Thursday, October 29. 2009
 Wer sich für die Themen Nachhaltigkeit und sozial-ökologische Perspektiven auf Risiken „einfachen“ Intervenierens interessiert, der dürfte auf einer Website zur Sozial-ökologischen Forschung fündig werden, die durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird. Zwar ist grundsätzlich ein kritischer Blick angemessen, wenn offizielle Politik sich (auch wichtiger) Themen annimmt, doch scheint mir in diesem Fall ein guter Rahmen geschaffen. Dass es sich hierbei um einen Versuch handelt, möglichst viele Interessen unter einen Hut zu bekommen, lässt sich aus folgenden Bemerkungen zur Zielsetzung herauslesen: „Ziel des Förderschwerpunktes ist die Entwicklung von Strategien zur Lösung konkreter gesellschaftlicher Nachhaltigkeitsprobleme: z.B. zur Umsetzung der "Agrarwende", der Verbesserung der Ernährung der Bevölkerung, der Liberalisierung netzgebundener Ver- und Entsorgungssysteme (z.B. Wasser, Energie) und Emissionshandel. Eine derartige Forschung erfordert ein Zusammenwirken der Wissenschaftler/-innen der Natur- und Gesellschaftswissenschaften. Dabei werden gesellschaftliche Akteure - z.B. Verbraucher/-innen, Kommunen, Unternehmen und Nichtregierungs-Organisationen - in den Forschungsprozess einbezogen. Damit soll der ökologische Umbau der Gesellschaft unterstützt werden, ohne dabei die soziale Gerechtigkeit und die wirtschaftlichen Belange aus den Augen zu verlieren“. Zur Startseite geht es hier.
Von besonderem Interesse scheint mir ein Kapitel über „Strategien zum Umgang mit systemischen Risiken“ zu sein. Systemische Risiken sind „durch ein hohes Maß an Komplexität, Ungewissheit und Ambiguität gekennzeichnet“. Außerdem „lösen isolierte Risikovermeidungsstrategien ihrerseits häufig Folgerisiken in anderen Systemen aus“. Wie wahr, und es dürfte von Interesse sein, zu welchen Schlussfolgerungen belastbare Ergebnisse anregen werden, wenn das entsprechende Projekt weiter fortgeschritten ist. Zu diesem Teil der website geht es hier.
Als ein Beispiel wird u.a. auf ein Projekt zum Thema " Übergewicht und Adipositas bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen“ hingewiesen. "Übergewicht und Adipositas werden in diesem Projekt exemplarisch als ein systemisch wirkendes, verhaltensinduziertes Risiko verstanden“. Die Laufzeit des Projekts geht noch bis Ende des Jahres 2009.
Spannend dürfte eine Tagung gewesen sein, die auf Initiative der Querschnittsarbeitsgruppe "Partizipation" im September 2005 durchgeführt wurde. Thema: " Partizipation und Nachhaltigkeit - Der Teufel steckt im Detail“. Unter anderem gab es dort einen Vortrag von Angela Oels (Institut für Politikwissenschaft der Universität. Hamburg). Frau Oels diskutiert hier " Nachhaltigkeit, Partizipation und Macht – oder: warum Partizipation nicht unbedingt zu Nachhaltigkeit führt“.
