Friday, January 24. 2014
Christian Haaler ist Diplom-Psychologe und - nach längerer Tätigkeit in Wirtschaft - Leiter des Sozialmanagements bei einem Jugendhilfeträger. In der Systemischen Bibliothek erscheint ein Orginalbeitrag von ihm zum Thema „Systemisch durch Veränderungsprozesse führen". Im „Prolog“ zum Text heißt es: „Diese Reflexion setzt sich mit den Aspekten einer systemisch-orientierten Führungsarbeit in Organisationen auseinander und berührt dabei viele persönlich er- und durchlebte Projekte. Wichtig ist mir, meine Beobachtungen zunächst in ein theoretisches Gebäude zu stellen, weil ich viele Gedanken in wundervollen Büchern mit Geschichten über Systemtheorie, Märkte, Menschen und Manager gefunden habe, die es mir wert sind, nochmal für mich und vielleicht auch für den geneigten Leser zu zitieren und in einen anderen Kontext zu stellen. Ich möchte aber auf der Theorie-Ebene nicht verweilen, wie ein Zuschauer auf der Tribüne eines Fußballstadions, sondern aufs ,Feld gehen' und Ideen und Vorschläge entwickeln, wie ,man' es systemisch anders machen kann. Die Bewertung über das Gelingen dieses Versuchs überlasse ich dabei anderen.“ Zum vollständigen Text…
Monday, December 23. 2013
 lesen und schreiben in Deinem Adventskalender ist in diesem Jahr für mich eine besondere Herausforderung, also so eine Sache, weil ich mich zwar zu den gerne Lesenden zähle, aber nicht zu sehr zu den Schreibzugehörigen von Büchern oder Zeitschriften und Artikeln. Ich schreibe gerne Briefe, am liebsten noch mit Füller und auf büttenem Papier, wundere Dich bitte nicht über einen Adventskalenderbeitrag auf meine Art. Ich mag es, in Dialogen Ideen und Gedanken zu entwickeln, aber auch den Streit und den Widerspruch. Die großartigen Briefwechsel über Kunst, Politik, Kultur, z.B. Christa Wolf und Franz Fühmann, Clara Schumann mit Johannes Brahms, Goethe mit Bettina von Arnim, Heiner Müller und Alexander Kluge, Günter Gauss und Willi Brandt, diese Art der Dialoge sind wertvoll, weil sie sich im und durch das Gespräch entwickeln. Wie könnten wir das in unserer Szene mehr initiieren? Ich versuche einen bescheidenen Dialog mit Dir über Lesen und Schreiben. Du liest schnell. Ich nehme beim Lesen jedes Wort beim Wort, damit komme ich nicht gut voran. Könntest Du mir beim Lesen helfen oder soll ich es wortwörtlich lassen? Ich glaube, ich habe ein zu therapeutisches Ohr beim Lesen, wie lässt sich das abstellen? Viel schlimmer ist aber meine Schreibhemmung. Ich versuche ein anonymes Gegenüber zu erreichen und bin zu sehr auf eine anerkennende und neugierige Reaktion angewiesen um in einen Schreibschwung zu kommen. Sagst Du, das sei ein eklatanter Fehler? Sollte ich beim Schreiben mehr an mich denken? Außerdem würde ich gerne mehr Lyrik in die Systemische Literatur bringen, die bleibt dann Phantasien überlassen und darf wie Kunst interpretierbar bleiben, nach dem Motto: ist das Kunst oder kann das weg? Könnten wir uns einfach mehr erzählen, was wir so in der Begegnung mit fremden Menschen erleben, mit denen so vertrauenserfüllte Dialoge entstehen? Könnten wir uns mehr im Schreiben erstreiten und nicht nur Behauptungen aufstellen?  Lieber Tom, Dein Adventskalender ist für mich schon angefangene Therapie, ich lese jeden Tag hinter einem Türchen eine Idee, eine Geschichte und komme trotzdem morgens rechtzeitig zur Arbeit und habe das Lesen in meinem Tempo geschafft. Größer allerdings ist die Auswirkung auf meine Schreibhemmung, ich traue mich einfach, für Deinen Adventskalender drauf los zu schreiben. Du und die anderen AutorInnen haben schon so eine Art Familienzugehörigkeit entwickelt und ich traue mich dabei zu sein. Lieber Tom, vielen Dank für Deine Idee mit dem Adventskalender, den lese ich gerne und schreibe gerne dafür. Aber es kommt noch besser, unsere Redaktionssitzungen für Kontext haben erheblich dazu beigetragen, mit meinen Problemen besser klar zu kommen. Ich trainiere das Lesen von Artikeln und schaue Dir insgeheim zu, nach welchen Kriterien Du sie liest und Rückmeldungen gibst. Das musste ich jetzt einmal verraten. Leider verstärkt das mein Problem mit dem Schreiben - obwohl ich weiß, wie sorgfältig und textsicher Du Menschen hilfst, gute Artikel zu schreiben. Diese gemeinsame Redaktionsarbeit ist wohltuend, weil die Telefonkonferenzen sich in Grenzen halten und die persönlichen Begegnungen verbunden mit gutem Essen bei Dir inspirierender sind. Du bist ja so ein medialer freak, trotzdem ersetzt kein Medium die persönliche Begegnung. Hab ich Dich jetzt wieder genervt? Als ich gefragt wurde, beim Kontext mitzuarbeiten, bin ich fast vom Hocker gefallen, denn ich hatte außer meiner Diplomarbeit bis dahin nichts außer Briefen und Tagebuch geschrieben. Hinter dieser Anfrage, so wurde der Überredungsversuch erklärt, steckte der Wunsch, jemanden aus der praktischen Arbeit dabei zu haben, schließlich ist dies eine Zeitschrift für so viele Praktiker. Diese Leute aus der Systemischen Szene lassen nichts aus! Mir scheint aber, außer mir gibt es noch mehr KollegInnen die womöglich ähnliche Probleme mit dem Schreiben haben. Lieber Tom, was sollten wir tun, eine schreibende Selbsthilfegruppe gründen? Wie bekommst Du das eigentlich hin, wahrscheinlich brauchst Du weniger Schlaf und mehr Kaffee? Ich habe mich in eine Nische gerettet, in der ich so rubrikartiges Zeug schreibe, aber manchmal komme ich mir da auch blöd und unseriös vor. Aber ich möchte noch auf Deine Frage nach den