Klett-Cotta Verlag
Wolfgang Traumüller, Worms: „Mal was anderes!“
Praxishandbücher scheinen paradoxerweise etwas schweres und etwas leichtes zu haben. Leicht macht sie, dass sie so tun, als kämen sie aus ohne viel Theorie. Dies kommt ihrer Lebendigkeit und Lesbarkeit sehr zugute. Schwer macht sie aber zugleich derselbe Umstand. Denn eine theoretische Einbettung förderte oft ihre Verständlichkeit. Der Hamburger Diplom-Psychologe, Paar- und Familientherapeut Hartwig Hansen hat es nun gewagt, aller kritischen Ranküne zum Trotz die entsprechende Fachliteratur zu sichten und ein griffiges, schulenübergreifendes Nachschlage- und Nachlesebuch vorzulegen, das besticht. Man müsste viele Bücher kaufen und lesen, um das auf so einen schönen Haufen zu bekommen. Für mehr Geld gab’s schon weniger als 172 Titel, die er gesichtet und aus ihnen 90 Interventionen extrapoliert hat, an denen Herz und Geist ihre wahre Freude haben! Was interessiert da Theorie?! Die kann und wird warten, wenn sie es noch muss, denn man wird sich ihr hernach umso lustvoller zuwenden. Und wenn man sie schon hat, umso besser. Dann vereinigt sie sich sofort und unmittelbar mit dem Material, das sich die vielfältigsten großen und kleineren Meister ihres Faches ersonnen haben. Auch hier sind von A bis Y alle dabei, die im -insbesondere systemischen- paar- und psychotherapeutischen Geschäft Rang und Namen haben: von Andersen über Bandler, Berne, Boscolo, Boszormenyi-Nagy, Cierpka, Clement, Farelly, Gottmann, Gray, Hain, Haley, Hargens, Hellinger, Hildenbrand, Imber-Black, Jellouschek, Kaiser, König, Lakoff, Lankton, Ludewig, Mary, Massing, Nemetschek, Orban, Peseschkian, Reddemann, Reiter, Retzer, Revenstorff, Riehl-Emde, Riemann, Sachse, Satir, Schultz v. Thun, Schwartz, Schweitzer, v. Schlippe, de Shazer, Simon, Stierlin, Tannen, Trenkle, Varga v. Kibed, Weber, Welter-Enderlin, White, Willi bis Wirsching und Yalom. Alle sind sie da und mehr - eine unschätzbare Fülle von Ideen, Interventions- und Lösungsmöglichkeiten! Hansen gruppiert seine in therapeutisch-beraterischer Praxis erprobten Lese- und Sammlerfrüchte in fünf pfiffige Kapitel: Basis-, Joker-, handlungsbezogene, mediengestützte und erlebnisaktivierende Interventionen. Sie reichen vom Abwarten, weil die Pausen die Musik machen, über das Anfangen, Ankern, Billard spielen, auch über die Bande, Texte und Subtexte lesen, Fragen, Informieren und Konfrontieren, Loben, Umdeuten, Verabschieden, zum Ende kommen, Erinnerungen an die Zukunft, Apokalyptische Reiter sehen, Fünf Freiheiten achten, Metaphern, Paradoxien, Spiegeln, Splitting, Witze, Comics und Wunderfragen, Videos drehen, Fair Streiten, Hausaufgaben, Rituale, Symptomverschreibungen,Wetterberichten, Bilder, Briefe, Familienbretter und -wappen, Gefühlssätze ergänzen, Genogramm-Arbeit, Killersätze, Zertifikate, Blumen gießen im Haus der Kindheit, Externalisieren, Rekonstruieren und Aufstellen, Seile-, Skulptur- und Stühlearbeit, (Zeit-)Reisen und vieles, vieles andere mehr. Wer nun sagt, das geht doch nicht, der sei nach der alten katholischen Regel getröstet, die die Ausnahmen regelt: Wir haben‘s probiert, es geht - der Himmel ist hoch und Rom ist weit! Vielfach ist praktisches Arbeiten ohnehin eklektisch. Hansens 90 Laufmodelle zeigen, wie es ins Laufen kommt. Ohne spröde Theorielast, denn zum Laufen ist es nicht wichtig zu wissen, wie es geht, sondern zu erleben, dass man geht. Schwanken, Hinfälligkeiten und Wiederaufstehen inbegriffen, wie dies schon alte theologische Modelle auch betonen. Hier kann der Absturz sogar Spaß machen und zu einem nachhaltigen Erlebnis werden. Warum? Weil’s weiter geht! Dieser Hansen geht mit, life and lively. Ein sehr empfehlenswertes Klassebuch und Vademecum also für die Berater- und Therapeutentasche. Auch Seelsorge ist ja Beratung und manchmal soll dabei gar schon etwas heil geworden sein. Mal was anderes, wenn das Mahlwerk klemmt… !
