Läufer vor dem Zelt ein. Drinnen laden Teppiche und Kissen ein – auf denen die rund 50 Teilnehmenden in einem grossen Kreis Platz nehmen. Der morgendliche Impuls, mit jeweils sehr persönlichen Statements der Leitenden zu den Themen Mut, Angst, Scham, Macht und Vertrauen, begleitet die Teilnehmenden in den Tag, setzt in Bewegung und eröffnet neue Zugänge. Den Raum dafür bieten die Workshops wie Malen, poetisches Denken, Fotografieren oder Theaterspielen. Und was hier gesucht, gefunden, verworfen, wieder gefunden, neu entdeckt und erfahren wird – kann später in vermischten Workshop-Gruppen ausgetauscht werden. Auch ob und wie der Transfer des Entdeckten in den beruflichen Alltag gelingen kann. Wer will, stellt sich am Anfang eine Frage – und bekommt am Ende der Tagung die Antwort. Wie überwinde ich meine Schreibblockade? Welches Motiv nehme ich zum Thema „Meine Zukunft“ vor die Linse? Mit der Scham oder dem Vertrauen gestalterisch umgehen, ob mit Farben oder in szenischer Darstellung. So nähern wir uns im kreativen Tun unseren - neuen oder verlorenen geglaubten Ressourcen und staunen dabei über uns und die anderen. Interessant jeweils auch der Input am Nachmittag des Beobachters, der auf Metaebene die Tagung begleitet. Dazwischen rhythmische Sequenzen als gruppenvereinendes Element. Kreativität braucht schöpferische Pausen. Im Riad bieten lauschige Plätze unter Palmen Raum für Begegnungen - mit sich und anderen. Da sitzt der alte Berber auf dem Boden – gekleidet in ein langes Gewand, den traditionellen "Djallabah“, und schenkt lächelnd Tee aus. Gekonnt giesst er den marokkanischen Pfefferminztee aus beachtlicher Höhe in die kleinen Gläser. Üppig beladene Teller mit saftigen Orangen, Mandeln und Datteln lassen zwischendurch ans Paradies denken. Zu den Mahlzeiten lockt mittags das Büffet unter freiem Himmel, abends wird das Geheimnis der Küche unter preisgekröntem Zeltdach gelüftet, wenn die freundlichen Männer des Service den Deckel der Tajine hochheben. Alles kommt frisch auf den Tisch. Das Gemüse ist selbst angebaut, das Fleisch stammt aus eigener Tierhaltung. Spaziergänge durchs Dorf entführen in eine andere Welt – der wöchentliche Bauernmarkt in Zagora ist ein Fest für alle Sinne. Und wenn nach einer halben Stunde zähen Verhandelns der Preis für die getöpferte Schale sich um Wesentliches reduziert hat – als Bonus ein Armband dabei liegt, dann sind Käuferin und Verkäufer gleichermassen beglückt. Diese im Außen erfahrenen Sinneseindrücke beflügeln die Fantasie. Sie beleben die Intuition und zeigen sich in den Prozessen der Gruppe sowie jedes einzelnen. Wie bei der Teilnehmerin, aus deren Feder expressionistische Gedichte nur so heraus fliessen; der Vergleich mit der Schreibe von Else Lasker-Schüler ist nicht weit. Und dann zieht die Tagungskarawane für eine Nacht in die Wüste: Warmer Tierrücken, Trommeln, Tee, Essen, Singen, Tanzen, Feuerstelle, Geschichten, Schweigen, Schlafen unter Sternenhimmel. Und eine Stille in der Wüste, die man hören kann. Wie tausend und eine Nacht. Die Performances zeigen am Ende die ungeheuer kreative Vielfalt der Teilnehmenden. Eine beglückende Woche geht zu Ende und auf die Frage nach den fünf eindrücklichen Erinnerungen an die 1. Trialogie-Tagung re-source im Februar 2014 hier die spontane Antwort eines Teilnehmenden: „Sympathische Menschen, gute Fachlichkeit, abwechslungsreich, emotionale Tankstelle und malerische Umgebung.“