prägenden Büchern eingehen. Für meine Arbeit in Beratungen und Therapien gibt es ein ganz wichtiges Buch von Tom Andersen mit dem Titel „Das Reflektierende Team“. Mich hat die Idee überzeugt, unseren Klienten unsere Hintergedanken nahe zu bringen, die dann automatisch keine mehr sind. Die Idee der Reflektion in Gegenwart der Menschen um die es gerade geht fand ich revolutionär und gleichzeitig so einfach. Seither genieße ich es geradezu, mit Klienten einen sehr offenen und gleichberechtigten Austausch zu suchen, nichts von oben herab zu tun, den Dialog auf Augenhöhe zu führen. Und es ist kein Zufall, dass mir dieses Buch jetzt einfällt. Die Tom`s haben es wohl in sich, das mit der Haltung, es soll keine Zufälle geben? Ich habe Tom Andersen bei einer Tagung in Osnabrück erleben dürfen. Die Überschrift hieß „Fragen über Fragen“. Während der zwei Tage gab es zwei Sitzungen in denen Tom Andersen ein Gespräch mit einer Familie und ihren Therapeuten führte. Mich hat dabei beeindruckt, wie ernsthaft er sich selbstkritisch unterbrach, wenn er als Fragender doch zu therapeutisch wurde und damit in Konkurrenz zu den Therapeuten geriet. Dieses Phänomen hatte er in dem Buch über das Reflektierende Team beschrieben, aber ich konnte ihn nun life miterleben und hatte seine Idee verstanden. Das reflektierende Team sollte nicht die besseren Ideen haben sondern im Sinne der kybernetischen Erkenntnisse das Beobachtete ohne Wertung in Worte fassen. Bücher sind also eine Sache, die Autoren zu erleben ist eine ganz andere. Lieber Tom, noch eine andere Frage, würdest Du Bücher wegwerfen? Und wenn nach welchen Kriterien? Es gibt doch auch schlechte Literatur und überflüssige Fachbücher, wenn Du mal einen Adventskalender mit dieser Überschrift hättest wäre ich sicher wieder dabei. Nun packe ich weiter die Bücherkisten für den erneuten Umzug und die letzte Frage versteht sich vielleicht von selbst. Ich wünsche Dir einen prall gefüllten Adventskalender und dann eine ruhige Zeit. Gibt es eigentlich systemische oder familientherapeutische Literatur zum Thema Weihnachten und familiäre oder betriebliche Bewältigungsstrategien von diesem eigenartig überladenen Thema diese Zeit möglichst harmonisch über die Bühne zu bringen obwohl das doch häufig ausartet und im Desaster enden kann? Warum bleibt diese Stimmung den Familien vorbehalten und bekommt so wenig Öffentlichkeit im systemagazin? Liebe Grüße Dörte P.S. Literatur im weitesten Sinne handelt doch immer von Menschen, ihren Kommunikationen, Beziehungen, Missverständnissen und Lösungen, bisher hat meine Sachbearbeiterin beim Finanzamt alle Bücherquittungen als Fachbücher akzeptiert.
Wednesday, November 27. 2013
 Kurt Buchinger ist ein wichtiger Wegbereiter für die Theorie und Praxis systemischer Supervision und Organisationsberatung. Er begeht heute seinen 70. Geburtstag und systemagazin gratuliert von Herzen. Kurt Buchinger ist den systemagazin-Lesern durch eine ganze Reihe von Texten bekannt, die in der Systemischen Bibliothek des systemagazin zu finden sind. Im vergangenen Jahr erschien von ihm ein berührender Text über seine Kranken- und Behandlungsgeschichte und die Auseinandersetzung mit dem Leben und dem Tod, der einige Resonanz erzeugt hat. seinem neuesten Text führt er dieses Thema weiter fort, es geht es um einen „Alten Wunsch und neue Erfahrungen“ im Rahmen seiner Selbstbeobachtung in dieser Situation, gewissermaßen um das „Leben im Tod revisited“ (K.B). Ich danke Kurt Buchinger sehr für die Erlaubnis zur Veröffentlichung dieses Textes, der uns auf eindringliche Weise lehrt, dass das Lernen nicht endet, auch nicht in Zeiten körperlichen Leidens. Lieber Kurt Buchinger, für die kommende Zeit wünsche ich Ihnen das Beste! Zum vollständigen Text…
Wednesday, November 6. 2013
 Heute vor 15 Jahren starb der Soziologe und Sozialtheoretiker Niklas Luhmann, dessen Werk im systemischen Feld mehr denn je beträchtliche Resonanz erhält. Gleichwohl dürfte die Lektüre seiner komplexen, abstrakten und weitausgreifenden Texte für viele Leserinnen und Leser keine leichte Übung (gewesen) sein. Martin Hafen (Foto: www.fen.ch), der an der Hochschule für Soziale Arbeit in Luzern am Institut für Sozialmanagement, Sozialpolitik und Prävention auch Systemtheorie lehrt, setzt sich in einem Beitrag für die Systemische Bibliothek im systemagazin mit seinen eigenen Lektüreerfahrungen, ihren biografischen Auswirkungen und ihrer Umsetzung in die Tätigkeit als Dozent auseinander. In seinem Fazit hält er fest: „Wenn ich auf die 17 Jahre seit der ersten Konfrontation mit der soziologischen Systemtheorie zurückblicke, dann bereue ich den Entscheid nicht, bereits in der ersten Phase meines Studiums den Fokus auf diese Theorie zu richten. Die Systemtheorie hat mir (als Spätstudierendem) einen beruflichen Werdegang eröffnet, der in dieser Form ohne meine umfassende Nutzung der Theorie nicht möglich gewesen wäre. Andererseits habe ich auch gelernt, dass es in bestimmten Kontexten (z.B. der Eingabe von Forschungsprojekten) auch klug sein kann, die Fokussierung auf Systemtheorie ein wenig in den Hintergrund zu stellen. Zudem bringt mich die Auseinandersetzung mit andern Theorien in Soziologie, Philosophie, Psychologie etc., auch als Systemtheoretiker weiter, und ich bedaure, dass ich in der Zeit vor meinem Soziologiestudium fast ausschliesslich Belletristik gelesen und mich kaum mit Theorien auseinander gesetzt habe. Schliesslich schätze ich auch den Einfluss, den die Theorie auf meine persönliche Entwicklung gehabt hat. Die theorie-geleitete Beobachtung der Welt hat meine privaten und berufliche Orientierungssicherheit erhöht und mich gleichzeitig mit einem gut entwickelten Kontingenzbewusstsein ausgestattet, das mir ermöglicht, der Entwicklung der Dinge gelassener gegenüber zu stehen, als dies vor meinem ersten Kontakt mit der Theorie der Fall war. Ich kann andern daher nur empfehlen, sich auf das Abenteuer einer vertieften Auseinandersetzung mit der soziologischen Systemtheorie einzulassen - im vollen Bewusstsein, dass sich die Erfahrungen von den meinen unterscheiden werden. Ob im guten oder schlechten, das kann nur die Zukunft (resp. die zukünftige Gegenwart) zeigen.“ Zum vollständigen Text…