Leseprobe des Verlages
Verlaginformation:
Dieses einzigartige Praxishandbuch ersetzt »einen Regalmeter« Interventionsliteratur. Kompakt und anwendungsbezogen präsentiert es hundert bewährte und innovative Tipps und Methoden zur Bereicherung von Beratungs- und Therapiestunden. Lesen und Ausprobieren machen gleichermaßen Spaß. Die therapeutische Arbeit mit Paaren und Familien ist komplex und gleichzeitig sehr individuell. Da ist ein reich ausgestatteter »Interventionsbaukasten« hilfreich. Die infrage kommenden Gesprächstechniken und Interventionsmethoden sind ausgesprochen zahlreich: Genogrammarbeit, Familienbrett, Paradoxe Intervention, Wunderfrage oder die Stühlearbeit – aber wie ging das alles noch mal genau? Hier hilft dieses schulenübergreifende Nachschlage- und Nachlesewerk Neueinsteigern und »alten Hasen« bei der Orientierung. Das Buch bietet hundert gezielte Interventionsvorschläge in fünf Kapiteln: - Basisinterventionen: Was mache ich eigentlich alles in einer Beratungsstunde? - Joker-Interventionen: Besondere Impulse setzen - Handlungsbezogene Interventionen: »Sie können Folgendes tun ...« - Mediengestützte Interventionen: »Gut, das mal vor sich zu sehen ...« - Erlebnisaktivierende Interventionen: »Wollen Sie mal etwas ausprobieren ...?« Die Interventionen sind nicht »spröde«-theoretisch beschrieben, sondern als anschauliche »Live-Sequenzen« aus der Paar- und Familientherapie in jedem Kapitel von A bis Z geordnet.
Aus dem Inhalt:
- Apokalyptische Reiter: Vorboten, auf die es zu achten gilt - Erinnerung an die Zukunft: Der Hoffnungs-"Dreh" - Fünf Freiheiten: Entscheiden müssen Sie! - Metaphern: Kochtopf, Eisberg und Faxgerät - Teufelskreise aufspüren - MiniMax-Interventionen - Rituale: Das gemeinsame Tun - Familienzeitplan: Wer trifft wann wen wie? - Familienrekonstruktion - Reise zu der Liebe des Anfangs - Stühle tauschen – Perspektiven wechseln - Zehn Minuten Neuanfang
Vorwort des Autors: Mal was anderes
»Handle stets so, dass du die Anzahl deiner Möglichkeiten vergrößerst!« Heinz von Foerster (1911-2002)
»Mal was anderes«, hatte mein Kollege in die Pausen-Runde gefragt, »gibt es eigentlich ein Buch, in dem wir diese ganzen Tricks und Techniken nachlesen können?« Wir saßen in der Küche unserer Supervisorin um den großen Tisch herum und labten uns an dem Spontan-Büfett. »Nee«, sagte die, »ich kenne keins, das müsstest du dann mal selbst schreiben.« »Na ja«, sagte daraufhin mein Kollege, »so leicht ist das ja nicht. Aber praktisch wäre es schon.