Vom 26. bis 28.6. fand in Drammen in (Süd-)Norwegen eine Tagung zum Thema „Individuelle und soziale Veränderung durch kollaboratives Handeln“ statt, ausgerichtet vom TAOS-Institut in Zusammenarbeit mit dem Centre for Mental Health and Substance Abuse, Buskerud and Vestfold University College (Norwegen), dem Helsinki Psychotherapy Institute (Finnland), der Familjevårdsstiftelsen (Family Care Foundation) (Schweden) und dem Family Institute (Großbritannien). Im Ausschreibungstext hieß es: „Die Kosten für psychische Gesundheit schnellen in die Höhe, die Verschreibungshäufigkeiten für Psychopharmaka nehmen weiter dramatisch zu und die Ausdehnung diagnostischer Kategorien suggeriert, dass wir psychisch krank seien oder leicht werden könnten. Es ist Zeit, die 'Therapiegesellschaft' in Frage zu stellen und jenseits des konventionellen therapeutischen Denkens nach alternativen Zugangsweisen zu unserem Dasein zu suchen. Die meisten Veränderungsansätze fokussieren auf das Individuum. Im Gegensatz hierzu will die Tagung inspirierende Innovationen präsentieren, die sich mit kollaborativen Denk- und Handlungsansätzen beschäftigen. Solche Ansätze beantworten die Herausforderungen, die sich aus unseren Lebenswirklichkeiten ergeben, durch Betonung der Diversität von Beschreibungsmöglichkeiten, von Werten und Bewältigungsformen und stellen im Sinne Gergens die relationale Dimension unseres Daseins heraus. Die Tagung will auf kollaborative Praktiken aufmerksam machen, deren Verständnis von Therapie (u.a.) auf der Grundlage kulturwissenschaftlicher, sozialpolitischer und anthropologischer Überlegungen aufbaut. Diese Ansätze gehen über den traditionellen therapeutischen Denkstil hinaus – ja, sie verlassen ihn sogar". Eugene Epstein hat für die website „Mad in America“ einen Text mit dem Titel „Independence From The Therapeutic State“ verfasst und diesem Text die Videos der Hauptvorträge dieser Tagung hinzugefügt, und zwar von Kenneth Gergen, Robert Whitaker, Olga Runciman, Sami Timimi und Carina Hakansson - eine gute Möglichkeit, auch noch nachträglich in die Tagung hineinzuschnuppern. Zum Text von Epstein und den Videos geht es hier…
Unter diesem Titel fand in diesem Jahr die 8. internationale Tagung der Europäischen Familientherapie-Vereinigung EFTA in Istanbul statt, also an einem Ort, der das Thema der gesellschaftlichen Krise gut verkörpert. Gemeint war aber eher die Krise der Familie, Tagungsthema: »Opportunities in a Time of Crisis: The Role of the Family«. Dörte Foertsch gehörte zu den wenigen Deutschen, die die Tagung besucht haben, und hat dazu einen schönen Bericht für den "Kontext" verfasst. Ihr Resümee: „Ich bin mit der Frage zurückgeflogen, inwiefern soziokulturelle Veränderungen in Europa und somit auch in Deutschland einen Einfluss auf die Entwicklung der systemischen Fachverbände haben werden. Nicht so sehr vertraut mit der EFTA und den dazugehörigen Menschen habe ich dennoch viele Anregungen und Fragen mit nach Hause genommen, die mich als Therapeutin auffordern, das Verhältnis zwischen persönlichen und begrenzten sozialen und gesellschaftlichen Möglichkeiten immer wieder in ihren Relationen zu berücksichtigen. EFTA lohnt sich! Und dieses Mal lockte im Hinter- oder Vordergrund eine schöne und aufregende Stadt!“. Ihr Beitrag kann auf der website der Zeitschrift kostenfrei heruntergeladen werden, und zwar hier…
Kein Themenheft ist es diesmal, die aktuelle Ausgabe von "Kontext", aber dennoch lässt sich ein kleiner roter Faden durch die verschiedenen Beiträge hindurch knüpfen. Im Editorial heißt es: „In den vier Texten haben sich die Autorinnen und Autoren, die alle in unterschiedlichen Bereichen tätig sind, damit beschäftigt, wie an den Rändern ihrer Arbeit Fragen entstehen, die sich aus übergreifenden Schnittmengen ihrer Tätigkeiten ergeben, und beleuchten diese als interdisziplinäre Herausforderungen. Persönliches Erleben dringt in die Arbeitswelt ein