Thursday, September 5. 2013
 Unter diesem Titel hat Haja Molter „eine Metastrategie für systemisches Arbeiten mit und in Gruppen“ in einem Band vorgestellt, den er gemeinsam mit Jürgen Hargens 2002 im Dortmunder Verlag modernes Lernen herausgebracht hat („Ich, du, wir und wer sonst noch dazu gehört. Systemisches Arbeiten in und mit Gruppen“; 2. Auflage 2006, S. 205-220). In der Systemischen Bibliothek ist der Text nun auch online zu lesen. Eingangs schreibt Haja Molter: „In der Geschichte der Psychotherapie gab es immer wieder Versuche, Gruppentherapie als etwas Besonderes und Eigenständiges im Feld zu etablieren (…). So wundert es nicht, dass auch im Bereich der systemischen Therapie und Beratung das Arbeiten mit und in Gruppen zunehmend an Aktualität gewinnt. Auch im Bereich von Supervision, Coaching und Organisationsentwicklung, wo sich systemische Vorgehensweisen mehr und mehr etablieren, gewinnt das Arbeiten mit und in Gruppen zunehmende Aktualität. Ich beschränke mich in diesem Beitrag auf die Arbeitsfelder Gruppentherapie und Supervision in und mit der Gruppe.  Meine Erfahrungen in der Arbeit mit und in Gruppen gehen zurück auf therapeutische Ansätze von Gruppentherapie, wie sie George R. Bach in seinem frühen Werk „Intensive Group Psychotherapy“, erschienen 1954, entwickelte. Bach versuchte psychoanalytische mit psychodramatischen Ansätzen Morenos und gruppendynamischen Konzepten Kurt Lewins zu verbinden (…). Hinzu kommen vielfältige und durchaus nicht immer angenehme Erfahrungen in der angewandten Gruppendynamik, in Gestaltgruppen und sensitivity groups der siebziger Jahre (…). Meine heutige Praxis in der Arbeit mit Gruppen spielt sich vorwiegend in Ausbildung und Lehre systemischer Therapie, Beratung und Supervision ab. In diesem Rahmen bietet sich mir die Chance, als Lehrtherapeut und Supervisor aktiv an der Entwicklung systemischer Arbeit mit Gruppen in Kliniken, Ambulanzen, Beratungsstellen, Schulen und anderen Bildungseinrichtungen mitzuwirken. Inspiriert und bereichert durch die Erfahrungen in diesen Lernfeldern versuche ich eine systemisch orientierte Metastrategie für die Arbeit mit und in Gruppen zu entwickeln. Man kann diese Arbeit metaphorisch mit dem Entwickeln einer Choreografie für Tänzer oder dem Komponieren einer Partitur für musikalische Improvisation umschreiben. Ich stelle „Arbeitsschritte“ vor, die in unterschiedlichen Gruppenkontexten (Therapie, Supervision) zur Anwendung kommen können. Mit Hilfe dieses „choreografischen und improvisatorischen“ Meta-Rahmens lassen sich systemische Ideen und Konzepte so anwenden, dass Unterschiede zu anderen Arten der Arbeit mit Gruppen für Beobachter sicht- , nachvollzieh- und wiederholbar werden. Dabei interessieren mich insbesondere Arbeitsformen, wo die Gruppe als unverwechselbares System Kräfte der Selbstorganisation im Wirkungszusammenhang mit Teilnehmern und Leitern entwickelt. Das halte ich für anschlussfähig an eine Tradition, die über Moreno, Lewin, Bach, Yalom u.v.a. in der Arbeit mit Gruppen von vielen Therapeuten gepflegt wird. Gruppe wird hier als Organismus mit eigenen Gesetzmäßigkeiten und übersummativ gesehen. Sie ist „mehr und etwas anderes als die Summe ihrer Teile“. Ich möchte hinzufügen, sie kann auch weniger als die Summe ihrer Teile sein. Konkret bedeutet das, die Freiheitsgrade von Gruppenteilnehmer, über die sie in anderen Kontexten verfügen, können dadurch eingeschränkt sein“. Den vollständigen Text können Sie hier lesen…
Tuesday, June 18. 2013
 Die Kritik an formalen psychiatrischen Diagnosesystemen wie DSM und ICD ist in den vergangenen Monaten anlässlich der im Mai veröffentlichten Version V des DSM von der Peripherie sozialwissenschaftlicher Beobachtung hinein in das medizinische System getragen worden. In England hat sich ein Netzwerk kritischer Psychiater gebildet, das eine informative und umfangreiche Webpräsenz aufgebaut hat, geleitet von Joanna Moncrieff und Hugh Middleton. In diesem Kontext ist auch Sami Timimi zu finden, ein Kinder- und Jugendpsychiater, der mit guten medizinischen Gründen die Abschaffung von Diagnosesystemen fordert. Im aktuellen Heft des Kontextes ist eine deutsche Übersetzung seines Textes zu lesen, die aus aktuellem Anlass und mit freundlicher Genehmigung des Verlages Vandenhoeck & Ruprecht auch im systemagazin zu lesen ist (auch wenn im Artikel noch vom DSM-IV die Rede ist, dürfte allen klar sein, dass die Problematik sich mit dem DSM-V noch verschärft hat). Im Editorial des Heftes heißt es: "Unserem Selbstverständnis „Unterschiede deutlich machen“ folgend richten wir mit diesem Heft eine neue Rubrik „Diskurs“ ein, die Raum für Positionen eröffnen soll, welche in der Lage sind, Debatten anzustoßen oder fortzuführen. Wir hoffen sehr, dass wir dazu mit dem vorliegenden Beitrag beitragen können. Der Autor, Sami Timimi, ist ein bekannter Kinder- und Jugendpsychiater aus England und Visiting Professor für Kinder- und Jugendpsychiatrie an der Universität von Lincoln. In seinem Aufsatz „No more psychiatric labels“, der von Andreas Rothers für KONTEXT ins Deutsche übersetzt wurde, fordert er nichts anderes als die „Abschaffung formaler psychiatrischer Diagnosesysteme wie DSM-IV und ICD-10“ - zu einem Zeitpunkt, an dem die pragmatische Inkaufnahme solcher Systeme auch im systemischen Feld als Preis für die Zulassung als kassenfinanziertes Verfahren zunehmend Anklang findet. Seine Begründung: „1. Psychiatrische Diagnosen sind nicht valide. 