Start
Bücher
Neuvorstellungen
kurz vorgestellt
Klassiker
Vorabdrucke
Zeitschriften
Familiendynamik
Konfliktdynamik
Journ. of Fam.Ther.
Family Process
Kontext
OSC
perspekt. mediation
Psychoth. im Dialog
Psychother.Soz.Wiss.
rpm
Soziale Systeme
systeme
System Familie
systhema
ZSTB
Links
Beiträge
Feldpost
Salon
Interviews
Nachrufe
Glossen
Luhmann-Special
Kongressgeschichten
"Das erste Mal"
Begegnungen
Blinde Flecke
Mauerfall 1989
Von Klienten lernen
Bibliothek
edition ferkel
Berichte
Nachrichten
Kalender
Newsletter
Konzept
Institute
Info
Autoren
Kontakt
Impressum
Druckversion Druckversion
Copyright © 2013
levold system design
Alle Rechte vorbehalten.
systemagazin logo

Neuvorstellung zur Übersicht
12.10.2008
Humberto Maturana & Bernhard Pörksen: Vom Sein zum Tun. Die Ursprünge der Biologie der Erkenntnis
Maturana Pörksen: Vom Sein zum Tun Carl-Auer-Verlag, Heidelberg 2008 (2. Auflage)

222 S., kartoniert

Preis: 19,95 €

SBN-10: 3896706691
ISBN-13: 978-3896706690
Carl-Auer-Verlag





Tom Levold, Köln:

