dgvt-Verlag
Cornelia Tsirigotis:
Ressourcen wirken – eine Gratwanderung zwischen wissenschaftlichem
Anspruch, therapeutischem Alltag und einer Haltung, ohne die es nicht
geht
„Welche Ressource für welche Zwecke zielführend ist,
dürfte somit deutlich von diesem Zweck abhängig sein...
...Wer Nägel in die Wand schlagen will, sucht sich einen Hammer;
wer einen Hammer hat, sucht sich ein Betätigungsfeld
(z. B. Nägel, die in die Wand geschlagen werden müssen) ...
... Ressourcen müssen zudem als solche erkannt und bewertet werden.“
(Schiepek, Cremers S. 152)
Seit Beginn meiner Arbeit mit Menschen im
psychosozialen Bereich war ich neugierig auf das, was in ihnen steckt
(oder stecken könnte, wenn die Bedingungen zur Entfaltung besser
wären), zunächst noch ohne meine Haltung mit „Ressourcenorientierung“
zu bezeichnen. In der weiteren Suche nach für meine Alltagspraxis
brauchbaren, handlungsrelevanten Leitmotiven habe ich unter anderem
Anregungen aus der Entwicklungsorientierten Familientherapie (u. a.
Satir et al. 1995), der lösungsorientierten Therapie (u.a. Berg 1992,
de Jong, Berg 1998) und deren fließendem Übergang auf dem Weg zu
Ressourcen (Loth 1998, 2000, Hargens & Eberling 2000) bezogen. Ich
verfolgte die Diskussion über Ressourcenorientierung, Empowerment
(Stark 1996, Lenz, Stark 2002) und Salutogenese (Antonovsky 1997,
Hintermair 2002). Erkenntnisse aus der Psychotherapieforschung, dass 40
% der herausgefundenen Unterschiede in den Ergebnissen von Therapie mit
Merkmalen der KlientInnen zu tun haben (Hubble et al. 2001) ließen
weiter umdenken. Theoretische Diskussion und eine bunte Vielfalt
praktischer Ansätze von Arbeit mit Ressourcen in vielen Arbeitsfeldern
entwickelten sich quasi nebeneinander. Nicht erst seit dem DGVT-
Kongress 2000 gibt es Bemühungen, die Diskussion zu verbreitern, ihr
mit neuen Forschungen stabilere Füße zu verleihen. Die
Diskussionsbeiträge dieses Kongresses waren der Ausgangspunkt für
dieses Buch.
Besonders spannend erscheint, dass die Diskussion buchbegleitend in den
drei Jahren weitergegangen ist. So hat Niederschlag gefunden, was sich
in Forschung und Praxis getan hat und weiter tut um das, was Ressourcen
sind, wie Klienten sie nutzen und wie TherapeutInnen sie dabei
unterstützen. Die HerausgeberInnen haben sich sehr viel Mühe gemacht,
zu begleiten, zu ordnen, zusammenzufassen, zu bewerten und Anregungen
für die weitere Diskussion zu geben. 26 Fremdbeiträge sind in sieben
Gebiete geordnet. Die besondere Leistung der HerausgeberInnen liegt
nicht nur in der Zusammenstellung, sondern in der Art der Verknüpfung,
Sichtung, Ordnung und Bewertung der Diskussionsstränge. Jeder Teil wird
von ihren Bemerkungen eingeleitet und schließt ab mit ihrer Diskussion
und Stellungnahme. Zwei Ziele verfolgen die HerausgeberInnen: „eine
Plattform zu schaffen, auf der der aktuelle Stand um das Thema
,Ressourcen‘ aus der Perspektive der Wissenschaft und der Praxis
gesichtet, systematisiert und reflektiert werden kann“ (S. 12) und
weiter: „... auf der unterschiedliche praktische Umsetzungen der Idee
,therapeutische Arbeit mit Ressourcen‘ sichtbar werden können“ (S. 13).
Die Notwendigkeit und der Sinn, mit Ressourcen zu arbeiten, gehen weder
ohne Berücksichtigung des defizitbestimmten Einflusses des
Krankenkassenabrechnungswesens auf die Therapielandschaft und die
psychosozialen Dienstleitungen noch ohne Berücksichtigung der
gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Die Fülle störungsbestimmter
Literatur (z.B. zu ADS, Trauma) oder die TherapeutInnensuche selbst in
lösungsorientierten Mailing-Listen, die beginnen mit: „Therapeut(In)
gesucht zu Sucht, ADS, ...“ sprechen für sich.