2. Die Anwendung psychiatrischer Diagnosen verstärkt Stigmatisierung. 3. Psychiatrische Diagnosen helfen nicht bei der Wahl der Behandlungsstrategie. 4. Die Langzeitprognosen psychischer Störungen haben sich verschlechtert. 5. Anderen Kulturen werden westliche Vorstellungen psychischer Gesundheit und Krankheit aufgezwungen. 6. Alternative evidenzbasierte Modelle für eine effektive Neuausrichtung der psychosozialen Versorgung stehen zur Verfügung“. Zum vollständigen Text, der in der Systemischen Bibliothek zu finden ist, geht es hier…
Thursday, May 9. 2013
I  m psychiatriekritischen Internetforum "Mad in America. Science, Psychiatry and Community" haben Eugene Epstein (Foto), Manfred Wiesner und Lothar Duda anlässlich der aktuellen Veröffentlichung des DSM-V einen kritischen Beitrag über psychiatrische Diagnostik im Zuge der Globalisierung westlicher Psychiatrie und Psychotherapie verfasst, dessen deutsche Übersetzung heute in der Systemischen Bibliothek im systemagazin erscheint. Im Abstract heißt es: "Die Autoren gehen von der These aus, dass der psychiatrische und der psychotherapeutische Diskurs (in der westlichen Welt) inzwischen die gesamte Gesellschaft infiltriert haben. Mit dem DSM-5 dehnen sich diese Diskurse weiter aus. Das Denken und Sprechen über psychisches Empfinden und Leiden wird damit zunehmend global uniformiert. Im Resonanzraum dieses Vokabulars sind wir alle potentielle PatientInnen. Hierdurch bietet sich das DSM-5 im Sinne eines „MacGuffins” auch als Vehikel an, den Wirtschaftsfaktor psychiatrisch/psychotherapeutische Versorgung weiter am Laufen zu halten. Die Pathologisierung des Individuums und die Trübung des Blicks für gesellschaftliche Veränderungsnotwendigkeiten sind hierbei zwei Seiten einer Medaille. Der globalen Homogenisierung des Blicks auf psychisches Befinden stellen die Autoren die Kultivierung von Diversität bei der Beschreibung und Einordnung psychischen Empfindens und Leidens gegenüber. Sie proklamieren die Überwindung der Hegemonie des traditionellen psychiatrischen und psychotherapeutischen Diskurses und rufen dazu auf, mit der Entwicklung einer „posttherapeutischen Welt” zu beginnen. In einer ersten Annäherung hieran gehen sie darauf ein, wie die Ausbildung von „Helfern” im Lichte eines solchen veränderten Denkens gestaltet werden sollte." Zum vollständigen Text geht es hier…
Tuesday, April 9. 2013
 1988 erschien im Springer-Verlag ein von Ludwig Reiter, Ewald J. Brunner und Stella Reiter-Theil herausgegebener Sammelband, dessen paradigmatischer Titel "Von der Familientherapie zur systemischen Perspektive" die inhaltlichen Umbrüche im psychotherapeutischen Feld der frühen 80er Jahre gut zum Ausdruck brachte. Da das Buch in sehr kleiner Auflage erschien, war es für damalige Verhältnisse recht kostspielig und dürfte (trotz vieler Zitationen) nicht allzu viele Leser gehabt haben. In diesem Band, der 1997 eine (letzte) Neuauflage als Paperback erfuhr, ist auch ein Text von Kurt Ludewig enthalten, in dem er seine Vorstellungen der "Grundzüge eines systemischen Verständnisses psychosozialer und klinischer Probleme" entfaltet: "Dieser Beitrag erkundet in Anlehnung an zeitgenössische erkenntnis- und systemtheoretische Auffassungen Sinn und Nutzen des Konzepts "Problem" (bzw. "Problemsystem") als Ausdruck für ein interaktionelles, sprich systemisches Geschehen für die klinische Praxis im psychosozialen Bereich. Er trägt Grundzüge einer Sichtweise zusammen, wonach das "Hervorbringen" (s. unten) klinischer Probleme (sonst Symptome oder psychische Krankheiten genannt) nicht als bloßes, noch so geschultes Konstatieren angeblicher Fakten, sondern als Aktivität eines Klinikers betrachtet wird, die auf diesen zurückverweist und ihn daher unvermeidlich mit definiert." Der Beitrag ist nun in der Systemischen Bibliothek des systemagazin zu lesen, und zwar hier…
Sunday, February 3. 2013
 Das Buch "Systemische Therapie. Grundlagen klinischer Theorie und Praxis" von Kurt Ludewig ist 1992 erschienen und gehört zu den mit Abstand am meisten zitierten Werken der Systemischen Therapie hierzulande. Der Verlag, Klett-Cotta, hat sich entschieden, keine Neuauflagen  mehr aufzulegen, so dass das Buch nur noch antiquarisch erhältlich ist. Kurt Ludewig, der das Copyright damit zurückerhalten hat, stellt freundlicherweise das Manuskript seines Buches als PDF für die systemische Bibliothek des systemagazin für alle Leserinnen und Leser zur Verfügung (für evtl. Zitationen ist darauf zu achten, dass es sich zwar um die veröffentlichte Fassung handelt, die Seitenzahlen aber nicht identisch mit dem Buchlayout des Verlages sind). Auf diese Weise bleibt dieses wichtige Buch für alle Interessierten weiterhin zugänglich. Dafür sei ihm an dieser Stelle ganz herzlich gedankt! Zum vollständigen Text geht es hier…