« Dieses Gespräch liegt jetzt ungefähr zehn Jahre zurück - und an diesen Aussagen hat sich nichts geändert. Nur: Das Buch hat immer noch kein anderer geschrieben. So habe ich mich darangesetzt. Es ist ein Buch aus der Praxis für die Praxis - und die praktische Ausbildung. Das heißt: Seine Grundlage sind die Gespräche mit Rat suchenden Paaren und Familien, die uns aufgesucht haben. Es ist in diesem Sinne im gedanklichen Dialog mit ihnen entstanden und transportiert so das »Live-Gefühl« einer Beratungssitzung. Wenn ich in diesem Buch von »wir« oder »uns« spreche, meine ich gleichzeitig meine Kolleginnen, mit denen ich in den letzten Jahren - in guter Balance der Geschlechter - zusammengearbeitet habe. Diese Kooperation als Beratungspaar hat sich sehr bewährt, und ich habe sie - trotz erhöhtem Abspracheaufwand - sehr zu schätzen gelernt. Darüber hinaus arbeite ich auch allein. Bei der Zusammenstellung des Buches hatte ich die Rückseite eines Pixi-Buches vor Augen, auf der sich folgende Anregung findet: Male auf Tonpapier kleine Tiere auf, schneide sie aus und befestige an jedem eine Büroklammer aus Metall. Lege die Tierbabys in einen Karton und halte einen Faden hinein, an dessen Ende du einen Magneten geknotet hast (aus dem Bastelgeschäft). Kannst du die Tierbabys aus dem Karton angeln? Oder mal etwas anders: Schreibe die kleinen Interventionen auf, die sich in deiner Arbeit bewährt haben. Schildere sie so konturiert, dass sie leicht verständlich haften bleiben. Sammle sie in einem übersichtlich gestalteten Buch und vertraue darauf, dass der Impuls der Leser/innen im Bastelgeschäft der Beratung zur passenden Intervention führt. Viel Spaß beim Angeln! Es liegt in der Natur der Sache, dass sich die beschriebenen Dialoge aus unseren Beratungen in Vielem unterscheiden von Ihren Gesprächen. So ist sicher keine der beschriebenen Interventionen eins zu eins zu übertragen. Und schon gar nicht ist aus den geschilderten Ausschnitten auf die Gesamtberatung zu schließen. Mein Bemühen war es, die konkrete Situation, in der der Magnet bei mir »klick« gemacht hat, nachzuempfinden und zu schildern. Die vielfältigen Theorien dazu finden Sie in anderen Büchern, unter anderem in den unter jeder Intervention genannten Titeln. Es liegt auch in der Natur der Sache, dass ich nicht alle Interventionen aufnehmen konnte, die Sie kennen. Über jede Rückmeldung oder Vorschläge zur Erweiterung freue ich mich. In diesem Sinn gilt weiterhin der oben zitierte ethische Imperativ von Heinz von Foerster, der mir in meiner Arbeit sehr wichtig geworden und die eigentliche Grundidee dieses Buches ist: »Handle stets so, dass du die Anzahl deiner Möglichkeiten vergrößerst!«(von Schlippe/ Schweitzer, 2003, S. 116) Damit nicht nur meine und Ihre Klienten, sondern auch wir weiterhin sagen können: Mal was anderes.
Über den Autor:
Hartwig Hansen ist Diplom-Psychologe und Paar- und Familientherapeut (DGSF). Bis 1995 leitete er den Psychiatrie-Verlag in Bonn. Danach absolvierte er die Ausbildung am Institut für systemisch-integrative Paar- und Familientherapie von Prof. Martin Kirschenbaum. Heute arbeitet er in freier Praxis in Hamburg, meist mit einer Kollegin als Therapeutenpaar in bewährter Balance der Geschlechter.
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