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05.07.2009
Brigitte Vetter: Pervers, oder? Sexualpräferenzstörungen
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Verlag Hans Huber, Bern 2009
331 S. broschiert
Preis: 24,95 €
ISBN-10: 345684672X
ISBN-13: 978-3456846729 |
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Verlag Hans Huber
Dennis Bohlken, Bad Zwischenahn:
Was haben die Begrifflichkeiten „Amelotatismus“, „Monomentophilie“, „Narratophilie“, „Renifleur“, „Skythenwahnsinn“ und „Vomerophilie“ für Gemeinsamkeiten? ...Sie gehören zu den Sexualpräferenzstörungen.
Brigitte Vetter hat sich in ihrem aktuellsten Buch „Pervers, oder?“ intensiv damit beschäftigt, 100 Fragen zum Thema „Präferenzstörungen“ ausführlich, knapp und leicht verständlich auf 316 Seiten zu beantworten. Dabei geht sie mit diesem heiklen und brisanten Thema sehr offen um und stellt dem Leser einen weitgespannten Fundus an Begriffen zur Verfügung, die in acht spannenden Kapiteln und einem kleinen Lexikon im Anhang (in dem sich insgesamt 115 Definition zu sexuellen Abweichungen finden) erläutert werden.
Das erste Kapitel beschäftigt sich mit den Definitionen von sexueller Gesundheit, sexuellen Störungen und sexueller Abweichung. Es werden die wichtigsten sexuellen Präferenzstörungen kurz beleuchtet und vor allem der Frage nachgegangen: „Gilt alles, was aus dem Rahmen fällt, gleich als pervers?“ Darüber hinaus wird beschrieben, warum der Begriff „Perversion“ durch Sexualpräferenzstörung, Paraphilie, sexuelle Devianz oder sexuelle Deviation abgelöst wurde.
Die in Deutschland geltenden Normen und das Strafrecht werden im zweiten Kapitel auf 15 Seiten kompakt behandelt. Dabei wird zwischen Dissexualität, Sexualdelinquenz und Dissozialität differenziert.. Die Autorin geht in einem eigenen Abschnitt auf die Besonderheiten des Strafrechtes in der Schweiz ein und arbeitet den Unterschied zur in Deutschland geltenden Rechtsnorm heraus.
Ätiologische Fragen, u.a. „Wie ging man früher mit sexuellen Abweichlern um?“, „Seit wann bedeuten Lust und Liebe uns so viel?“ und „Ist die Medizinalisierung sexueller Abweichungen wirklich ein Fortschritt gewesen?“ werden im dritten Kapitel beantwortet.
Die Unterschiede bei Männern und Frauen hinsichtlich der Art und Häufigkeit der Störungsbilder, der Opferrelationen, der Kriminalstatistiken und grundsätzliche epidemiologische Datenquellen werden auf 20 Seiten im vierten Kapitel zusammengefasst. Dabei wird auch der Frage nachgegangen, ob Paraphilien auch bei Frauen vorkommen und ob es andere als sexuelle Perversionen gibt. In einer wissenschaftlichen Studie zur Verbreitung sexueller Erregungsmuster in der Allgemeinbevölkerung fanden Beier et al. (2005) bei der Befragung von 108 Frauen, bei denen es sich um Partnerinnen der untersuchten Männer handelte, dass auch knapp 28 % der befragten Frauen paraphile Erregungsmuster als Teil ihrer Phantasiewelt kannten. 23 % der Frauen setzten diese Vorstellung bei der Selbstbefriedigung ein und ebenso viele (23 %) setzten sie auch in konkrete Verhaltensweisen um. Im Einzelnen hatten mehr als 17 % der Frauen masochistische, 7 % sadistische, 14 % fetischistische, 9 % voyeuristische, 2 % exhibitionistische, 3 % frotteuristische (das Reiben des eigenen Körpers an dazu nicht bereiten Personen zwecks sexueller Erregung) und 3 % pädophile Phantasien. Berücksichtigt werden muss bei der Bewertung der Ergebnisse allerdings, dass sie wegen der Stichprobenselektion nicht repräsentativ ist. Darüber hinaus war die Stichprobe von 108 Frauen recht klein, so dass 1 % bedeutet, dass es sich konkret auch nur um etwa 1 Frau gehandelt hat (S. 77).