Thursday, November 29. 2012
 Von Kurt Buchinger, bestens bekannt für seine Beiträge zur systemischen Supervision und Organisationsberatung, sind schon einige Texte in der Systemischen Bibliothek des systemagazin zu lesen. Heute geht es um einen außergewöhnlichen und sehr persönlichen Text, der auf einem Vortrag basiert, in dem Kurt Buchinger sich mit seiner eigenen Erkrankung, dem Tod und dem Lebenswillen auf eine berührende und herausfordernde Weise auseinandersetzt, die Mut machen kann und soll. Dabei geht es ihm nicht um den 100sten Bericht über eine Spontan-oder 'Wunderheilung', sondern um riskante Entscheidungen und die Überwindung oder Aufhebung der damit verbundenen "anthropologischen Widersprüche". Der unbedingt lesenswerte Text schließt folgendermaßen ab: "Das Lebendige Allgemeine, das ich im Besonderen mehr erleben als begreifen durfte, lautet: Dieses Leben ist in seiner Fülle nur als sterbendes Leben, als lebender Tod zu haben. Und das ist etwas anderes als das viel strapazierte wunderbare 'Stirb und Werde'. Denn es ist keine Aufeinanderfolge von Tod und Leben in der Achterbahn des Lebens, es ist deren ruhige immer währende Gleichzeitigkeit, echte Gegenwart. Nur so, als sterbendes Leben, als lebender Tod lässt uns das Leben seinen gesegneten Reichtum erahnen, zu dem der Tod die Türe öffnet. Das alles auf eigenes Risiko, natürlich". Zum vollständigen Text…
Wednesday, November 7. 2012
 Mit dieser Frage beschäftigt sich Michael B. Buchholz in seinem neuesten "Psycho-Newsletter". Die Newsletter erscheinen im Auftrag der DGPT in unregelmäßiger Reihenfolge. Im aktuellen Newsletter geht es um aktuelle Entwicklungen in der Verhaltenstherapie. Buchholz geht ausführlich auf einen von Peter Fiedler 2012 herausgegebenen Sammelband ein: "Die Zukunft der Psychotherapie. Wann ist endlich Schluss mit der Konkurrenz?" (Berlin:Springer). Hier passiert beachtenswertes, weil der aktuelle Diskurs der Verhaltenstherapie offenbar stillschweigend die klassischen Positionen der VT räumt - und viele psychoanalytischen und systemischen Konzepte übernimmt: freilich ohne dies auch einzugestehen oder zumindest die Herkunft dieser Konzepte zu benennen. Ob das wirklich als Einladung gelesen werden kann, mit Konkurrenz Schluss zu machen, darf man sich fragen. "Wir sehen eine Zukunft der Psychotherapie, wie Heidelberg-United sich das vorstellt. Sehr anregend, gut geschrieben, lesenswert, diskussionsfähig – und natürlich diskussionsbedürftig. Konkurrenz im besten Sinne. Aber es wäre ein unfairer und aktiver Beitrag gerade zur Fortsetzung der Konkurrenz statt zu deren Beendigung, wenn die Beiträge der konkurrierenden Autoren überhaupt nicht zu Worte kommen, sondern als eigene ausgegeben werden. Eine Psychotherapie der Zukunft, die sich so sehr der Psychoanalyse, der systemischen Richtung, teils auch der Gesprächstherapie angenähert hat wie die zitierten Positionen verdeutlichen, müsste den Namen "Verhaltenstherapie" streichen und eingestehen, wo sie sich jahrzehntelang dogmatisch geirrt und verirrt hatte, wo sie Anleihen bei anderen macht, wo ihre so gellend vorgetragenen positiven Forschungsergebnisse möglicherweise eben wegen dieser stillschweigenden Anleihen "pro VT" wurden. Und in die Öffentlichkeit sollte diese Einsicht auch getragen werden." Zum vollständigen Text…
Wednesday, October 24. 2012
Heute wird Joseph Duss-von Werdt (Foto: Fernuniversität Hagen) 80 Jahre alt und wir gratulieren von Herzen. Sepp Duss ist Urgestein der Familientherapie und wurde dem deutschsprachigen Publikum schon 1976 durch seine Gründungs-Mitherausgeberschaft der "Familiendynamik" (gemeinsam mit Helm Stierlin) bekannt, die er bis 1987 innehatte. Sein Studium der Philosophie und Psychologie an der Universität in Löwen (Belgien), wo das Husserl-Archiv untergebracht war, schloss er als Dr. phil. mit einer Arbeit über die »Phänomenologie Alexander Pfänders« ab. Anschließend absolvierte er ein Theologiestudium an der Universität München (u.a. mit dem gegenwärtigen Papst als Kommilitone) und wurde dort 1964 zum Dr. theol. promoviert. 1967 übernahm er die Leitung des von ihm mitgegründeten Institutes für Ehe und Familie in Zürich, die er bis 1987 innehatte. In den 80er und 90er Jahren wandte er sich zunehmend dem Feld der systemischen Mediation zu, die er nicht nur praktizierte, sondern auch an den Universitäten Bern, Genf und Hagen sowie am Frankfurter Institut für Mediation IKOM unterrichtete. Bis heute hat er sich seine Schaffenskraft und Ausdauer erhalten, was sich nicht nur dadurch zum Ausdruck bringt, dass er Jahr für Jahr hunderte von Kilometern in Europa zurücklegt, nicht etwa mit einem GPS-System ausgerüstet, sondern nur mit einer normalen Straßenkarte, auf der die Hochspannungsleitungen eingezeichnet sind, was ihm zur Orientierung ausreicht - einer Herausforderung, der sich die meisten 20jährigen nicht gewachsen fühlen dürften. Zum Geburtstag bringt systemagazin mit freundlicher Erlaubnis des Verlages Vandenhoeck & Ruprecht ein wunderbares Gespräch, das Wolf Ritscher mit Sepp Duss für den "Kontext" 2010 geführt hat und das in der Systemischen Bibliothek zu finden ist. systemagazin wünscht Dir, Sepp, zum Geburtstag alles Gute, Gesundheit und Glück, viele weitere Wanderungen und dem Systemischen Feld mehr von Deinen klugen und wohltemperierten Einsichten und Gedanken!