Friday, October 23. 2009
Ein schöner Artikel von Dagmar Deckstein, der schon 2006 in der Gazette erschien, aber auch heute noch sehr aussagekräftig ist (obwohl die Beraterbranche im Rahmen der aktuellen Krise heftige Einbußen hinnehmen musste): "Einer, der schon lange gegen solches Unvermögen derreal herrschenden Managerkaste zu Felde zieht, ist der St. Gallener Professor Fredmund Malik, der sich auch nicht scheut, die Shareholder-Value-Maxime, nach der viele Unternehmen geführt werden, als „größte Irrlehre der Wirtschaftsgeschichte“ zu brandmarken. Auch hat er wohl erkannt, wo die Wurzeln dieserUnfähigkeit liegen, nämlich in den Hochschulen: „Fast alle Hochschulen versagen,wenn es um Management geht. Die Professoren bilden zwar Experten für Betriebswirtschaft aus, für Controlling oder Marketing. Aber von Management,von Führung, ist nie die Rede.“ Und so kann es gar nicht ausbleiben,dass in diesem schleichenden Prozess der letzten Jahrzehnte betriebswirtschaftliche Fachidioten auf die Karriereleitern der Unternehmen geschickt wurden, denen das EBITDA – also die vollkommen lebensfremde Kennziffer Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen – sakrosankt und die Emotionen der Mitarbeiter suspekt sind. Wenn nun Berater diese blinden Flecken im Managementsystem zielsicher auschecken und sie gegen Tagesgagen im fünfstelligen Eurobereich zu füllen versprechen, kann man ihnen das gar nicht verdenken oder sie gar als Schurken im Stück beschimpfen. Wer alle Türen im Haus sperrangelweit offen stehen lässt, muss sich nicht wundern, wenn seltsame Gestalten hereinschneien und sich zwanglos im Wohnzimmer umsehen." Zum vollständigen Text…
Wednesday, October 21. 2009
  In einem Aufsatz aus dem Jahre 2001 (Familiendynamik 3/2001, S. 302-322) haben Arnold Retzer und Hans Rudi Fischer sich dafür ausgesprochen, in der Beratung von Familienunternehmen auch familientherapeutische Perspektiven einfließen zu lassen. Zu Anfang des Textes heißt es: "Familienunternehmen sind sowohl für die beteiligten Familien als auch volkswirtschaftlich ausgesprochen bedeutungsvoll. In Deutschland, Österreich und der Schweiz sind mehr als 75 % aller Unternehmen Familienunternehmen, und über 70% aller unselbständig Erwerbstätigen sind in Familienunternehmen beschäftigt. Mehr als 50% der Familienunternehmen überleben nicht die Übergabe von der 1. an die 2. Generation. Damit besteht in der Nachfolgeproblematik eine existentielle Gefährdung der Unternehmen und der betroffenen Mitarbeiter. Angesichts der Tatsache, dass fast alle mittelständischen Unternehmen Familienunternehmen sind, ist zu erwarten, dass das Phänomen „Generationenwechsel“ hochaktuell sein müsste. Ein Blick auf die von den Unternehmerverbänden veröffentlichten Zahlen bestätigt dies. Vorsichtige Berechnungen gehen allein in Österreich von gegenwärtig 70.000 Unternehmen aus, die vor einem Generationswechsels stehen. Das Institut für Mittelstandsforschung (IfM Bonn) hat allein für 1999 76.000 übergabereife Unternehmen erfasst. Davon wurden ca. 32.000 an Familienmitglieder übergeben, 38.000 verkauft und ca. 5.700 mangels Nachfolger stillgelegt. In den kommenden Jahren stehen ca. 300.000 deutsche Unternehmen (mit mehr als 2,5 Mio. Euro Umsatz) vor der für die Unternehmen existenziellen Frage, wie die Nachfolge zu regeln ist. Gegenwärtig versterben um die 30 % aller Unternehmer, ohne die Nachfolge testamentarisch geregelt zu haben. In den meisten Fällen führt dies zu schweren Krisen für die Unternehmen, weil die Erben meist schnell zerstritten sind. Nicht selten führt das zum Konkurs bzw. der Liquidation des Unternehmens. Für den Unternehmer bzw. die Unternehmerin, die die Nachfolge regeln will, stehen neben Familienrechtsfragen hauptsächlich gesellschafts-, erb- und