Fragen zur Diagnostik und Klassifikation sexueller Abweichungen werden im fünften Kapitel beantwortet. Inhaltlich werden alle in der ICD-10 vorhandenen sexuellen Präferenzstörungen kurz anhand ihrer Codierung erläutert und darüber hinaus auch die anderen Störungen der Sexualpräferenz mit ihren Begrifflichkeiten wie z.B. Nekrophilie, Sodomie, Exkrementenparaphilie, Klismaphilie, Asphyxie, Somnophilie. Dieses Kapitel kann gut für systemische Interviews in der Einzel- oder Paartherapie verwendet werden, da es die Merkmale sexueller Abweichungen ausreichend exploriert.
Das sechste Kapitel geht auf die Ursachen und Erklärungsmodelle sexuell abweichenden Verhaltens ausreichend ein. Es werden u.a. die Charakterstrukturen paraphiler Männer, die biologischen und medizinischen Gründe für abweichendes Sexualverhalten, die Möglichkeiten konditionierter Prozesse und Selbstwertproblematiken beschrieben.
Das spannendste und umfangreichste Material bietet das siebte Kapitel, das die Symptomatik und den Verlauf von Fetischismus, Transvestitismus, Exhibitionismus, Voyeurismus, Frotteurismus und Toucheurismus, sexuellem Sadomasochismus, sexuellem Masochismus, sexuellem Sadismus, Pädophilie und Pädosexualität, Gerontophilie, Nekrophilie und Monomentophilie, Sodomie und Zoophilie, Exkrementophilie, Urophilie, Klismaphilie, Hypoxyphilie, Apotemnophilie und Telefonskatologie beschreibt. Dieses Kapitel bietet sehr viele Möglichkeiten für den systemischen Therapiealltag. Es lassen sich Fragen kreieren zu Wirklichkeits- und Möglichkeitskonstruktionen, zu zirkulären Konstruktionen und vor allem zu Fragen rund um die Ressourcen der Kunden. Auch innerhalb der Arbeit mit dem Familienbrett lassen sich Möglichkeiten erarbeiten, mit dem Kunden seine „Vorlieben“ offen zu stellen. Meines Erachtens kann dieses Kapitel sowohl als Lehr- als auch als Lernkapitel verstanden werden.
Das achte Kapitel beschäftigt sich auf 26 Seiten mit der Behandlung, den Rechtsmaßnahmen und der Prognose sexuell abweichenden Verhaltens. Dabei werden verschiedene psychotherapeutische Methoden, u.a. die Aversionstherapie, die Desensibilisierung, die Orgasmus-Rekonditionierung und das Flooding (Implosionstherapie) nur kurz beschrieben. Auf das multimodale Trainingsprogramm sowie die Pharmakotherapie wird ausführlicher eingegangen. Das Kapitel rundet mit einer Crossing-Tabelle (Wechseldiagnosen bei Paraphilien), in der Primär- und Sekundärdiagnosen beschrieben werden, ab.
Auch wenn das vorliegende Buch nicht explizit aus der „systemischen Werkstatt“ kommt, gehört es in jedes Bücherregal eines Systemikers. Brigitte Vetter hat ein Werk verfasst, dass sich allein schon vor dem Hintergrund der umfangreichen und differenziert vorgestellten Materialien durchzuarbeiten lohnt. Es ist unkompliziert geschrieben und viele Inhalte und Methoden können in die praktische Arbeit integriert werden. Fazit: 100 komplizierte Fragen wurden kompakt und ausführlich beantwortet.