Humberto Maturana, der vor kurzem seinen 80. Geburtstag feierte, hat mit seinen Arbeiten zur Autopoiese lebender Systeme in den 80er Jahren beträchtlichen Einfluss auf die Entwicklung der systemischen Theorie und Praxis gehabt. Nicht zuletzt ist er hierzulande berühmt geworden, weil Niklas Luhmann seinen Begriff der Autopoise aufgenommen und auf die Beschreibung sozialer Systeme übertragen hat, übrigens gegen den Protest Maturanas, der dieses Konzept nach wie vor ausschließlich auf biologische Phänomene angewandt wissen will.
Ähnlich wie Luhmann dürfte aber auch Maturana mehr zitiert als gelesen worden sein. Das liegt sicher auch an einer abstrakten, sperrigen, ja zuweilen hermetischen Sprache, in der er sich nicht nur schriftlich, sondern auch oft mündlich äußert. Auf die Frage, warum er bei der Präsentation seiner Gedanken auf ungewöhnliche Metaphern, Parabeln oder persönliche Geschichten verzichte, antwortet Maturana in diesem Buch: „Geschichten, Metaphern und Bilder zu verwenden, scheint mir (…) überhaupt nicht sinnvoll. Ich finde es keine gute Idee, den Beobachter Humberto Maturana mit seinen persönlichen Erlebnissen vorzustellen; das will ich auch nicht, weil es ja nicht um das Operieren eines einzelnen Beobachters geht, sondern um die Operation des Beobachtens insgesamt. Entscheidend ist die Einsicht, dass ein Beobachter das von ihm Wahrgenommene durch seine Unterscheidungen spezifiziert, darauf kommt es an. Auch Metaphern verwende ich nicht, denn in ihnen vermischen sich Bereiche: Sie scheinen leicht zu verstehen, aber beeinträchtigen faktisch das Verständnis. Ich halte Metaphern für irreführend - und habe deshalb vor einiger Zeit das Wort Isopher vorgeschlagen: Das sind Aussagen, die selbst ein Beispiel für dasjenige darstellen, das man gerade bespricht oder beschreibt. Es sind Aussagen, die selbst Fälle dessen sind, was sie veranschaulichen sollen. Hier gibt es nicht, wie eben im Fall einer Metapher, verschiedene Bereiche, die dann aufeinander bezogen werden, um ein Verstehen zu ermöglichen“ (S. 202f.). Unabhängig von der Frage, ob ein solches Verständnis von Metaphern hilfreich ist, verweist die Antwort doch auf ein zentrales Motiv Maturanas, nämlich eine zirkuläre Epistemologie zu formulieren, die eine Erklärung des Lebens im Leben selbst sucht, indem sie beschreibt, wie lebende Systeme (Zellen) ihre eigene Struktur durch ihre Operationen autopoietisch, d.h. ausschließlich durch die eigene Struktur determiniert hervorbringen. Zur Darstellung dieser Theorie wählt Maturana ebenfalls eine zirkuläre Form, die dem Leser einiges abverlangt, weil sie - ähnlich wie die Erklärung interner Relationen neuronaler Zustände durch Verweis auf andere interne Relationen - ihre Aussagen in ein komplexes Geflecht zirkulärer Verweise einbettet und alle gewohnten linearen Argumentationsweisen durchbricht. Aus diesem Grund ist es manchmal schwer, die Idee in allen ihren Konsequenzen nachzuvollziehen bzw. ihre Darstellung nicht einfach tautologisch zu finden.
Rechtzeitig zum 80. Geburtstag Maturanas hat der Carl-Auer-Verlag ein Buch neu aufgelegt, das den Zugang zum Werk Maturanas auf eine gelungene Weise eröffnet. Berhard Pörksen, Journalistik-Professor aus Hamburg, ist in der systemischen Szene schon durch einige Bücher bekannt geworden, in denen er Pioniere des kybernetischen und systemischen Ansatzes interviewt hat. „Die Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners“, ein langes Gespräch mit Heinz von Foerster in Buchform, ist sicherlich das Bekannteste und ein Dauerbrenner auf der Backlist des Carl-Auer-Verlages.
Das vorliegende Buch ist 2002 zuerst erschienen. Nachdem die Idee der beiden Autoren, die „Neurosophie“ Maturanas, d.h. seine „besondere Mischung aus strengem und wildem Denken an der Grenze von Naturwissenschaft und Philosophie, in dialogischer Form“ zu präsentieren (10), schon im Jahre 2000 bei einem ersten Besuch Pörksens in Santiago de Chile verabredet worden war, reiste dieser 2001 erneut nach Santiago, wo er Maturana eine Woche lang an unterschiedlichen Orten traf und die Gespräche führte, die diesem Buch zugrunde liegen.
Das Material wurde dann in vier Teile gegliedert, wobei der erste Teil, nämlich die Einführung in den „Kosmos einer Theorie“ der Autopoiese, die Hälfte des Bandes einnimmt. Hier geht es um die zentralen Fragen von Objektivität, Wahrheit und Freiheit, um die Autonomie und Strukturdeterminiertheit lebender Systeme, ihre operationale Geschlossenheit und die Bedeutung von Kommunikation und Sprache für die Entwicklung der menschlichen Welt. Der zweite Teil ist der Anwendung der Theorie auf Psychotherapie und Pädagogik gewidmet, der dritte Teil „Geschichte einer Theorie“ geht genauer auf die persönliche Geschichte und die Erfahrungen Maturanas in Chile ein. Der abschließende vierte Teil ist der „Ethik einer Theorie“ gewidmet.
Allem vorgeschaltet ist noch ein Vorwort Maturanas, das seinen Beobachterstandpunkt zusammenfasst. In ihm macht er noch einmal deutlich, dass er die „metaphysische Einstellung unserer Kultur, die Existenz einer von uns unabhängigen Realität als das transzendentale Fundament allen Geschehens selbstverständlich vorauszusetzen, aufgegeben“ hat (14), denn eine solche Haltung „zieht notwendig eine Haltung nach sich, die den Körper als das Fundament menschlichen Wissens, menschlichen Verstehens und menschlichen Bewusstseins ablehnt und eine Erkenntnistheorie entstehen lässt, in der der Körper die Suche nach wahrer Erkenntnis stört und behindert. Eine metaphysische Haltung dagegen, die nicht auf der apriorischen Annahme der Existenz einer transzendentalen Realität beruht, befasst sich nicht mit Wesenheiten, sondern akzeptiert, dass alles, was ein menschliches Wesen tut, aus der Dynamik seines Körpers im Prozess der Selbsterhaltung durch die Interaktion mit einem geeigneten Milieu entsteht. Aus einer solchen metaphysischen Haltung heraus werden Körper und Körperdynamik vom Beobachter als das Fundament allen menschlichen Tuns erkannt, und der Beobachter stellt die oben angeführten Fragen nach dem generellen Schema ‚wie tun wir, was wir tun?‘ im vollen Bewusstsein der Tatsache, dass unsere Existenz als menschliche Wesen sich in unserem relationalen Raum in der Verwirklichung unserer Körperdynamik vollzieht“ (15).
Wer Humberto Maturana persönlich kennen gelernt hat, weiß, dass ein Interview mit ihm keine leichte Angelegenheit sein kann. Die ebenso beeindruckende wie ungeheure Unbeirrbarkeit, mit der er seine Antworten auf welche Fragen auch immer entwickelt, hat schon Kurt Ludewig fasziniert, der Maturana 1984 kennenlernte und bald das Buch „Baum der Erkenntnis“ ins Deutsche übersetzte, das von Maturana gemeinsam mit Francisco Varela in eben diesem Jahr geschrieben wurde. Ludewig hat Mitte der 80er Jahre ein langes Gespräche mit Maturana aufgezeichnet und 1992 unter dem Titel „Conversaciones con Humberto Maturana: Preguntas del psicoterapeuta al biólogo“ herausgebracht, deren deutsche Übersetzung aber leider niemals als Printfassung erschienen ist, wohl aber 2006 als Online-Veröffentlichung in der Systemischen Bibliothek des systemagazin. In seinem Vorwort schreibt Kurt Ludewig, selbst chilenischer Herkunft, über seine Gesprächserfahrung mit Maturana: „Ich beabsichtigte, meine Fragen auf deutsche Art und Weise zu stellen, das heißt, schonungslos direkt und diszipliniert. Kaum hatte ich aber eine Frage ausgesprochen, war Humberto schon dabei, eine Antwort derart zu entwickeln, als würde er aus einem vorgeschriebenen Text vorlesen. Dies hat mich dermaßen beeindruckt, dass ich von da an unter anderem dazu bereit war, ihm seinen arg umständlichen Schreibstil zu verzeihen. Am eigenem Leibe konnte ich erleben, dass Humberto nicht nur mit der Sorgfalt eines detailverliebten Malers schreibt, sondern auch so denkt und spricht. Viele seiner Antworten trieben mich vor Ort in derartige Schwindelgefühle, dass ich erst im nachhinein, als mir die Transkripte vorlagen, in der Lage war, sie nachzuvollziehen“.
