Sunday, February 28. 2010
 Arist von Schlippe, Professor für "Führung und Dynamik von Familienunternehmen" an der Privaten Universität Witten-Herdecke und als Systemischer Lehrtherapeut, -coach und –supervisor (SG) weithin bekannt, hat auf dem Coaching-Kongress in Potsdam im Oktober 2008 einen Workshop zum Thema "Konfliktcoaching in Familienunternehmen: mit Paradoxien umgehen" abgehalten. Auf der website " Coaching-Videos" von Christopher Rauen ist der Workshop komplett ( als Reihe von 15 Videos) dokumentiert. Viel Spaß beim Zuschauen!
Wednesday, February 24. 2010
Liebe Rosmarie, 75 Jahre, das ist eine stolze Zahl - und dahinter zeigt sich eine stolzes Lebenswerk! Meine Freude ist, dass ich, nachdem wir uns 1987 näher kennengelernt haben, über fast ein Vierteljahrhundert Deine Person und Dein Schaffen aus nächster Nähe mitbekommen habe - ein Geschenk, für das ich sehr dankbar bin. Was hast Du nicht alles in den letzten 30 Jahren zur Entwicklung unseres Feldes beigetragen! Die von Dir initiierten und organisierten Tagungen waren nicht nur alle ein Hort des intellektuellen Vergnügens, großzügiger Gastlichkeit und immer stimmiger Atmosphäre, sie haben auch stets besondere Themen aufgegriffen, verdichtet und ihnen Wege bereitet, die sich für den systemischen Diskurs als wichtig und notwendig erwiesen haben. Ein besonderer Genuss ist dem größeren Publikum aber stets entgangen: die Symposien ohne Publikum zwischen den Kongressen in feinem und einfallsreichen Ambiente, auf denen Du mit eingeladenen Gästen an den Konturen des kommenden Kongresses gearbeitet und das Füllhorn Deiner Gastfreundschaft ausgeschüttet hast. Welch eine Idee! Und welche Großzügigkeit! Bevor ich Dich persönlich kennenlernte, las ich Anfang der 80er Jahre Deine Texte. Schon da war mehr als deutlich, dass Du kein Interesse an der Entwicklung einer reduzierten klinischen Perspektive hattest, sondern das Thema der Arbeit in und an Beziehungen immer auch als profundes sozialwissenschaftliches Projekt angesehen hast. Und wie kaum jemand sonst ist es Dir gelungen, diese komplexen Perspektivenverschränkungen zu Themen von Körper, Seele, Beziehung und Gemeinschaft auf so lesbare und elegante Weise zu Papier zu bringen - vor allem aber: Kooperationen anzustiften mit solchen, die an einer solchen Perspektivenerweiterung ihre Freude haben. Immer war dabei neben dem inhaltlichen Interesse Deine Person als Autorin und Herausgeberin sichtbar: eben als Angebot, Dich auch ganz persönlich zu nehmen. Hinter Theorie hast Du Dich nie versteckt! Darüber hinaus gehörst Du zu den wenigen in der Zunft, die auch über unser Feld hinaus, sei es im Radio, im TV oder in „Brigitte“, Breitenwirkung entfaltet haben. Der Gefahr der Prominenz, nur noch im Saft der eigenen Redundanz und Selbstvermarktung zu schwimmen, bist Du dabei nicht erlegen. Simple Sprüche sowie jede Art von Kitsch (nicht zuletzt System-Kitsch, Gender-Kitsch und Betroffenheits-Kitsch, die ja auch in unserer community anzutreffen sind) waren Dir ein Gräuel. Streit gingst Du nicht aus dem Weg, weil Dein Interesse eher darin lag, zu zeigen, dass die Dinge komplizierter sein können, als man sie gelegentlich (auch als systemische TherapeutIn) haben möchte. Kein Wunder, dass ich mich bei Dir und Euch zuhause gefühlt habe. Die Einladungen zu Seminaren und Veranstaltungen kann ich nicht mehr zählen. Aber das Gefühl, bei Euch zuhause zu sein, mit Euch Freude und Sorgen zu teilen, war von Anfang an bis heute das, was zählt. Dein 75. Geburtstag ist eine Gelegenheit, Dir für all dies zu danken. Du hast mir Vieles ermöglicht und mein Selbstvertrauen gestärkt (z.B. durch die Übergabe Deiner Herausgeberschaft von „System Familie“ an mich). Eine wunderbare Erfahrung war es, Dir das mit meiner Freundschaft vergelten zu dürfen - und nicht zuletzt ist aus unserer Freundschaft auch eine Freundschaft unserer Familien erwachsen! Ich wünsche Dir alles Gute und vor allem: Gesundheit, Kraft und Gelassenheit für die nächsten Jahre, d.h. Resilienz, schöne Rituale, eine gute affektive Rahmung, viel Familienwelt und sowenig Chronisches wie möglich! Dein Tom Zum Geburtstag habe ich zu einer kleinen Geburtstagsparty im systemagazin eingeladen - und eine ganze Reihe von Kolleginnen und Kollegen, Freundinnen und Freunden bringen Dir heute hier ein Ständchen…
