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04.08.2008
Institut für Systemische Therapie Wien: Ana Ex. Wie die Magersucht siegt und wie sie scheitert
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Carl-Auer-Verlag, Heidelberg 2008
DVD, 30 Min.
Preis: 19,90 €
ISBN 978-3-89670-260-9
ASIN: 3896702602 |
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Carl-Auer-Verlag
Tom Levold, Köln:
Der japanische Psychiater Yasunaga Komori hat, wie im Begleitblatt der vorliegenden DVD zu lesen ist, die Figur des „Mr. Shizo“ als „externalisierte Schizophrenie“ entwickelt, um bei Betroffenen und Angehörigen ein größeres Verständnis für Schizophrenie entwickeln zu können. Carmen Unterholzer und Ingrid Farag, Lehrtherapeutinnen am Wiener Institut für systemische Therapie, haben sich von diesem Konzept inspirieren lassen und die Magersucht „externalisiert“. Als dünne Puppe „Ana Ex“ lässt sie sich in einem zweiteiligen Film mit einer Gesamtlänge von 30 Minuten von einer Therapeutin interviewen, die von Brigitte Neundlinger dargestellt wird. Im ersten Teil geht es darum, „wie die Magersucht siegt“, im zweiten, „wie sie scheitert“. Die Therapeutin befragt die Puppe, die von Stefan Gaugusch geführt wird, und erfährt einiges über die Tricks, wie sich die Magersucht Macht über Kinder und Jugendliche verschafft, welches ein günstiges Umfeld für ihre Machtentfaltung darstellt und in welchen Familien Ana Ex sich besonders leichten Zugang zu ihren Opfern verschaffen kann. Schließlich gelingt es der Therapeutin auch, Ana Ex aus der Fassung zu bringen und zu verdeutlichen, dass auch die Macht der Magersucht begrenzt ist, wenn es gelingt, den Willen der Jugendlichen auf etwas anderes zu konzentrieren als das Hungern. Die Konzentration auf die Puppe ermöglicht es, kritische Aspekte des Familienlebens wie auch der sozialen Umgebung zu markieren, ohne dass direkte Schuldzuschreibungen eine Annahme der Ideen blockieren könnten. Es wird etwa mehrfach betont, dass Ana Ex besonders gerne in Familien das Sagen übernimmt, in denen ständig sorgenvoll über das Essen geredet wird und der Genuss zu kurz kommt. Ratschläge für Familien haben hier aber keinen Platz. So wird der Effekt einer therapeutischen Technik, um die es sich bei der Externalisierung ja handelt, auf ein pädagogisches Medium erfolgreich übertragen.
Neben der Idee, Betroffenen das Thema spielerisch näher zu bringen, wird der Einsatzzweck vor allem in präventiven und pädagogischen Arbeitsansätzen gesehen, wobei als Altersgrenze „ab 12 Jahren“ angegeben ist. Ich habe mir den Film mit meinen beiden jüngsten Kindern angesehen. Meine Tochter (fast 11) war der Meinung, den Film könne man ohne weiteres empfehlen, äußerte aber Zweifel, ob man ihn noch jenseits der Klasse 6 ansehen könne. Mein jüngster Sohn, fast neun Jahre alt, war vom Film und vor allem von der Idee schwer beeindruckt, dass man mit einer Krankheit sprechen könne, und stellte mir noch den ganzen Tag bis zum Einschlafen Fragen nach „Ana Ex“. Die Altersangabe scheint mir daher ein wenig zu hoch angesetzt zu sein. Inwiefern auch ältere Jugendliche, die an einer Magersucht leiden, durch die Art der Präsentation angesprochen werden, muss sich erweisen.
Als pädagogisches Medium, vor allem in der Präventionsarbeit ist der Film aufgrund der Klarheit und Einfachheit seiner Durchführung und nicht zuletzt seiner Kürze wegen sicherlich gut einsetzbar. Allerdings fehlen die sonst bei pädagogischen Medien üblichen Begleitmaterialien vollständig. Es gibt ein Beiblatt mit den Produktionsdaten und zwei kurzen Absätzen über Problematik der Magersucht und der „Pro Ana-Bewegung“, vertiefende Informationen, Arbeitsblätter etc. stehen jedoch nicht zur Verfügung. Gerade dies wäre aber für den Einsatz im Unterricht sinnvoll gewesen, weil eine entsprechende Kenntnis über Magersucht bei Lehrern nicht nur nicht ohne weiteres vorausgesetzt werden kann, sondern weil weiterführende Materialien auch die Vorbereitung und Einordnung einer Unterrichtseinheit in einen größeren Kontext erleichtert hätten.
Zur website des Instituts für Systemische Therapie in Wien
Verlagsinformation:
Ana Ex ist die personifizierte Anorexie, verkörpert von einer Puppe. Im Gespräch mit einer Therapeutin plaudert sie aus der Schule und beantwortet bereitwillig Fragen. Welchen Einfluss hat sie auf das Leben junger Menschen? Wer unterstützt sie, wenn sie ihre Macht vergrößert? Welche Strategien setzt sie ein, um das betroffene Mädchen, den betroffenen Jungen von anderen zu isolieren? Weniger bereitwillig als viel mehr widerwillig antwortet Ana Ex, wenn es um ihre Schwachpunkte, um ihre Feinde, um ihr Scheitern geht. Doch dank des hartnäckigen Nachfragens der Therapeutin verrät sie, wie Betroffene, deren Familien und HelferInnen erfolgreich den Kampf gegen sie gewinnen können. "Ana Ex" bringt Betroffenen, ihren Angehörigen und Fachleuten ein ernstes Thema spielerisch näher und unterstützt bei der Bewältigung der Krankheit. Fachkräfte erhalten ein Medium in die Hand, das in der therapeutischen Arbeit eingesetzt werden kann. "Ana Ex" kann auch in der Präventionsarbeit, Jugendarbeit, Schule und in der Angehörigenbegleitung sinnvoll genutzt werden. Das Neue an "Ana Ex" ist die Methode: die Externalisierung. Sie hilft Menschen, sich von "problembehafteten" Beschreibungen ihres Lebens zu lösen. Sie macht Ressourcen sichtbar und sie ermöglicht als Familie, als Gruppe, als Team gegen das Symptom vorzugehen.
Über das IST:
Institut Systemische Therapie, Wien, vor 20 Jahren gegründet, tätig in den Bereichen Psychotherapie, Coaching, Supervision und in der Weiterbildung von PsychotherapeutInnen. Vielfältige Erfahrung mit Essstörungen durch die langjährige therapeutische Arbeit und durch die Auseinandersetzung mit Experten. Parallel zur praktischen Arbeit Erforschung und Anwendung neuer Methoden innerhalb der systemischen Psychotherapie.
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