Sunday, October 21. 2012
 Ein nicht unwesentlicher Aspekt der systemisch-konstruktivistischen Kritik an psychoanalytischen Ansätzen galt schon immer der Deutung im therapeutischen Gespräch. Mit einer Deutung wird das Handeln einer anderen Person in dem Sinne deutet, dass dieser Gründe und Motive für ihr Handeln zugerechnet werden, die die gemeinte Person selbst nicht geltend gemacht hat - oder sogar abstreitet. Wird die Deutung in der Psychoanalyse mit einem Wahrheitsanspruch oder mit überlegenem Experten-Zugriff auf die "eigentliche" Wirklichkeit ausgestattet, wie es durchaus bei einigen psychoanalytischen Autorinnen und Autoren den Anschein hat, liegt es auf der Hand, damit nicht übereinstimmende andere Wahrnehmungen, Selbsterleben der Klienten etc. als Widerstand gegen die Aufdeckung der eigenen wahren Motive zu verstehen. Mit einer solchen Perspektive kann sich dann der Therapeut gegen die interaktive Zumutung unterschiedlicher Wahrnehmungen immunisieren. "Einer Person Beweggründe zuzuschreiben, die von ihr nicht geteilt werden, bedeutet aber nicht nur, die ›Ebene der Intersubjektivität‹ zu verlassen und die Person als Objekt zu behandeln, sondern heißt darüber hinaus, in Anspruch zu nehmen, die Beweggründe der Person besser zu kennen als diese selbst". Nun sind Deutungen aber ja nicht nur eine therapeutische Technik, sondern ein Alltagsphänomen, das immer dann zu finden ist, wenn Verhalten von Menschen von anderen Menschen erklärt bzw. diesen Motive zugeschrieben werden, die sie selbst nicht in Anschlag bringen. In einem sehr lesenswerten Artikel hat Ulrich Streeck (Foto: www.streeck.net), Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie und für psychosomatische Medizin und Psychoanalytiker in Göttingen, der von 1985 bis 2011 Ärztlicher Direktor der Klinik Tiefenbrunn war, sich dem Thema Deutungen im sozialen Alltag und in Psychotherapie auseinandergesetzt: "Dass Deutungen im Sinne der Fremdzuschreibung von nicht geteilten Beweggründen im sozialen Alltag häufig als Angriffe und Übergriffe behandelt werden, kann auch Deutungen, die in therapeutischen Kontexten eingesetzt werden, in einem neuen Licht erscheinen lassen. Mutmaßungen über und Zuschreibungen von Motiven, die von der Person, an die sie adressiert sind, nicht ohne Weiteres geteilt werden, sind keine Erfindungen der Psychoanalyse; sie gehören zur Alltagskommunikation. Wie jeder kommunikative Austausch gründet auch das ›Gespräch, in dem die psychoanalytische Behandlung besteht‹ (…), in alltagssprachlicher Verständigung. Weil wir uns im Alltag wechselseitig Zurechnungsfähigkeit zubilligen müssen, wenn wir uns verständigen wollen, geraten Deutungen hier so leicht zu Attacken: der gemeinten Person wird ihre Zurechnungsfähigkeit momentan bestritten. Das macht verständlich, warum es besonderer Vorkehrungen bedarf, damit Psychoanalytiker in Behandlungen von Deutungen Gebrauch machen können, ohne Gefahr zu laufen, dass der Patient die therapeutischen Interventionen als illegitime Übergriffe von sich weist oder – nicht weniger bedenklich – sich ihnen als autoritativen Sinnzuschreibungen des Analytikers schweigend unterwirft." Nun sind Deutungen als Interaktionsangebote nicht nur in der Form von Behauptungen o.ä. vorfindbar, sondern stecken natürlich auch implizit in vielen Fragen oder indirekten Formulierungen. Auch systemische Therapeuten sind vor Deutungen nicht gefeit, da ihre Wirklichkeitskonstruktionen und Annahmen über das Beschaffensein von Problemen und Lösungen in ihre Fragen, Kommentare etc. eingehen. Der Umgang mit Deutungen als kommunikativem Format erfordert in dieser Hinsicht immer ein Einverständnis darüber, wie in der Therapie über eigene Annahmen, Vorstellungen, Phantasien etc. kommuniziert werden kann, ohne dass das als Übergriff erlebt wird: "Manchmal stellen unerfahrene Therapeuten Mutmaßungen über vermeintlich unbewusstes Erleben eines Patienten an, noch ehe sie mit dem Patienten eine Übereinkunft darüber erzielt haben, wie der therapeutische Dialog geführt werden soll, wie der Psychoanalytiker am therapeutischen Gespräch teilzunehmen beabsichtigt und welche Rolle dabei Äußerungen spielen sollen, die dem Patienten selbst vermeintlich nicht zugängliche Gründe seines Handelns benennen. Noch in einer der ersten Stunden des Zusammentreffens und noch bevor der Patient ausreichend darauf vorbereitet ist, wie das therapeutische Gespräch abgewickelt werden soll, deuten sie dessen Verhalten auf dem Patienten vermeintlich nicht zugängliche Beweggründe hin, und an dem Umgang mit dieser Deutung soll sich dann erweisen, ob und wie der Patient in der Lage ist, von Deutungen Gebrauch zu machen. Reagiert der Patient aversiv, wird das unter Umständen statt als Beleg für die Unangemessenheit und Aggressivität der interpretierenden Äußerung des Therapeuten zu diesem Zeitpunkt als Hinweis auf die vermeintlich eingeschränkten selbstreflexiven Fähigkeiten des Patienten behandelt." Der Aufsatz von Ulrich Streeck ist in der Zeitschrift "Psychotherapie & Sozialwissenschaft" 1/2011 erschienen und in der Systemischen Bibliothek des systemagazin mit freundlicher Erlaubnis des Autors und des Psychosozial-Verlages, in dem die Zeitschrift erscheint, nachzulesen. Hier geht es zum vollen Text…
Thursday, February 2. 2012
 Die DGSF trauert um Karin Bongers, die am Sonntag, 23. Januar gestorben ist. Sie war DGSF-Mitglied von Anfang an und schon beim Vorgängerverband DFS im Vorstand maßgeblich an der Fusion von DAF und DFS beteiligt. In der DGSF hatte Karin Bongers maßgeblichen Anteil an der Entwicklung der ersten DGSF-Weiterbildungsrichtlinien im Fort- und Weiterbildungsausschuss und jahrelang prägte sie als Gründerin und Sprecherin der Fachgruppe Supervision die Positionierung der DGSF in diesem Bereich. Nachrufe einiger ihrer KollegInnen und Weggefährten sind hier zu lesen. systemagazin stellt zum Gedenken einen Artikel von ihr in die Systemische Bibliothek, den sie 2001 mit Ingelore Maxeiner im Kontext veröffentlicht hat: "Das Szenarien-Modell – Eine Variante aufsuchender Familienarbeit". Zum vollständigen Text…
