Friday, December 19. 2008
Auch wenn die Buschtrommeln die Nachricht schon seit einigen Tagen durch den Psychotherapiewald getrommelt haben, seit heute ist es offiziell (und auf der website des sogenannten Wissenschaftlichen Beirates nachzulesen): die Systemische Therapie ist für den Bereich der Erwachsenenpsychotherapie und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie vom Wissenschaftlichen Beirat nach zähem Ringen als wissenschaftlich anerkannt eingestuft worden: "Der Wissenschaftliche Beirat Psychotherapie stellt zusammenfassend fest, dass die Systemische Therapie bei Erwachsenen für Behandlungen in folgenden Anwendungsbereichen als wissenschaftlich anerkannt gelten kann: (1) Affektive Störungen, (5) Essstörungen, (7) Psychische und soziale Faktoren bei somatischen Krankheiten, (9) Abhängigkeiten und Missbrauch (Heroinabhängigkeit meist in Kombination mit Methadonbehandlung) sowie (10) Schizophrenie und wahnhafte Störungen. Damit kann die Systemische Therapie für die geforderte Mindestzahl von fünf der 12 Anwendungsbereiche der Psychotherapie bei Erwachsenen als wissenschaftlich anerkannt gelten und entsprechend als Verfahren für die vertiefte Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten gemäß § 1 Abs. 1 der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Psychologische Psychotherapeuten empfohlen werden. Für den Bereich der Psychotherapie bei Kindern und Jugendlichen kann die Systemische Therapie für Behandlungen in folgenden Anwendungsbereichen als wissenschaftlich anerkannt gelten: (1) Affektive Störungen und Belastungsstörungen, (4) Essstörungen und andere Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen, (5) Verhaltensstörungen mit Beginn in Kindheit und Jugend und Tic-Störungen (für Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörungen) sowie (7) Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen, Störungen der Impulskontrolle, Störungen der Geschlechtsidentität und Sexualstörungen, Abhängigkeit und Missbrauch, Schizophrenie und Wahnhafte Störungen (beschränkt auf Drogen- und Substanzmittelmissbrauch). Damit kann die Systemische Therapie für die geforderte Mindestzahl von vier der acht Anwendungsbereiche der Psychotherapie bei Kindern und Jugendlichen des Wissenschaftlichen Beirats Psychotherapie als wissenschaftlich anerkannt gelten und entsprechend als Verfahren für die vertiefte Ausbildung zum Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten gemäß § 1 Abs. 1 der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten empfohlen werden." Zum vollständigen Text des Gutachtens…
Sunday, December 14. 2008
 Wie verheerend der Produktions- und Konsumkreislauf der Welt, man muss konkretisieren: der industrialisierten Welt, mit der Klimaerwärmung verkoppelt ist, ist heute Allgemeinwissen, das aber leider im Weltmaßstab kaum Handlungsrelevanz aufzuweisen hat. Noch ärger dürfte es mit dem Zusammenhang von Krieg und Gewalt mit dem sich immer rascher vollziehenden Klimawandel bestellt sein. In der neuen Ausgabe der Gazette ist ein ebenso augenöffnender wie erschreckender, dafür umso plausiblerer Beitrag von Harald Welzer (Foto: Wikipedia) enthalten, der auch online zu lesen ist: So ist der Krieg nicht nur mit Umweltschäden und Klimaveränderungen verbunden, letztere führt zwangsläufig in eine Entwicklung neuer Kriege: "Die Klimaerwärmung verschärft bestehende Ungleichheiten auf internationaler wie auf innerstaatlicher Ebene, zwischen Zentrum und Peripherie bzw. zwischen entwickelten und weniger entwickelten Regionen. Weitere Migrations- und Flüchtlingsbewegungen mit entsprechend steigenden Gewaltproblemen werden die Folge sein, ohne dass man heute seriös quantifizieren könnte, in welcher Größenordnung sich das abspielen wird." Zum vollständigen Text…
