Friday, January 26. 2007
 Soeben ist das aktuelle Heft 1/2007 des Journal of Family Therapy mit einen psychiatrischen Schwerpunkt erschienen. Die SYMPA-Forschungsgruppe um Jochen Schweizer liefert eine Beschreibung sowie eine Auswertung des 18tägigen Trainingsprogramms in familiensystemischer stationärer Akutpsychiatrie, das alle Teilnehmer des SYMPA-Programms an den drei teilnehmenden Kliniken durchlaufen haben. Roger Stanbridge & Frank Burbach konstatieren, dass die derzeitige gesundheitspolitische Entwicklung in England Möglichkeiten eröffnet, stärker familienbezogene Initiativen in die Arbeit der mental health services zu integrieren, und machen Vorschläge für die Entwicklung von Arbeitsbündnissen zwischen Familien und Professionellen und den entsprechenden Trainingsprogrammen. Diese Trainingsprogramme werden recht kritisch von Jeni Webster kommentiert. Der Schwerpunkt wird durch eine Arbeit von Gilbert M.D. Lemmens, Ivan Eisler u.a. über ein gruppentherapeutischen Projekt abgerundet, das Multi-Familiengruppen und Paargruppen in einem stationären Kontext für Patienten umfasst, die wegen einer schweren Depression in stationärer Behandlung sind. Ein ausgezeichneter Artikel von Tannelie Blom & Leo van Dijk kritisiert die bindungstheoretischen Ansätze, die davon ausgehen, dass Bindungsverhalten in erwachsenen Paarbeziehungen unter ähnlichen Blickwinkeln betrachtet werden könnte wie kindliche Bindungsmuster. Ausgehend von einem an Luhmann orientierten Verständnis von Paarbeziehung als sozialem System (mit dem Code Intimität) wird dargestellt, dass Bindungsverhalten im Sinne der Bindungsforschung hier nur im Ausnahmefall (etwa einer Krise) zum Tragen kommt und die Untersuchung partnerschaftlicher Intimität und Sicherheit erweiterte Konzepte benötigt. Das Heft wird mit einem Nachruf von Julian Leff auf den neuseeländischen Pionier systemischer Therapie bei Schizophrenie, Ian Falloon, eröffnet, der am 14. Juli vergangenen Jahres im Alter von 61 Jahren gestorben ist. Zu den vollständigen abstracts…
Sunday, January 21. 2007
 Die aktuelle Ausgabe der Familiendynamik befasst sich mit unterschiedlichen Themen. Richard Müller-Schlotmann beschreibt "Hilfen für Kindern psychisch kranker Eltern". Günter Reich und Ursula Rutz untersuchen "Paarbeziehung und Sexualität bei Anorexie und Bulimie" und fordern, die Paarsituation stärker in die Behandlung essgestörter KlientInnen einzubeziehen. In einem sehr persönlichen Beitrag "Ressourcenorientierung als therapeutische Grundhaltung" gratuliert Marie-Luise Conen Salvador Michuchin zum Geburtstag, der am 21.10.2006 85 Jahre alt wurde. Jürg Liechti veröffentlicht den umfangreichen zweiten Teil seiner Arbeit über Anorexia nervosa, diesmal geht es um Erklärungs- und Therapiemodelle. In der Feldpost fragen sich Ulrich Clement, Hans Rudi Fischer und Arnold Retzer: "Wie eine Therapie anfangen?" und haben gottseidank auch ein paar Antworten. Zu den vollständigen abstracts…
Friday, January 19. 2007
 Die erste Ausgabe der Zeitschrift für systemische Therapie und Beratung im neuen Jahr enthält äußerst unterschiedliche Beiträge, die sich nicht unter einem speziellen Gesichtspunkt zusammenfassen lassen. Während Klaus Deissler im Editorial über Strategien und "therapeutische Interventionen" schimpft ("So feiern wir Kinder der strategischen Therapeuten, die im Kalten Krieg ihr Handwerk erlernten und ihre theoretischen Grundlagen erschufen, die Saat der Kampfmetaphern unserer Eltern und Großeltern"), finden sich im Heft zwei Beiträge, die eben "Interventionen" in den Vordergrund stellen. Gunda Busley berichtet von ihrer Arbeit als Begleiterin von Referendaren "auf der Suche nach einer stimmigen Lehrerrolle", Klaus Mücke schreibt gewohnt wortreich auf, was ihm so alles zum Thema Suizid einfällt und weiß zu überraschen: "Wenn Suizidabsichten vor einem Selbstmord nicht kommuniziert wurden, lässt sich folgern, dass eine relativ eindeutige