Zunächst ein Blick aufs Ganze
Eine das breite Spektrum des Themas umfassende Einladung formuliert
Wolfgang Loth mit gewohnter sprachlicher Eindringlichkeit. Bewegt vom
Aufspüren von Ressourcen im und für den therapeutischen Alltag macht er
deutlich, dass Ressourcen sowohl Ausgangspunkt wie auch Ziel des
Miteinanders von TherapeutIn und KlientIn sind. Die Frage ist: „Was
muss zusammenkommen, damit Hilfesuchende ein Angebot zur Hilfe für sich
als stimmig erleben und nützlich im Sinne ihrer Anliegen?... Was
erlaubt es ihnen eher, ihre spezifischen Möglichkeiten mit denen von
Hilfeanbietern zu verbinden und zu verbünden?... Und was hilft ihnen
dabei, sich von ihren Ressourcen im Alltag bewegen zu lassen und sie
auf dem Weg zu halten?“ (S. 32). Er nimmt einiges vorweg, was im
Verlaufe des Buches von anderen Autoren weiter untersucht wird: „Die
Frage, was denn nun genau Ressourcen ,sind‘, ist ebenso naheliegend,
wie ,einfach schwierig‘ zu beantworten. Einfach deshalb, weil sich im
Grunde alles als Ressource eignet – inklusive erlittenes Leid.
Schwierig deshalb, weil ,alles‘ manchmal wie ,nichts‘ wirkt: nicht
greifbar, keine Richtungsangabe“ (S. 33f.). Nachdrücklich weist er
darauf hin, dass alles Bemühen darum, Ressourcentaxonomien zu finden,
im konkreten Fall spezifiziert und mit Leben gefüllt werden muss. In
seinen empathisch erzählten Fallbeispielen zeigt er, wie es möglich
ist, die Achtung vor der Autonomie der Hilfesuchenden zum Kern einer
respektvollen therapeutischen Grundhaltung zu machen. Diese kommt auch
in Peter Kaimers Beitrag über Story Dealen als Möglichkeitenerweiterung
zum Ausdruck. Er überprüft an theoretischen Konzeptionen: „Wenn wir die
Postmoderne nicht als Beliebigkeit missverstehen wollen, lohnt sich m.
E. sehr wohl die Orientierung an relativ rationalen Kriterien wie
Prüfbarkeit, logische Konsistenz, empirische Bewährung, Bezug zu
theoretischen Vorstellungen u. a. m.“ (S. 76) . Vom Rahmen über das ins
Licht Setzen, Fördern der alternativen Geschichte bis zum Verankern
geht es darum, „... diese Geschichten überzeugend, spannend,
gefühlsbetont zu erzählen oder besser noch gemeinsam – mit den
Klient/inn/en an deren Ursprungsgeschichte anknüpfend zu entfalten.“
(S. 76) Wie das gehen kann, zeigt die Geschichte eines Klienten.
... im Einzelnen untersucht ...
Den Teil „Blick in die Wissenschaft“ eröffnet Ulrike Willutzki mit
einer Übersicht, was denn Ressourcen sind. Sie trägt theoretische
Ansätze zusammen und kommt auf diese Weise zu Unterscheidungen wie
interne (personale) und externe (soziale), objektive und subjektive
Ressourcen. Wesentlich bleiben jedoch bei der Bewertung, was als
Ressource dienlich sein kann, der Zweck und der Kontext, in dem sich
eine Ressource für die KlientIn als solche erweist. Smith und Grawe
betonen in gleicher Weise die Funktionalität des Ressourcenbegriffs in
seinem Zweck zur Bedürfnisbefriedigung. Sie untersuchen therapeutische
Veränderungsprozesse auf Grundlage der Konsistenztheorie. Um der im
Veränderungsprozess entstehenden Destabilisierung (hier
Inkongruenzspannung) zu begegnen, kommt es auf die Etablierung guter
therapeutischer Beziehungen an. Der Veränderungstheorie der KlientInnen
nähern sich Duncan und Miller dadurch, dass sie den Klienten beratend
um Rat fragen. Schon in dieser Titelformulierung wird ihr wesentliches
Leitmotiv deutlich, das sie mit der von ihnen gewohnten Emphase
vortragen und mit Ergebnissen von Evaluationsstudien untermauern. Das
Herzstück des Blicks in die Wissenschaft liefern Günter Schiepek und
Sandra Cremers mit einer ebenso engagierten wie umfassenden Darstellung