Während Kurt Ludewig das Gespräch mit Maturana aus einer Position besonderer Nähe heraus führte, die sich auch aus der Tatsache ergibt, dass er selbst - nicht nur als Übersetzer - einiges dazu beigetragen hat, das Werk Maturanas in deutschen Therapeutenkreisen bekannt zu machen, geht Pörksen distanzierter ans Werk, eher als kritischer Journalist, der trotz aller Vertrautheit mit dem Werk versucht, den neugierigen Abstand des Beobachters aufrecht zu erhalten. Damit macht er sich auch zum Sprecher des Zweifels an den vorgetragenen Ideen und zwingt Maturana immer wieder, aus der Abstraktion seiner Antworten herauszutreten und Argumente zu präzisieren oder ihre Folgen für das alltägliche Wahrnehmen und Handeln zu bestimmen. Pörksen ist dabei ebenso beharrlich wie Maturana, stellt seine Beharrlichkeit aber ganz in den Dienst der Verständlichmachung von dessen Positionen. So argumentiert Maturana beispielsweise, dass die Unmöglichkeit, sich bei der Begründung des eigenen Handelns auf eine objektive Welt als Basis von Wahrheit zu beziehen, weder zu einer Haltung vollständiger Toleranz noch zur Handlungsunfähigkeit führen darf: „Man verweist nicht mehr auf eine transzendentale Realität oder Wahrheit, um seinem Handeln ein Fundament zu geben, sondern man agiert im vollen Bewusstsein der eigenen Verantwortung: Weil man diese Welt, die sich einem da zeigt, nicht mag und will, wird man aktiv und lehnt einen Menschen auf eine verantwortungsbewusste Weise ab oder trennt sich in gegenseitigem Respekt“ (48). Hier hakt Pörksen nach und fragt nach einer genaueren Unterscheidung von Toleranz und Respekt, die ja häufig synonym verwandt würden. Maturana: „Stimmt, aber das ist ein gewaltiger Fehler. Vielleicht hilft hier ein Beispiel weiter: Churchill besaß großen Respekt vor Hitler - und konnte deshalb erkennen, was Hitler vorhatte, um sich dann gegen den Nationalsozialismus zu stellen. Chamberlain war es dagegen, der Hitler mit einer enormen Toleranz begegnete - und er war daher unfähig, ihn wirklich einzuschätzen und traf vollkommen unsinnige Übereinkünfte mit diesem Mann.“ Pörksen spitzt hier noch einmal zu: „Diese Haltung des Respekts könnte demnach auch dazu führen, dass man sich irgendwann - im vollen Bewusstsein der eigenen Verantwortung - entscheidet, zum Gewehr zu greifen?“ Maturana: „Natürlich; man wird vielleicht Mein Kampf lesen und womöglich erkennen, dass Hitler hier in großer Offenheit seine Ansichten und Ziele kundtut. Dann muss man sich entscheiden, ob man die Welt, die hier beschrieben wird, und das Programm, das sich hier offenbart, tatsächlich unterstützen möchte. Es ist der Respekt für die Wirklichkeit des anderen, die einem die genaue Einschätzung und die bewusste Handlung ermöglichen: Man hört ihm zu, um sich dann zu entscheiden. - Wer seinen Feind toleriert, so behaupte ich, der sieht ihn nicht, weil seine Überzeugungen die eigene Wahrnehmung trüben; wer ihn dagegen respektiert, der vermag ihn zu erkennen - und dann auch, wenn ihm dies nötig erscheint, gegen ihn vorzugehen“ (48f). Erkennbar wird: der Konstruktivismus bietet zwar keine Folie für die Richtigkeit des eigenen Handelns, verlangt aber um so nachdrücklicher, dass alles Handeln verantwortet werden muss, ohne sich auf eine „höhere Macht“ herausreden zu können.
An dieser Stelle könnte man einwenden, dass die Idee der Strukturdeterminiertheit lebender Systeme womöglich auf die derzeitig offensichtlich attraktive Vorstellung hinauslaufen könnte, dass der Mensch nicht in der Lage sei, freie Entscheidungen zu treffen, da all sein Handeln durch seine Hirnstruktur und seine neurologische Entwicklung determiniert sei. Nicht von ungefähr hat sich der Protagonist der These von der Unmöglichkeit der freien Entscheidung, Gerhard Roth, in den 80er Jahren massiv auf Maturana bezogen. Im vorliegenden Buch ist aber nicht nur viel von Freiheit die Rede, man gewinnt auch den Eindruck, dass Freiheit geradezu ein Schlüsselkonzept für das Werk Maturanas darstellt. Pörksen: „Verantwortlich handeln heißt also, sich um den anderen zu kümmern und dann die eigene Tätigkeit zu beobachten und entsprechend zu klassifizieren“. Maturana: „Exakt. Man ist sich der jeweiligen Umstände bewusst und bedenkt die Konsequenzen der eigenen Aktivitäten. Man fragt sich, ob man der sein möchte, der man ist, indem man tut, was man tut. Im Moment der Selbstbeobachtung verschwinden die Sicherheiten und die Gewissheiten, die man hat, wenn man ohne Reflexion agiert. Wenn man aufgrund der sprachlichen Operation eine Form der Betrachtung und ein Bewusstsein erzeugt hat, die einem die Beobachtungen ermöglichen, dann handelt man in einem nächsten Schritt gemäß den eigenen Vorlieben und Präferenzen - und agiert entsprechend verantwortlich. Und wenn man sich in einem weiteren Schritt darum bemüht herauszufinden, ob man die eigenen Vorlieben und Präferenzen schätzt und weiterhin vertreten möchte, dann ist man frei. Mag ich meine Vorlieben? Gefällt mir die Entscheidung, die ich getroffen habe und von der ich soeben gesagt habe, dass sie mir gefällt und meinen Wünschen entspricht? In diesem Moment der Reflexion der eigenen Wahl wird Freiheit zur Erfahrung, obwohl man natürlich nach wie vor als ein strukturdeterminiertes System operiert“ (80). Freiheit und Verantwortung ergeben sich also gerade erst aus der Möglichkeit von Sprache und Reflexion, „Die Welt entsteht in Sprache“ (94).
Der Begriff der Autopoisis hat seit seiner Formulierung 1970 eine erstaunliche Karriere gemacht, auf die ebenfalls im vorliegenden Buch eingegangen wird, vor allem auf die Übernahme und Verwandlung des Begriffes durch Niklas Luhmann. Maturana grenzt sich hier allerdings scharf von Luhmann ab: „Autopoiesis - verstanden als ein biologisches Phänomen - handelt von einem Netzwerk von Molekülen, die Moleküle hervorbringen. Moleküle produzieren Moleküle, fügen sich zu Molekülen zusammen, lassen sich in Moleküle zerteilen. Niklas Luhmann geht jedoch nicht von Molekülen aus, die Moleküle erzeugen, sondern alles dreht sich um Kommunikationen, die Kommunikationen produzieren. Er glaubt, es handele sich (…) um eine vergleichbare Situation. Das ist nicht korrekt, denn Moleküle erzeugen Moleküle ohne fremde Hilfe, ohne Unterstützung. Das heißt: Die Autopoiesis ereignet sich in einem Bereich, in dem die Interaktionen der Elemente, die ihn konstituieren, Elemente derselben Art hervorbringen, das ist entscheidend. Aber Kommunikationen setzen Menschen voraus, die kommunizieren“ (112). „(Luhmann hat) diese Form der Beschreibung gewählt (…), um universale Aussagen zu machen. Das war der Grund; er hat eine Art und Weise der Beschreibung gewählt, die - einem mathematischen System vergleichbar - formalen Charakter besaß. Was geschieht nun, wenn Menschen mit ihren Vorlieben und Abneigungen, ihren Wünschen und Emotionen auftauchen? Sie bedrohen die Schönheit der formalen Beschreibung, sie gefährden die Eleganz des Formalismus“ (114). Pörksen: „Gleichwohl ließe sich die Weigerung, den Menschen in ein Element der eigenen Theorie zu verwandeln, auch als eine besondere Form der Wertschätzung zu verstehen“. Maturana: „Das ist möglich, aber man braucht notwendig auch in einem solchen Entwurf diejenigen Menschen, die sich beklagen und die Einspruch gegen ihre Charakterisierung erheben können. Wenn man Menschen diese Möglichkeit nimmt, dann behandelt man sie als frei verfügbare Objekte; sie haben dann den Status von Sklaven, werden also zum Funktionieren gezwungen, ohne dass man ihnen die Möglichkeit der Klage zugesteht, wenn ihnen nicht gefällt, was mit ihnen geschieht. Eine derartige Behandlung und Missachtung anderer Menschen ist die gängige Praxis in bestimmten Firmen, Gemeinschaften und Ländern, die das Individuum negieren. Bei einem sozialen System, das die Beschwerde und die Klage nicht gestattet und prinzipiell ausschließt, handelt es sich nicht um ein soziales System. Es handelt sich um Tyrannei“ (ebd.).
