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Psychotherapie & Sozialwissenschaft Heft 1/2002
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1/2002 - 2/2002 - 3/2002 - 4/2002 - Übersicht
Dausendschön-Gay, Ulrich und Ulrich Krafft (2002): Text und Körpergesten. Beobachtungen zur holistischen Kommunikation. In: Psychoth.Soz. 4(1), S. 30-60.
abstract: Ausgehend von der
nicht neuen, aber bisher selten umgesetzten ethnomethodologischen
Konzeption, wonach Kommunikationsprozesse in face-to-face-Situationen
multidimensional ablaufen, werden Gesten nicht als präzisierende oder
illustrierende Zugaben zur verbalen Kommunikation untersucht, sondern
als die sichtbare und hörbare Form von Äußerungen, die als komplexe
kommunikative Gestalten holistisch erzeugt und rezipiert werden. Indem
der aktuelle Sprecher seine Äußerung so und nicht anders formt, gibt er
dem aktuellen Rezipienten orientierende Hinweise zu deren Bearbeitung.
Diese Orientierungen betreffen die Konstitution der sozialen Beziehung,
die Organisation der Konversation (Sprecherwechsel), die Organisation
der Äußerung (thematische Organisation, argumentative Strukturen,
Bewertung nach "unfertig" vs. "fertig", Organisation in
Formulierungsschüben), die Kontextualisierung. Der Rezipient bezieht
aus (sichtbarer) Gestik und Prosodie verschiedenartige Orientierungen;
es gibt aber auch einen großen Bereich funktionaler Überschneidung der
sichtbaren und hörbaren Gesten.
Müller, Cornelia (2002): Eine kleine Kulturgeschichte der Gestenbetrachtung. In: Psychoth.Soz. 4(1), S. 3-29.
abstract: In großen Zügen wird
die Geschichte der Gestenbetrachtung von der antiken Rhetorik bis zur
zeitgenössischen linguistischen Gestenforschung nachgezeichnet. Über
zweitausend Jahre hinweg stehen dabei der gestische Ausdruck von
Emotionen und Einstellungen sowie die Wirkungen von Gesten auf die
Zuhörer im Vordergrund des gelehrten Interesses. Für die Kommunikation
über die Welt gilt das Primat der Lautsprache, womit eine
Dichotomisierung der Funktionen körperlicher und sprachlicher
Kommunikation etabliert wird, die bis heute in der Unterscheidung
verbaler und non-verbaler Kommunikation fortlebt. Diese
Konzeptualisierung hat die Untersuchung von Gesten als Bestandteil
sprachlicher Äußerungen lange Zeit in den Hintergrund
wissenschaftlichen Interesses gerückt.
Das gelehrte Studium der menschlichen Gesten läßt sich in fünf
wesentliche kulturgeschichtliche Stränge gliedern: 1. die
zivilisatorische Formung der Gestenausführung (Normierung
kommunikativen Verhaltens), 2. die Entwicklung eines für die
öffentliche Rede brauchbaren Gestenrepertoires (Rhetorik), 3. die
Betrachtung von Gesten als einer Natursprache der Menschheit
(Philosophie), 4. die Reflexion über Gesten im Rahmen höfischer
Konversation (Konversationstheorie), 5. die Beschreibung von Gesten als
Mittel alltäglicher Kommunikation (Sozialpsychologie, Ethnographie,
Gesprächsanalyse, Psycholinguistik).
Streeck, Jürgen und Ulrich Streeck
(2002): Mikroanalyse sprachlichen und körperlichen
Interaktionsverhaltens in psychotherapeutischen Beziehungen. In:
Psychoth.Soz. 4(1), S. 61-79.
abstract: Anhand von
Beispielen aus psychotherapeutischen Gesprächen werden verschiedene
Formen der Koordination von sprachlichem und körperlichem
Ausdrucksverhalten von Patienten und Therapeuten zueinander
beschrieben. Unser Interesse gilt dabei der Frage, wie Patient und
Therapeut sich zueinander verhalten und wie aus ihrer Interaktion ein
mehr oder weniger stabiles Verhältnis im Sinne einer "Gestalt" ihres
Miteinander entsteht. Bei der Untersuchung des aufeinander bezogenen
Verhaltens von Patient und Therapeut wird der Sequenzierung ihrer
Handlungsschritte als "Akt für Akt" vollzogenem Verhalten Rechnung
getragen. Dabei ist jede nachfolgende Handlung Reaktion auf die
vorangegangene Handlung, und jede Handlung ist wiederum Kontext für
nachfolgende Handlungen. Aus den aus solchen Handlungssequenzen
entstehenden zeitüberdauernden Beziehungsstrukturen können Kliniker
Rückschlüsse ziehen, beispielsweise auf Übertragungsdispositionen ihrer
Patienten.
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