Saturday, December 13. 2008
 Werner Winkler, Jg. 1964, vielseitig lösungsorientierter Mensch, Kalligraf, Berater und Autor (Foto: W. Winkler), hat 2004 bei der Modernen Verlagsgesellschaft ein Buch veröffentlicht, das 99 Lösungswerkzeuge für die "Praxis der Problemlösung" zur Verfügung stellt. Jedes Werkzeug (z.B. Entdramatisieren, Etwas anderes machen, Externalisieren, Frechheit, Gemeinsame Ziele suchen, Haltungsänderung, Humor etc.) wird kurz beschrieben und mit Übungen sowie Hinweisen auf ähnliche Übungen verbunden. Da der Verlag nach drei Auflagen keine neue Auflage mehr drucken wollte, hat Werner Winkler, wie er in der systemischen Mailingliste mitgeteilt hat, die Rechte zurückerhalten und stellt nun das Buch als PDF mit 180 Seiten auf seiner Internet-Seite www.loesungssammlung.de kostenlos zur Verfügung. Schöne Idee! Zum vollständigen Buch-Text…
Tuesday, December 9. 2008
 Unter diesem Artikel hat Peter Fuchs bei Transcript 2004 seine "Systemtheoretischen Essays I" herausgebracht. Ein Essay darin kreist um die Frage, wie mit Hilfe der Systemtheorie überhaupt ETWAS als ETWAS erkannt werden kann und wie mit den darin eingebauten Zirkularitäten der Bobachung reflexiv verfahren werden kann: "Wenn es um die Frage der Bedingung der Möglichkeit von (soziologischer) Erkenntnis geht und wenn diese Frage gerichtet wird an die Systemtheorie der Bielefelder Provenienz, dann  erhält man ein Antwortpaket, in das verschiedene Motive und Aspekte der Theorie hineinverschlungen sind, die untereinander keine hierarchischen (deduktiven oder induktiven) Beziehungen unterhalten, sondern eher heterarchisch verknotet sind und eine Gemengelage darstellen, in der Führungswechsel leitender Motive vorgesehen sind und in der sich von jedem gerade führenden Motiv aus Re-Arrangements des Erkenntnisproblems ergeben. Deswegen ist jeder (durch Textualität erzwungene) Bau von Sequenzen, in denen bestimmte Theoriemotive auf bestimmte folgen und anderen vorangehen, eigentümlich künstlich. In einer Metapher, die keinen Anspruch auf große Tragweite erhebt, könnte man vielleicht sagen, daß diese Theorie holographisch oder hologrammatisch abgebildet werden müßte, aber vorab nicht so abgebildet werden kann. Alle folgenden Überlegungen sollten unter dieser Kautele gelesen werden." Das Manuskript dieses Beitrages kann auch online gelesen werden. Zum vollständigen Text…
Saturday, December 6. 2008
Vor kurzem erhielt ich von G. Seidenstücker (Uni Trier) den Hinweis auf einen interessanten Text im Internet. Es handelt sich um die Dissertation von Robert Baur (Augsburg) über den sokratischen Dialog und die hypnosystemische Teilearbeit in Therapie und Beratung. Im weitesten (und besten) Sinn geht der Autor hier der Frage nach, wie notwendig es ist, "die historisch gewachsenen Prämissen von Methoden" zu kennen, wenn man daran interessiert ist, sie zusammenzuführen und sie integrativ zu verwenden. Beispielhaft diskutiert Baur hier den sokratischen Dialog als ideelle Grundlage für spätere kognitiv-verhaltenstherapeutische Methoden (RET, KVT) und im Vergleich dazu die historischen und theoretischen Prämissen der Teilearbeit, insbesondere in ihrer hypnosystemischen Ausprägung. Als