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Neuvorstellung zur Übersicht
29.04.2014
Gerhard R. Susen: Krebs und Hypnose Hilfe vom inneren Freund
Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 1996 (Reihe Leben lernen 107)

168 S., brosch.

Preis: 21,95 €

ISBN: 978-3-608-89657-2
Verlag Klett-Cotta





Peter Stimpfle, Eichstätt:


Wohltuend und als Ergänzung gedacht, so wie dies bei hypnotherapeutischen Interventionen üblich ist, trägt Susen sein Konzept der Unterstützung von Patienten mit der infausten Diagnose Krebs durch den inneren Freund vor. Er begeht dabei nicht den Fehler, die vorhandenen Behandlungsmöglichkeiten zu kritisieren oder in Frage zu stellen bzw. ein besseres Modell vorzuschlagen, sondern beschäftigt sich ausschließlich mit der Frage, was gut tun würde, wie das Immunsystem gestützt werden kann. Realistischerweise - und man sieht hier, dass er in der Praxis geerdet ist -, unterscheidet er Patienten hinsichtlich ihrer Motivation zu einer Behandlung und plädiert folgerichtig dafür, nicht die „Saat auf den Beton“ zu werfen. Das Eingeständnis, dass die Krankheit eine Grenze darstellt, kann dabei erleichternd sein und vor berechtigten, aber überhöhten Anforderungen an sich selbst und den Patienten schützen. Vielleicht ist es hilfreicher, sich darauf zu beschränken, das Mögliche zu tun?!

Das Buch beginnt mit einer Einführung in ein Entspannungsverfahren (hier orientiert er sich am bekannten und bewährten autogenen Training mit Entspannung, Ruhe und Wärme), um schließlich das Prinzip des „inneren Freundes“ vorzuschlagen. Der Körper wird dabei als Hinweisgeber verstanden, der über Symptome mitteilt, was er braucht. Statt darauf zu orientieren, was weg soll (Krebs, Krebszellen, Krankheit), wird dem Ericksons Utilisationsprinzip folgend darauf fokussiert, welche Botschaften der Körper sendet und was er braucht, um gesund zu werden (etwa Ruhe, Vertrauen, Freundschaft). Glücklicherweise vermeidet der Autor dabei konsequenterweise die Frage nach dem „Warum“ der Krankheit, da man dann sofort wieder in der bekannten Falle der Schuldgefühle landen würde. Anstelle der Frage, was in der Vergangenheit falsch gemacht wurde, tritt nun die Frage, was hier und jetzt hilft bzw. die Wahrscheinlichkeit von Gesundheit in der Zukunft erhöht.

Die Kapitel sind gut gegliedert, sie enthalten jeweils Übungsbeispiele, die man als Vorlagen benutzen kann, wobei Susen dazu ermutigt, jede Behandlung als Unikat zu verstehen, also auf die spezifischen Bedürfnisse des einzelnen Patienten abzustimmen. Dies ist besonders wichtig in einer Zeit, in der Psychotherapeuten weder in ihrer universitären Ausbildung noch durch Richtlinienorientierung und schon gar nicht im Rahmen von Qualitätssicherung dazu ermuntert oder gar angeleitet werden, Behandlungen individuell auszugestalten, sondern unter dem Druck der „Manualtreue“ dazu neigen, es „richtig“ und damit immer gleich machen zu wollen, was einer hilfreichen Therapie im Wege stehen kann.

Susen identifiziert die Einstellungen der Umwelt, der Therapeuten und der Krebsbetroffenen als bedeutsame Faktoren für die Mobilisierung psychischer Energien und damit der Selbstheilungskräfte, die in einer Psychotherapie beachtet werden sollten und versucht gleichzeitig die fatale Gleichsetzung von Krebs mit Tod und Schmerz zu aufzulösen. Spontan auftretende Heilungen werden häufig einfach als Spontanremissionen oder schlichtweg Glück abgetan, aber was ist, wenn dahinter ein (unbewusstes) Selbstheilungspotential schlummert, mit dem es in Kontakt zu treten gilt? Als wesentliche Psycho- bzw. Hypnotherapieinhalte werden die Stärkung und Mobilisierung der Selbstheilungskräfte erachtet, die sich in der Kontaktaufnahme zum „inneren Freund“ manifestiert, den nicht etwa als eine Art Bediensteter angesehen wird, bei dem man Gesundheitswünsche abgeben kann, sondern eher als eine Art weiser Berater, der Hinweise geben kann, wie man aktiv der Gesundheit eine größere Chance geben kann.

In Selbsthypnose werden die Patienten dazu angeleitet, dies in ihre alltägliche Praxis zu integrieren, schließlich gibt es nichts Gutes, außer man es tut – und zwar immer wieder und immer wieder (wie Gunther Schmidt so gelungen den Spruch von Erich Kästner in diesem Zusammenhang erweitert). Die Therapieziele sind für Susen unmittelbar auf den Tumor und seine Begleiterscheinungen bezogen, Erreichung umfasst Maßnahmen zur Psychohygiene, die sich auf die Glaubenssysteme und Werthaltungen der Klienten richten.