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Friday, February 12. 2010
 Wie die Universität Osnabrück in einer Presseerklärung mitteilt, wird Jürgen Kriz heute mit einer Feier in den Ruhestand verabschiedet: "Seine Forschungsinteressen sind sehr weit gespannt. So hat der Psychologe Prof. Dr. Jürgen Kriz von der Universität Osnabrück Bücher über die verschiedenen Psychotherapierichtungen veröffentlicht, aber auch über Statistik, Forschungsmethoden, Datenverarbeitung oder Wissenschaftstheorie. In den letzten Jahren hat er sich vor allem mit der Frage beschäftigt, wie wir unsere hoch komplexe Welt ordnen. Solche Ordnungsprozesse dienen sowohl auf individueller als auch auf sozialer Ebene der Orientierung. Hier begegnen uns die Ordnungen als wissenschaftliche Theorien oder als Alltagserklärungen. Diese Prozesse können aber auch leidvoll, »pathologisch«, werden. Sie sind dann Gegenstand von abweichendem Verhalten, Psychopathologie und Therapie. Anlässlich seiner Emeritierung laden der Fachbereich Humanwissenschaften und das Institut für Psychologie für Freitag, 12. Februar, zur feierlichen Verabschiedung des renommierten Wissenschaftlers. Kriz, 1944 in Ehrhorn/Soltau geboren, studierte Psychologie, Pädagogik und Philosophie sowie Astronomie und Astrophysik in Hamburg und Wien. In seiner 1969 erschienenen Dissertation befasste er sich mit der Entscheidungstheorie. In den folgenden Jahren war Kriz unter anderem in Wien, Hamburg und Bielefeld tätig, wo er 1972 mit nur 27 Jahren eine Professur für Statistik an der Fakultät für Soziologie erhielt. Bereits 1974 folgte er dem Ruf auf einen Lehrstuhl für »Empirische Sozialforschung, Statistik und Wissenschaftstheorie« an die Universität Osnabrück. 1980 wechselte er in den seinerzeit neugegründeten Fachbereich Psychologie, und lehrt seitdem (bis 1999 parallel zur Methodenprofessur in den Sozialwissenschaften) Psychotherapie und Klinische Psychologie. Darüber hinaus ist der international renommierte Wissenschaftler auch als Psychologischer Psychotherapeut tätig. In dieser Eigenschaft war er von 2000 bis 2010 Delegierter in der Niedersächsischen Psychotherapeutenkammer. Zwischen 2005 bis 2009 gehörte er dem »Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie« an – einem Gremium aus sechs psychologischen und sechs ärztlichen Professoren, das in Berlin die Weichen für die Psychotherapie in der Bundesrepublik stellt. Zahlreiche Publikationen machten Kriz über die engen Fachkreise hinaus bekannt. So wurde sein 1985 erstmalig erschienenes Standardwerk über die verschiedenen Psychotherapieansätze bereits zum sechsten Mal neu aufgelegt. Insgesamt hat Kriz mehr als 20 Bücher (Gesamtauflage über 100.000 Exemplare) und rund 250 wissenschaftliche Beiträge verfasst. Übersetzungen liegen in Englisch, Spanisch, Italienisch, Portugiesisch, Tschechisch und Lettisch vor. Zahlreiche Gastprofessuren führten den Wissenschaftler untern anderem in die USA, nach Riga, an die ETH und Universität Zürich und besonders oft nach Wien, wo er unter anderem 2003 die renommierte internationale »Paul-Lazarsfeld-Gastprofessur« innehatte. Kriz ist Träger des Viktor-Frankl-Preises der Stadt Wien sowie Ehrenmitglied mehrerer psychotherapeutischer Fachgesellschaften. Er fungiert als Herausgeber zahlreicher Bücher und Buchreihen sowie als Beirat etlicher Fachzeitschriften. Sein aktuelles Projekt ist eine 40-bändige Psychologie-Reihe, die er, unterstützt von einem wissenschaftlichen Beirat, herausgibt. Der erste Band erschien Anfang dieses Jahres. Auf der Verabschiedung werden neben Universitätspräsident Prof. Dr.