dessen, was Ressourcen sind und welche Ethik ihrer Aktivierung zugrunde
liegt: „Das Werteumfeld einer ressourcenbezogenen Haltung aktiviert ein
Begriffsnetz, in dem sich unter anderem Konstrukte wie Empowerment,
Gesundheit, Kohärenzsinn, Selbstwirksamkeit, Selbstbestimmung oder
Lebensqualität befinden ... Es handelt sich um hohe, aber
notwendigerweise relativ unbestimmte Ideale, die viele Freiheitsgrade
zulassen, die sich wandeln und wandeln müssen.“ (S. 150) Auf dieser
Grundlage beschäftigen sie sich mit Ressourcen unter dem Blickwinkel
forschungsmäßiger Erfassbarkeit. Sie stellen brauchbare
Ressourcenkategorien vor und zeigen das an einem mit Suchtpatienten
durchgeführten Projekt. Wichtig ist ihnen der Hinweis über die
Bedeutung von Selbstwert- und Selbstwirksamkeitserfahrungen und die
Konsequenzen für eine ressourcenorientierte Therapie. Und weiter:
Ressourcenaktivierung bedarf des konkreten Spürens und Aneignens im
Handeln und in der Erfahrung sowie der Möglichkeit, in den persönlichen
Sinnzusammenhang eingebettet zu sein. Damit schlagen sie die Brücke zur
einem selbstorganisationstheoretischen Blick auf Therapie: „Die
sogenannten generischen Prinzipien organisieren und begründen die
Auswahl spezieller therapeutischer Methoden und Techniken“ (S. 187).
Dass und wie das in der Praxis alltäglich handhabbar ist, dazu steuert
Wolfgang Loth eine Übersetzung in Form alltagspraktischer Fragen bei
(S. 35f.). Weitere Instrumente zur Ressourcenerfassung legen Trösken
und Grawe vor. Dass Menschen mit höheren Ressourcenpotenzialen mehr von
Therapie profitieren, stellt aus meiner Sicht eine außerordentliche
Herausforderung dar, im therapeutischen Geschehen anschlussfähig an die
zu sein, die eben nicht darüber verfügen.
... vielfältig facettiert, praktisch dargestellt ...
Das Bemühen um wissenschaftliche Genauigkeit setzt sich nicht in den
weiteren Teilen des Buches fort und das ist auch gut so. Es würde die
dem Thema Ressourcen innewohnende Kraft beschneiden. In den folgenden
Schwerpunkten geht es um die Breite von Arbeitsfeldern und um die
Vielfalt von Arbeit mit Ressourcen. Sowohl LeserInnen als auch
AutorInnen mögen mir verzeihen, dass ich die vielfältigen Beiträge
nicht im Einzelnen darstelle und bewerte, das würde den Rahmen dieser
Besprechung sprengen. Jeder einzelne hat seine Existenzberechtigung:
hier kommt der Lesebuchcharakter zum Tragen und die vorausgegangenen
Betrachtungen unter wissenschaftlichen Aspekten werden mit Leben
gefüllt. Es geht um Selbsthilfe und soziale Netzwerke, Gruppen, über
ermutigende Arbeit mit Frauen mit Gewalterfahrung, Jugendhilfe,
Gruppentherapie für Kinder suchtkranker Eltern, Kunsttherapie (hier
leistet sich der Verlag aufwändige Gestaltung), Zirkus, bereichert
durch praktisch einsetzbares Material wie Trumpfkarten und Samentütchen
und endet nicht bei Konsequenzen für Ausbildung und Überlegungen zum
therapeutischen Selbstcare. Das Mosaik ist bunt und dennoch nicht
beliebig.
... über den Tellerrand geschaut ...
Es geht jedoch nicht ohne die Betrachtung der gesellschaftlichen
Zusammenhänge, in denen diese Überlegungen zu Ressourcen stattfinden.
Und so schließt Heiner Keupp die Beiträge mit einer Forderung ab, in
das Ressourcenkonzept die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen
miteinzubeziehen. Nur wenn diese stimmen, können Menschen Verantwortung
für sich selbst und ihre Gesundheit übernehmen und sich als
selbstwirksam erleben. Er weist zurecht darauf hin, dass persönlichen
Ressourcen angesichts gesellschaftlicher Herausforderungen und
zunehmender Individualisierung ein höherer Stellenwert zugemessen wird.