und umgekehrt hat die Arbeitssituation Einfluss auf das persönliche Leben – ein Blickwinkel, der immer schon ursächlich systemisches Arbeiten ausgemacht hat. Wie ein roter Faden fällt in den Artikeln auf, dass sich besonders in Konfliktsituationen die Wechselwirkungen von biografisch erlernten und beruflich anzuwendenden Lösungskonzepten überschneiden, seien sie aus familiären Erfahrungen generiert, aus kulturellen oder sozialen Situationen und eben auch aus gesellschaftspolitischen Möglichkeiten, die unsere Arbeitswelt ebenso wie das familiäre Umfeld stark beeinflussen.“ Wer die AutorInnen sind und um welche Beiträge es sich handelt, erfahren Sie hier…
Nur noch eine Woche kann das große Lehrbuch „Systemische Therapie und Beratung“ beim Carl-Auer-Verlag noch zum Subskriptionspreis bestellt werden, danach gilt der normale Ladenverkaufspreis. Als Leseprobe, die auch das Verständnis von Systemischer Therapie und Beratung als transdisziplinäres und multiprofessionelles Projekt dokumentiert, welches dem Lehrbuch zugrunde liegt, hat der Verlag das Kapitel mit gleichem Namen auf seiner website veröffentlicht, und zwar hier…
In der Dezemberausgabe von „brand eins“ gibt es ein interessantes Gespräch mit dem Philosophen Wilhelm Schmid und dem systemischen Psychotherapeuten Arnold Retzer (Foto) zum Thema Glück und Unglück, zur Frage nach dem guten Leben und der Problematik des „Positiven Denkens“, das nachdenklich stimmt. Es ist auch Online im Zeitschriften-Archiv zu lesen, und zwar hier…
Ulrich Sollmann, Gestaltpsychotherapeut und Bioenergetiker, ist mittlerweile auch in der systemischen Szene bekannt, nicht zuletzt durch seinen Blog im Carl-Auer-Verlag „Der Körperleser“. Seine „Einführung in Körpersprache und nonverbale Kommunikation“ für die Carl-Auer-Compact“-Reihe ist 2013 erschienen und bietet der Verlagsinformation zufolge „eine kompakte Einführung in die wichtigsten Aspekte nonverbaler Kommunikation: historische Entwicklung, Perspektiven von Körpersprache, Körperhaltung, Bewegung, Gestik, Mimik, typische körpereigene Kreisläufe, psychophysische Entwicklung des Menschen sowie spezifische Praxiszugänge in unterschiedlichen Kontexten.“ Jürgen Kriz hat das Buch gelesen und resümiert: „Insgesamt handelt es sich um ein Buch, in dem Sollman mit der Betonung der selbstregulativen Kompetenzen des Körpers sowie der lebensgeschichtlichen und biografischen Entwicklung der Körpersprache den üblichen Vereinfachungen in der Populärliteratur zu diesem Thema entgeht. Andererseits sorgen die viele Beispiele sowie Sollmanns oft einbrachte umfangreiche persönliche Erfahrung in diesem Bereich dafür, dass die beachtliche Menge verarbeiteter theoretischer Literatur nicht allzu trocken „herüberkommt“. Wie ich finde, eine gut gelungene Integration von konzeptuellen und praktischen Aspekten, von dem sowohl Professionelle im psychosozialen Bereich (einschließlich Coaching und Management) als auch interessierte Laien profitieren können.“ Zur vollständigen Rezension…
Heute vor 15 Jahren starb Mara Selvini-Palazzoli in Mailand. Wie nur wenige andere prägte sie mit ihrer unnachahmlichen Art die Entwicklung der Familientherapie in Europa in den 70er Jahren. Gemeinsam mit ihrem Mailänder Team (Luigi Boscolo, Gianfranco Cecchin und Giuliana Prata) entwickelte sie den sogenannten Mailänder Ansatz, der überall eifrige Nachahmer fand. Mit dem Radikalen Konstruktivismus, der zu Beginn der 80er Jahre an Bedeutung gewann, konnte sie sich nicht anfreunden. Ihr Ruhm ist etwas verblasst, zumal die strikte Vorgehensweise des Mailänder Teams mit Einwegscheibe, Pause in der Sitzung, schriftlich verfassten Kommentaren und Verschreibungen usw. heute nicht mehr praktiziert werden. In ihrem wunderbaren Buch über die Pioniere der Familientherapie hat Satu Stierlin ein schönes Portrait von Mara Selvini-Palazzoli verfasst, dessen Überschrift „Ich brannte vor Neugier“ auch dem Buch den Titel gegeben hat. Es ist auf der website des Carl-Auer-Verlages nachzulesen, und zwar hier…
