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systemagazin special: "Das erste Mal"
Heidi Neumann-Wirsig: Seit damals habe ich nie mehr behauptet, dass man in meinen Supervisionen rauchen dürfe

Meine Ausbildung zur Supervisorin begann im Januar 1978. Ich war zu dieser Zeit Sozialarbeiterin in einer kirchlichen Beratungsstelle. Damals gab es eine handvoll Supervisionsausbildungen in Deutschland. Es war also leicht, sich ein bisschen besonders zu fühlen, wenn man die Aufnahme in eine dieser Ausbildungen geschafft hatte. Dieses Gefühl musste man sich später, während der Seminarwochen, in der Gruppe und mit den Ausbildern hart erarbeiten; vermittelten sie doch gerne den Eindruck, dass man ganz unten anfangen muss, um eine richtige, gute Supervisorin zu werden.
Damals wie heute waren wir aufgefordert, bald nach der ersten Seminarwoche Supervisanden zu akquirieren, die sich auf eine Lernsupervision mit uns bzw. mir einlassen wollten. Keine leichte Aufgabe, da Supervision 1978 noch relativ neu war und im sozialarbeiterischen Umfeld im Ruf stand, zu therapeutisch ausgerichtet zu sein. Diskussionen über Praxisberatung versus Supervision wurden – vor allem im kommunalen Bereich - heftig und emotional geführt.
Woher also die erste Supervisand/in nehmen? Diese Frage trieb mich im Frühjahr 1978 um und ich begann, meine Kontakte zu Kolleg/innen in der eigenen Dienststelle und bei anderen sozialen und kommunalen Träger zu nutzen. Ich sprach mit Entscheidungsträgern und potentiellen Supervisand/innen, bot meine Dienste an, wies auf den gegenseitigen Nutzen hin und warb für gemeinsame gute Erfahrungen. Rückblickend frage ich mich, woher ich die Sicherheit nahm und weiß auch gleich die Antwort: Die Sicherheit bezog ich aus meinen eigenen guten Erfahrungen mit Supervision und den beiden Supervisorinnen, die über viele Jahre meine inneren Vorbilder blieben (und vielleicht noch sind).
Wer war nun die oder der erste Supervisand/in? In Erinnerung sind mir die Kollegin H., Sozialarbeiterin wie ich aus der eigenen Dienststelle, Frau F. und Frau S., Sozialarbeiterinnen beim Jugendamt und ein Praktikant. Die Unterlagen mit den genauen Daten, mit wem ich welche Supervision wann begann, sind mehren privaten Umzügen zum Opfer gefallen. Aber ich bin ganz sicher, dass Frau H., die Kollegin aus der eigenen Dienststelle, meine erste Supervisandin war.
H. und ich schätzten uns gegenseitig, sowohl fachlich als auch persönlich. Und Anfang 1978 befanden wir uns beide in Weiterbildungen. Sie hatte sich für eine Therapieausbildung in TA entschieden und ich mich für die Supervisionsausbildung.
Ihre Motivation, mein Supervisionsangebot anzunehmen, sah und sehe ich einerseits darin, dass sie mich in meiner Weiterbildung unterstützen wollte, und andererseits in dem Wunsch, sich in der eigenen Fallarbeit zu verbessern. So stand auch die Fallarbeit im Zentrum unserer Supervision.
Vor Beginn der ersten Sitzung hatte ich mich selbst und die Beratungsecke (eine alte Couch, 2 Sessel und ein kleiner runder Tisch) vorbereitet und den Cassettenrecorder aufnahmebereit aufgestellt. Ich hatte auch Kaffee gekocht. Und ich war aufgeregt. Diese Aufregung versuchte ich mit gezeigter Sicherheit in den Griff zu bekommen.