Persönliche Ressourcen als Aus-sich-selbst-Schöpfen scheinen also
bitter nötiges Überlebenskapital.
... und diskutiert
Oberflächlich betrachtet könnte man meinen, dass die
„wissenschaftliche“ Diskussion und das, was sich in vielfältigen
Praxisfeldern tut, unverbunden nebeneinander existieren. Mir scheint
jedoch deutlich zu werden, dass die Motive für Forschung und
Kategorisierung nicht nur selbstzweckhaft sind, sondern sehr wohl im
Liefern von brauchbaren Daten für die Praxis liegen. Mir scheint auch,
dass PraktikerInnen die Erkenntnisse und Diskussionsstränge zur
Kenntnis nehmen. Dazu trägt dieses Buch bei, sicherlich nachhaltig
durch die ordnende Hand der HerausgeberInnen, die in einer sorgfältigen
Diskussion und Würdigung die Bedeutung der einzelnen Argumentationen
abwägen und wesentliche Diskussionsstränge bündeln. Dass sich dabei
einiges ganz sympathisch der Systematisierung entzieht, liegt am Thema.
Wenn Quellen kanalisiert werden, sprudeln sie nicht mehr. Schemmel und
Schaller arbeiten in ihrer Abschlussdiskussion noch einmal zwei
wesentliche Strömungen heraus: Ressourcenorientierung als grundlegende
Haltung, bei der die KlientInnen und ihre Anliegen im Mittelpunkt der
Betrachtungen stehen und darüber entscheiden, was ihnen als Ressource
dient. Demgegenüber wird Ressourcenaktivierung verstanden als Förderung
vorhandenen Potenzials und korrektiver Erfahrungen auf Grundlage
umfassender Ressourcendiagnostik (Hier wäre sicherlich ein Verweis auf
die parallel entstandene umfangreiche Ressourcendiagnostik von Klemenz
(2003) sinnvoll gewesen.). Ressourcen werden also als Entitäten, als
„an sich“ existierend beschrieben. Ob diese Fokussierung die Diskussion
erweitert oder doch eher einengt, wird sich zeigen, da schon einige
AutorInnen (Loth, Schiepek und Cremers) die Synthese herstellen.
Zum Schluss
Bei der Bewertung der Relevanz des dicken und in jeder Hinsicht (studierend und
schmökernd) lesenswerten Buches habe ich abzuwägen, was sich an solchen
Diskussionsprozessen als hilfreich für die Praxis erweisen mag. Als
PraktikerIn brauche ich beides, um dem Tun mit meiner Ressourcenbrille
sowohl einen verantwortlich abgesteckten Rahmen zu geben wie auch dem
nachvollziehbaren Reflektieren fundierte Anhaltspunkte zu liefern.
Einerseits setze ich mir durch Taxonomien orientierende Leitplanken und
verschaffe mir durch den Blick auf Forschungsergebnisse – besonders
solche zur Einschätzung der Arbeit durch die KlientInnen selbst – einen
festeren Boden unter den Füßen. Andererseits geht Weiterentwicklung
nicht, ohne die einengenden Pfade einer allzu akademischen Trennung und
Kanalisierung zu verlassen. Auf dem Weg zur Entfaltung eines breiten
Ressourcenspektrums mit und für KlientInnen gehe ich von einer
respektvollen Haltung, von Empathie und eigener Ressourcenerfahrung
aus. Auch oder sogar besonders in einem störungsfokussierten Kontext
ist eine von den Anliegen der Klienten getragene und geleitete
Arbeitsethik von Nöten, die getragen ist von einem an Ressourcen und an
Stärken orientierten Menschenbild.
Literatur
Antonovsky, A. (1997). Salutogenese. Zur Entmystifizierung der Gesundheit. Tübingen: DGVT-Verlag.
Berg, I. K. (1992). Familien Zusammenhalt(en). Ein kurz-therapeutisches
und lösungs-orientiertes Arbeitsbuch. Dortmund: verlag modernes lernen.
De Jong, P., Berg, I. K. (1998). Lösungen (er)finden. Das Werkstattbuch
der lösungsorientierten Kurztherapie. Dortmund: verlag modernes lernen.
Hargens, J., Eberling, W. [Hg.] (2000). Einfach kurz und gut – Teil 2: Ressourcen erkennen und nutzen. Dortmund: borgmann.
Hintermair, M. (2002). Kohärenzgefühl und Behinderungsverarbeitung.