Verlagsinformation:
Um sich für dieses Buch zu interessieren, brauchen Sie nicht „pervers“ zu sein. Vielleicht haben Sie nur Fragen, weil Sie Betroffene kennen oder weil Sie beruflich damit beschäftigt sind oder aus ganz anderen Gründen mehr erfahren möchten. Leicht und gut verständlich werden Sie von einer kompetenten Psychotherapeutin klar und sachlich über diese Themen informiert: Fetischismus, Transvestitismus, Exhibitionismus, Voyeurismus, Frotteurismus, Sadomasochismus, Pädophilie, u.a. Störungsbilder. Weiterhin geht es um rechtliche Fragen sowie um geschichtliche Hintergründe und viele andere mehr. Ein kleines Lexikon der sexuellen Abweichungen rundet den Inhalt gelungen ab. Dieses Buch entspricht den Praxis- und Behandlungsleitlinien von 2007 und bringt Sie damit auf den aktuellsten Stand.
Inhalt:
Einführung: Perversionen – für die Leser psychologisch ein Dilemma
I. Definitionen und Begriffe: Sexuelle Gesundheit – sexuelle Störung – sexuelle Abweichung
Sexuelle Gesundheit Sexuelle Störung Krankheitsklassifikation Sexuelle Abweichung Begriffe
II. Normen und Strafrecht
Sexuelle Maßstäbe Ursprung Sinn Sexualkriminalität Rechtsnormen Sexualstrafrecht
III. Geschichte und Hintergründe
Normverstöße Sexualität und Liebe Sexualwissenschaft Psychiatrie, Perversion und Forschung Homosexualität
IV. Häufigkeit und Vorkommen
Epidemiologische Probleme Prävalenz Vorkommen Reproversionen Männer Kriminalstatistiken
V. Diagnostik und Klassifikation
Diagnose Definition Klassifikation Psychiatrische Diagnostik Leitsymptome Klassifikation und Prognose Diagnostik Psychoanalytische Diagnostik Differenzialdiagnostik Diagnoseprozess
VI. Ursachen und Erklärungsmodelle
Entstehung Charakterstruktur Dissexuelle Täter Sexualgewalttäter Organische Ursachen Psychische Ursachen Tiefenpsychologische Ursachen Sigmund Freuds Triebtheorie Triebtheoretisches Erklärungsmodell Gestörtes Selbstwertgefühl Sexualdelinquenten Sexueller Übergriff
VII. Symptomatik und Verlauf
Partnereinbindungen Crossing und Begleiterkrankungen Verlauf Fetischismus Fetische Fetischisten Krankheitsklassifikation Fetischismus Transvestitismus Fetischistischer Transvestitismus Transvestitismus Cross-Dressing Transsexueller Fetischismus Verlauf und Vorkommen Leidensdruck Verkleidungsmotive Ursachen Exhibitionismus Exhibitionisten Exhibitionistischer Ansatz Persönlichkeitsprofile Verlauf und Häufigkeit Crossing Ursachen Voyeurismus Lust am Zuschauen Hintergründe Entstehung Frotteurismus und Toucherismus Merkmale Hintergründe Toucherismus Sexueller Sadomasochismus Sexueller Sadomasochismus Praktiken, Strafbarkeit, Häufigkeit und Folgen Ursachen Sexueller Masochismus Erscheinungsformen Gefahr, Verbot und Geschlechtsverteilung Erklärungsansätze Sexueller Sadismus Praktiken und Erscheinungsform Folgen, Häufigkeit und Verlauf Sadismuskriterien, Risiken und Lustmorde Entstehung Pädophilie und Pädosexualität (sexueller Kindesmissbrauch und Inzest) Pädosexualität, sexueller Kindesmissbrauch und Inzest Sexueller Kindesmissbrauch Unterschiede Persönlichkeitsprofile, Häufigkeit und Vorkommen Inzest Latenter Inzest Diagnose, Therapie und rechtliche Folgen Erklärungsansätze Gerontophilie, Nekrophilie und Monomentophilie (Pygmalionismus) Alte und leblose Menschen Sodomie und Zoophilie Unzucht mit Tieren Exkremtophilie, Urophilie, Klismaphilie, Hypoxyphilie (Asphyxophilie), Apotemnophilie, Telefonskatologie Masochistische Praktiken und obszöne Telefonanrufe
VIII. Behandlung, Rechtsmaßnahmen und Prognose
Überblick Psychotherapeutische Methoden Multimodale Trainingsprogramme Pharmakotherapie Chirurgische Kastration Somato-psychotherapeutisches Behandlungsschema Rechtliche Aspekte Prognose Anhang Kleines Lexikon der sexuellen Abweichungen Literaturverzeichnis Sachwortregister
Vorwort der Autorin:
Zweck und Anliegen des vorliegendes Buches ist es, fachlich fundiertes Wissen und den neuesten Erkenntnisstand über die Hintergründe der einzelnen sexuellen Präferenzstörungsbilder auch Laien verständlich zu vermitteln. Dazu wurden 100 Fragen beantwortet, die mir im Laufe meiner langjährigen psychotherapeutischen Praxis in irgendeiner Weise gestellt worden sind, entweder in meiner Funktion als Sexualtherapeutin oder auch „ganz nebenbei“, z.B. wenn wieder einmal ein Sexualdelikt durch die Presse ging oder ein Kinderpornographiering ausgehoben wurde und die Öffentlichkeit bewegt.