Wednesday, January 19. 2011
Im Jahre 2000 veröffentlichten Mathias Graf, Gisela Knotte und Heinz Walter in "System Familie" eine Studie über die Beziehung von Adoleszenten bzw. Jungen Erwachsenen zu Ihren Eltern, die in der "systemischen Bibliothek" nachzulesen ist: "Vor dem Hintergrund eines Transitionsmodells von Familie werden 2 Stichproben von Familien hinsichtlich ihres Beziehungsgefüges verglichen. Die beiden Stichproben unterscheiden sich in Bezug auf die Stadien ihrer familialen Entwicklung: In der ersten befinden sich die Kinder in der Adoleszenz, in der zweiten im jungen Erwachsenenalter. Die familialen Beziehungsstrukturen werden anhand einer systemisch orientierten Selbstberichtmethode, dem „Subjektiven Familienbild (SFB)“ von Mattejat u. Scholz (1994), auf 2 Dimensionen erfasst: einer 1. Dimension zu emotionaler Verbundenheit („Valenz“) und einer 2. Dimension zu individueller Autonomie („Potenz“). Es zeigt sich eine Anzahl spezifischer Unterschiede zwischen den von Adoleszenten und jungen Erwachsenen berichteten Beziehungsstrukturen, und zwar in dem Sinne, dass junge Erwachsene Beziehungen in der Familie partnerschaftlicher wahrnehmen als Adoleszente. Deutliche Hinweise auf die emotionale Randposition des Vaters werden transitionstheoretisch diskutiert. Konsequenzen für Diagnostik, Beratung und Therapie werden abgeleitet. Wenngleich das SFB im klinisch-psychiatrischen Kontext entwickelt wurde, erweist es sich auch als taugliches Diagnostikum für die nichtklinische Familienpsychologie, -beratung und -therapie." Zum vollständigen Text…
Wednesday, January 5. 2011
 Ronny Lindner, Diplom-Sozialpädagoge und Sozialarbeiter (Foto: Carl-Auer-Verlag), ist in der systemischen Szene durch sein Buch "unbestimmt bestimmt. Soziale Beratung als Praxis des Nichtwissens" bekannt geworden, das 2004 im Carl-Auer-Verlag erschienen ist ( Zur Rezension von Wolfgang Loth im systemagazin hier). Im Zusammenhang mit seiner langjährigen Tätigkeit in der Alzheimer-Hilfe hat er nun eine systemtheoretische Studie über "Liebe, Demenz und Soziale Arbeit" verfasst, die in der Systemischen Bibliothek erstmals veröffentlicht wird. In der Einleitung skizziert Lindner sein Programm: "Luitgard Franke beendet ihre Untersuchungen zur „Demenz in der Ehe“ mit der Erkenntnis, dass der Fokus in der Arbeit mit Demenzkranken und deren Angehörigen wesentlich stärker auf Beziehungsaspekte gelegt werden muss als es die derzeitige Praxis tut. Sie zeigt, dass die Orientierung an der Unterstützung von Autonomiebestrebungen bei Angehörigen und die einseitige Betonung ihrer Entlastung in der Regel Widerstände erzeugt, an denen sich die weitere Angehörigenberatung dann recht umständlich abarbeiten muss. Weiterhin verweist Franke darauf, dass im Demenzbereich tätige Organisationen dazu neigen, Aspekte der Erkrankung und des medizinischen bzw. pflegerischen Umgangs mit ihr zu betonen, weil die theoretischen Grundlagen für die Arbeit in Demenzkontexten überwiegend aus eben jenen Fachbereichen stammen. Die Überlegungen der Helfer sind somit an Strukturen ausgerichtet, die eher dazu geeignet sind, krankheitsspezifische und pflegerische Beobachtungen zu machen als beziehungsorientierte. Der Grund für diese unangemessenen Reduktionen liegt nach Franke in einem Theoriedefizit bezüglich der Paarthematik, das auf die praktische Arbeit in Demenzkontexten durchschlägt und das es abzubauen gilt. Der vorliegende Text nimmt diesen Auftrag an. Er fußt auf der Überzeugung, dass Demenzkranken und deren Betroffenen nicht (nur) damit geholfen werden kann, dass man sie zeitweise voneinander trennt und dass intime Beziehungen nach und nach in Pflegebeziehungen überführt werden. Solche Überlegungen fallen Sozialarbeitern nicht schwer, da ein Großteil der theoretischen Grundlagen, auf denen ihre Praxis aufbaut, eher beziehungs- als personenorientiert gestrickt ist. Die Berücksichtigung des sozialen Kontextes hat inzwischen Eingang in nahezu jede sozialarbeiterische Hilfeplanung gefunden. Die zunehmende Beschäftigung von Sozialarbeitern in Demenzkontexten führt also beinahe zwangsläufig zu einem Bedürfnis nach der diesbezüglichen Erweiterung von Perspektiven. Das damit auch neue und veränderte Problemlagen sichtbar werden, also Schwierigkeiten von Demenzfamilien, die zuvor nicht berücksichtigt wurden, liegt auf der Hand. Den Ausgangspunkt der nachstehenden Überlegungen bildet eine Kippfigur, die Franke den Praktikern für die Beratung von Familien, die mit den Konsequenzen einer Demenzerkrankung umgehen müssen, ans Herz legt. Die eine Seite dieser Figur bildet die Pflegebeziehung, die andere die Ehebeziehung. Im Zuge der Entscheidung für eine der beiden Seiten werden jeweils spezifische Wahrnehmungen, Deutungsmuster und eigene Verhaltensausrichtungen provoziert. Im Sinne des Erweiterns von Handlungsspielräumen ihrer Klientel können Sozialarbeiter dann mit Angehörigen daran arbeiten, ihre Beziehung gemäß der Entscheidung für die entsprechende Seite auszurichten. Diese Kippfigur wird nachfolgend aufgegriffen und in die Überlegungen einbezogen, wenngleich letztlich darüber hinausgegangen wird. Dafür werden zu Beginn einige allgemeine theoretische Vorannahmen zu Familien und Liebesbeziehungen erörtert (Abschnitt I), anschließend wird untersucht, wie sich solche Systeme verändern, wenn sie mit Demenzerkrankungen konfrontiert werden (Abschnitt II). Schließlich folgt eine Durchleuchtung der Darlegungen hinsichtlich sozialarbeiterisch verwertbarer Schlussfolgerungen (Abschnitt III). Um die von Franke geforderte Betonung des Beziehungsaspektes zu gewährleisten und somit beim Abbau des angesprochenen Theoriedefizites möglichst effizient zu sein, werden sich die nachstehenden Darlegungen relativ komplexer Theoriemittel bedienen. Mithilfe der Systemtheorie Luhmannscher Bauart (und Fuchsscher Weiterentwicklungen) wird der Abstraktionsgrad der üblicherweise in Demenzkontexten