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24.11.2005
Hans Jellouschek: Die Paartherapie. Eine praktische Orientierungshilfe
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Kreuz Verlag Stuttgart 2005
113 S., Paperback
ISBN: 3-7831-2511-1
Preis: 9,95 € |
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Kreuz Verlag Stuttgart
Tom Levold, Köln:
Hans Jellouschek, einer der bekanntesten deutschsprachigen
Paartherapeuten und Autor zahlreicher auflagenstarker Bücher über die
Potentiale und Abgründe der Paarbeziehung, hat mit diesem Buch genau
das geschaffen, was der Untertitel verspricht, nämlich eine
praktische Orientierungshilfe für alle diejenigen, die sich mit der
Frage beschäftigen, ob eine Paartherapie für ihr Anliegen das richtige
sein könnte, was sie dort erwartet, womit sie rechnen müssen, was sie
einsetzen wollen. In erster Linie richtet sich das Buch also an
Menschen, die in Paarbeziehungen leben und ein Problem damit haben.
Diese Zielgruppe wird meines Erachtens auch durch den einfachen,
behutsamen und angenehm persönlichen Ton, den Jellouschek durchgängig
sehr sicher intoniert, bestens angesprochen. Die damit zwangsläufig
verbundenen fachlichen Vereinfachungen sind daher auf keinen Fall als
Manko des Buches anzusehen, im Gegenteil streichen sie das Wesentliche
heraus.
In einem ersten Kapitel „Wie und Warum?“ stellt Jellouschek die
Nachfrage nach Paartherapie und Paarberatung (zwischen denen er keinen
begrifflichen Unterschied macht) in einen historischen Zusammenhang:
während Paare noch vor wenigen Jahrzehnten eher mit dem Überleben als
mit dem „guten Leben“ beschäftigt waren, die Ehe als Institution einen
viel stärkeren öffentlichen Schutz als heute genoss und die
gesellschaftliche Doppelmoral es durchaus zuließ, dass die männliche
Untreue die Ehe nicht gefährdete, haben sich die Ansprüche an die
Qualität der Paarbeziehung seither gründlich geändert, was
Paarbeziehungen nicht unbedingt leichter macht.
Ebenfalls in diesem Kapitel macht der Autor mit den unterschiedlichen
Settings und Vertragsbedingungen der Paarbehandlung vertraut und
informiert darüber, was Klienten von einem Paartherapeuten erwarten
dürfen und was nicht.
Im zweiten Kapitel wird „die Sichtweise der Paartherapie“ auf
Beziehungsprobleme entfaltet. Es wird verständlich nahegelegt, dass
auch bei einer scheinbar eindeutigen Asymmetrie in der Verursachung von
Problemlagen letztlich immer beide Partner an der Herstellung von
Beziehungsproblemen beteiligt sind. Gleichzeitig wird aber auch
klargestellt, dass Paarprobleme immer auch schon als Lösungsversuch
beschrieben werden können, und zwar insofern, als sich in ihnen die
„Suche nach dem ungelebten Leben“ (S. 26) manifestiert. Vor diesem
Hintergrund können Beziehungsprobleme grundsätzlich als Herausforderung
zu Entwicklungsprozessen betrachtet werden: Ein Paar muss sich ständig
verändern, um seine Identität als Paar aufrecht erhalten zu können.
Paartherapie kann hierbei hilfreich sein, muss jedoch immer davon
ausgehen, dass auch eine (faire) Trennung ein gutes Ergebnis der
Therapie sein kann.
Im umfangreicheren dritten Kapitel präsentiert Jellouschek auf
anschauliche Weise ein Modell der Paartherapie, das seine eigene
Konzeption gut erkennbar macht, dies aber gleichzeitig auf so
unprätentiöse und allgemein anschlussfähige Weise, dass man an keiner
Stelle das Gefühl hat, eine der vielen Selbstvermarktungsstrategien
aufgetischt zu bekommen – vielmehr spricht er als Vertreter der Zunft
der PaartherapeutInnen ganz allgemein für die Paartherapie als
Bewältigungschance für Paare in Schwierigkeiten.
In einer Art Erstgespräch-Ablaufschema wird zunächst auf die
Identifizierung dysfunktionaler Interaktionsmuster fokussiert, d.h. die
Art und Weise, in der Paare symmetrisch oder komplementär immer mehr
gemeinsam von dem erzeugen, was sie als Problem erleben. Die zweite
Ebene der Beobachtung gilt der „dysfunktionalen Lebensorganisation“
(39), in der es in erster Linie um die problematische Balance von
individuellen Selbstverwirklichungswünschen (vor allem im Beruf) und
den Erfordernissen des Zusammenlebens als Paar oder als Familie geht.