Für Maturana steht daher der empfindende, sich mitteilende, individuelle Mensch nicht nur in der Theorie, sondern auch in deren Anwendung, etwa in der Psychotherapie oder Pädagogik, immer im Mittelpunkt. Alle Menschen seien in ihrer Existenz gleichermaßen legitim und „in gleicher Weise intelligent“ (143), Vorstellungen, man könne die Trennung von Pathologischem und Normalem objektiv begründen, dienen der Exklusion von Menschen aus ihren sozialen Bezügen: „Die Zuschreibung von Krankheit (bildet) die Begründung, um jede weitere Diskussion zu beenden“ (130).
Im ausführlichen dritten Teil entlockt Bernhard Pörksen seinem Gesprächspartner persönliche Geschichten über seine Entwicklung und seinen wissenschaftlichen Werdegang. Maturana, dessen Eltern sich schon bald nach seiner Geburt getrennt hatten, wurde von seiner Mutter, die als Sozialarbeiterin und gelegentlich als Tänzerin arbeitete, alleine aufgezogen. Mit 11 Jahren erkrankte er schwer an Tuberkulose, die damals noch nicht gut behandelt werden konnte. Heute führt er seine intensive Beschäftigung mit der Frage nach dem Leben und Tod auf diese existenzielle Erfahrung zurück. Nach dem Studium der Biologie begann Maturanas wissenschaftliche Karriere, die ihn in den 50er Jahren in die USA führte, wo er u.a. am berühmten MIT, dem Massachusetts Institute for Technology, forschte. Seine lebendigen Schilderungen von Begegnungen mit dem Neurophysiologen Jerry Lettvin, dem Star der „Künstlichen Intelligenz“ Marvin Minsky, aber auch den Kybernetikern Warren McCulloch und Walter Pitts (mit denen er freilich damals wenig zu tun hatte) sind spannend und unterhaltsam zu lesen. 1960 entschied er plötzlich, seine internationale Karriere abzubrechen und nach Chile zurückzukehren: „Für diese Entscheidung gab es mehrere Gründe. Zum einen war ich in Chile vor der harten Konkurrenz des Wissenschaftsbetriebes geschützt. Ich bin überhaupt niemand, der gerne konkurriert, der darauf aus ist, seine Ideen in Opposition zu anderen zu entwickeln oder sie als Kritik bereits vorhandener Theorien und Konzepte zu präsentieren, sondern ich bevorzuge eine unabhängige Form der Existenz, die die Freiheit der Reflexion nicht einengt. Wer nicht konkurriert, der kann sich auf seine besondere Qualität besinnen und ist sich selbst und in eigener Verantwortung der entscheidende Maßstab. Es geht nicht mehr darum, ob man mehr Aufsätze publiziert als ein anderer, ob man weiterkommt, besser dasteht, mehr Experimente vorzuweisen hat, sondern man ist in seinem Denken autonom und orientiert sich nicht an den Erwartungen, die irgendwer haben mag. Wer dagegen konkurriert, der benutzt die Arbeit eines anderen Menschen als den auch für die eigene Person entscheidenden Qualitätsmaßstab“ (159f.).
Sehr eindrucksvoll ist, wie Maturana diese Haltung des autonomen Außenseiters - der seine Heimat nicht in der Einbindung in eine Gruppe sucht, sondern ausschließlich in seiner eigenen Autonomie und Selbstachtung - in seinem gesamten persönlichen, politischen und wissenschaftlichen Leben durchgehalten hat. Ein größerer Abschnitt gilt der Zeit der politischen Revolution in Chile, die Maturana als außenstehender, wenngleich wohlwollender Beobachter aufmerksam verfolgt hat, nachdem er Ende der 60er Jahre noch ein paar Monate am Biological Computer Laboratory BLC in Illinois verbrachte, mit dessen Leiter Heinz von Foerster ihn seitdem eine langjährige Freundschaft verband. Mit dem Putsch Pinochets brachen auch für Maturana harte Zeiten an, da seine Außenseiter-Position an der Universität von den Machthabern mit großem Misstrauen beobachtet wurde. Während sein früherer Schüler und späterer Kollege Francisco Varela das Land verließ, blieb Maturana in Chile. Sein Ziel, seine Würde und Selbstachtung aufrechtzuerhalten, hat er seinen Worten nach jedoch nicht mit einer heroischen Haltung umzusetzen versucht, sondern mit „Heuchelei“: „Ich habe den Entschluss gefasst zu heucheln, um am Leben zu bleiben und meine Familie und meine Kinder zu schützen. Gleichzeitig versuchte ich, mich auf eine Weise zu bewegen und zu benehmen, die jede Gefährdung meiner Würde und Selbstachtung zu vermeiden half. Ich ging bestimmten Situationen aus dem Weg, respektierte die Ausgehsperre, diskutierte manche Themen nicht mehr in der Universität. - Als die Soldaten kamen und mich aufforderten, meine Hände zu heben und mich an die Wand zu stellen, hob ich meine Hände und stellte mich an die Wand. Damals war ich mir jedoch ganz klar, dass es einen Moment geben würde, in dem ich nicht mehr bereit wäre, dem Regime des Diktators Macht zu verleihen“ (184).
Auf Pörksens Frage, wie man sicher sein könne, dass die eigene Heuchelei nicht eine raffinierte Form des Selbstbetruges darstelle, antwortet Maturana: „Wirklich gefährlich wird es, wenn man behauptet, man selbst sei immun gegen die Versuchungen der Macht. Man ist dann blind für seine eigene Verführbarkeit, für den Genuss der Machtausübung, für die Freuden der unkontrollierten Ausübung von Kontrolle. Meine Auffassung ist, dass man niemals glauben sollte, man sei in moralischer oder irgendeiner anderen Hinsicht etwas Besonderes: Man ist dann auf die Situation, die einen vielleicht zu einem Folterer werden lässt, gedanklich nicht vorbereitet. Wer sich für immun hält, wird, so glaube ich, in einer bestimmten Situation am ehesten zum Folterer. Er ist sich seiner eigenen Verführbarkeit nicht bewusst. (…) Eine solche Einsicht erlaubt es, das eigene Leben bewusst zu führen und sich zu entscheiden, ob man sich für die Demokratie oder die Diktatur engagiert“ (186f.).
Die Betonung der eigenen Unabhängigkeit, die Maturana weder unter verlockenden noch widrigen Umständen jemals aufgegeben hat, wird in diesem Interview eindrucksvoll und glaubwürdig demonstriert. Maturana macht sich weder etwas aus Kritik noch aus Lob, seinen Einfluss auf die systemische Szene betrachtet er distanziert heiter als den einer Sternschnuppe: „Der Enthusiasmus Einzelner ist immer von begrenzter Dauer. Das geht vorbei. Den Komplimenten, die man mir gemacht hat, habe ich nie eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Ich höre sie mir an, bedanke mich - und lasse das Gesagte an mir vorüberziehen. Das sollte nicht als Zeichen von Arroganz missverstanden werden, aber ich bin mir mancher Versuchungen, auch der Versuchung des Ruhmes, bewusst“ (204).
Wer sich nicht nur mit den Gedanken Maturanas vertraut machen, sondern auch einen Eindruck von seiner Persönlichkeit gewinnen will, kommt an diesem Buch nicht vorbei. Es ist spannend zu lesen und zwingt immer wieder dazu, über eigene Positionen nachzudenken. Bernhard Pörksen ist es gelungen, die enorme Präsenz und Ausstrahlung Humberto Maturanas ebenso wie seine philosophischen Überzeugungen als beharrlicher und neugieriger, aber auch respektvoller Gesprächspartner herauszuarbeiten. In einem Gespräch bleiben viele Fragen zwangsläufig offen, gerade auch Fragen theoretischer Natur. Es kann dann als gelungen betrachtet werden, wenn es ein stimmiges Portrait des Befragten zu zeichnen in der Lage ist. Dies zu können, ist sicherlich ein großes Talent von Bernhard Pörksen. Es gibt wohl kaum eine Veröffentlichung, die der Leserschaft die Person von Humberto Maturana auf bessere Weise nahebringen würde.