Eine empirische Studie zum Belastungs- und Bewältigungserleben von
Eltern hörgeschädigter Kinder. Heidelberg: Median-Verlag.
Hubble, M. A., Duncan, B. L. & Miller, S. D. [Hg.] (2001). So wirkt
Psychotherapie. Empirische Ergebnisse und praktische Folgerungen.
Dortmund: verlag modernes lernen.
Klemenz, B (2003). Ressourcenorientierte Diagnostik und Intervention bei Kindern und Jugendlichen. Tübingen: DGVT-Verlag.
Lenz, A. & Stark, W. [Hg.] (2002). Empowerment. Neue Perspektiven
für psychosoziale Praxis und Organisation. Tübingen: DGVT-Verlag.
Loth, W. (1998). Auf den Spuren hilfreicher Veränderungen. Das
Entwickeln Klinischer Kontrakte. Dortmund: verlag modernes lernen.
Loth, W. (2000). Alles im Wunderland? – Notizen von unterwegs. In: Hargens, J., Eberling, W. [Hg.] (2000), pp. 37-57.
Satir, V., Banmen, J., Gerber, J., Gomori, M. (1995). Das Satir-Modell.
Familientherapie und ihre Erweiterung. Paderborn: Junfermann.
Stark, W. (1996). Empowerment: neue Handlungskompetenzen in der psychosozialen Praxis. Freiburg im Breisgau: Lambertus.
(zuerst erschienen in systhema 1/2004 · 18. Jahrgang · Seite 93-98)
Inhaltsverzeichnis:
Ressourcen: Ausgangspunkte (Heike Schemmel & Johannes Schaller)
Teil I: Zum Einstieg – Geschichten von Ressourcen und Veränderung Ressourcen bewegen (Wolfgang Loth) Ein Klient berichtet (Anonymus) Story Dealer – ein Vorschlag zur Selbstbeschreibung von Psychotherapeut/inn/en (Peter Kaimer)
Teil II: Der Blick in die Wissenschaft – theoretische Perspektiven Ressourcen: Einige Bemerkungen zur Begriffsklärung (Ulrike Willutzki) Die funktionale Rolle von Ressourcenaktivierung für therapeutische Veränderungen (Emma Smith & Klaus Grawe) Die Veränderungstheorie des Klienten: Die Berücksichtigung des
Klienten im integrativen Prozess (Barry L. Duncan & Scott D. Miller) Ressourcenorientierung und Ressourcendiagnostik in der Psychotherapie (Günther Schiepek & Sandra Cremers) Das Berner Ressourceninventar – Instrumente zur Erfassung von
Patientenressourcen aus der Selbst- und Fremdbeurteilungsperspektive
(Anne Trösken & Klaus Grawe)
Teil III: Facetten der therapeutischen Arbeit mit Ressourcen Keiner baut ein Haus allein – Kooperation zwischen
Selbsthilfe-Initiativen und Professionellen im gesundheitlichen
Versorgungssystem (Annelore Bachl & Wolfgang Stark) Arbeit mit Ressourcen auf der Netzwerkebene (Bernd Röhrle) Ressourcen – zum Potenzial einer ziel- und ressourcenfokussierten Gruppentherapie (Heike Schemmel) Arbeit mit Ressourcen auf der systemischen Ebene – der Ansatz der Systemischen Therapie (Kurt Ludewig) Denken und (Ver-)Handeln – Kognitive Verhaltensmodifikation aus Ressourcensicht (Johannes Schaller) Ressourcenorientierte Kunsttherapie (Friederike Gölz)
Teil IV: Geschichten aus der Praxis – RessourcenarbeiterInnen erzählen Zirkus Giovanni im Canisiumsheim – Spaß und Erfolg haben (Sabine Leger) Ressourcenorientierte Gruppentherapie für Kinder suchtkranker
Eltern – Skizze eines Angebots (Manfred Vogt, Agnes-Christine Nelle,
Wolfgang Eberling, Wolfgang Burr & Robert Decker) Auf Schatzsuche – ein Interview (Christiane Hubert) Ressourcenorientierte Arbeit in der Jugendhilfe (Karin Wallenczus) Ressourcenorientierte Therapie mit Frauen (Rosemarie Piontek) Das Dachauer Modell: Multimodale Schmerztherapie unter
ressourcenorientierter Perspektive (Tim Tonhauser & Thomas Rausch)
Teil V: Ressourcenwerkstatt – gewusst wie und wo Die Initialzündung – oder wie ein gelöster Blick die Lebensgeister wieder wecken kann (Joachim Hesse) Trumpfkarten – ein Werkzeug, um KlientInnen auf dem Weg zu ihren Zielen zu unterstützten (Tomasz Switek) Internetressourcen (Franz Machilek)
Teil VI: Die TherapeutInnen – die eigenen Ressourcen fördern und bewahren Ressourcenorientierte Therapieausbildung: Das Bamberger Modell
(Susanne Kade, Peter Kaimer, Sabine Kautz, Johannes Schaller, Heike
Schemmel & Tim Tonhauser) Selbstsorge von TherapeutInnen (Heike Schemmel & Johannes Schaller)
Teil VII: Der Blick über den Tellerrand – Ressourcen im gesellschaftlichen Kontext Ressourcen als gesellschaftlich ungleich verteiltes Handlungspotential (Heiner Keupp)
Epilog: Ressourcen – zum Stand der Dinge in Forschung und Praxis (Johannes Schaller)
Aus der Einleitung:
Ressourcen – ein Zauberwort?