-Ing. Claus Rollinger, dem Dekan des Fachbereichs Humanwissenschaften, Prof. Dr. Hartmut Remmers, und der Dekanin des Fachbereichs Sozialwissenschaften, Prof. Dr. Andrea Lenschow, unter anderem auch der Präsident der Psychotherapeutenkammer Niedersachsen, Dr. Lothar Wittmann, sowie der Präsident der Deutschen Psychologischen Gesellschaft für Gesprächspsychotherapie, Prof. Dr. Jochen Eckert, sprechen. Die Abschiedsvorlesung von Prof. Kriz trägt den Titel »Die Notwendigkeit der humanistisch-systemischen Perspektive in der Psychologie«. »Mit Prof. Kriz verlässt ein Kollege das Institut, der von Anfang an maßgeblich am Aufbau der Psychologie in Osnabrück beteiligt war. Eine besondere Stärke von Jürgen Kriz lag darin, dass seine Arbeit für Studierende und Kollegen immer wieder Anregungen und Impulse lieferte und nach außen große Anziehungskraft für wissenschaftlich wie praktisch Tätige sowie Studieninteressierte entfaltete«, so der Leiter des Instituts für Psychologie der Universität, Prof. Dr. Karl Heinz Wiedl, der ebenfalls ein Grußwort sprechen wird." Lieber Jürgen, in der Gewissheit, dass der Begriff Ruhestand bei Dir nur eine relative Bedeutung haben kann, wünsche ich Dir eine schöne Feier und einen gelungenen Abschied - und uns allen im systemischen Feld von Dir weiterhin viele Anregungen, kritische Überlegungen und Beiträge zur Fortentwicklung des Feldes. Herzlich, Tom Levold
Wednesday, February 3. 2010
Wie der Psychiatrie-Verlag auf seiner Website mitteilt, ist Erich Wulff am 31.1.2010 in Paris im Alter von 83 Jahren gestorben. Wikipedia schreibt über Wulff: "Erich Wulff ist in der damaligen Republik Estland aufgewachsen und wurde von den Nazis mit seiner Familie als „Baltendeutscher“ nach Posen umgesiedelt. 1944/45 war er Kriegsteilnehmer mit anschließender Kriegsgefangenschaft. Er studierte von 1947 bis 1953 Medizin und Philosophie an der Universität zu Köln, gefolgt von einem Studienaufenthalt in Frankreich. Seine Ausbildung zum Psychiater machte er an den Universitäten von Marburg und Freiburg im Breisgau. Von 1961 bis 1967 erfüllte er einen Lehrauftrag an der medizinischen Fakultät der Universität Huế in Vietnam; unter dem Pseudonym Georg W. Alsheimer berichtete er in einem damals vielbeachteten Buch über seine Erlebnisse. In Deutschland engagierte er sich in der antiimperialistischen Vietnam- und Friedensbewegung. Als erster Psychiater in leitender Position öffnet er die Türen einer geschlossenen Abteilung Ende der 60er Jahre, weit vor jeder Psychiatriereform. Früh unterhält er Kontakte zu Franco Basaglia und mit ihm zu einer Gruppe internationaler Psychiater, die sich mit der dringend gebotenen Reformierung der Psychiatrie auseinandersetzen. Von 1968 bis 1974 arbeitete er als Oberarzt der Psychiatrie-Klinik am Universitätsklinikum Gießen, wo er sich 1969 habilitierte, und wurde Professeur associé an der Universität Paris VIII. 1974 wurde er auf die neu geschaffene Professur für Sozialpsychiatrie an der Medizinischen Hochschule Hannover berufen. Wulff ist einer der Mitbegründer der deutschen Psychiatriereform. Seine speziellen Interessensgebiete waren Ethnopsychiatrie und Strukturanalyse des Wahnsinns, angeregt von Georges Devereux. Er war Redaktionsmitglied der marxistischen Zeitschrift Das Argument und der Zeitschrift Sozialpsychiatrische Informationen. 1994 erfolgte seine Emeritierung. 2003 zog er mit seiner Frau nach Paris."