Ein Ausschnitt aus dem Gespräch "Autopoetische Maschinen und die Organisation des Lebendigen in "Gegenworte - Hefte für den Disput über Wissen"

Ein weiterer Ausschnitt über die Ohnmacht der Macht und die Diktatur bei Telepolis

Zur website von Bernhard Pörksen





Verlagsinformation:

Zu Beginn des letzten Jahrhunderts waren es die Physiker, die das naturwissenschaftliche Weltbild revolutionierten. Heute sind es die Biologen, die unser Verständnis der Erkenntnis- und Lebensprozesse radikal verwandeln: Sie ergründen das Geheimnis des Bewusstseins und zeigen, dass der Beobachter und das Beobachtete, das Subjekt und das Objekt, im Akt des Erkennens unauflösbar miteinander verbunden sind. Die Welt, in der wir leben, ist nicht unabhängig von uns; wir bringen sie buchstäblich selbst hervor. Zu den Protagonisten dieses neuen Denkens in der Naturwissenschaft gehört der berühmte Neurobiologe und Systemtheoretiker Humberto R. Maturana. In Gesprächen mit dem Kommunikationswissenschaftler Bernhard Pörksen erkunden beide die Grenzen unseres Erkenntnisvermögens, diskutieren die Wahrheit der Wahrnehmung und die Biologie der Liebe und entwerfen – konkret, anschaulich und fabulierlustig – eine Anleitung zum systemischen Denken.