Dissertation ist die vorliegende Arbeit natürlich auch an inhaltlicher Präzisierung und möglichst umfassender Vollständigkeit orientiert. So etwas kann oft genug abschrecken. Wenn eine umfangreiche Quellensammlung und deren differenzierende und verknüpfende Diskussion jedoch sprachlich so eingängig und verständlich daherkommen wie die vorliegende Arbeit, dann sind dem Nutzen und dem Vergnügen gleichermaßen gedient. Und was nun hinsichtlich der Frage nach der Notwendigkeit eines kontextsensiblen Umgangs mit Prämissen bei dem Versuch unterschiedliche Methoden zu integrieren? In seiner Zusammenfassung am Ende schreibt Baur dazu: "Es hat sich in dieser Arbeit gezeigt, welche Chancen sich auf Methodenebene durch eine konstruktivistische Ausrichtung der kognitiven Therapien ergeben. Dennoch sollte dies nicht dazu führen, unter dem Dach des "Konstruktivismus" alle Kompatibilitätsprobleme als gelöst zu betrachten. Ein vorschnelles Aufgeben von charakteristischen Eigenheiten einer Methode führt eben auch zum Verlust ihrer Stärke". Zu Baurs Dissertation geht es hier…
Monday, December 1. 2008
 Heute würde Mary Ainsworth, die 1999 gestorben ist, ihren 95. Geburtstag feiern. Gemeinsam mit John Bowlby hat sie die wesentlichen Konzepte der Bindungstheorie entwickelt. Sie wurde am 1.12.1913 als Älteste von drei Schwestern geboren. Beide Eltern waren Akademiker und setzten sich intensiv mit Erziehungsfragen auseinander. Als Ainsworth 5 Jahre alt war, übersiedelte die Familie nach Kanada. Das Buch "Character and the Conduct of Life" von William McDougall weckte in der 15-Jährigen den Wunsch, Psychologin zu werden. Sie begann 1929 mit dem Psychologiestudium an der Universität Toronto, wo sie 1936 den Master machte und 1939 promovierte. Nachdem sie in Toronto einige Jahre als Dozentin gearbeitet hatte, trat sie 1942 in die Kanadische Armee ein, in der sie den Rang eines Majors erreichte. Nach ihrer Militärdienstzeit kehrte sie nach Toronto zurück, lehrte weiterhin Persönlichkeitspsychologie und war in der Forschung tätig. 1950 heiratete sie Leonard Ainsworth und zog mit ihm nach London. Dort fand sie eine Stelle in der von John Bowlby geleiteten Forschungsgruppe an der Tavistock Clinic, die den Einfluss der Trennung von Mutter und Kind auf die kindliche Entwicklung untersuchte. Ein Ergebnis der Untersuchung war, dass für eine vergleichende Analyse zuerst die gesunde Mutter-Kind-Beziehung erforscht werden müsste. Leonhard Ainsworth erhielt eine Stelle beim East African Institute of Social Research in Uganda. Mary Ainsworth reiste mit ihm und führte ein Feldforschungsprojekt über die vorbildlichen Mutter-Kind-Beziehungen beim Volk der Ganda durch, das sie in ihrem Buch Infancy in Uganda beschrieb. 1956 zog das Ehepaar Ainsworth nach Baltimore, wo Mary Ainsworth an der Johns-Hopkins-Universität lehrte. Nach der Scheidung von Leonhard 1962, führte sie ihre Studien über die Mutter-Kind-Bindung fort und untersuchte die Interaktion von Müttern und Kindern in ihrer natürlichen Umgebung. Sie suchte auch regelmäßig Familien auf, um das Verhalten von Müttern und Kindern zu beobachten. Mary Ainsworth starb im Alter von 85 Jahren (Quelle: Wikipedia). Inge Bretherton, die eng mit Mary Ainsworth zusammengearbeitet hat, hat 1992 für die Zeitschrift "Developmental Psychology" eine Arbeit über "The Origins of Attachment Theory: John Bowlby and Mary Ainsworth" vefasst, die auch online zu lesen ist.
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