Monday, February 1. 2010
 Am Samstag ist Ruth Cohn (Foto: Ruth-Cohn-Archiv Hamburg), die bedeutende Vertreterin der Humanistischen Psychologie und Begründerin des TZI-Ansatzes, im Alter von 97 Jahren in Düsseldorf gestorben. Eine Würdigung ihres Werkes, die Friedo Schulz von Thun anlässlich der Verleihung der Ehrendoktorwürde durch den Fachbereich Psychologie der Universität Hamburg vorgetragen hat, findet sich auf den Seiten des Ruth-Cohn-Archivs der Universität Hamburg. Ich habe zwei "Zitate des Tages" ihr zu Ehren ebendort gefunden, beide aus dem Band "Es geht ums Anteilnehmen" (Herder-Verlag, Freiburg 1993): "Anteilnehmen gehört zu uns als Teilhabende an dieser Welt. An was und wie wir anteilnehmen, beruht auf unseren Fähigkeiten und unserer persönlichen Geschichte. Wir nehmen wahr, wir sind motiviert und wir handeln durch unsere Gefühle, Gedanken, Werte. Als Anteilnehmende antworten wir auf Geschehnisse - sind wir ver-antwort-lich. Nachrichten gibt es im Überfluß. Sie können uns bis zur Resignation überschwemmen, zum Abstellen bringen, zur Wählerapathie. Zuviel wollen oder zuwenig wollen macht ohnmächtig. Wenn ich zuviel oder zuwenig anteilnehme an zuvielen oder zuwenigen Botschaften aus meinem Körper, an Nachrichten aus der Familie oder von Freunden oder aus der großen Welt, erschlafft etwas in mir; ich kann zum Gegner meines eigenen Lebens werden. Doch ich kann mich auch als unendlich kleiner Teil der Welt ernst nehmen, wenn ich bewußt anteilnehme. Denn ich bin nicht ohnmächtig; ich kann nicht gar nichts. Ich bin nicht allmächtig, ich kann nicht alles. - Auch im Anteilnehmen und im Tun geht es ums menschliche Maß.” (S. 8 ) „Der Begriff Lebendiges Lernen impliziert den Gegensatz zum Toten Lernen, das wir aushalten müssen, weil du und ich - unsere Gesellschaft - es zulassen, daß Leben in Stunden toten Lernens oder toten Arbeitens und Stunden der Freiheit und Lebendigkeit aufgesplittert wird. Schüler werden aufgefordert, für "später im Leben" zu lernen, um ihre Lebensberechtigung und ihren Lebensunterhalt zu verdienen, während ihr Hier-und-Jetzt-Dasein dieser Zukunft geopfert wird. Diese Trennung von Leben und Lernen ist ein grausiger kultureller Tatbestand und keine biologische Notwendigkeit. Das Baby greift nach seinen Zehen, betrachtet ein surrendes buntes Windrädchen, gibt gurgelnde Laute von sich und formt sie zu artikulierten Wörtern: es strampelt, es zappelt, es lallt - und wird wütend und schreit, wenn ihm etwas nicht gelingt. Lernen und leben sind noch ungeteilt. Dann zwingt unsere Zivilisation Kinder in ungemäße Lern- und Verhaltensformen. Wir bieten ihnen aggressive und rivalisierende, statt individuierende und kooperative Verhaltensweisen an. Was ein lebendiger Lern- und Wachstumsprozeß sein sollte, wird zu einem "Ich bin besser (schlechter) als Du"-Unternehmen, das entfremdende Motivationen einimpft und echte Lebenswerte zerstört.” (S. 13)
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