Inhalt:


I. KOSMOS EINER THEORIE 23

1. Ohne den Beobachter gibt es nichts 24

Alles Gesagte ist gesagt 24
Am Anfang war der Unterschied 27
Erklärung der Erfahrung 30
Das Zeitalter der Selbstbeobachtung 33

2. Spielformen der Objektivität 37

Leben im Multiversum 37
Vielzahl der Welten 42
Toleranz und Respekt 46
Die ästhetische Verführung 50

3. Biologie des Erkennens 53

Das Wahrheitserlebnis 53
Epistemologie eines Experiments 54
Warum das Nervensystem geschlossen ist 58
Der doppelte Blick 62
Erkennen ist Leben 67

4. Von der Autonomie der Systeme 69

Grenzen der externen Determinierung 69
Organisation und Struktur 72
Verantwortung verstehen 77
Ein Wunder wäre nötig 82

5. Wie sich geschlossene Systeme begegnen 85

Unwahrscheinliche Interaktionen 85
Strukturelle Kopplung 88
Der Mythos gelingender Kommunikation 91
Die Welt entsteht in der Sprache 94

6. Autopoiesis des Lebendigen 97

Konfrontation mit dem Tod 97
Eine Fabrik, die sich selbst produziert 100
Autopoietische und allopoietische Systeme 104
Die zweite Schöpfung 107

7. Karriere einer Idee 109

Ein Begriff kommt in Mode 109
Kniefall vor Erich Jantsch 111
Der Mensch ist unverzichtbar 114
Systemtheorie als Weltanschauung 115

II. ANWENDUNG EINER THEORIE 119

1. Psychotherapie 120

Der Blick des Systemikers 120
Varianten des Wandels 123
Individuum und Gesellschaft 127
Konstruktion der Krankheit 129

2. Pädagogik 134

Die Paradoxie der Erziehung 134
Dem Zuhören zuhören 136
Wahrnehmung und Illusion 139
Alle Menschen sind in gleicher Weise intelligent 143

III. GESCHICHTE EINER THEORIE 147

1. Anfänge und Inspirationen 148

Erkenntnisse eines Kindes 148
Der warmblütige Dinosaurier 151
Was das Auge des Frosches dem Gehirn des Frosches erzählt 154

2. Rückkehr nach Chile 159

Konkurrenz bedeutet Abhängigkeit 159
Einsichten eines Outsiders 162
Der Tractatus biologico-philosophicus 167
Systemische Weisheit 170
Das Gehirn eines Landes 175

3. Erfahrung der Diktatur 177

Die Entstehung von blinden Flecken 177
Ideologie und Militär 179
Die Ohnmacht der Macht 182
Die Selbstachtung erhalten 185
Begegnung mit Pinochet 189

4. Welten der Wissenschaft 195

Das Paradogma 195
Zwischen Philosophie und Naturwissenschaft 198
Bemerkungen eines Beobachters 201
Pforten der Wahrnehmung 203

IV. ETHIK EINER THEORIE 207

1. Biologie der Liebe 208

Die zwei Identitäten des Wissenschaftlers 208
Vertrauen in die Existenz 211
Soziale Systeme 215
Ethik ohne Moral


Vorwort von Humberto Maturana:

Das Dasein der Menschen vollzieht sich im alltäglichen Leben. Diese Feststellung klingt banal, und sie ist in der Tat banal. Wenn ich sie dennoch treffe, dann, um herauszustellen, dass alle unsere Tätigkeiten, ob schlicht oder kunstfertig, akademisch oder handwerklich, lediglich als Ausprägungen unseres alltäglichen Lebens erscheinen, d. h. nur insofern verschieden sind von unseren häuslichen Verrichtungen, als die relationalen und operationalen Räume, in denen sie ablaufen, besondere Merkmale haben und wir damit besondere Ziele, Zwecke und Wünsche verfolgen. Dieses Buch ist eine Reflexion darüber, wie wir tun, was immer wir tun, und wie die verschiedenen darin beschriebenen Ideen im Zuge meines eigenen Lebens von Tag zu Tag entstanden sind, wenn ich versuchte zu verstehen, wie wir sehen, wie wir hören … und ganz generell, wie wir erkennen können, was wir zu erkennen beanspruchen.
Ich war ein normales Kind und lebte ein normales Leben, und vielleicht bin ich nur insoweit etwas anders als andere, als gewisse Fragen, die sich mir bereits als Kind stellten, bis heute für meine alltäglichen Aufgaben bestimmend geblieben sind. Indem ich also an diesen Fragen festhielt, lebte ich sie als Aspekte meines Alltagslebens, die ich mit den Mitteln meines Alltagslebens beantworten wollte. Das war nicht trivial. Irgendwie war ich nicht an Wesensfragen interessiert, wollte nicht wissen, wie die Dinge an sich sind, sondern wollte vielmehr herausfinden, wie sie zustande kamen. Ich liebte es, meine eigenen Spielsachen zu basteln, auf die Bäume zu klettern und auf die vielen Laute der verschiedenen Insekten zu hören. Ich liebte Insekten, Krabben, Pflanzen, Tiere überhaupt, und ich sammelte mit Begeisterung die harten Überbleibsel ihrer Körper, um herauszufinden, wie sie miteinander verwandt und auf ihre unterschiedlichen Lebensweisen abgestimmt waren.
Ich mochte es, mich zu bewegen, herumzuspringen, zu gehen und zu laufen, und so lernte ich meinen Körper ebenso kennen wie die verschiedenen Welten, in denen ich existierte, wie sie durch meine Bewegungen entstanden und wie ich sie voller Freude lebte in allem, was ich tat. Ich fühlte mich wie die Insekten und Krabben, die ich so gerne betrachtete und deren Skelette ich untersuchte, um zu verstehen, wie sie sich aufgrund ihrer Lebensweise bewegten. Ich lebte im Tun, sah im Tun, dachte im Tun . Das widerfuhr mir einfach. Als Kind meiner Kultur lebte ich aber gleichzeitig in einer Welt, die um mich herum geschah und unabhängig von mir selbstständig existierte.
Dieses Buch zeigt die Geschichte eines metaphysischen Wandels in meinem Denken und Fühlen und meiner Auffassung des Lebens und der Welten, die ich lebe. Dieses Buch enthält aber nicht die Geschichte der Reflexionen eines Philosophen oder auch die Geschichte der Unternehmungen eines Naturwissenschaftlers, es enthält vielmehr die Geschichte einiger Aspekte der experimentellen Forschung sowie der philosophischen Reflexionen eines Biologen, der sich dafür interessiert, Leben, Wahrnehmung und Erkennen als Merkmale des ungebrochenen Lebensstroms der lebenden Systeme im Allgemeinen und des Menschen im Besonderen zu verstehen. Auch wenn dieses Buch also nicht die Geschichte einer naturwissenschaftlichen Suche enthält, erzählt es doch die Geschichte der Erweiterung des Verstehens des Lebens und des Menschseins, die sich ergibt, wenn ein Biologe als Tatsache seiner alltäglichen Erfahrung akzeptiert, dass alles, was lebende Systeme im Allgemeinen und Menschen im Besonderen tun und erfahren, im Prozess der Verwirklichung ihres Lebens als lebende Systeme stattfindet. Und das bedeutet, dass dieser Biologe folglich zur Auffassung kommt, dass Leben, Erkennen und Bewusstsein biologische Phänomene sind, die als solche durch die Merkmale der Kohärenzen des Lebendigen -, und ohne irgendwelche zusätzliche Annahmen - erklärt werden können. Unsere gegenwärtige patriarchalisch-matriarchalische Kultur lebt aus einer impliziten, gelegentlich auch expliziten metaphysischen Auffassung, gemäß der alle Existenz notwendig ein Sein und Wesenheiten voraussetzt, die unabhängig sind von dem, was wir Menschen tun . Ich nenne diese metaphysische Einstellung oder diesen fundamentalen Standpunkt der Reflexion unserer patriarchalisch-matriarchalischen Kultur die Metaphysik der transzendentalen Realität.
Zentral für unsere patriarchalisch-matriarchalische Kultur ist die Trennung von Schein und Sein, und die sie beherrschende Frage zielt auf das, was ist, was wirklich ist, und nicht auf das, was wir tun, wenn wir behaupten, dass etwas der Fall ist. Unser Leben in dieser Kultur besteht in der Suche nach unserem eigentlichen Sein, nach unserem wahren Ich, in einer Suche, die sich ständig als aussichtslos erweist, weil wir ja gleichzeitig a priori akzeptiert haben, dass diese Frage im Bereich unseres alltäglichen Lebens, wo wir all das tun, was wir eben tun, unbeantwortbar bleiben muss. Und so sind wir folglich gezwungen, entweder in einen totalen Skeptizismus zu verfallen, der sich auf die Möglichkeit bezieht, uns selbst als ichbewusste, in der Sprache handelnde lebende Systeme zu verstehen. Oder aber wir fühlen uns gezwungen, in eine Art des theologischen Denkens zu verfallen, um unsere biologisch unerklärbare Existenz als menschliche Wesen zu rechtfertigen.
Dieses Buch zeigt, wie ich diese metaphysische Einstellung unserer Kultur, die Existenz einer von uns unabhängigen Realität als das transzendentale Fundament allen Geschehens selbstverständlich vorauszusetzen, aufgegeben habe, und zwar aufgrund der Einsicht, dass diese Einstellung nicht aufrechterhalten werden kann, weil sie durch unsere alltägliche Erfahrung keinerlei operationale Unterstützung erfährt. Statt also Fragen zu stellen wie "Was ist Erkennen?" oder "Was ist Bewusstsein?" und dabei vorauszusetzen, dass die Antwort darauf nur gefunden werden kann, wenn wir im Ansatz und in der Entwicklung unserer Überlegungen nach geeigneter Unterstützung in der Außenwelt suchen, begann ich Fragen anderer Art zu stellen, etwa "Wie können wir tun, was wir tun, wenn wir tun, was wir als Menschen tun ?" oder "Wie erkennen wir, was wir zu erkennen beanspruchen?" oder "Wie operieren wir als Beobachter, wenn wir in irgendeinem Bereich die Unterscheidungen machen, die wir machen?".
Solche Fragen gingen von vornherein davon aus, dass die zulässigen Antworten darauf in der Form des tatsächlichen Operierens der lebenden Systeme gegeben werden mussten. Damit akzeptierte ich explizit, dass alle die Ideen und Begriffe, die ich für die Beantwortung dieser Fragen einsetzte, aus den Kohärenzen meines Lebens als eines lebenden Systems abgeleitet worden waren, ohne dass ich irgendwelche transzendentalen Annahmen in den Prozess eingebracht hätte. Die Fragen in der Tat so zu stellen bedeutet die faktische Aufgabe der impliziten metaphysischen Einstellung oder der apriorischen Überzeugungen einer Kultur, die die Existenz einer transzendentalen Realität als das notwendige Fundament aller Existenz und somit auch als Quelle der Validierung all dessen annimmt, was wir tun oder tun können. Außerdem bedeutet eben die Tatsache, dass ich meine Fragen (z. B. "Wie können wir tun, was wir tun ?") im Rahmen meiner besonderen Einstellung formuliere, dass diese Fragen beantwortet werden können, weil sie innerhalb des Bereichs gestellt werden, in dem menschliche Wesen als lebende Systeme tun, was sie tun . Eine metaphysische Einstellung, die das Wesen des Seins für transzendental erklärt, zieht notwendig eine Haltung nach sich, die den Körper als das Fundament menschlichen Wissens, menschlichen Verstehens und menschlichen Bewusstseins ablehnt und eine Erkenntnistheorie entstehen lässt, in der der Körper die Suche nach wahrer Erkenntnis stört und behindert. Eine metaphysische Haltung dagegen, die nicht auf der apriorischen Annahme der Existenz einer transzendentalen Realität beruht, befasst sich nicht mit Wesenheiten, sondern akzeptiert, dass alles, was ein menschliches Wesen tut, aus der Dynamik seines Körpers im Prozess der Selbsterhaltung durch die Interaktion mit einem geeigneten Milieu entsteht. Aus einer solchen metaphysischen Haltung heraus werden Körper und Körperdynamik vom Beobachter als das Fundament allen menschlichen Tuns erkannt, und der Beobachter stellt die oben angeführten Fragen nach dem generellen Schema "Wie tun wir, was wir tun ?" im vollen Bewusstsein der Tatsache, dass unsere Existenz als menschliche Wesen sich in unserem relationalen Raum in der Verwirklichung unserer Körperdynamik vollzieht. Und in der Tat ist diese implizite oder explizite Annahme der Tatsache, dass wir als menschliche Wesen in der fortwährenden Erhaltung unseres menschlichen Lebens durch unsere Körperdynamik existieren, die Grundeinsicht, die zur Aufgabe der Metaphysik der transzendentalen Realität und zur Übernahme einer neuen führt, deren Ausgangspunkt für jede Erklärung oder rationale Argumentation die Erkenntnis ist, dass wir lebende Systeme sind und alles, was wir tun, in der Verwirklichung unseres Lebens tun . Aus der Sicht dieser Metaphysik ist unsere Biologie die Bedingung unserer Möglichkeit. Und das kann in der Tat gar nicht anders sein, denn der Beobachter verschwindet, wenn seine Körperlichkeit zerstört wird.