Dabei werden vier Pfeiler einer hypnotherapeutischen Grundkonzeption in der (Mit-)Behandlung von Krebs aufgezeigt: 1. Erlernen von Entspannung und Trance (Ruhe, Schwere, Wärme), 2. Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung zum eigenen Körper. Der Körper wird als „Kapital“ (Ressource) betrachtet, der über die Symptomatik Botschaften schickt, und mit dem es in eine vertrauensvolle Beziehung und Kommunikation zu treten gilt. 3. Maßnahmen gegen den Tumor und seine Begleiterscheinungen wie z. B. gelenkte Vorstellungen (Visualisierung), um die Krebszellen zu reduzieren, die Nebenwirkungen einer Chemotherapie gering zu halten, deren Wirkung auf die Krebszellen zu unterstützen sowie den Umgang mit Angst und Schmerz zu verbessern. Der vierte Pfeiler erscheint mir als der wichtigste, nämlich die Auseinandersetzung mit krankmachenden Glaubenssätzen und Werthaltungen („immer für andere da sein“, „es allen recht machen“, „perfekt sein“) und deren Ersetzung durch gesundheitsförderliche Haltungen und Glaubenssätze. Dabei kann es, auch wenn dies oft von Patienten gewünscht wird, kein Zurück in die frühere (krankmachende!) Normalität geben. Ziel ist vielmehr eine gesunde Selbstachtung und eine liebevolle Beziehung zum eigenen Körper.

Das vorgestellte Konzept fußt auf praktischen Erfahrungen sowohl des Autors als auch anderer Therapeuten und hat sich insofern praktisch bewährt. Die zugrundeliegende Idee, dass Gesundheit von innen gefördert werden kann, steht dabei in Widerspruch zur verbreiteten Erwartung einer Lösung von außen, seitens der Medizin, Pharmakologie oder Chirurgie. Es ist einerseits schmeichelhaft, wenn (uns) Experten zugetraut wird, eine Lösung von außen an die Klienten heranzutragen, andererseits bedeutet dies auch, wichtige Selbstheilungskräfte wie Hoffnung, Zuversicht und Mut zu vernachlässigen. Dabei geht es nicht um ein Entweder-Oder von moderner Medizin und Pharmakologie einerseits und psychologisch-hypnotherapeutischen Ansätzen andererseits. Im Sinne von Erickson ist ein Sowohl-als-auch angebrachter, welches state-of-the-art-Behandlungsansätze um mit der Mobilisierung von aktiven Eigenressourcen verbindet. Mit dem eigenen Körper als „bestem Freund“ (der auch mal zur Ordnung ruft, wenn er übermäßig strapaziert wird) umgehen zu lernen und gezielt jene Kräfte fördern, welche Spontanremissionen ermöglichen, stellt eine solche Erweiterung dar. Susen beschreibt auf sehr anschauliche und praktische Weise eine hypnotherapeutische (Zusatz-)Behandlung von Krebspatienten, die es wert ist, beachtet zu werden.

Das Buch ist gut strukturiert und nimmt auf die wesentliche Literatur in diesem Bereich (wie etwa Simonton, LeShan, etc.) Bezug. Ein Register findet sich leidet nicht, ist aber aufgrund der Überschaubarkeit des Buches verzichtbar. Wohltuend sind m. E. vor allem die vielen praktischen Beispiele. Es werden realistischerweise auch Fälle geschildert, in denen etwas nicht so gut geklappt hat, was hilft, übermäßige Erwartungen zu drosseln. Positiv ist zu vermerken, dass Umsetzungsprobleme nicht verschwiegen werden, so dass man weiß, womit man rechnen muss, wenn man mit solchen Methoden und diesem Patientenkreis arbeitet. Etwas vermisst habe ich ein wenig die Darstellung von Möglichkeiten der Wertschätzung der „krankmachenden“ Wertsysteme, da diese den Patienten Sicherheit geben, auch wenn sie möglicherweise einer Gesundung im Wege stehen. Wie man mit als Therapeut damit wertschätzend und ehrlich umgehen kann, ist keine einfache Aufgabe, scheint mir aber für die therapeutische Praxis ein Schlüsselaspekt zu sein.





Hier geht es zur website des Autors





Verlagsinformation:

Neben den medizinischen Maßnahmen der Krebsbekämpfung fragen heute immer mehr Patienten und Patientinnen nach anderen Möglichkeiten, die die Krankheit erträglicher mahen und die Heilungschancen verbessern können. Gerhard R. Susen, der seit vielen Jahren Krebspatienten therapeutisch begleitet, hat ein hypnotherapeutisches 4-Pfeiler-Modell erarbeitet, das hier praxisnah und anschaulich vorgestellt wird. Die in vielen Fällen erfolgreiche Methode zeigt, daß der Kampf gegen den Krebs nicht gegen den eigenen Körper, sondern mit der ganzen Person gewonnen werden kann.



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