Der Ausgangspunkt dieses Buches liegt in Berlin im Jahr 2000. Hier
fanden sich im Themenblock „Ressourcenförderung“ (Kaimer &
Schemmel) des DGVT-Kongresses für Klinische Psychologie und
Psychotherapie in Berlin Menschen zusammen, die einen ebenso
enthusiastischen wie kritischen Blick auf das Thema
„Ressourcenförderung“ werfen wollten. Parallel dazu sprachen Klaus
Grawe und seine Arbeitsgruppe in ihrem Themenblock über
„Ressourcenaktivierung“.
Doch dies war längst nicht alles zum Thema „Ressourcen“ auf dem
Kongress: So sprachen z.B. Ulrike Willutzki, Hilde Haas und Barbara
Neumann über „Ressourcenorientierte Perspektiven in der Psychotherapie
sozialer Ängste“, Irmgard Vogt referierte über „Mütter, die
Gesundheitsexpertinnen im Alltag“, Angelika Nehlsen und Helga Rohling
beschrieben „Ressourcenorientierte Müttergruppen“ und Siang Be
betrachtete Teamsupervision und Organisationsberatung „aus einer
anderen Perspektive“.
Ressourcen – das „Zauberwort“ der therapeutischen Gemeinde?
(...)
Ist die Arbeit mit „Ressourcen“ einfach nur Mode? Im leichten Gewand
der Ressourcen kommt die Psychotherapie scheinbar ein wenig
leichtfüßiger und nicht mehr so schwermütig daher. Jede und jeder macht
es und hat es auch schon immer gemacht. Frei nach dem Motto:
Ressourcenorientiert ist immer gut – kann ja nicht schaden! Passend zu
dem Zeitgeist eines Jahr zehnts, in dem Vieles möglich schien, in dem
der Blick nach vorne statt nach hinten gerichtet wurde, in dem neue
Visionen entwickelt wurden (sei es für ein vereintes Deutschland oder
ein erstarkendes Europa), scheint der Fokus auf Ressourcen und Ziele
sehr anschlussfähig.
Mehr als Mode
Doch wir denken, dass die Diskussion um Ressourcen mehr ist als nur
Mode. Es ist eine Diskussion mit Tradition, die aus vielerlei Gründen
wichtig ist. Neu ist allerdings, dass sich das „Zauberwort Ressourcen“
in der psychosozialen Welt einen Platz verschafft hat, an dem man nicht
mehr so leicht vorbei kommt. So ist ressourcenorientierte Therapie –
spätestens seitdem das Team um Grawe Ressourcenaktivierung als einen
der entscheidenden Wirkfaktoren von Psychotherapie benannt hat – in der
therapeutischen Öffentlichkeit mehr als das Credo lösungsfokussierter
Therapeutlnnen, die ehemals mit ihrem radikalen Blick auf Ressourcen
und Ziele statt auf Probleme und Ursachen als oberflächlich belächelt
wurden. Je mehr darüber gesprochen und geforscht wird, desto
einhelliger wird die Bedeutsamkeit dieser Perspektive für die
therapeutische Veränderung von psychischen Problemen anerkannt. Dies
zeigt sich in klinischen Erfahrungsberichten, aber auch in den
Wirksamkeitsstudien bzgl. ressourcen- und lösungsfokussierter Therapie
(...).
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