Neben den Ursachen, der Symptomatik und Behandlung der wichtigsten, im internationalen (ICD-10) und im amerikanischen Diagnoseschlüssel (DSM-IV-TR) aufgeführten Erscheinungsbilder wie
Fetischismus, Transvestitismus, Exhibitionismus, Voyeurismus, Frotteurismus, Sadomasochismus, Pädophilie und anderer Störungsbilder befasst sich das Buch auch mit Fragen zur Häufigkeit, zum Vorkommen, zum Verlauf, zu Begleiterkrankungen, zu diagnostischen und zu prognostischen sowie zu rechtlichen Problemen.
Darüber hinaus geht es auf geschichtliche Hintergründe ein, so z.B. auf den Umgang mit sexuellen Abweichlern in früheren Epochen und auf die verschiedenen Einstellungen zur Homosexualität.
Daneben beleuchtet es auch Themen wir die der sexuellen Gesundheit und der sexuellen Normen sowie des Sexualstrafrechts in Deutschland und in der Schweiz.
Im Anhang wurde ein kleines Lexikon der sexuellen Abweichungen hinzugefügt.
Da Sexualpräferenzstörungen, früher nannte man sie Perversionen, ein polarisierendes, heikles und brisantes Thema sind, habe ich eine Einleitung vorangestellt, in der ich versuchte, das psychologische Dilemma des Lesers auszudrücken, der in seinen Empfindungen zwischen Neugierde, Abscheu, Angst und Ekel hin- und hergerissen sein wird und sich vielleicht erregende Gefühle nicht so gerne eingestehen mag.
Aber auch für die Betroffenen ist das Erleben kaum weniger zerrissen. Der kurzen Lust folgt bald die Scham, manchmal auch die sexuelle Süchtigkeit. Außenseiterpositionen, zerbrochene Beziehungen, Gefühle des Versagens und soziale Isolation sind meist irgendwann die Folgen.
Das Buch ist so geschrieben, dass es für alle interessierte Laien, seien es Betroffene oder deren Angehörige, Journalisten oder andere Berufsgruppen, leicht verständlich ist. Aber auch Fachleute aus dem psychologischen, kriminologischen, juristischen, pädagogischen oder medizinischen Bereich werden es mit Gewinn lesen können, da es den Praxis- und Behandlungsleitlinien von 2007 entspricht und damit den aktuellsten Wissensstand enthält
Über die Autorin:
Brigitte Vetter Dipl.-Psychologin und psychologische Psychotherapeutin in eigener Kassenpraxis. Daneben langjährige Tätigkeit als Sexual- und Paartherapeutin in einer Sexualberatungsstelle sowie als Psychotherapeutin in der psychologischen Beratungsstelle für Studenten der Universität Kiel. Außerdem früher Lehrbeauftragte der Universität Kiel und Fachdozentin für Pflegeberufe. Ausbildung in tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie, Katathym-imaginativer Psychotherapie, Sexualtherapie, Klinischer Hypnotherapie, Verhaltens- und Gesprächstherapie, Hypnose, Entspannungsverfahren.
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