Heute feiert Jürgen Habermas seinen 85. Geburtstag. Kaum jemand hat den intellektuellen Diskursen in Deutschland in den vergangenen 50 Jahren einen vergleichbaren Stempel aufgedrückt wie er. Dabei ist seine "Theorie kommunikativen Handelns", in den 80er Jahren auch als Gegenentwurf zur Systemtheorie Luhmanns gehandelt, heute wohl weniger im Bewusstsein der Öffentlichkeit als seine nachdrücklichen politisch-philosophischen Interventionen, die gerade in den letzten Jahren zu den gewichtigsten Stimmen in der Auseinandersetzung mit den zunehmenden Entdemokratisierungstendenzen in der Politik auf nationaler und europäischer Ebene zählten. Die "Blätter für deutsche und internationale Politik" zu deren Herausgebern Jürgen Habermas gehört, haben sich ein besonderes Geburtstagsgeschenk ausgedacht. Auf ihrer website können alle Texte, die in den »Blättern« von und zu ihm erschienen sind, in einem ebook (als ePub, Mobi oder PDF) kostenfrei heruntergeladen werden. Neben seinen eigenen Texten sind Beiträge von Micha Brumlik, Rainer Forst, Klaus Günther, Axel Honneth, Ingeborg Maus, Oskar Negt, Ulrich Oevermann, Claus Offe und Albrecht Wellmer enthalten. Und hier kommen Sie zum ebook…
In ihrem Editorial zum aktuellen Heft der „Zeitschrift für systemische Therapie und Beratung“ fragt Herausgeberin Cornelia Tsirigotis nach Updates zur systemischen Therapie und hat Wolfgang Loth, Andreas Manteufel und Günter Schiepek gewinnen können, hierüber nachzudenken. Wolfgang Loth schlägt einen schönen professionstheoretischen Bogen und präsentiert als Leitmotiv zum Umgang mit dem Begriff „systemisch“ einen „gewissenhaften Umgang mit Ungewissem“. Günter Schiepek ist seit einiger Zeit mit seinem Versuch, systemische Therapie synergetisch „neu zu formatieren“, in der systemischen Publikationsöffentlichkeit äußerst präsent, seine Ideen bleiben dabei nicht ohne Widerspruch. Andreas Manteufel, ein alter Weggefährte, stellt diesen Ansatz nun auch in dieser Zeitschrift ausführlich dar, ergänzt durch einen E-Mail-Dialog, der er mit Günter Schiepek über dieses Konzept geführt hat. Über das Schwerpunktthema hinaus gibt es noch einen Aufsatz von Angelika Grubner über die politische Bedeutung der Konstruktion von Geschlecht in der psychotherapeutischen Theorie, zwei kurze Texte von Jürgen Hargens und Rezensionen. Zum vollständigen Inhaltsverzeichnis geht es hier…
Peter Fuchs, im systemischen Feld weithin bekannt für seine komplexen systemtheoretischen Erörterungen die zwar für systemische Therapeutinnen und Therapeuten enorme Einsichten bereithalten, aber aufgrund ihrer Abstraktionshöhe nicht gerade leichte Kost darstellen, hat nun mit einer neuen Veröffentlichung eine gänzlich andere Domäne betreten, die er gleichwohl seit frühen Zeiten pflegt. Sein neues Buch, im Mai 2014 im Kadmos-Verlag in Berlin erschienen, enthält Gedichte, die jeweils von fantastischen Fotografien seines Freundes Uli Reiter begleitet werden. In einem Interview, dass er im März 2013 Markus Heidingsfelder gegeben hat, spricht er aber lieber von „Texten“ anstatt von Gedichten: „Weil in Worten wie Dichter, Poetin, Poesie, Gedichte häufig ebenjener Pathos überwintert, den ich, wie Du weißt, nicht so sehr schätze. Dazu kommt, dass nicht selten eine Art von Zwang zur Weltanschaulichkeit im Spiel ist. Irgendwie geht es auch darum, mit Gedichten Botschaften zu streuen, die recht schnell lesbar und verstehbar sind – zum Beispiel als Kritik an der Gesellschaft, als Aufsehenserreger.