Ein Beispiel: Die Metaphysik der transzendentalen Realität

Was ist das? - Ein Tisch. - Wie weißt du, dass es ein Tisch ist? - Ich weiß es, weil ich ihn sehe. - Und wie kannst du ihn sehen? - Ich kann ihn sehen, weil er da ist und weil ich die Fähigkeit besitze zu sehen, was da ist.
Dieser Gedankengang beruht auf einem apriorischen Erklärungsprinzip, das besagt, dass etwas unterschieden werden kann, weil es unabhängig vom Beobachter ist, und dass es unabhängig vom Beobachter ist, weil es real ist. Darüber hinaus beruht dieser Gedankengang auf der impliziten Annahme, dass es außerhalb meiner selbst eine eigenständige Realität gibt, welche die Grundlage ist für alles, was ich tun kann, wozu auch die Logik gehört, die diese Behauptung validiert. Nach dieser metaphysischen Einstellung ist eine Behauptung allgemein gültig mit Bezug auf etwas, was unabhängig ist von dem, was der Beobachter tut. Eine metaphysische Einstellung entsteht ganz selbstverständlich implizit in der kulturellen Erziehung eines Kindes als unreflektierter Legitimationsrahmen, der als letztgültige Grundlage der Validierung gelebt wird für alles, was in der entsprechenden Kultur als unzweifelhafte Erfahrungstatsache oder logische Begründung gilt. Dieser Rahmen bleibt gewöhnlich auch unreflektiert, und wenn sich bezüglich seiner Validität Fragen ergeben, dann ist die Grundlage der Validität der Antworten darauf gewöhnlich genau das, was man kritisch prüfen wollte. Wenn man also die Validität einer metaphysischen Einstellung reflektieren will, muss man die implizite Gewissheit hinsichtlich der Frage "Was ist Erkennen?" und hinsichtlich der Art ihrer Beantwortung völlig aufgeben. Genau das habe ich festgestellt (und zwar in meinen neurophysiologischen Untersuchungen zur Sehwahrnehmung), ohne mir zunächst bewusst zu sein, was ich tat, als ich mir die Frage stellte: "Was ist Sehen?" Und ich habe es verstanden, als ich diese Frage zu beantworten suchte, indem ich den Bereich der biologischen Prozesse betrachtete, das Sehen als eine relationale Dynamik von Organismus und Milieu im Bereich des Operierens des Nervensystems des Beobachters im Akt der Beobachtung konstituiert. Dieses Vorgehen ließ mich bald erkennen, dass ich die Vorstellung aufgeben musste, der Beobachter existiere als ontisch bzw. ontologisch unabhängige Entität. Gleichzeitig wurde mir klar, dass die von mir gestellte Frage mein eigenes Operieren betraf ("Wie tue ich, was ich im Bereich des Sehens tue?") und dass ich sowohl mein diesbezügliches Operieren erklären musste wie auch die für eine solche Erklärung benutzten Instrumente.
Ich musste den Beobachter (mich selbst) und das Beobachten (mein Beobachtungshandeln) als beobachtender Beobachter erklären, und ich musste das ohne jegliche ontologische Vorannahme über das Beobachten tun, und zwar unter der Voraussetzung, dass der Beobachter aus seinem Operieren als Beobachter hervorgeht und eben nicht vor seiner eigenen Unterscheidung existiert. Die Aufgabe, die ich in Angriff nahm, war eine zirkuläre Aufgabe, und ich wollte erklären, was in dieser merkwürdigen Zirkularität vor sich geht, ohne sie zu verlassen (ich wollte Erkennen durch Erkennen erklären). Ich musste folglich all das, was wir Menschen tun, durch das erklären, was wir tun, und nicht durch irgendeine Bezugnahme auf einen von uns unabhängigen Existenzbereich. Und all das veranlasste mich, Leben, Erklären, Sprache, Emotionen und den Ursprung unseres Menschseins zu ergründen. Ich vollzog eine metaphysische Wende, ich wechselte von der traditionellen Metaphysik, die annimmt, dass die von uns gelebte Welt bereits existiert, bevor wir sie leben, zu einer Metaphysik, in der die Welt, die wir leben, erst dadurch zu existieren beginnt, dass wir sie durch unser Tun erschaffen.
Mit dieser metaphysischen Wende gab ich eine metaphysische Einstellung auf, für die a priori galt, dass der Beobachter als transzendentale Entität an sich existiere und entsprechende transzendentale Instrumente der Erklärung und des Denkens benutzen könne. Ich nahm dagegen die Position ein, dass der Beobachter erst im Augenblick der Unterscheidung seiner selbst zu existieren beginnt, sobald er nämlich den Bereich seines Tuns im alltäglichen Leben zur Ausgangsbasis seiner Reflexionen macht. Ich vollzog diese metaphysische Wende in der Tat bereits, als ich an der Erklärung der Operationsweise des Nervensystems arbeitete, ohne dass mir bewusst war, dass ich dabei für mein Handeln als selbstverständlich voraussetzte, dass ich als der an der Erklärung arbeitende Beobachter nicht unabhängig von der Unterscheidung meiner selbst als Beobachter im Vollzug meines Beobachtens existieren konnte.