vorgenommenen Betrachtungen deutlich erhöht werden. Daraus erwächst z. B. der Vorteil, dass viele Überlegungen im Hinblick auf Intimsysteme und Familiensysteme analog vorgenommen werden können. Wann immer passend, wird der Text auf diese Analogien eingehen. Weiterhin soll gezeigt werden, dass eine Demenzerkrankung nicht den operativen (bzw. semantischen), also existentiellen Part der Beziehung irritiert, sondern vielmehr in deren Umwelt „agiert“. Es bleibt also – sofern das erwünscht ist - ein Bereich kommunikativer Sinnreproduktion bestehen, der „liebesexklusiv“ ist und nicht von der Erkrankung erfasst werden kann. Im Gegenteil: Wir werden sehen, dass die Liebe dazu tendiert, vermeintlich dezidiert krankheitsbezogene Kommunikation zu okkupieren und sie dem Beobachter als „liebesexklusiv“ zu präsentieren. Schließlich wird es möglich sein, die Frankesche Kippfigur in ein Tetralemma zu überführen und die Ansätze für sozialarbeiterische Interventionsversuche somit zu vervielfachen. Auch die dabei produzierten Erkenntnisse werden im letzten Abschnitt auf ihre Tauglichkeit für Soziale Arbeit in Demenzkontexten hin untersucht und bei Bedarf „metamethodisch“ aufbereitet." Zum vollständigen Text geht es hier…
Thursday, October 14. 2010
 Von einer spannenden Supervisionssitzung mit Professionellen aus Psychiatrie-Teams berichtet Edelgard Struss in einem Aufsatz für die "sozialpsychiatrischen Informationen", die systemagazin mit freundlicher Genehmigung des Psychiatrie-Verlages in der Systemischen Bibliothek veröffentlicht: "Negative Vorurteile gegenüber psychisch kranken Menschen spielen selbst in aufgeklärten und gut ausgebildeten Psychiatrie-Teams eine Rolle. Mitarbeitende aus dem psychiatrischen Feld unterscheiden sich hierin nicht prinzipiell vom Rest der Gesellschaft. Wird ein Kollege oder eine Kollegin psychisch krank, geraten die Teammitglieder im Umgang miteinander in eine eigenartige Zuspitzung. Das Tabu um psychische Krankheit landet dann nämlich auf der operativen Ebene der alltäglichen Arbeit und konfrontiert alle Beteiligten – auch mit sich selbst. Es handelt sich hier um den Versuch, besonders interessante Aspekte und spannende Sequenzen aus einem supervidierten Gruppenprozess zu schildern, in dem die Teilnehmenden psychische Erkrankung von Kollegen oder Kolleginnen zum Thema machten. Um die Dynamik der Sitzung zu veranschaulichen, wird das Geschehen parallel unter zwei Gesichtspunkten geschildert. Zum einen wird von den Arbeitsergebnissen der Teilnehmenden bzw. der Gruppe berichtet. Zum anderen wird das Gruppengeschehen aus einer am ehesten als systemischen-phänomenologisch zu bezeichnenden Perspektive erläutert." Zum vollständigen Text…
Friday, September 24. 2010
"In den letzten Jahren hat eine konsequente Nutzung moderner Selbstorganisationstheorien für ein Verständnis der in Beratung, Psychotherapie und Management ablaufenden Prozesse begonnen. Es besteht die Erwartung, die Praxis durch diese Theorien sowohl optimieren als auch vereinfachen zu können. Im Folgenden wird versucht, wesentliche Aspekte von Psychotherapie im Sinne eines synergetischen Therapiemodells zu rekonstruieren. Ein Fallbeispiel dient der Illustration. Schließlich werden einige wenige „generische Prinzipien“ formuliert, die im Verständnis der Synergetik gegeben sein müssen, um selbstorganisierende Prozesse bei Klienten möglich zu machen." So beginnt ein Artikel, den Günter Schiepek, Friederike Ludwig-Becker, Andrea Helde, Frank Jagdfeld, Ernst Richard Petzold & Friedebert Kröger im Jahre 2000 in "System Familie" veröffentlicht haben, und der in der systemischen Bibliothek von systemagazin nachzulesen ist. Zum vollständigen Text geht es hier…
Sunday, August 22. 2010
 Elisabeth Wagner (Foto: Lehranstalt) ist Psychiaterin und Psychotherapeutin in Wien mit forensischen und suchttherapeutischen Schwerpunkten, zudem Lehrtherapeutin an der Lehranstalt für Systemische Familientherapie in Wien. In der aktuellen Ausgabe des von der Lehranstalt herausgegebenen Periodikums "Systemische Notizen" ist unter dem Titel "Welche Theorie braucht die Systemische Therapie?" ein Artikel von ihr erschienen, der mit freundlicher Genehmigung der Lehranstalt auch in der Systemischen Bibliothek des systemagazins zu lesen ist. Wagner schreibt: "Seit Jahren plagt mich in meiner Identität als systemische Lehrtherapeutin ein „theoretisches Unbehagen“, d.h. das Gefühl, dass die Theorien, die wir Systemischer Therapie zugrundelegen, zu der Art von Systemischer Therapie, die wir mittlerweile anbieten (und lehren) in der bislang vollzogenen Ausschließlichkeit nicht mehr passt. Dieses Unbehagen führte zunächst dazu, dass ich psychologische Konzepte gesucht habe, die sich als Grundlage für die Interventionsplanung eignen und diese auch bei einem Jour fixe vorgestellt habe. Das wohlwollende Interesse der Teil- nehmerInnen hat mich – ebenso wie die kritischen Fragen – zum Schreiben dieses Beitrages veranlasst, in dem ich den Stand meiner Überlegungen (kritisch könnte man sagen – den aktuellen Stand meines Zweifels) zu einer grundlegenden Frage der Systemischen Therapie darstelle: Welche Theorie braucht die Systemische Therapie? Zum vollständigen Titel geht es hier…
Friday, June 11. 2010
 Heute beginnt in Südafrika die Fußball-WM. Schon im vergangenen Jahr ist im Carl-Auer-Verlag das Buch zum Film erschienen, herausgegeben von Fritz B. Simon: "Vor dem Spiel ist nach dem Spiel. Systemische Aspekte des Fußballs". Darin findet sich ein Gespräch zwischen dem ehemaligen deutschen Nationaltorhüter, Oliver Kahn, und Thomas Hegemann, Münchener Psychiater und Systemischer Therapeut, der das "Ich schaff's"-Programm von Ben Furman in Deutschland eingeführt hat und der mit Oliver Kahn gemeinsame Erfahrungen in der Arbeit mit Jugendlichen gemacht hat. Das Gespräch kann mit freundlicher Zustimmung des Verlages in der Systemischen Bibliothek des systemagazin gelesen werden, zum vollständigen Text geht es hier…
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