steuerrechtliche Fragen im Vordergrund. Daher ist das Problembündel, das sich um den Generationswechsel und die Nachfolgeregelung bei Familienunternehmen rankt, bisher eine Domäne von Juristen, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern. Der Fokus liegt dabei eindeutig auf der Klärung der ökonomischen, steuerlichen und juristischen Randbedingungen für das Fortbestehen des Unternehmens. Angesichts der Tatsache, dass viele Generationswechsel – selbst wenn sie von Anwälten und Steuerfachleuchten gut vorbereitet sind – nicht aus ökonomischen Gründen scheitern, sondern im weiteren Sinne aus familiendynamischen, halten wir es für sinnvoll, sich sowohl als Familientherapeut als auch als Organisationsberater den spezifischen Fragen und Herausforderungen von Familienunternehmen zu stellen." Der Aufsatz ist auch im Internet nachzulesen. Zum vollständigen Text…
Saturday, October 17. 2009
"Luhmanns Systemtheorie ist im Theoriesektor »soziale Systeme« durch eine sehr hohe Theoriedichte gekennzeichnet. Im Sektor »psychische Systeme« findet sich dagegen bislang nur eine kognitionspsychologisch nachjustierte Adaption der bewusstseinsphilosophischen Identitätstheorie (Psyche = Bewusstsein), die über weite Strecken der Subjektphilosophie entlehnt wurde und daher in einer Theorie, die mit der Subjektphilosophie bricht, problematisch wirken muss. Zugleich wird damit die Möglichkeit verspielt, die Psyche als ein intern differenziertes System zu beschreiben, denn das Bewusstsein »kennt« keine Subsysteme. Eine systemtheoretisch sicherlich nicht wünschenswerte Einschränkung, die bei einem Verzicht auf das Postulat von der Identität von Psyche und Bewusstsein vermieden werden könnte." So beginnt eine Arbeit von Harald Wasser, in der er die Theorie psychischer Systeme einer "Freud'schen Revision" unterzieht. Viel Spaß bei der Lektüre! Zum vollständigen Text…
Wednesday, October 14. 2009
 Walter Ludwig Bühl, Jg. 1934, im Jahre 2007 gestorbener Philosoph und Soziologe, wirft in diesem spannenden und anspruchsvollen Beitrag (der schon 1987 in der Kolner Zeitschrift ftir Soziologie und Sozialpsychologie erschienen ist) einen äußerst kritischen Blick auf den Begriff der Autopoiesis und seine Rezeption, vor allem auch durch Niklas Luhmann, dessen Lektüre unbedingt zu empfehlen ist: "Um zu einer einigermaßen präzisen Begriffsverwendung und damit zu einer realistischen Theoriediskussion zu kommen, ist es zunächst einmal erforderlich, die mystische Aura wieder aufzulösen, in die der Begriff der 'Autopoiesis' durch eine unsachgemäße und ideologische Verwendung inzwischen getaucht worden ist. Vor allem darf die Herkunft des Begriffes aus einer kybernetisch inspirierten Biologie nicht vergessen werden, die das 'lebende System' durchaus provokativ gerade deshalb 'mechanistisch' und 'rationalistisch' als eine Art 'sich selbst herstellender Maschine' rekonstruieren will, um das Systemdenken von all den animistischen, vitalistischen und finalistischen metaphysischen Konnotationen zu befreien, in die es im Kampf gegen die immer noch festverwurzelte elementaristisch-materialistische wie auch gegen die organizistische Naturauffassung verfallen ist (Maturana und Varela). Die heuristische Funktion des Begriffes oder vielmehr Theorems der Autopoiese liegt gerade in der Kontraposition: in der Konzeptualisierung einer zweiten Perspektive, die der alten Naturauffassung gegenübergestellt werden kann und diese dadurch selbst zur Perspektive macht, ohne sie jedoch als Perspektive ersetzen zu können. Die Isolierung, Übergeneralisierung und Reifikation der autopoietischen Perspektive wäre selbst wieder 'Metaphysik', wissenschaftlich unbeweisbar und heuristisch steril." Zum vollständigen Text…
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