“ Nach eigener Auskunft sucht Fuchs in der Lyrik die „Erscheinung der Differenz zwischen dem Unsagbaren und dem Sagbaren im Medium der Sagbarkeit, letztlich im Medium ‚Sinn‘. Das ist natürlich ein Topos, dem man schlecht entkommt, wenn man über moderne Lyrik spricht. Ich könnte dem nur hinzufügen, dass jenes Medium eine nur einseitig verwendbare Zweiseitenform darstellt. Man kann es nicht verlassen, aber raffinieren – bis hin zur Installation einer Witterung für die Gegenseite, für den Nicht-Sinn im Sinn. Wenn ich so etwas angeboten bekomme, bin ich glücklich und zufrieden.“ Besprechbar sind die Gedichte daher nicht, man muss sie gemeinsam mit dem Bildeindruck auf sich wirken lassen. Bestellen kann man das Buch für 19.90 € hier…
Auf youtube ist ein gründlicher und sehr interessanter Vortrag von Jürgen Kriz über die Realität der "Wissenschaftlichkeitsprüfung" von Psychotherapie in Deutschland zu sehen und zu hören. Jürgen Kriz muss es wissen: er saß selbst lange im Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie und war dort Vertreter eines Minderheitsvotums. Dank an Soeren Rabethge für den Tipp (in der Systemischen Mailingliste)!
In einem sehr spannenden, ausführlichen Interview für psychotherapy.net spricht der Therapieforscher Scott Miller, der vor allem für die Erforschung der sogenannten "common factors", also der nicht-schulenspezifischen Wirkfaktoren in der Psychotherapie bekannt geworden ist. Ausgehend von der Feststellung, dass die Wirkung von Psychotherapie nicht an den schulenspezifischen Interventionen und Vorgehensweisen festgemacht werden kann, die wir in der Ausbildung lernen, stellt sich die Frage, was Therapeuten tun können, um ihre Fähigkeiten zu verbessern. Eine "natürliche" Begabung im Sinne einer angeborenen überdurchschnittlichen "sozialen Kompetenz" schließt Miller aus. Er lehnt sich an die Forschungen von K. Anders Ericsson an, für herausragende Performanz in unterschiedlichen Bereichen professioneller und künstlerischer Begabung vor allem die kontinuierliche Arbeit an den eigenenen Skills verantwortlich macht - und zwar nicht nur dann, wenn sie eingesetzt werden, sondern gerade in den Zeiten dazwischen: "While you’re doing your work, you don’t have time enough to correct your mistakes thoughtfully. The difference between the best and the rest is what they do before they meet a client and after they’ve met them, not what they’re doing when they’re with them.So what we found, which I think is quite shocking, is that the difference between the best and the rest is what they do before they meet a client and after they’ve met them, not what they’re doing when they’re with them." Dazu gehört die Reflexion der eigenen Fehler, die Konsultation von "Coaches", die einem eine qualifizierte Rückmeldung geben können, und: Lektüre! "A graduate student that I’ve been working with, Darryl Chow, who just finished his PhD at University of Perth in Australia, did his dissertation on this topic and found that the best performers spend significantly more time reading books and articles. We also know that the best performers spend more time reviewing basic therapeutic texts. Therapists are often in search of the variation from their performance that will allow them to reach an individual client they’re struggling with. Top performers not only do that, but they’re also constantly going back to basics to make sure they’ve provided those. They spend time reading basic books that may be hugely boring but are nonetheless really helpful." Das vollständige Interview lesen Sie hier…