Entscheidung vorlag; denn nur im Zustand einer mehr oder weniger vollständigen Ambivalenzfreiheit kann dieser gewalttätige Akt gegen sich selbst vollzogen werden". Da kann man sich über die mehr oder weniger vollständige Ambivalenzfreiheit dieser Aussage nur wundern. Vielleicht fehlte es ja auch an Adressaten für die Kommunikation. Oder die Ambivalenz wurde von Angst, Panik oder anderen starken Affekten übersteuert. Wer will das wissen, wenn Absichten nicht kommuniziert wurden? Der Berliner Sozialarbeiter Andreas Hampe-Grosser hat sich von der Arbeit des theoretischen Biologen Stuart Kauffman inspirieren lassen, der sich mit der Entwicklung komplexer Systeme beschäftigt, und stellt einige Thesen zur Anwendung von dessen Ideen im Kontext der Familientherapie auf. Bodo Pisarsky, der – ebenfalls in Berlin – gemeinsam mit seiner Frau eine kinder- und jugendpsychiatrische Praxis führt, beschreibt diese als "Familienunternehmen". Eingeleitet wird das Heft durch einen kurzen Beitrag von Josef Bogacz und Andrzej Cechnicki, die über ihre Krakauer therapeutischen Erfahrungen mit Konzept des sozialen Konstruktionismus berichten. Zu den vollständigen abstracts…
Saturday, January 13. 2007
 Unter diesem etwas sperrigen Titel werden im kürzlich erschienenen Heft 2/2006 von "Psychotherapie und Sozialwissenschaft" ein wenig mutwillig recht unterschiedliche Beiträge von der Herausgeberin Brigitte Boothe zusammengespannt. Ein ausgezeichneter Aufsatz des Göttinger Philosophen Wolfgang Carl ("Personen und ihr Gehirn") nimmt sich kritisch die Art und Weise vor, in dem Neurowissenschaftler, hier Antonio Damasio und Wolfgang Singer, Wörter wie Selbst, Meta-Repräsentation usw. benutzen, nämlich "unklar und unangemessen": "Wenn der Begriff des Selbst mit Hilfe der Verwendung von indexikalischen Ausdrücken wie ,ich' und ,du' eingeführt wird, dann muss der Begriff sich auf die Personen beziehen, die solche Ausdrücke verwenden" (56). Drei Beiträge von Rüdiger Bittner, Günther Bittner und Jürgen Straub diskutieren das Problem der Handlung und ihrer Motivation bzw. Erklärung, also die Frage nach der Bedeutung bewusster oder unbewusster Gründe für Handeln (eingedenk aller Unschärfe, die diesem Begriff selbst anhaftet). Schließlich findet sich noch eine etwas schwer zugänglichen qualitativen Inhalts-Analyse einer Diskussion von fünf Hausärzten, die der Bedeutung der Balint'schen Formel von der "apostolischen Funktion" des Placebos als hausärztlichem Instrument nachspüren, sowie die Ergebnisse einer narrativen Untersuchung an 25-35-jährigen Erwachsenen zum Thema "eigene Sterblichkeit". Das Inhaltsverzeichnis mit dem Vorwort kann hier eingesehen werden. Zu den vollständigen abstracts…
Thursday, January 11. 2007
 SAGE ist einer der bedeutendsten englischsprachigen Fachverlage im Bereich der Geistes- und Sozialwissenschaften und publiziert über 460 Fachzeitschriften. Erfreulicherweise gibt der Verlag in regelmäßigen Aktionen Lesern die Möglichkeit, für einen beschränkten Zeitraum eine bestimmte Zeitschrift genauer kennenzulernen. In diesem Zeitraum besteht die Möglichkeit, nach einer kostenlosen Registration Volltext-Zugang zu allen Ausgaben einer Zeitschrift (online und als PDF) zu erhalten. Derzeit besteht diese Möglichkeit bis zum 28. Februar für die Zeitschrift "Current Sociology", die von Dennis Smith (London) für die International Sociological Association ISA herausgegeben wird und sechsmal pro Jahr erscheint. Nach Anmeldung kann man auf alle Jahrgänge bis zum Jahre 1952 online zugreifen und ein interessantes Bild von der Entwicklung des Faches im englisch-sprachigen Raum gewinnen. Zur Registrierung bei SAGE Journals…
Monday, January 8. 2007