Ein Beispiel: Die Metaphysik der entstehenden Realität

Das Tier, das du da drüben siehst, ist ein Pferd. - Und wie weißt du, dass es ein Pferd ist? - Ich weiß, dass es ein Pferd ist, weil ich an ihm alle Merkmale eines Pferdes feststellen kann. - Und wie weißt du, dass alle die Merkmale, die du erkennen kannst, die Merkmale eines Pferdes sind? - Ich weiß das, weil ich sie an anderen Pferden gesehen habe. - Und was ist ein Pferd? - Ein Tier, das alle die, die Pferde kennen, ein Pferd nennen, weil es die Merkmale jener Tiere aufweist, die sie Pferde nennen. - Aber das ist eine zirkuläre Argumentation. - Nein, es ist die Demonstration der zirkulären Operation, welche die Validierung einer Unterscheidung im Erfahrungsbereich eines Beobachters konstituiert, wenn er als menschliches Wesen operiert.
Diese metaphysische Einstellung enthält keine ontologische Annahme, und dem Beobachter steht es jederzeit frei, die Grundlagen seiner Erklärungsweisen und Validierungsverfahren kritisch zu reflektieren. Gemäß dieser metaphysischen Position ist eine Aussage in jedem Bereich universal gültig, dessen Validitätsbedingungen sie erfüllt. Das war eine fundamentale metaphysische Wende für mich, und ich wusste zunächst gar nicht so richtig, was da mit mir geschah. Ich war ein Biologe, ein Naturwissenschaftler, der Wahrnehmung und Erkennen als biologische Phänomene zu erklären suchte, und ich wollte nicht, dass in der Formulierung meiner Erklärungen die zu erklärenden biologischen Prozesse oder Phänomene verloren gingen. Ich befasste mich daher in meinem Operieren als ein menschliches lebendes System besonders mit den Kohärenzen in meinen Handlungen und Reflexionen. Es war mir zweifellos klar, dass ich damit gleichzeitig mit der Physiologie auch Philosophie betrieb, zumindest insofern, als wir alle Philosophie betreiben, wenn wir über die Grundlagen dessen nachdenken, was wir tun . Ich habe aber ungern von Philosophie gesprochen, weil ich bei meinen Kollegen keine Zweifel an der Qualität meiner naturwissenschaftlichen Arbeit entstehen lassen wollte. Erst als meine Kollegin Ximena Dávila Yanez, die Mitbegründerin meines Matristic Institute für das Studium der Biologie der Kognition und der Biologie der Liebe in Santiago, zu mir sagte, sie meinte, ich hätte eine neue Metaphysik geschaffen, wurde mir vollkommen bewusst, dass ich das in der Tat getan hatte. Und mir wurde klar, dass ich von nun an explizit eingestehen musste, dass ich nicht nur Biologie, sondern auch Philosophie betrieb. Ich bin Ximena Dávila Yanez nicht nur dafür dankbar, dass sie mir das verdeutlicht hat, sondern auch für die Erweiterung meines Verstehenshorizontes, den ihre Reflexionen bei mir bewirkt haben.
Die Trennung von Naturwissenschaft und Philosophie ist das Ergebnis einer künstlichen Klassifikation, und diese Trennung von Reflexion und Tun beeinträchtigt das Verstehen dessen, was wir als Menschen in unserem tatsächlichen Leben tun, und beschädigt unser Verständnis der verschiedenen Welten, die wir durch unser Leben hervorbringen, ebenso wie das Verständnis all dessen, was uns und in uns geschieht, wenn wir diese verschiedenen Welten leben. Und dies vollzieht sich deshalb, weil wir uns durch die Trennung von Naturwissenschaft und Philosophie die Möglichkeit nehmen, die Voraussetzungen dessen, was wir tun, angemessen zu reflektieren. Als Naturwissenschaftler glauben wir nämlich, dass jede solche Reflexion irrelevant ist, weil nur Fakten von Bedeutung sind, und als Philosophen glauben wir, dass wir letztgültige Wahrheiten brauchen und keine Pragmatik materieller Ereignisse. Der Ausdruck Naturphilosophie erfasst schon besser, was Naturwissenschaftler und Philosophen tun wollen, wenn sie einmal anfangen, aufeinander zu hören und einander zuzusehen, und zwar aus einem Geist gegenseitigen Respekts statt gegenseitiger Abwertung. Alles, was wir menschlichen Wesen tun, vollzieht sich in unserem alltäglichen Leben, und wenn wir nicht erkennen und akzeptieren, dass das so ist, können wir nicht richtig würdigen, wie unsere biologische Existenz als in Sprache handelnde lebende Systeme etwas hervorbringen kann, was keine Technik ohne die kreative Mitwirkung menschlicher Wesen hätte hervorbringen können, allein schon deshalb, weil jede Technik ein Produkt menschlicher biologischer Entitäten ist. Ein solches Verständnis wäre außerdem ohne die in diesem Buch dargestellte metaphysische Wende unmöglich, denn wir wären in einer endlosen Suche nach einer transzendentalen Realität gefangen, die wir a priori als ontologisches Fundament und somit als Ursprung all dessen betrachten, was uns in unserem Leben und Denken geschieht, die jedoch in unserem Leben nicht operational ist und sein kann.
Das Tun unseres alltäglichen Lebens ist in dem Sinne primär, als es, ob es uns gefällt oder nicht, den Ausgangspunkt für alles bildet, was wir tun und worüber wir nachdenken. Wir erklären unser Leben durch die Kohärenzen unseres Lebens. Damit entsteht jedoch keine zirkuläre Argumentation, denn eine Erklärung ersetzt nicht, was sie erklärt. Erklärungen stellen nur dar, was geschehen muss, damit das, was erklärt wird, entstehen kann. Die Erklärungen des Beobachters und des Beobachtens ersetzen daher weder den Beobachter noch das Beobachten, sie zeigen lediglich, welche Prozesse ablaufen müssen, damit ein Beobachter und sein Operieren im Beobachten entstehen können. Und sie zeigen ebenso, wie Beobachter und Beobachten entstehen, wenn die für ihr Entstehen und ihr Operieren notwendigen Bedingungen gegeben sind. Aufgrund der in diesem Buch dargestellten metaphysischen Wende, die uns im Bereich der operationalen Kohärenzen unseres Lebens verankert (und alles, was wir tun, was immer es auch sei, tun wir in unserem Operieren als lebende Systeme), ist es folglich möglich, dass wir alles das, was wir durch die Kohärenzen unseres Lebens tun, ohne jede ontologische Vorannahme erklären können. In einer naturwissenschaftlichen Erklärung erklärt der Beobachter seine Erfahrungen mit den Kohärenzen seiner Erfahrungen, meist ohne sich der metaphysischen Implikationen seines Tuns bewusst zu sein . Ja, Naturwissenschaftler behaupten häufig, ihre Erklärungen würden durch Gesetze gestützt, die die Kohärenzen der Natur als eines objektiven Bereichs von Prozessen widerspiegeln, der prinzipiell unabhängig ist von allem, was sie tun, und sie erkennen nicht, dass die Naturgesetze Abstraktionen der operationalen Kohärenzen ihres eigenen Lebens sind.
Ich hatte als Junge das Glück, allerdings ohne es zu wissen, als eine Art Naturphilosoph aufzuwachsen, der von der anatomischen Schönheit der Lebewesen fasziniert war und ihre spontane dynamische Architektur verstehen wollte. Und ich hatte das Glück, dies aus einem im Grunde genommen reflexionsfreien Gefühl des Mitwirkens an der dynamischen Architektur des Lebendigen tun zu können, weil ich mich selbst nie als verschieden empfand von den wunderbaren Wesen, die ich sah. Aber vielleicht war ich in dieser Hinsicht gar nicht verschieden von anderen Kindern, denn ich fand mich selbst genauso neugierig wie sie, was wiederum ein Geschenk war, das mir erlaubte, in meiner Entwicklung ganz ich selbst zu bleiben und voller Respekt zu akzeptieren, was immer ich wurde.
Zum Schluss möchte ich noch festhalten, dass meine metaphysische Wende zwar in mancher Hinsicht der orientalischen Philosophie ähneln mag, dass sie sich von dieser jedoch fundamental unterscheidet. Die orientalische Philosophie ruht auf der Unterscheidung zwischen dem Ewigen und dem Vergänglichen und lädt uns dazu ein, den Weg der Befreiung vom Vergänglichen einzuschlagen, um das ewig Göttliche wiederzugewinnen, das wir alle besitzen. In der orientalischen Philosophie ist das Vergängliche eine Illusion, die überwunden werden muss. Gemäß der von mir vollzogenen metaphysischen Wende, also der fundamentalen metaphysischen Position der Wirklichkeitserzeugung, entstehen wir lebenden Systeme im Allgemeinen und wir Menschen im Besonderen im Bereich des Vergänglichen, wo das Transzendentale eine Vorstellung ist, über die wir nichts sagen können, weil jeder entsprechende Versuch es negiert und uns im Bereich unseres alltäglichen Lebens belässt, wo das Transzendentale nicht existiert. Das ist aber nicht wichtig, weil alles, was im menschlichen Leben gut ist, dem Bereich des Vergänglichen angehört und weil in ebendiesem Bereich die Liebe als das Fundament unseres Menschseins und Quelle unseres Glücks existiert.
An dieser Stelle möchte ich meiner Frau, Beatriz Gensch, Dank und Anerkennung aussprechen für die vielen Gespräche, die wir über Fragen der Ästhetik, der Philosophie und des spirituellen Lebens geführt haben, Gespräche, die mein Verständnis erweitert, mein tägliches Leben in all seinen Dimensionen bereichert und mir Freude und Zufriedenheit geschenkt haben in allem, was ich tue. Vor allem möchte ich aber dankbar festhalten, dass es diese Gespräche mit Beatriz waren, die es mir ermöglichten, als Naturwissenschaftler vorbehaltlos über Liebe zu sprechen.

Humberto R. Maturana
Santiago de Chile, im Februar 2002


Über die Autoren:

Humberto R. Maturana, Jahrgang 1928, studierte Medizin, promovierte in Biologie und arbeitete danach am Massachusetts Institute of Technology (MIT). 1960 kehrte er an die Universität von Santiago zurück, wo er als Professor für Biologie wirkte und das von ihm gegründete Laboratorium für experimentelle Erkenntnistheorie und Biologie der Erkenntnis leitete. Als einer der führenden Vertreter des modernen Systemdenkens ist er Autor zahlreicher Bücher, darunter auch der gemeinsam mit Francisco J. Varela verfasste Bestseller "Der Baum der Erkenntnis" und die Studie "Erkennen: Die Organisation und Verkörperung von Wirklichkeit". Zuletzt veröffentlichte er eine Sammlung seiner wichtigsten Aufsätze unter dem Titel "Biologie der Realität" und, zusammen mit Bernhard Pörksen, das Buch "Vom Sein zum Tun. Die Ursprünge der Biologie des Erkennens".

Bernhard Pörksen, Jahrgang 1969, studierte Germanistik, Journalistik und Biologie, arbeitet heute als Journalist und lehrt an der Universität Hamburg Journalistik und Kommunikationswissenschaft. Er promovierte mit einer Arbeit zur Sprache der Neonazis ("Die Konstruktion von Feindbildern") und veröffentlichte eine Sammlung von Gesprächen zum Konstruktivismus, die unter dem Titel Die Gewissheit der Ungewissheit erschien. Zusammen mit Heinz von Foerster schrieb er das viel beachtete Buch "Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners" (beide im Carl-Auer-Systeme Verlag).



Suche
Heute ist der
Aktuelle Nachrichten
15.06.2014
Die Systemische Gesellschaft sucht zum 1. Januar 2015 neue Geschäftsführung
10.04.2014
W 3 Endowed Professorship for Systemic Family Therapy in Freiburg
08.04.2014
Gesundheitsausgaben 2012 übersteigen 300 Milliarden Euro
28.01.2014
Fast jede zweite neue Frührente psychisch bedingt
17.12.2013
Diagnose Alkoholmissbrauch: 2012 wieder mehr Kinder und Jugendliche stationär behandelt

Besuche seit dem 27.1.2005:

Counter