Die dritte und vierte Ebene kreisen um das Thema des „Unerledigten“ aus
der Paargeschichte und den Herkunftsfamilien, in denen die
Auseinandersetzung mit früheren Vorstellungen der Beziehungsgestaltung
einerseits, ursprungsfamiliären Aufträgen und Beziehungsmodellen
andererseits im Mittelpunkt stehen. Therapeutische Interventionen
zielen zum Einen auf die Einsicht in die Verwobenheit der Paarprobleme
mit diesen unterschiedlichen Ebenen, zum Anderen geht es darum, mittels
Hausaufgaben, Ritualen usw. direkte Änderungen in den Umgangsweisen
herbeizuführen.
Für den weiteren Verlauf der Paartherapie schlägt der Autor vor,
zunächst die ersten beiden Ebenen ins Auge zu fassen, da eine „schlecht
funktionierende Kommunikation … meist nicht Ursache, sondern Folge von
‚Schieflagen‘ in ihrer Lebensorganisation“ sei (44ff.). Diese
Schieflagen ergeben sich seines Erachtens vor allem in Zusammenhang mit
bestimmten Polaritäten, die in einer Paarbeziehung ausbalanciert werden
müssen: Autonomie und Bindung, Durchsetzung und Anpassung sowie Geben
und Nehmen.
Bei der Bearbeitung dieser Schieflagen ist damit zu rechnen, dass
unerledigte Dingen aus der Geschichte des Paares, z.B. alte
Verletzungen, wieder virulent werden. Andererseits kommen aber gerade
Geschichten aus der Anfangszeit in aller Regel auch als Ressourcen für
eine Wiederannäherung in Betracht.
Aus dem Blick in die Ursprungsfamilie ergibt sich Für Jellouschek die
Möglichkeit, „liegengebliebene Entwicklungsaufgaben“ sowie offene und
verdeckte Beziehungs-Aufträge herauszuarbeiten. Ist dies alles
geschehen, muss das Paar eine Entscheidung über einen Neuanfang oder
ggf. auch über eine Trennung treffen. Auch hierbei kann Paartherapie –
etwa durch die Entwicklung von Trennungsritualen – Paare unterstützen,
darüber hinaus kann es aber auch einen weiter gehenden Mediationsbedarf
geben.
Alle diese Fragen werden nicht nur konzeptuell angerissen, sondern
jeweils anhand der sich durch den Text hindurch ziehende Geschichte
eines konkreten Paares auf einfühlbare Weise nachvollziehbar gemacht.
Das vierte Kapitel stellt eine Sammlung der wichtigsten Probleme dar,
die in einer Paartherapie bearbeitet werden können: Kommunikations– und
Entscheidungsprobleme, „Auseinander gelebt“, Trennungswunsch,
work-life-balance, Zweitehen – Patchwork-Familien, Sexuelle Probleme,
Untreue, Gewalt, Sucht, Schicksalsschläge (Tod und Krankheit) sowie
Altersprobleme.
Jellouschek ermutigt er Menschen mit Paarproblemen, die Hilfe von
Seiten Dritter zu aufzusuchen, ohne Heilserwartungen zu wecken. Immer
macht er deutlich, dass beide Partner bereit sein müssen, das Ihre zu
einem gemeinsamen Entwicklungsprozess hinzu zu tun, damit etwas
Konstruktives gelingen kann. Jenseits aller therapeutischen
Überlegungen ist dieses Buch unbedingt empfehlenswert für alle
diejenigen, die sich ein erstes Bild machen und klären wollen, ob für
sie eine Paartherapie in Frage kommt.
Die Website des Autors Hans Jellouschek
Ein "Brigitte"-Interview mit Hans Jellouschek zum Thema "Trennung"
Verlagsinfo:
"mmer mehr Menschen erwarten von
einer Beziehung mehr, als ihr Partner zu geben bereit ist. Seminare,
die die Bewältigung von Partnerschaftskonflikten zum Thema haben, sind
ausgebucht. Durch die gehobenen Erwartungen, denen sich viele heute in
Beruf, Familie und Gesellschaft gegenüber sehen, steigt das
Konfliktpotenzial innerhalb der Beziehungen, Trennungen nehmen zu, Hans
Jellouschek , Deutschlands bekanntester Paartherapeut, hat in
diesem Band den Sinn und Zweck einer Paartherapie zusammengefasst."
Hans Jellouschek schreibt auch für systemagazin.
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