 Mit einem interessanten Thema beschäftigt sich die letzte Ausgabe im Jahre 2006 von "Organisationsberatung, Supervision, Coaching OSC", nämlich Mitarbeitergesprächen zwischen Supervision, Coaching und Mentoring. Astrid Schreyögg skizziert in ihrem Editorial unterschiedliche Formen von Mitarbeitergesprächen: periodische Mitarbeitergespräche, Zielvereinbarungsgespräche und Personalbeurteilungsgespräche. Sie weist auch darauf hin, dass die tatsächlich geübte Praxis weit hinter Befunden (z.B. einer Befragung von 500 Top-Unternehmen) zurückbleibt, nach denen solche Gespräche zu 99 % durchgeführt werden. Im Alltag herrscht viel Unsicherheit, wann, wie oft und in welcher Weise solche Gespräche zur Verbesserung organisationaler Arbeitsabläufe nutzbringend eingesetzt werden können. Es besteht daher ein großer Bedarf an Praxisstudien, der auch mit diesem Heft ein Stück weit befriedigt werden soll. Die Aufsätze beleuchten praktische Erfahrungen mit Mitarbeitergesprächen in unterschiedlichen Kontexten: in der evangelischen Kirche, im Rahmen innerbetrieblichen Coachings als "situative Beratung" durch Führungskräfte, in Personalentwicklungsprozessen an Universitäten, in einem Kreditinstitut und einem großen Caritas-Verband. Ein weiterer Beitrag fasst die Ergebnisse eines innerkirchlichen Pilotprojektes "Strukturiertes Mitarbeitergespräch" zusammen. Das Heft wird mit einem Beitrag des Organisationssoziologen Stefan Kühl abgeschlossen, der über die Funktion von personenbezogenen Beratungsangeboten in Organisationen nachdenkt, die er in ihrer Fähigkeit sieht, Konflikten in speziellen Interaktionszusammenhängen zu isolieren: "Die Organisation erreicht durch Supervision und Coaching einen Schutz ihrer Strukturen, weil Konflikte interaktionell isoliert werden können und so für die Organisation weitgehend folgenlos bleiben." Zu den vollständigen abstracts …
Tuesday, January 2. 2007
 Das letzte Heft von "Psychotherapie im Dialog" im Jahre 2006 widmet sich dem Thema "Psychotrauma", nachdem bereits im allerersten Jahrgang der Zeitschrift ein Themenheft über "Posttraumatische Belastungsstörungen" erschienen war. Im Vorwort schreiben Steffen Fliegel und Wolfgang Senf: "Noch vor sieben Jahren, als das erste PiD-Heft zum Thema ,Posttraumatische Belastungsstörung' erschien, schrieben wir im Vorwort, dass die deutschsprachigen Publikationen zur PTBS eher selten seien. Wenn Sie die Literaturverzeichnisse der Beiträge in dem vorliegenden Heft studieren, werden Sie feststellen, dass sich dies grundlegend geändert hat. Und es gibt inzwischen eine große Bereitschaft in der Psychotherapie, sich mit dem Thema auseinander zu setzen. Die Fülle themenbezogener Fort- und Weiterbildungsangebote ist inzwischen sogar fast nicht mehr zu überschauen. … Weiterhin erfreulich ist es, dass - soviel ließ sich schon bei der Vorbereitung dieses PiD-Heftes feststellen - kein Therapieverfahren den alleinigen Anspruch auf die Behandlung formuliert, dass also Methodenintegration und Methodenvielfalt angezeigt sind. Betrachtet man die möglichen Auswirkungen einer Traumatisierung, ist dies nicht verwunderlich: Traumafolgen betreffen den emotionalen und kognitiven Bereich. Das Trauma hat Auswirkungen auf die persönliche und berufliche Lebensführung, das Verhalten und die Alltagsgestaltung. Komorbiditäten finden sich auf körperlicher, psychosomatischer und psychischer Ebene. Die Frage stellt sich, warum es Menschen gibt, die nach einer nachweislichen Traumatisierung eine posttraumatische Belastungsstörung ausbilden, aber ähnlich traumatisierte Menschen diese Störung nicht entwickeln. Das Phänomen der Resilienz bietet sich hier als ein Erklärungsmodell an. Und ebendieses lässt sich auch bei anderen psychischen Problemen feststellen, wie den Phobien und Panikstörungen, Suchterkrankungen und anderen." Im Heft findet sich wie immer eine Vielzahl von Beiträgen zum Thema aus den unterschiedlichen Blickwinkeln verschiedener Therapieschulen. Darüber hinaus sind zwei interessante Gespräche mit Klaus Dörner sowie ein Interview mit Luise Reddemann zu lesen. Zu den vollständigen abstracts der Ausgabe…
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