H. war pünktlich. Wir begrüßten uns herzlich. Ob H. ebenfalls aufgeregt war, weiß ich nicht (mehr). Ich war viel zu sehr mit mir selbst beschäftigt, um noch auf die Befindlichkeit von H. achten zu können. Mein Annahme war, dass sie mir bereits supervisorische Kompetenz zuschrieb, und dem entsprechend wollte ich mich verhalten. Ich fühlte mich auch schon ein wenig als Supervisorin. Und Supervisorin zu sein, war etwas besonderes.
Wir begannen unser Gespräch mit den üblichen Settingabsprachen wie Ort, Zeit, Intervalle, Anzahl der Sitzungen, Inhalte etc.
H. hatte erfreut auf den angebotenen Kaffee reagiert und fragte nun „Darf ich hier auch rauchen?“ Im Brustton der Überzeugung und spontan antwortete ich ihr, dass man in meinen Supervisionen auch rauchen dürfe. Nun zeigte sie sich doch überrascht. Sie erzählte mir, dass in ihrer Therapieausbildung rauchen als Ersatzhandlung gedeutet wurde und überaus unerwünscht war. Sie war verwirrt und verunsichert über diese unterschiedlichen Aussagen von Menschen, denen sie offenbar Kompetenz zuschrieb. Ich erschrak und gab mir Mühe, es mir nicht anmerken zu lassen. Hatte ich einen Fauxpas begangen? Voreilig und frech hatte ich eine Frage beantwortet, über die ich noch nicht nachgedacht hatte. Sicher wussten die Therapeutinnen besser als ich Supervisionsanfängerin, was richtig und was falsch war, ob man rauchen durfte oder nicht. Über Ersatzhandlungen wusste ich auch nicht viel. Wie konnte ich mich „retten“, ohne Gesichtsverlust, hatte ich doch so großspurig behauptet, bei mir dürfe man rauchen. Das Eingestehen eines Fehlers war undenkbar. War meine angenommene Kompetenz damit verspielt, bevor wir überhaupt begonnen hatten? In Bruchteilen von Sekunden spielte sich in meinem Kopf etwas ab, von dem ich nur hoffen konnte, dass es nicht sichtbar wurde.
Ich weiß heute nicht mehr, wer von uns beiden die Lösungsidee zuerst entwickelte. Es scheint mir auch unwichtig. Jedenfalls einigten wir uns darauf, dass sie eine abgesprochene Anzahl von Zigaretten zu bestimmten Zeitpunkten der Supervisionssitzung raucht. So konnte die Supervisandin die Richtigkeit der Aussage ihrer Therapeutinnen bestehen lassen, und ich konnte weiterhin behaupten, dass man in meinen Supervisionen rauchen durfte. Ich kann mich noch an das gute Gefühl bei dieser Absprache erinnern. Ich war erleichtert. Ob meine Supervisandin bemerkt hat, dass ich mich in einer misslichen Situation befand, weiß ich auch heute nicht. Wir haben nicht darüber gesprochen und meiner Lehrsupervisorin habe ich auch nichts davon erzählt.
Ich weiß noch, dass wir alle 20 Supervisionssitzungen auf Band aufnahmen, als Arbeitsmaterial für meine Lehrsupervision, aber ich habe keine Erinnerung daran, dass das Rauchen noch mal Thema gewesen wäre.
Seit damals habe ich in meinen vielen, vielen Supervisionen nie mehr behauptet, dass man in meinen Supervisionen rauchen dürfe. Ob rauchen eine Ersatzhandlung, Sucht oder Entspannung darstellt, war und ist dabei für mich völlig unbedeutend. Dass es sinnvoll und unterstützend sein kann, etwas in den Händen zu bewegen, während man reflektiert, die Gedanken bewegt und sich konzentriert, habe ich erst Jahre später von meinem amerikanischen Lehrer kennen- und schätzen gelernt. Dazu eignen sich allerdings besser kleine Steine, Büroklammern, Kastanien ö. ä.
Wenn heute die Supervisand/innen in den Supervisionen gerne rauchen möchten, können sie das tun – in der Pause.



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